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Georg Anton Benda

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Georg Anton Benda, Kupferstich von Geyser nach Mechau[1]
Benda Geburtshaus, erbaut 1706/07[2]

Georg Anton Benda (auch Jiří Antonín; getauft 30. Juni 1722 in Alt-Benatek an der Iser, Böhmen; † 6. November 1795 in Köstritz) war ein böhmischer Kapellmeister und Komponist.

Leben

Böhmen

Benda war der vierte Sohn des Leinewebers und Musikers Hans Georg Benda und seiner Ehefrau Dorothea (1686-1762), geborene Brixi, Tochter des Dorfkantors Heinrich Brixi in Skalsko[3].[4] Sein ältester Bruder war der Violinist und Komponist Franz Benda, wie dieser (seit 1733) waren auch die Brüder Johann Georg (seit 1734) und Joseph (seit 1742) als Violinisten Mitglieder der Hofkapelle von Friedrich dem Großen. Der Vater hatte die Familie zusätzlich durch Auftritte (Hackbrett, Oboe, Schalmei) bei Tanzveranstaltungen in Gasthäusern ernährt, wobei ihn teilweise auch die Kinder mit Instrumenten und Gesang begleiten mussten (Georg Anton spielte Geige und Oboe)[5]. Nach einem Besuch in Potsdam waren die Eltern in Böhmen wiederholt Verhören ausgesetzt, bis Friedrich II bei ihrem Lehnsherrn die Ausreise der restlichen Familie erwirkte. Am 5. März 1742 fuhren die Eltern mit den Kindern Viktor (ebenfalls Leineweber) und Anna Franziska bei Georg Antons Internat in Gitschin vor und nahmen ihn mit nach Preußen[6].

Der Vater hatte den Dreizehnjährigen 1735 auf das Piaristen-Kolleg in Kosmanos bei Jung-Bunzlau geschickt, welches ein Schultheater beinhaltete. Von 1739 an war er dann Seminarist im Jesuiten-Kolleg in Jičín, welches bekannt war für seine intensive Vokal- und Instrumentalmusik, Rhetorik und insbesondere seinen Theaterbetrieb war. Die Aufführungen der sogenannten Jesuiten-Dramen, bei den gesprochener Text und gesungene Partien sich abwechselten, haben Georg Anton Benda möglicherweise in Gotha zu seinen Melodramen inspiriert.[7]. In Potsdam führte Franz Benda seinen Bruder Georg Anton in die von Friedrich II. bevorzugte Spielweise auf der Geige ein, und er bekam noch im selben Jahr ebenfalls eine Anstellung als Violinist im königlichen Orchester. Außerdem vervollkommnete er sich auf der Oboe, war aber auch ein so guter Cembalo- und Klavierspieler, dass er zeitweilig als Repetitor und Solist tätig sein konnte.

Potsdam/Berlin

Nach der streng gegenreformatorischen Jesuitenerziehung kam Benda in Potsdam und Berlin nun in Berührung mit der aufklärerischen Musikästhetik am Hofe von Friedrich II. unter dem Einfluss der französischen Philosophie von Voltaire und Rousseau und der Affektenlehre. Er lernte die Kompositionen von Johann Joachim Quantz, den Brüdern Johann Gottlieb Graun und Carl Heinrich Graun, Johann Adolph Hasse kennen, insbesondere auch italienische Opern (Eröffnung der neuen Königlichen Oper am 7. Dezember 1742). 1742-1749 hatte er Gelegenheit, die Singspiele der Schauspielergesellschaft von Johann Friedrich Schönemann zu erleben. Mit Carl Philipp Emanuel Bach, 1738-1768 als Cembalist ebenfalls Mitglied der Hofkapelle, war Benda zeitlebens in Kontakt in Form von Briefen, Subscriptionen, gegenseitigen Besuchen und hat wohl auch dessen Vater Johann Sebastian Bach und Bruder Wilhelm Friedemann Bach kennengelernt, als sie 1747 in Berlin zu Besuch waren und bei Hofe erschienen. Nach dem Vorbild des Königs wurde Georg Anton Benda in Berlin Protestant und Freimaurer[8].

Auch der in Gotha geborene Graf Gotter, Oberhofmarschall und Intendant der Berliner Hofoper, war in Berlin Freimaurer (Meister der Loge „Zu den drei Weltkugeln“). Ebenso wie die Gothaer Herzogin Luise Dorothea, ebenfalls Mitglied einer Loge, förderte Gotter die Niederlassung von böhmischen Emigranten in der Region, und auf seine Vermittlung konnte Georg Anton Benda sich als Nachfolger des 1749 verstorbenen Hofkapelldirektors Stölzel am Hof von Gotha vorstellen. Wo er insbesondere durch sein Klavierspiel und seine Freimaurer-Zugehörigkeit überzeugte. Zum 1. Mai 1750 ernannte Herzog Friedrich III. von Sachsen-Gotha (1699–1772) Benda zum Hofkapellmeister mit der Hauptaufgabe, den sonntäglichen Gottesdienst auf Schloss Friedenstein musikalisch zu gestalten.

Gotha 1738 mit (Bildmitte) Siebleber Tor links (No. 25) und Sundhäuser Tor rechts (No. 28)

Gotha

In Gotha unterstützte Bendas Schwester Anna Franziska ihn in der Haushaltsführung, wozu auch die Betreuung von drei Kapellknaben[9] gehörte, aber auch bei Kirchen- und Hofkonzerten mit ihrer von Franz Benda ausgebildeten, besonders reinen (Triller-)Stimme. Auf Bendas Gesuch von Ende 1750 wurde sie als Hofkammersängerin angenommen. Nachdem sie mit dem Violinisten Hattasch eine eigene Familie gegründet hatte, heiratete Benda Ende 1751 die Tochter des Gothaer „Cantzley-Advocatus“ Leichner[10] Der Haushalt vergrößerte sich nicht nur durch eigene Kinder sondern auch noch durch Pflegetochter und Musikschülerin Susanne Maria Zinck[11] und Geiger Johann Christoph Reinhardt[12]. Sie bewohnten ein Haus in der Großen Siebleber Gasse, dazu hatte Benda bis 1768 einen Garten am Kanal vor dem Sundhäuser Tor, in den er sich häufig zum Komponieren zurückzog[13].

In den Jahren 1765/66 unternahm Benda mit einem Stipendium seines Dienstherrn eine sechsmonatige Studienreise durch Italien. Auch Hamburg und Wien besuchte er zum Zwecke der Weiterbildung.

Mit 57 Jahren ging er 1779 in Pension und ließ sich in Georgenthal bei Gotha nieder. Später zog er nach Ohrdruf. Seine letzten Jahre verbrachte er in Köstritz[14], wo er im Alter von 73 Jahren am 6. November 1795 starb.

Der Komponist Friedrich Ludwig Benda, der Berliner Violinist Heinrich Benda, die Schauspielerin und Sängerin Catharina Justina Benda (Zimdar/Blanchard), der Weimarer Sänger und Schauspieler Hermann Christian Benda, sowie der Berliner Hofschauspieler und Sänger Carl Ernst Eberhard Benda waren seine Kinder.

Georg Benda hatte insbesondere mit einer Sonderform des musikalischen Bühnenwerks große Erfolge, dem Melodram. Im Jahre 1774 erreichte die Schauspieltruppe des Schweizers Abel Seyler Gotha. Für sie schrieb Benda die sehr erfolgreichen Melodramen Ariadne auf Naxos, Medea und Pygmalion. Mozart, Ludwig van Beethoven und Carl Maria von Weber bewunderten diese Werke sehr und ließen sich von ihnen inspirieren (Mozarts "Zaide"-Fragment, Beethovens Kerkerszene in "Fidelio", von Webers Wolfschluchtszene in "Der Freischütz"), experimentell oder andeutungsweise auch noch nachfolgende Komponisten wie Robert Schumann, Richard Strauss, Arnold Schönberg, Berthold Brecht, Kurt Weill[15].

2002 wurden etliche Musikstücke aus Bendas Singspiel Der Dorfjahrmarkt als Filmmusik für den Spielfilm „Vive la joie! – Barockfest am Gothaer Hof“ verwendet, der zu jener Zeit spielt, als Benda Hofkapellmeister Herzog Friedrichs III. von Sachsen-Gotha war.

Außerdem schuf Benda viele Instrumentalwerke. Das Landessinfonieorchester Thüringen-Gotha spielte Werke Bendas für CD-Veröffentlichungen ein.

Werke

  • Ariadne auf Naxos (1775), Melodram
  • Der Dorfjahrmarkt (1775), Oper in einem Akt
  • Il buon marito (Der gute Ehemann), (1766), Intermezzo in zwei Akten
  • Der Holzhauer (1778)
  • Julie und Romeo (1776), Oper
  • Medea (1775), Melodram
  • Pygmalion (1779), Melodram
  • Das tartarische Gesetz (1780)
  • Walder (1776)
  • Kirchenmusik
  • Gesangswerke
  • Cembalo-Sonaten
  • 30 Symphonien
  • 10 Cembalo-Konzerte
  • 11 Violin-Konzerte

Späte Funde

  • 1999 wurden im Rahmen der „Beuterückführung“ von der Krim der Sing-Akademie zu Berlin verschollene Noten zurückgegeben, darunter Bendas Weihnachtskantate Gott steigt herab, als Erstaufführung von Deutschlandradio Kultur am 15. Dezember 2003 gesendet ("Zelter-Ensemble" der Sing-Akademie unter Joshard Daus); es gibt Tonträger, auf denen diese Kantate dem Sohn Friedrich Ludwig Benda zugeschrieben wird.
  • Im Frühjahr 2012 wurden von dem Musikwissenschaftler Wolfram Enßlin im Gothaer Augustinerkloster 18 autographe Benda-Kantaten sowie 28 Kopisten-Partituren seiner Kantaten gefunden.

Literatur

Siehe auch

Commons: Jiří Antonín Benda/Georg Anton Benda – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. lt. Lorenz' Biografie Bd. 2, S. 109, u. a. im Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien
  2. Lorenz' Biografie Bd. 1, Seite 3
  3. Ihr Cousin Simon Brixi war Chorleiter der Prager Pfarrkirche St. Martin, dessen Sohn der Komponist, Organist und Domkapellmeister in Prag Franz Xaver Brixi
  4. siehe Jugend-Porträt innen vor der Titelseite in Lorenz' Biografie Band 2
  5. Schlichtegroll, Musiker-Nekrologe, S. 25
  6. Matrikel-Eintrag: "abiit ad Borussiam", Lorenz-Biografie Bd. 2, S. 15
  7. Lorenz' Biografie Bd. 2, S. 14
  8. lt. Lorenz Biografie Bd. 2, S. 17, mutmaßlich Mitglied der Loge Aux trois Globes (“Zu den drei Weltkugeln“)
  9. Lorenz' Biografie Bd. 2, S. 18
  10. ebenda, S. 56.
  11. lt. Lorenz' Biografie Bd. 2, S. 58: anfangs Hofsängerin in Gotha, dann bei der Seylerschen Theatergesellschaft, wo sie ihren späteren Ehemann Christian Gottlob Neefe kennenlernte und 1778 gegen den Willen Bendas heiratete, siehe Leux' Biografie S. 50f bei Google Books
  12. Lorenz verweist in Biografie Bd. 2, S. 179, auf S. 755 in Cramers Magazin für (der) Musik bei Google Books
  13. Lorenz' Biografie Bd. 2, S. 57-58
  14. http://heinrich-schuetz-haus.de/exponate/exponat_august_2008.php Gedenkabteilung für Georg Anton Benda im Heinrich-Schütz-Haus (Bad Köstritz)
  15. siehe Textbeitrag von Teresa Pieschacón Raphael von 1996 jeweils in den Beiheften zu Ariadne auf Naxos und Medea (CDs von Naxos DDD 8.553345 und 8.553346)