Zum Inhalt springen

Radioaktiver Abfall

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 30. Januar 2006 um 14:48 Uhr durch Merkosh (Diskussion | Beiträge) (Entsorgung). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Unter radioaktiven Abfällen oder mit dem politischen Schlagwort belegten Begriff Atommüll versteht man alle in der Nukleartechnik anfallenden radioaktiven Stoffe, die nicht mehr genutzt werden können.

Entstehung

Der überwiegende Teil der Abfälle entsteht durch die Uranwirtschaft: Der größte Teil mit rund 80 % der radioaktiven Abfälle stammt aus dem Uranabbau als Abraum und Tailings und wird in der Nähe des jeweiligen Uranbergwerks gelagert. Weitere Teile stammen aus Kernkraftwerken, aus Kernforschungszentren, aus der Wiederaufarbeitung abgebrannter Brennelemente und in Kernwaffenstaaten aus militärischen Aktivitäten im Zusammenhang mit der Herstellung von Atomwaffen. Ein mengenmäßig geringer Anteil hat seinen Ursprung in der Anwendung radioaktiver Substanzen in Medizin, Industrie und Forschung.

Arten

Radioaktive Abfälle werden international meist in schwach-, mittel- und hochradioaktive Abfälle eingeteilt. In Deutschland wird im Hinblick auf die geplanten Endlager Konrad und Gorleben zusätzlich eine Unterscheidung in wärmeentwickelnde und nicht wärmeentwickelnde Abfälle vorgenommen.

Entsorgung

Die Entsorgungsfrage gilt bisher weltweit als nur unbefriedigend gelöst. Insbesonders mittel- und hochradioaktive Abfälle stellen große Herausforderungen an die Entsorgung. Aufgrund der langen Halbwertszeiten vieler radioaktiver Substanzen muss eine sichere Lagerung über Jahrtausende sichergestellt werden. Dies ist einer der Hauptgründe, weshalb Atomkraftgegner schon seit Jahren den Ausstieg aus der Atomtechnologie fordern. Auch Atommülltransporte sind immer wieder der Grund für Demonstrationen für einen Atomausstieg.

Hochradioaktive Spaltproduktlösungen, die bei der Wiederaufbereitung abgebrannter Brennelemente anfallen, werden in Glas eingeschmolzen. Die dabei entstehenden Glaskokillen sind korrosionsfest und unlöslich in Wasser. Alternativ hierzu wird an der Einbindung in Keramik gearbeitet; hier ist ebenfalls eine chemisch stabile Lagerung gewährleistet.

Andere radioaktive Abfälle werden - je nach Art - durch unterschiedliche Verfahren (z.B. Verbrennen, Verpressen) in eine möglichst raumsparende, chemisch stabile Form gebracht und anschließend in der Regel in einer chemisch stabilen, wasserunlöslichen Matrix (Zement, Bitumen) fixiert. Hierbei können teilweise radioaktive Stoffe verwertet werden, unter anderem finden z.B. radioaktive Lösungen zum Anmischen von Zement bei der Fixierung anderer Abfälle Verwendung und aus schwachradioaktivem Stahlschrott werden z.B. Abschirmplatten für Behälter gefertigt.

Endlagerung

Aufgrund der langen Zeiträume sowie durch die Radioaktivität sind die Lagermaterialien nicht notwendigerweise dauerhaft in der Lage, die eingebundenen Stoffe zu halten. Daher ist die sichere Lagerung des verarbeiteten Mülls entscheidend. Unterirdische Lagerstätten, die keinen oder nur geringen Wasserdurchfluss haben, sind von Vorteil, da in Abwesenheit von Wasser die Lagerbehälter vergleichsweise langsam korrodieren. Selbst nach Zerfall der Lagerbehälter soll ein Transport der radioaktiven Substanzen durch das Gestein sehr langsam erfolgen. Die geologischen Eigenschaften des Gebirges müssen dabei den sicheren Einschluss der radioaktiven Stoffe gewährleisten, so dass diese nicht in die Biosphäre gelangen können. Die Untersuchungen zur Schaffung von Warnzeichen und Warnsymbolen, die über Jahrtausende auf die eingelagerten radioaktiven Stoffe hinweisen, werden unter dem Begriff Atomsemiotik zusammengefasst. Als Endlagerstätten werden etwa Salzstöcke in geologisch stabilen Gesteinsschichten diskutiert. Auch Granit, Tongestein oder Tuff kommen als Wirtsgesteine in Frage. Die kurz vor dem Abschluss stehende Erkundung des Standortes Gorleben in Norddeutschland wurde im Oktober 2000 durch das BMU unterbrochen, die derzeitige Bundesregierung unter Angela Merkel strebt jedoch eine forcierte Lösung der Endlagerfrage an.

Wiederverwertung

Unter Umständen kann aber auch eine gewollte Bergung von endgelagerten intakten Behältern mit den radioaktiven Resten der Kernspaltung sowie eventuell zwischenzeitlich durch den andauernden radioaktiven Zerfall angereicherten Stoffen in der fernen Zukunft planmäßig durchgeführt werden, da sowohl unter den Spalt- als auch den Zerfallsprodukten wertvolle Stoffe wie Rhodium, Ruthenium und das radioaktive Metall Technetium sind.

Viele radioaktiv kontaminierte Stoffe können - soweit wirtschaftlich sinnvoll - gereinigt ("Dekontamination) und bei erwiesener Kontaminationsfreiheit bzw. Grenzwertunterschreitung ("Freimessen") normal weiter genutzt werden. Desweiteren können radioaktive Reststoffe in der Kerntechnik weiterverwendet werden, so wird z.B. schwachradioaktiver Stahlschrott zu Abschirmungen für Abfallbehälter verarbeitet.

Sonstige Konzepte

Entsorgung im Weltraum

Weiter gibt es Vorschläge, die atomaren Abfälle im Weltraum zu entsorgen. Neben der Lagerung in Asteroiden und auf anderen Planeten gibt es auch Überlegungen, den Müll direkt in die Sonne zu schießen. Gelänge dies, wäre der Atommüll tatsächlich wirksam von der Biosphäre isoliert.

Dem stehen allerdings die beim gegenwärtigen Stand der Technik immensen Kosten der Raumfahrt entgegen. Weiterhin besteht bei einem Fehlstart ( Wahrscheinlichkeit > 1%) das Risiko einer Freisetzung der radioaktiven Fracht auf der Erde. Eine entsprechende Verpackung der Fracht - wie sie z.B. bei den für Raumsonden verwendeten Radionuklidbatterien verwendet wird - wäre zwar in der Lage, einen Fehlstart mit hoher Wahrscheinlichkeit ohne Leckage zu überstehen, allerdings würde dies durch die verringerte Nutzlast pro Start die Entsorgungskosten vollends utopisch machen.

Weiterhin steht Artikel IX des Weltraumvertrags (Zitat: "(...) to avoid their harmful contamination (...)") einer Entsorgung gefährlicher Stoffe im Weltraum entgegen.

Es gibt Vorschläge, die langlebigen Nuklide aus hochradioaktiven Abfällen in geeigneten Anlagen (spezielle Reaktoren, Spallations-Neutronenquellen) durch Neutronenbeschuss in kurzlebige Nuklide umzuwandeln, was die notwendige Dauer des Abschlusses von der Biosphäre erheblich verkürzen würde. Die entsprechenden Forschungen stecken jedoch noch in den Kinderschuhen.

Literatur