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Modalverb

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Modalverben sind Verben, die Wunsch, Zwang oder Möglichkeit bezeichnen. Im Deutschen werden gewöhnlich die sechs Verben können, sollen, wollen, müssen, mögen und dürfen als Modalverben angesehen, wenn sie in Verbindung mit einem Infinitiv ohne zu stehen. Sie weisen auch eine Reihe von Eigentümlichkeiten in ihrer Flexion auf. Modalverben werden entweder zu den Hilfsverben gezählt[1] oder als eigene Gruppe zwischen Hilfsverben und Vollverben angesiedelt.[2]

Liste von Modalverben in germanischen Sprachen

Die folgende Liste führt die historischen Entsprechungen der Modalverben in verschiedenen germanischen Sprachen auf. Hierbei decken sich trotz gleicher Konstruktion und ähnlicher Funktion ihre Bedeutungen in den verschiedenen Sprachen nicht mehr vollständig.

Etymologische Verwandte (keine Übersetzungen)
Neuenglisch Neuhochdeutsch Neuniederländisch Neuisländisch
can können, kann kunnen, kan kunna, kann
shall sollen, soll zullen, zal skulu, skal
will wollen, will willen, wil vilja, vill
must müssen, muss moeten, moet -
may mögen, mag mogen, mag mega, má
- dürfen, darf durven, durf þurfa, þarf

Das Modalverb

Daneben wird im Präsens die Konjugationsreihe des Konjunktives II von mögen (möchte, möchtest usw.: Ich möchte einen Kaffee trinken) als eine Abschwächung von wollen (Ich will einen Kaffee trinken) empfunden, analog zu dem Paar sollen (Du sollst den Chef anrufen) und müssen (Du musst sofort den Chef anrufen). Den meisten Deutsch-Sprechenden ist nicht bewusst, dass möchte und mag sich morphologisch ebenso entsprechen wie könnte und kann. Anders ausgedrückt: Der feststellbare Abstand zwischen den Standardbedeutungen von möchte (wünsche zu tun, wünsche zu haben) und mag (schätze, finde sympathisch, esse gerne) sowie die relative Häufigkeit von möchte bei relativ seltenem Vorkommen von mag in der gesprochenen Sprache verdunkeln die Verwandtschaft dieser Formen, anders als bei könnte (kann vielleicht) und kann (kann tatsächlich).

Da Modalverben ähnlich wie Hilfsverben benutzt werden, werden sie auch als Modale Hilfsverben bezeichnet.

Im Gegensatz zu den Hilfsverben haben und sein, die eine Partizipialkonstruktion erfordern, werden Modalverben im Deutschen syntaktisch immer in einer Infinitiv-Konstruktion ohne „zu“ verwendet: „Ich möchte dich sehen.“ (Im Gegensatz zum Infinitiv mit zu, der mit einer viel größeren Gruppe Verben gebildet werden kann: „Ich erwarte, dich morgen zu sehen.“)

Ferner sind Modalverben im Präsens durch identische Formen der 1. und 3. Person Singular gekennzeichnet, wie es bei anderen Verben nur im Präteritum der Fall ist: ich soll — er soll wie ich kam — er kam. Auch das Verb wissen weist diese Besonderheit auf (ich weiß - er weiß), zählt aber nicht zu den Modalverben. Nach ihrer Bildungsart werden wissen und die Modalverben (außer wollen) unter der Bezeichnung Präteritopräsentia zusammengefasst.

Im umgangssprachlichen Gebrauch wird neuerdings auch das Verb „brauchen“ (in der Negation) mit der Bedeutung „müssen“ als Modalverb (d. h. mit Infinitiv ohne zu, es gibt dialektal sogar die Form er brauch) verwendet, dies gilt standardsprachlich jedoch als falsch.

Deutsche Modalverben haben in der Verwendung als Quasi-Hilfsverb zwei Formen des Partizip Perfekts: Die hochsprachliche Form entspricht dem Infinitiv ("Das hatte ich nicht wissen können"), umgangssprachlich wird auch das Bildungsmuster der schwachen Verben benutzt ("Ich hab das nicht schreiben gekonnt."). Oft wird in solchen Fällen auf das Präteritum ausgewichen ("Ich konnte das nicht wissen / schreiben"). Als Vollverben haben Modalverben immer das 'normale' Partizip Perfekt mit ge- + Verbstamm + -t ("Er hatte es nicht anders gewollt").

Weiterhin weicht in hochsprachlichen deutschen Nebensätzen mit Modalverben als Quasi-Hilfsverben und einem weiteren Hilfsverb in einem mehrteiligen Verbverband (Futur, Passiv, Perfekt ...) die 'Prozessionsreihenfolge' der Verben am Ende des Nebensatzes von der üblichen Reihung ab. Normalerweise steht im Nebensatz das finite Hilfsverb am Ende ("Ich weiß, dass er nicht die Wahrheit gesagt hat"), nicht jedoch, wenn ein Modalverb als Quasi-Hilfsverb beteiligt ist ("Ich weiß, dass sie es niemals hätte über sich bringen können, die Kinder wegzugeben"). Dies ist mitbedingt durch das hochsprachlich verlangte Partizip, das mit dem Infinitiv gleichlautend ist und in solchen Konstellationen zu Irritationen führt ("Ob er das wirklich hätte wissen können, wer weiß..."). In der Umgangssprache werden solche Konstruktionen oft vermieden ("Der hätte das sowieso nicht gewusst.").

Zur Umgestaltung der Flexion der Modalverben

Auch historisch unterscheiden sich Modalverben hinsichtlich ihrer Flexion von den anderen Verben. Auffällig ist die Form der 2. Person Singular Indikativ Präsens: Sie lautete bei den Modalverben dürfen, sollen und wollen noch in frühneuhochdeutscher Zeit auf -t; also: du darft, du sollt und du wilt. Mit Beginn des 15. Jahrhunderts setzt bei diesen drei Verben ein Wandel ein, indem -t nach dem Vorbild der anderen Verben allmählich durch -st ersetzt wurde, so dass wir heute nur noch du darfst, du sollst und du willst kennen. Solche Prozesse sind allgemein als Analogie bekannt. Auffällig ist nun aber, dass dieser Prozess bei Verben der gleichen Klasse (hier: der Modalverben) mit sehr unterschiedlicher Geschwindigkeit abläuft: Er ist beim Verb dürfen bereits um 1530 abgeschlossen; bei wollen und sollen sind die alten Formen dagegen noch bis zum ersten Drittel des 19. Jahrhunderts zu beobachten. Der zeitliche Ablauf dieser Sprachwandel erfolgt gesetzmäßig gemäß dem Piotrowski-Gesetz.[3]

Literatur

  • Kapitel: Modalverben. In: Peter Eisenberg: Grundriß der deutschen Grammatik. Band 2: Der Satz. Metzler, Stuttgart, Weimar 1999, ISBN 3-476-01642-0, S. 90–99 passim.
  • Kapitel: Die Modalverben. In: Harald Weinrich unter Mitarbeit von Maria Thurmair, Eva Breindl, Eva-Maria Willkop: Textgrammatik der deutschen Sprache. Dudenverlag, Mannheim, Leipzig, Wien, Zürich 1993, ISBN 3-411-05261-9, S. 289–316.
  • Kapitel: Modalverben. In: Gisela Zifonun, Ludger Hoffmann, Bruno Strecker: Grammatik der deutschen Sprache. Band 2. De Gruyter, Berlin, New York 1997, ISBN 3-11-014752-1, S. 1252–1285.
  • Karin Pittner & Judith Berman: Deutsche Syntax. Ein Arbeitsbuch, Tübingen, Narr, 4. Aufl., 2010

Einzelnachweise

  1. Insbesondere in der Englischen Grammatik: "modal auxiliaries", vgl. http://en.wikipedia.org/wiki/Auxiliary_verb
  2. Letzteres bei Pittner & Berman 2010, S.19
  3. Erste Auswertung: Karl-Heinz Best: Zum morphologischen Wandel einiger deutscher Verben. In: Karl-Heinz Best, Jörg Kohlhase (Hrsg.): Exakte Sprachwandelforschung. Theoretische Beiträge, statistische Analysen und Arbeitsbereiche. edition herodot, Göttingen 1983. ISBN 3-88694-024-1, Seite 107-118. Erneute Darstellung der Prozesse auf verbesserter Datengrundlage: Karl-Heinz Best: Quantitative Linguistik. Eine Annäherung. 3., stark überarbeitete und ergänzte Auflage. Peust & Gutschmidt, Göttingen 2006, ISBN 3-933043-17-4, Seite 106-109.
Wiktionary: Modalverb – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen