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Europaarmee

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Mitgliedsstaaten der EU und der NATO
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  • Unter dem Stichwort Europaarmee läuft eine Diskussion zur Einrichtung eines Verteidigungsbündnisses europäischer Staaten, ähnlich dem Vorbild der NATO, bzw. zur Einrichtung gesamteuropäischer Streitkräfte, die dann einem europäischen Verteidigungsministerium unterstellt werden könnten. Erster Anstoß zur Diskussion gab der französische Ministerpräsident René Pleven bereits zu Beginn der 1950er Jahre. Seit Anfang 2000 wird erneut über das Thema diskutiert.

    Vorteile

    Die (teilweise) Vereinigung der Streitkräfte der EU-Staaten würde die Effizienz erhöhen. Die Anzahl der Soldaten aller EU-Staaten macht mit 1,9 Millionen ungefähr 150 % der Mannstärke der US-Armee aus. Die Kosten betragen insgesamt 160 Milliarden Euro.[1]

    Gegenstimmen

    Ein Plakat, das vor einer Militarisierung Europas warnt

    Vor allem die USA waren 2003 gegen eine Europaarmee, die amerikatreuen Regierungen Großbritanniens und Spaniens unter Aznar haben sich 2003 ebenfalls gegen eine solche Armee ausgesprochen.[2]

    Auch die europäischen Linken hatten eine Europaarmee abgelehnt, als sie während den Volksentscheiden über die EU-Verfassung, in ihren Kritikpunkten an dem Vertrag u.a. anführten, er treibe die Militarisierung der Union voran.

    Geschichte

    Nach dem Ausbruch des Kalten Krieges, des Korea-Krieges 1950 und wegen einer akuten Furcht vor einem Angriff der UdSSR wurde im August 1950 von Winston Churchill eine europäische Armee mit west-deutscher Beteiligung gefordert, die mit den USA zusammenarbeiten sollte. Churchill hatte sich schon im März des gleichen Jahres für einen deutschen Verteidigungsbeitrag ausgesprochen, so dass die beratende Versammlung des Europarates am 11. August 1950 die Bildung einer europäischen Armee mit deutschen Kontingenten befürwortete. In den USA begann sich gleichzeitig die Vorstellung durchzusetzen, eine europäische Verteidigungsstreitmacht unter Führung der NATO aufzubauen. Erstmals sprach sich am 11. September 1950 der US-amerikanische Außenminister Dean Acheson für eine gemeinsame Europäische Armee unter deutscher Beteiligung aus.

    Pleven-Plan

    Der französische Ministerpräsident René Pleven schlug im Oktober 1950 konkret vor, eine Europaarmee unter einem europäischen Verteidigungsminister bzw. Ministerium zu schaffen. Dies sollte kein Bündnis sein, sondern eine Armee, die aus auf einer Einheitsebene integrierten Kontingenten besteht. Jeder Staat sollte einen Beitrag zu dieser Armee leisten, aber trotzdem noch seine eigenen Verbände unterhalten dürfen. Im November 1950 stimmte der Bundestag mit den Stimmen der Regierungsparteien einem deutschen Verteidigungsbeitrag auf der Basis des Pleven-Plans zu. Als Konsequenz des Plans zogen sich die Verhandlungen über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) vier Jahre hin. Im August 1954 nahm die französische Nationalversammlung den Vertrag über die EVG jedoch von der Tagesordnung, damit war der Pleven-Plan gescheitert.[3]

    Aktuelle Versuche

    Im April 2003 haben sich wieder Vertreter aus Deutschland, Frankreich, Belgien und Luxemburg getroffen um in einem Gipfel, einen neuen Anlauf für die Schaffung einer Europa-Armee im Rahmen der GSVP zu starten. Das dabei zu gründende Eurokorps könnte als Kern für eine europäische Interventionstruppe dienen, denn im Kosovo haben die europäischen Armeen bereits bewiesen, dass sie gut zusammenarbeiten können, eine bessere Abstimmung allerdings wünschenswert wäre. Spanien zeigte sich daran nicht interessiert, wohl um die guten Beziehungen zu den USA nicht zu gefährden. Deutschland legte viel Wert auf eine Teilnahme von Großbritannien, hierzu erklärte Elmar Brok (CDU): „Störend ist dabei in diesem aktuellen politischen Kontext, dass das alles vier Länder sind, die in der Irak-Krise im Anti-Flügel waren und es würde zur größeren Glaubwürdigkeit beitragen, wenn hier auch das eine oder andere Land, das im anderen Lager stand, dabei wäre.“ Zur Schaffung eines Eurokorps bräuchte man Gelder aus dem europäischen Haushalt, um dieser Armee den Weg zu ebnen.[4]

    Im März 2007 sagte die deutsche Bundeskanzlerin und EU-Ratspräsidentin, Angela Merkel: „Wir müssen einer gemeinsamen europäischen Armee näher kommen. Die EU-Kommission wird handlungsfähiger werden, und zwar mit klar geregelten Zuständigkeiten.“[5] Bei der Münchner Sicherheitskonferenz am 6. Februar 2010 betonte der deutsche Außenminister Guido Westerwelle, dass Europa eine gemeinsame Armee braucht: „Die Europäische Union muss ihrer politischen Rolle als globaler Akteur gerecht werden. Sie muss eigenständig Krisenmanagement betreiben können und sie muss rasch, flexibel und im gemeinsamen Verbund handeln können.“[6]

    Zudem sagte der belgische Regierungschef Guy Verhofstadt: „Eine europäische Armee aus 100.000 Soldaten würde die europäische Verteidigungsbereitschaft deutlich verbessern und die NATO stärken. Zudem würde eine EU-Armee Kosten sparen, weil die ineffiziente Aufteilung der Union in nationale Verteidigungsmärkte endlich überwunden würde.“[7]

    Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen ist laut einem Bericht des Nachrichtensenders N-TV vom 31. Januar 2014 für das Zusammenlegen und Teilen der europäischen Armeen, womit sie für eine Bündelung und damit für eine Europaarmee stimmt.[8]

    Streitkräfte und Abmachungen

    Im Rahmen der Verträge zur Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik wurde eine Reihe von Institutionen gegründet. Dazu gehören der Militärausschuss (EUMC), der Militärstab (EUMS) mit der zivilen/militärischen Zelle, der Ausschuss für die zivilen Aspekte der Krisenbewältigung, die Europäische Verteidigungsagentur, das Satellitenzentrum der Europäischen Union (EUSC) und das Institut der Europäischen Union für Sicherheitsstudien (ISS). An den GSVP-Institutionen beteiligen sich alle Staaten der Europäischen Union (teilweise mit opt-ins von Norwegen und opt-outs von Dänemark). Als Streitkräfte dieser EU-weiten Abmachung steht eine mindestens 1500 Mann starke rotierende Zuordnung multinationaler Verbände in den EU Battlegroups bereit.

    Hinzu treten einer Reihe multinationaler (nicht EU-weiter) Streitkräfte:

    • Das Eurokorps bildet mit etwa 60.000 Mann den Kern eines stehenden Heeres. Zur Deutsch-Französische Brigade kommen weitere Brigaden aus Deutschland, Frankreich, Belgien und Spanien. Polen beteiligt sich mit einer Brigade zu Ausbildungszwecken. Weitere Staaten entsenden Personal in den Korpstab und die Unterstützungsbrigade, derzeit Griechenland, Türkei, Polen, Italien, Rumänien, Österreich und die USA.
    • Den EUFOR-Operationen des EUMS unterstehen Truppen im Rahmen der Operation Althea in Bosnien-Herzegowina, der EUFOR Tchad/RCA im Tschad und der EUFOR RD Congo im Kongo.
    • Die EUROMARFOR wurde 1995 von Frankreich, Italien, Portugal und Spanien gegründet. Griechenland und die Türkei entsenden Beobachter. In Friedenszeiten sind der Europäischen Marine derzeit keine Truppenkontingente zugeordnet.
    • Die European Air Group wurden 1995 als Franco-British European Air Group (FBEAG) gegründet und 1997 erweitert. Derzeit beteiligen sich an den Europäischen Luftstreitkräften die Niederlande, Belgien, Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien und Großbritannien. Hinzu tritt die Indienststellung des Europäischen Lufttransportkommandos 2010, beteiligt sind daran derzeit die Niederlande, Belgien, Frankreich und Deutschland.
    • Die Europäische Gendarmerietruppe (EGF) ist die europäische Militärpolizei, gegründet 2006 von Frankreich, Italien, Spanien, Portugal und den Niederlanden. Rumänien beteiligt sich, Polen und Litauen sind Partner. Die Türkei entsendet Beobachter. Deutschland hat abgelehnt sich zu beteiligen (kasernierte Polizei rechtlich nur auf Landesebene und so nicht vergleichbar).
    • Das 1. Deutsch-Niederländisches Korps wurde als NATO Response Force weiterentwickelt, der Brigade unterstehen weitere Streitkräfte aus den Niederlanden, Deutschland, Belgien, Frankreich, Spanien, Dänemark, Türkei und Norwegen. Mit weiterem Personal sind 12 Ländern vertreten. Der EU-Eingreiftruppe unterstehen in Krisenzeiten mehr als 30.000 Mann, die stehenden 1200 Mann wurden bei Übernahme des NFOR-4 Turnus auf 8500 aufgestockt.

    Siehe auch

    Literatur

    Einzelnachweise

    1. Gründe für Europaarmee
    2. Die USA sprechen sich gegen eine Europaarmee aus
    3. Wiederbewaffnung und Pleven-Plan
    4. Neuer Anlauf für Europa-Armee
    5. Merkel fordert Europa-Armee
    6. ftd.de (Memento vom 8. Februar 2010 im Internet Archive)Vorlage:Webarchiv/Wartung/Linktext_fehlt
    7. Guy Verhofstadt nimmt Stellung zur Europaarmee und EU-Steuer
    8. Von der Leyen will Armeen bündeln: Soll sich Deutschland von Europa verteidigen lassen? Abgerufen am 1. März 2014 von n-tv.de