Corps Palaio-Alsatia Frankfurt am Main
Das Corps Palaio-Alsatia ist eine suspendierte Studentenverbindung im Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV). Die Altelsässer sind Studenten und Alumni der Kaiser-Wilhelms-Universität Straßburg, der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main. Anders als die drei älteren Corps in Straßburg rekrutierte Palaio-Alsatia sich bis zum Ersten Weltkrieg überwiegend aus dem Elsass.
Couleur
Palaio-Alsatia hat die Farben gelb–weiß–rot mit silberner Perkussion. Dazu wird eine gelbe Studentenmütze getragen. Die Fuchsband ist gelb–rot mit silberner Perkussion. Zu Kneipen werden gelbe Pekeschen getragen. Der Wahlspruch ist Einer für alle, alle für einen! Der Wappenspruch ist Gladius ultor noster.
Die Studentische Fechtwaffe ist der Korb. Die Chargenzeichen sind x, xx, xxx.
SC zu Straßburg
Als das Reichsland Elsass-Lothringen 1871 zum Deutschen Reich gekommen war, wurden an der Kaiser-Wilhelms-Universität vier Kösener Corps gestiftet: Rhenania Straßburg (1872), Palatia Straßburg (1873), Suevia Straßburg (1878) und Palaio-Alsatia (1880)
„Der Straßburger SC hatte unter den Kösener Corps immer eine besondere Eigenart. Straßburg war die Universität des damaligen Grenzlandes, zur Stützung des Deutschtums befand sich der SC in engster Fühlung mit den Professoren, den hohen Beamten und nicht zuletzt dem Militär. Die guten Straßburger Regimenter brachten mit ihren „Einjährigen“ einen großen Teil des Nachwuchses. Es entstand eine Gemeinsamkeit, die sich auf die gleichen Auffassungen von Pflicht, Ehre und Vaterlandsliebe gründete – einer Gemeinsamkeit, die wiederum zu einem regen gesellschaftlichen Verkehr führte. Natürlich färbte das auch auf das Verhältnis der Corps zueinander, ja auch der einzelnen Angehörigen eines CC zu den Angehörigen eines anderen CC ab. Vielleicht haben diese Eigenart des Straßburger SC und diese Beziehungen der Corps untereinander nicht zuletzt zu dem damaligen letzten Beschluß des alsdann suspendierten SC vom Juni 1919 beigetragen.“

Wegen einer Verrufssache war der SC durch die Universität vom 15. Juli 1890 bis zum 20. April 1891 suspendiert. Als er wegen einer anderen Verrufssache im Juni 1911 erneut suspendiert wurde, übernahmen zunächst die Altherrenvereine (AHC) die Funktionen der Convente. Am 18. Oktober 1911 wurde dann „Guestphalia“ gegründet. Sie hatte die Farben grün–weiß–schwarz und die Fuchsfarben grün–schwarz. Die Mitglieder trugen einen hellgrünen Stürmer und hatten den Wahlspruch Fortes adiuvat fortuna. Die Suspendierung endete am 15. April 1912.[EN 1]
Alsatia
Arminia
Ausgetretene Mitglieder der Argentina gründeten am 4. Juli 1874 die christliche Verbindung Arminia.[A 1][A 2][A 3] Die Arminen hatten die Farben dunkelgrün–weiß–rot und trugen eine grüne Studentenmütze. Duelle waren verboten. Der Wahlspruch war Einer für alle, alle für einen! Am 3. Juli 1879 konstituierte sie sich als Landsmannschaft Alsatia. Sie nahm die unbedingte Satisfaktion an und führte die Mensur ein. Die Farben waren hellgrün–weiß–rot, die Fuchsfarben weiß–rot. Alsatia erklärte sich am 21. Januar 1880 zum Corps und änderte die Fuchsfarben in grün–weiß–grün. Sie renoncierte am selben Tag beim SC zu Straßburg und wurde am 26. Juli 1880 recipiert. Sie suspendierte am 10. Januar 1881.[EN 1]
Vosegina
Die Verbindung Vosegina wurde am 24. Mai 1881 gegründet. Die Farben waren gelb–weiß–rot, die Fuchsfarben gelb–weiß–gelb, die Mütze gelb. Sie stand zur unbedingten Satisfaktion. Der Wahlspruch war Einer für Alle, Alle für Einen! Die Bestimmungsmensur führte sie im Wintersemester 1883/84 ein. Am Ende des Sommersemesters 1884 trat sie dem Goslarer Chargierten-Convent bei. Als sie im SS 1885 durch die Universität suspendiert worden war, gründete sie Markomannia mit den Farben rosa–blau–weiß und den Fuchsfarben rosa–weiß–rosa. Seit Anfang Sommersemesters 1886 wieder Vosegina, erstrebte sie den Beitritt zum SC.[EN 2]
Palaio-Alsatia

Statt einer sonst notwendigen Renoncierung suspendierte Vosegina am 28. Mai 1886 und rekonstituierte Alsatia unter Übernahme ihrer Farben gelb–weiß–rot als Palaio-Alsatia; denn zwischenzeitlich war eine andere Alsatia gegründet worden. Die nicht einverstandenen Mitglieder gründeten Markomannia.[EN 1][A 4]
Bis zum Herbst 1906 hatte Palaio-Alsatia ein Corpshaus am Illstaden in Universitätsnähe.
Alsatia zu Freiburg
Am Ersten Weltkrieg hatten 93 von 128 Corpsangehörigen teilgenommen. Zehn waren für das Deutsche Kaiserreich gefallen. Palaio-Alsatia teilte nach Kriegsende das Schicksal aller deutschen Korporationen und musste Straßburg verlassen. Am 5. Juni 1919 beschloss sie, in Freiburg im Breisgau als Alsatia mit den Farben grün–weiß–rot zu rekonstituieren. Der SC zu Freiburg recipierte Alsatia am 12. Juli 1919. Nach dem Bruch der Kartellverhältnisse im gelben Kreis (Teutonia Halle und Makaria München) musste Alsatia schon am 10. Oktober 1919 suspendieren.[EN 1]
Die 1919 gegründete Straßburger Vorstellung wurde nie aufgelöst.[EN 3]
Palaio-Alsatia zu Frankfurt
Mit den Farben gelb–weiß–rot rekonstituierte das Corps am 9. Januar 1921 als Palaio-Alsatia an der Frankfurter Universität. Sie war schon 1914 gegründet worden, nahm den Lehrbetrieb aber erst nach dem Ersten Weltkrieg auf. Wie die Universität Köln und die Universität Hamburg diente sie als Ersatz für die verlorene Kaiser-Wilhelms-Universität. In Frankfurt am Main gab es seit 1921 auch das Wissenschaftliche Institut der Elsaß-Lothringer im Reich. Mit dem aus Prag gekommenen Corps Austria begründete Palaio-Alsatia den SC zu Frankfurt am Main. Für kurze Zeit residierte das Corps im Grethenweg. Eine zweite Bleibe fand es im Bornwiesenweg. Aus Straßburg war einiges erhalten geblieben; aber das Kneipmobiliar war verloren gegangen. Dennoch konnten die meisten gerettet werden, wie auch andere Couleurgegenstände wie Semester- und Mensurbilder. Ein neues Studentenwappen wurde bei einem Münchener Kunstmaler in Auftrag gegeben. Die Gedenktafel für die im Ersten Weltkrieg gefallenen Altelsässer wurde an der neuen Kunstgewerbeschule Köln ausgeführt. Die vom Reich gewährte Entschädigung für das in Straßburg enteignete Corpshaus war mit 2.224 Goldmark sehr gering. Trotzdem konnte das Corps zum 50. Stiftungsfest ein neues Corpshaus in der Wiesenau beziehen.
In der Zeit des Nationalsozialismus wurde der Arierparagraph restlos durchgeführt.[EN 1] Nach der Auflösung des HKSCV am 28. September 1935 sprach sich die breite Mehrheit der 32 anwesenden Altelsässer am 13. Oktober 1935 dafür aus, zu suspendieren und die überflüssigen Räume des Corpshauses zu vermieten. Palaio-Alsatia suspendierte am 15. Oktober 1935.
Große Illusion

In einer „großen Illusion“ beschloss die Altherrenschaft nach dem Westfeldzug die Rückkehr nach Straßburg. Das Frankfurter Corpshaus wurde dem NS-Altherrenbund übergeben. Im Gegenzug erhielt das Corps das Straßburger Corphaus zurück. Es wurde aufwendig erneuert und das gesamte Mobiliar wieder nach Straßburg überführt, einschließlich des Corpsarchivs.[EN 4] Die Alten Herren der Palaio-Alsatia betreuten ab 1942 die Kameradschaft „Barbarossa“.[EN 1] Die Aktivenzahlen blieben trotz des Krieges immer zweistellig. Im November 1944 wurde Straßburg von der United States Army erobert. Das Corpshaus, das Mobiliar und das Archiv gingen verloren. Der Kontakt zu den Barbarossa-Mitgliedern riss ab.
Zweiter Neuanfang
Anders als Austria traute Palaio-Alsatia sich in der Nachkriegszeit nicht zur Rekonstitution, zumal viele Corpsbrüder verschollen waren. Zusammen mit den Corps des Hallenser Senioren-Convents Borussia, Guestphalia, Neoborussia und Teutonia übertrug sie deshalb am 10. Dezember 1949 ihre Tradition auf das Corps Saxonia Frankfurt, das am selben Tag gestiftet worden war.[EN 1] Saxonia bezog zwei Räume vom Corpshaus der Altelsässer in der Wiesenau.
Als die Verschollenen gefunden waren, entschloss Palaio-Alsatia sich zur Rekonstitution; unter Aufnahme von 13 Mitgliedern der Saxonia wurde sie am 1. November 1953 vollzogen. Mit Austria, Franconia-Jena, Saxonia Leipzig, Saxonia Frankfurt und Neoborussia Halle erneuerte sie den SC zu Frankfurt am Main. Von den sechs Corps blieb nur Austria. Im Juni 1974 bezog Palaio-Alsatia das neue Corpshaus in Frankfurt-Sachsenhausen (Niederräder Landstraße 2). Sie war 1965 präsidierendes Vorortcorps und stellte mit Lothar Goldschmidt den Vorsitzenden des oKC. Wegen Nachwuchsmangels suspendierte das Corps am 18. Dezember 1999. Die weit gediehene Vorbereitung einer Rekonstitution mit Hilfe des Corps Thuringia Jena scheiterte im letzten Augenblick.
Verhältniscorps
- Kartell
- Bavaria Erlangen (1968/1956)[A 5]
- Traditionsverhältnisse (Straßburger Vorstellung, 1919)
- Rhenania Straßburg
- Palatia Straßburg
- Suevia Straßburg
Altelsässer
- Paul Adolf Bamberg (1876–1946), Industrieller
- Karl Bernhard Bamler (1865–1926), Meteorologe, Pionier des Ballonfahrt
- Viktor Böttcher(1880–1946), Verwaltungsjurist
- Georg Hom (1938–1911), Maler
- Rudolf Joerges (1868–1957), Rechtswissenschaftler
- Walther Kausch (1867–1928), Chirurg, Begründer der Pankreaschirurgie
- Georg Kautz (1860–1940), Ministerialbeamter
- Rolf Krebs (* 1940), Wirtschaftsmanager und Hochschullehrer
- Erich Max Müller (1870–1948), Chemiker
- Erich tho Rahde (1875–1927), Verwaltungs- und Bankjurist
- Herbert Stadler (1880–1943), Verwaltungsjurist und Kommunalpolitiker
- Ferdinand Carl von Stumm (1880–1954), Diplomat und Industrieller
- Rudolf Thauer der Ältere (1906–1986), Physiologe
- Horst Weyrauch (* 1932), Wirtschaftsprüfer
Anmerkungen
- ↑ Argentina wurde am 11. November 1857 von Mitgliedern der Concordia mit den Farben schwarz–weiß–rot gegründet. Sie trat am 5. Februar 1859 dem Wingolfsbund bei und wechselte am 11. April 1861 die Farben auf schwarz–silber–dunkelrot und am 1. Mai 1872 auf schwarz–rot–gold. Heute ist sie ein verbandsfreier Altherrenverein.
- ↑ Concordia wurde als Germania Anfang WS 1854/55 unter Aufnahme von Mitgliedern des Theologischen Gesangsvereins gegründet. Anfang SS 1855 umbenannt in Concordia, 1856 suspendiert.
- ↑ Der Theologische Gesangsverein wurde 1853 mit den Farben rot–weiß–grün gegründet. Der Verbleib ist unbekannt.
- ↑ Markomannia wurde am 5. Januar 1888 gegründet und ist heute als Turnerschaft Cheruscia Straßburg zu München im Coburger Convent.
- ↑ Befreundetes Vorverhältnis seit 1956
Literatur
- Gustav Kellermann, Kurt Weimar: Die Alt-Elsässer 1880–1980, o. J.
- Paulgerhard Gladen: Palaio-Alsatia (früher Alsatia) Straßburg zu Frankfurt, in: Die Kösener und Weinheimer Corps: Ihre Darstellung in Einzelchroniken. WJK-Verlag, Hilden 2007, ISBN 978-3-933892-24-9, S. 119–121.