Wettbewerb (Wirtschaft)
Als Wettbewerb bezeichnet man in den Wirtschaftswissenschaften das Streben von mindestens zwei Akteuren nach einem Ziel, wobei der höhere Zielerreichungsgrad eines Akteurs einen niedrigeren Zielerreichungsgrad des anderen bedingt.
Der Begriff des wirtschaftlichen Wettbewerbs ist weder juristisch noch wirtschaftswissenschaftlich eindeutig definiert. Der US-amerikanische Wirtschaftswissenschaftler John Maurice Clark versteht darunter einen nie abgeschlossenen Prozess, der aus Vorstößen einzelner Pionierunternehmen und aus Verfolgungsaktionen so genannter Nachahmer besteht, bei dem vorübergehende Machtpositionen des "Vorreiters" hingenommen, sogar erwünscht sind, weil sich nur dadurch wirtschaftliches Wachstum und technischer Fortschritt erzielen lassen. Allgemeiner gefasst: Wettbewerb sei das Verhalten selbstständiger Unternehmen, die zum Geschäftsabschluss mit Dritten zu gelangen suchen.
Funktionen
In der Ökonomie unterscheidet man insbesondere vier Funktionen, die durch Wettbewerb erreicht werden sollen:
- Allokation: Knappe Mittel sollen in ihre jeweils produktivste Verwendung gelenkt werden.
- Innovation: Produktions- und Verfahrensinnovation werden generiert.
- Verteilung: Nach der Leistungsgerechtigkeit soll verteilt werden.
- Freiheit: Begrenzung von Macht und Eröffnung von Wahlmöglichkeiten.
Wettbewerb zwingt den einzelnen, die Interessen der Gesellschaft zu berücksichtigen, wenn er die eigenen Interessen verfolgen will. Ansonsten wird er auf dem Markt nicht bestehen können.
Voraussetzungen
Märkte unterliegen häufig Wettbewerbsbeschränkungen - etwa bei Vorhandensein eines Monopols. Als Voraussetzungen für funktionierenden Wettbewerb werden daher häufig Eigentumsrechte, Gewerbefreiheit, Niederlassungsfreiheit, Vertragsfreiheit, eine funktionsfähige Justiz, ein funktionsfähiges Preissystem, ein funktionierendes Währungssystem, Markttransparenz und Marktoffenheit angesehen.
Wettbewerbstheorie
siehe Hauptartikel Wettbewerbstheorie
klassische Wettbewerbsvorstellungen (Adam Smith 1776 u.a.)
Für die Klassiker gibt es zwei Fälle im Marktgeschehen: Wettbewerb und Monopol. Der Monopolist hat in der Marktwirtschaft die Pflicht, seine Gewinne zu maximieren. Wichtig für den Wettbewerb sind geringe Marktzutritts- sowie Marktaustrittsschranken. Wenn diese Voraussetzungen zutreffen, sind Monopolgewinne wettbewerblich unbedenklich, da diese eine Signalwirkung auf potentielle Anbieter haben. Hierdurch entsteht ein Wettbewerb zwischen der steigenden Anzahl von Anbietern. Im Wettbewerb um den Geschäftsabschluß macht derjenige das Rennen, der das günstigste Angebot macht, so dass sich die Wettbewerber in Rivalität um den Geschäftsabschluß mit Tauschpartnern sich durch Einräumen von günstigen Geschäftsbedingungen bei den Aktionsparametern (Preis, Qualität, Absatz etc.) gegenseitig die Gewinne zerstören. Somit führt das Streben des einzelnen Wettbewerbers nach dem maximalen Gewinn zu gestiegendem Gemeinwohl, da es zur günstigsten Güterversorgung kommt (invisible hand). Voraussetzung für den Wettbewerb bei mindestens zwei Anbieter sind Spielregeln, welche den Wettbewerb schützen.
Volkswirtschaftliche Kosten und Nutzen von Konkurrenz
Das Hauptziel der Wettbewerbspolitik besteht darin, volkswirtschaftlich oder sozial schädliche Auswirkungen von Kartellen und anderen Wettbewerbsbeschränkungen zu verhindern und damit den Wettbewerb im Interesse einer freiheitlichen markwirtschaftlichen Ordnung zu fördern.
Bei der Bewertung aller Aspekte der Konkurrenz sind Kosten und Nutzen miteinander zu vergleichen. Ob und wie viel Konkurrenz nützt oder ob koordinierte Kooperation zu von den Menschen erwünschten Ergebnissen führen würde, kann zum Teil mit Verfahren und Erkenntnissen aus der Optimierungsrechnung und der Spieltheorie bewertet werden. Bei dieser Bewertung spielen auch wirtschaftspolitische Überzeugungen eine bedeutende Rolle.
Nutzen: Im marktwirtschaftlichen Modell führt (offener, informierter) Wettbewerb (Vollkommener Markt) zur fairen Preisbildung und zur optimalen Verwendung von Ressourcen. Wenn Konkurrenz in der Wirtschaft bewirkt, dass der Verbraucher bessere Produkte zu niedrigeren Preisen erhält, so hat sie einen Nutzen für den Verbraucher (Wohlfahrtsgewinn).
Ein Nutzen von Konkurrenz liegt auch darin, Innovation und schnelle Anpassung an neue Gegebenheiten voranzutreiben. Der frühere Monopolist Bundespost erlaubte z.B. keine schnurlosen Telefone, die in anderen Ländern schon eine Selbstverständlichkeit waren. Andererseits trug er zusammen mit anderen europäischen Netzbetreibern dazu bei, dass die Technik (DECT) für schnurlose Telefone zuverlässiger und störungsfreier war, als in Ländern mit einfachen analogen Systemen. Bei DSL wiederum führte Konkurrenz der privaten Unternehmen dazu, dass auf Telefonleitungen Datenraten übertragen werden können, die die Leistung von ISDN um Größenordnungen übertreffen.
Konkurrenz als Strukturierung des Risikos nach Luhmann
Niklas Luhmann sieht den Nutzen wirtschaftlicher Konkurrenz darin, dass sie Risiken strukturieren könne. Wenn ein komplexes System der Wirtschaft Intransparenz und Risiken erzeuge und ein Mangel an Informationen und die Nichtanwendbarkeit mehrwertiger Logik nicht erlaube, mit dieser Situation rational zurechtzukommen, dann bliebe die Beobachtung von Konkurrenten als praktikable Möglichkeit, mit Risiken umzugehen. (N. Luhmann: Die Wirtschaft der Gesellschaft, 1988, Kapitel 3, Abs. IX, S.124; ISBN 3-518-28752-4)
Diese These ist dort, wo Konkurrenz nur zwischen wenigen Marktteilnehmern stattfindet, auch eine Warnung. Denn ist die Konkurrenz nicht divers genug, besteht die Gefahr, dass die Strategien der Konkurrenten schnell in einen gemeinsamen Attraktor laufen und keine Strategie überlebt. Ein aktuelles Beispiel sind Banker, die Massenentlassungen bei bereits sehr hohen Profiten mit den noch höheren Profiten von Mitbewerbern rechtfertigen, die ähnlich denken. Die für selbstreferentielle Verhaltensbegründung erforderliche Komplexität und Diversität ist wegen der geringen Zahl von Mitbewerbern nicht ausreichend gegeben.
Selbst bei einer großen Zahl von Mitbewerbern kann die Voraussetzung der Komplexität verschwinden, wenn sie synchronisiert sind, zum Beispiel durch ähnliche Ausbildung, ähnliche Sozialisation oder durch gegenseitigen Abgleich über schnell arbeitende Kommunikationsmittel und Massenmedien usw. Die Synchronisierung erfolgt auch dann, wenn Konkurrenten ähnlich funktionierende softwaregestützten Entscheidungsverfahren einsetzen.
Ein krasses und hinsichtlich der tödlichen Konsequenzen nicht nur anekdotisches Beispiel für ein Versagen von Konkurrenz bei fehlender Diversität sind Spiele, bei denen zwei Wettbewerber mit ihren Autos auf eine Klippe zurasen. Wer zuerst bremst, verliert. Im Anglosächsischen ist single-minded ein positiv besetzter Begriff, jedoch führt er hier zur Ausschaltung der Konkurrenz in einer trotzdem bestehenden Konkurrenzsituation. Diese ist bereits die Struktur des Risikos; die Konkurrenten strukturieren mangels fehlender Diversität ihres Denkens das Risiko nicht mehr selbst in einer ihr Überleben fördernder Weise. In dieser Situation dient Konkurrenz nicht der Strukturierung des Risikos, sondern ist die Ursache des Risikos.
Dies ist ein Beispiel dafür, dass die Begründung für das Wirkenlassen von Konkurrenz die Voraussetzungen berücksichtigen muss, unter denen Konkurrenz Risiko zu strukturieren hilft.
Kosten der Konkurrenz
Konkurrenz kann auch unwirtschaftlich wirken, nämlich wenn konkurrierende Anbieter oder Nachfrager nicht aus eigener Kraft in der Lage sind einen negativen Kreislauf aufzuhalten (Marktversagen). Ein liberaler Eisenbahnmarkt könnte z.B. theoretisch dazu führen, dass mehrere Unternehmen ihre Gleise nebeneinander bauen, statt ein Gleis koordiniert zu nutzen. Wettbewerb kann auch dazu führen, dass die Qualität sich zu Gunsten eines immer niedrigeren Preises nach unten schraubt (Bsp: Langlebigkeit von Elektrogeräten).
Wettbewerbsintensität
siehe Hauptartikel Wettbewerbsintensität
Unter Wettbewerbsintensität versteht man das Maß für die Geschwindigkeit mit dem Vorsprünge eines Konkurrenten aufgeholt werden können. Wichtige Modelle hierzu stammen von Erhard Kantzenbach, Alban W. Phillips und Michael E. Porter.
Porter beschreibt fünf "Triebkräfte des Wettbewerbs", von denen die Intensität des Wettbewerbs abhängt:
- Mitbewerber innerhalb der Branche,
- Potentielle neue Mitbewerber,
- Marktmacht der Lieferanten,
- Marktmacht der Abnehmer,
- Ersatzprodukte, die das eigene Produkt/die Dienstleistung überflüssig machen.
Wettbewerbsverhalten, Wettbewerbsstrategien und Wettbewerbsvorteile
Als Wettbewerbsstratgien (auch Wettbewerbsverhalten) bezeichnet man diejenigen Verhaltensweisen der Marktakteure, die dem wettbewerblichen Umfeld adäquat sind. Ziel dabei ist die Erlangung eines Wettbewerbsvorteils.
Wettbewerbsverhalten und Wettbewerbsstrategien
siehe Hauptartikel Wettbewerbsstrategie
Das Verhalten der unternehmerischen Konkurrenten untereinander ist - auch abseits der Extreme - sehr unterschiedlich und oft branchentypisch. Insbesondere werden Wettbewerbsstrategien angewand, z. B. Verdrängungskämpfe und "Preiskriege". Es kann aber auch ein allgemeines (nicht verabredetes) Stillhalten zu kartellähnlichen Verhältnissen führen. Kartelle und andere Wettbewerbsbeschränkungen schalten den Wettbewerbscharakter des Marktes aus, indem Absprachen über Konditionen (nicht nur über Preise) getroffen werden.
Im praktischen Geschäft findet Wettbewerb beim Angebot immer nur zwischen sehr wenigen Marktteilnehmern statt. So stehen für den einzelnen Kaufprozess im allgemeinen kaum mehr als fünf Teilnehmer (Oligopol) in der Auswahl des potentiellen Kunden. Oft vergleichen "Stammkunden" überhaupt nicht und betrachten Mitbewerber erst bei Unzufriedenheit mit ihrem Stammlieferanten (unvollkommener Markt).
Auf der Nachfragerseite tritt Wettbewerb immer dann auf, wenn es sich um ein knappes Gut handelt (d. h. in der normalen Wirtschaft immer). Konkurrenz auf der Nachfrageseite kann z. B. in (offenen oder verdeckten) Versteigerungen organisiert werden, oder (beim durch den Anbieter festgelegten Preis etwa einer Mietwohnung) durch schnelle Zusagen.
Wettbewerbsvorteile
siehe Hauptartikel Wettbewerbsvorteil
Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz zu erlangen, ist das Bestreben der Marktteilnehmer. Diese Wettbewerbsvorteile können Preisvorteile sein, aber auch in der besonderen Qualität der Produkte bzw. Dienstleistungen liegen. Beispielsweise Termintreue, Freundlichkeit der Mitarbeiter, Zuverlässigkeit in Zusagen, Verfügbarkeit der Waren usw. können solche Wettbewerbsvorteile darstellen. Genießt ein Produkt oder ein Anbieter besonderes Vertrauen bzgl. einiger oder vieler dieser Merkmale, so spricht man von einer starken Marke unabhängig vom rechtlichen Schutz derselben.
Wettbewerbsvorteile können grundsätzlich in drei Kategorien eingeteilt werden
- Prozessorientierte Vorteile bringen Kostenvorteile
- Kundenorientierte Vorteile erlauben ein sehr schnelles Einstellen auf veränderte Kundenwünsche
- Technikorientierte Vorteile ermöglichen das Angebot der technisch fortgeschrittensten und ausgereiftesten Produkte
Wettbewerbsbeschränkungen und Wettbewerbspolitik
Aus dem egoistischen Interesse der Marktakteure, eine marktstarke Position (Marktmacht) zu erreichen, resultiert die Gefahr von Wettbewerbsbeschränkungen. Um sie zu verhindern führt der Staat über eine Reihe von Behörden eine wettbewerbsorientierte Wettbewerbspolitik durch.
Wettbewerbsbeschränkungen
siehe Hauptartikel Wettbewerbsbeschränkung
In der Ökonomie spricht man von einer Wettbewerbsbeschränkung, wenn Preis und Qualität der eigenen Leistung nicht der Disziplinierung durch einen Marktrivalen unterliegen. Wettbewerb liegt dann nur mehr eingeschränkt vor. Neben staatlichen Wettbewerbsbeschränkungen (z. B. Zölle, nichttarifäre Handelshemmnisse oder Staatsmonopole) spielen jedoch v. a. die privaten Wettbewerbsbeschränkungen (Verhaltenkoordinationen, Konzentrationen und Missbrauch) eine Rolle.
Letztere versucht der Staat durch eine zielgerichtete Wettbewerbspolitik zu begrenzen.
Wettbewerbspolitik
siehe Hauptartikel Wettbewerbspolitik
Die Wettbewerbspolitik ist ein Bereich der Wirtschaftspolitik. Sie bezeichnet staatliche Regeln und Eingriffe, mit dem Ziel, alle Arten von Wettbewerbsbeschränkungen auf Märkten zu verhindern, die die Wohlfahrt der Gesellschaft beeinträchtigen. Das Hauptziel der Wettbewerbspolitik besteht darin, volkswirtschaftlich oder sozial schädliche Auswirkungen von unlauterem oder wettbewerbsbeschränkenden Verhalten zu verhindern.
Wettbewerbsrecht
siehe Hauptartikel Wettbewerbsrecht
Wettbewerbsrecht ist der umfassende Oberbegriff für das Recht zur Bekämpfung unlauterer Wettbewerbshandlungen (= klassisches Wettbewerbsrecht im engeren Sinne) und das Recht gegen Wettbewerbsbeschränkungen (= Kartellrecht).
Konkurrenzarten
- Vollständige oder Totale Konkurrenz nach dem Marktformenschema
- generische Konkurrenz
- Produktformkonkurrenz
- Unternehmenskonkurrenz
- Produktkategoriekonkurrenz
- Produktartenkonkurrenz
- Markenkonkurrenz
- Vertriebswegekonkurrenz
Weblinks
Siehe auch
Substitutionskonkurrenz, Ausschreibungskonkurrenz, Marketing, Wettbewerbsrecht, Schöpferische Zerstörung, Ruinöser Wettbewerb