IEC 62196 Typ 2

EN 62196 Typ 2 (auch IEC Typ 2 genannt) ist die Bezeichnung für einen Steckertyp, der in Europa für die Ladung von Elektrofahrzeugen an Ladesäulen im Januar 2013 von der EU-Kommission als Standard festgelegt wurde [1]. Der Stecker wird in der Norm IEC 62196-1 beschrieben. Entwickelt wurde der Typ-2-Stecker vom Steckerhersteller Mennekes zusammen mit dem Stromversorger RWE und dem Automobilhersteller Daimler. Weitere wichtige deutsche Hersteller von Typ-2-Steckern sind unter anderem die Firmen Lapp und Walther.
Geschichte der Elektro Ladestecker
Aufbau
Der Stecker-Typ 2 ist an einer Seite stark abgeflacht sodass sich die korrekte Einsteck-Richtung selbst dem ungeübten Laien intuitiv erschließt. Verdrehtes ansetzen des Steckers ist dadurch bereits mechanisch ausgeschlossen. Er besitzt sieben runde Kontaktstifte – zwei Kontaktstifte für die Kommunikation zum Elektroauto und fünf weitere Kontaktstifte für die Leistungsübertragung. Der Stecker ist so aufgebaut, dass die Verbindung mit dem Schutzkontakt zuerst erfolgt, Signalkontakte zur Leistungsfreigabe zuletzt. Der Typ 2 hat – anderes als der Typ 1 – keine Klinke, rastet also an sich nicht ein. Der Stecker verfügt über zwei Fallen mittels derer eine Ladesäule durch elektromechanisches Verriegeln ein ungewolltes abziehen des Steckers und so eine mögliche Manipulation durch Vandalen verhindert. Das Steckersystem ist so konzipiert dass eine Leistungsunterbrechung nicht im Stecker selbst erfolgt. Elektrische Kontakte werden dadurch in Bezug auf deren Lebensdauer schont und Explosionsschutz da kein elektrischer Funken auftritt gewährleistet. Der Stecker ist im Gegensatz zu den CEE Steckern mit keiner sich selbst schließenden Schutzklappe ausgerüstet. Meist ist daher bei fest installierten Ladestationen mit fixem Kabel der Stecker in einem Holster abgelegt. Oder der Elektroautobesitzer verwendet sein eigenes Ladekabel das er im KFZ mit sich führt.
Anschluss

PP: Proximity Pilot
CP: Control Pilot
L1, L2, L3: Außenleiterkontakte
PE: Schutzkontakt
N: Neutralleiter
Der Stecker-Typ 2 besitzt die drei Außenleiterkontakte L1, L2 und L3, einen Kontakt für den Neutralleiter und einen Kontakt für den Schutzkontakt. Weiterhin gibt es den PP-(Proximity-Pilot)-Kontakt, um die Anwesenheit des Steckers festzustellen und den CP (Control Pilot), um die Steuersignale zwischen Elektrofahrzeug und Stromtankstelle auszutauschen. Der Typ 2 ist Teil des Ladekabels.
Ladebereiche
Es werden drei Ladebereiche: Level 1, Level 2 und Level 3 unterschieden. Dabei dient „Level 1“ dem Anschluss an einfache Haushaltssteckdosen mit 120 Volt mit maximal 16 Ampere (IEC 61851 Mode 1), bei denen über den Nulleiter geerdet werden kann. „Level 2“ erlaubt die Nutzung der Geräteanschlüsse mit 240 Volt mit maximal 32 Ampere (IEC 61851 Mode 2), die im Dreileiternetz die beiden Außenleiter abgreift. „Level 3“ bezeichnet die Schnellladung mit Gleichstrom mit bis zu 400 Ampere (61851 Mode 4). In der Revision 2009 wurde der Level 2 erweitert, sodass er mit dem neuen Yazaki-Design und entsprechend dicken Zuleitungen auch 80 Ampere erlaubt.
Im SAE Standard wurden die Vorgaben der CARB übernommen, jedoch werden die Ladeströme nach Wechselstrom („AC Level 1“ und „AC Level 2“) und Gleichstrom („DC Level 1“ und „DC Level 2“) unterschieden. Für die Anwendung mit Gleichstrom wurde auch ein um zwei weitere Kontakte ergänzter Ladestecker definiert, der jedoch nie zum Einsatz kam (stattdessen verbreitet sich der TEPCO-kompatible Stecker der CHAdeMO Ladestationen). Für die Erweiterung mit 80 Ampere ist bisher kein Steckermodell zertifiziert worden.
Ladebereich | Nennspannung | Phasen | Max. Strom | Leistung |
---|---|---|---|---|
AC Level 1 | 120 V | 1 Phase mit Nullleiter (L1-N) | 13 A 16 A |
1,9 kW |
AC Level 2 | 240 V | 1 Phase über Außenleiter (L1-L2) | 32 A (2001) 80 A (2009) |
19,2 kW |
AC Level 3 | ein- und dreiphasig (noch nicht spezifiziert) |
> 20 kW |
Ladebereich | Spannungbereich | Spannungsform | Max. Strom | Leistung |
---|---|---|---|---|
DC Level 1 | 200–450 V | Gleichstrom der Ladestation | 80 A | 36 kW |
DC Level 2 | 200–450 V | Gleichstrom der Ladestation | 200 A | 90 kW |
DC Level 3 | 200–600 V | Gleichstrom der Ladestation | 400 A | 240 kW |
Signalisierung
Die Funktion der Signalkontakte wurde erstmals 2001 beschrieben (sowohl in SAE J1772 als auch in IEC 61851). Eine Ladestation legt dabei an den Pilotkontakt CP (Contact Pilot) und den Proximity-Schalter PP (Proximity Pilot, auch Plug Present) eine Spannung von 12 Volt an. Das Protokoll ist geeignet, auf Digitalelektronik zu verzichten (im Gegensatz zum CAN Bus bei Chademo und EnergyBus) – die SAE J1772 geht von einem Betriebsbereich von mindestens −40 °C bis +85 °C aus.
Auf dem Pilotkontakt CP wird eine Ladestation über einen 1-kΩ-Widerstand eine Spannung von +12 V anlegen und bei angeschlossenem Fahrzeug mit einer 1-kHz-Rechteckschwingung ihre Bereitschaft anzeigen (Signalbereich ±12 V ±0,4 V). Auf der Seite des Elektrofahrzeugs wird der Stromkreis von CP über einen Widerstand und eine Diode auf den Schutzleiter PE zurückgeführt.[2] Öffentliche Ladestationen sind bei offenem Stromkreis grundsätzlich spannungsfrei, auch wenn der Standard eine Leistungsabgabe nach Mode 1 (maximal 16 Ampere) erlaubt. Bei geschlossenem Stromkreis kann die Ladestation darüber hinaus die Funktionsfähigkeit des Schutzleiters testen. Das Elektrofahrzeug kann über den Widerstand eine Ladefreigabe anfordern – mit 2700 Ω wird ein Mode 3 kompatibles Fahrzeug gemeldet („vehicle detected“), dass noch keine Ladung abfordert. Bei 880 Ω ist das Fahrzeug bereit für einen Ladestrom („ready“) und bei 240 Ω wird zusätzlich eine Lüftung angefordert („with ventilation“), was im Außenbereich keinen Unterschied macht, in Innenräumen aber bei fehlender Belüftung den Ladestrom kappt. Die Ladestation meldet an das Fahrzeug über eine Pulsweitenmodulation der Rechteckschwingung die maximale Leistungsabgabe – bei 16 % PWM maximal 10 A, bei 25 % PWM maximal 16 A, bei 50 % PWM maximal 32 A und mit 90 % PWM eine Schnellladung.[3]
In Anschlussbeispielen in SAE J1772:2001 wird gezeigt, dass der Stromkreis CP-PE dauerhaft auf 2740 Ω geschaltet ist (Spannungsabfall von +12 V auf +9 V bei gestecktem Kabel, das den Signalgenerator der Ladestation aktiviert) und bei fahrzeugseitiger Aktivierung der Ladung (per Schalter) ein Widerstand mit 1300 Ω parallel geschaltet wird (Spannungsabfall auf +6 V) beziehungsweise 270 Ω mit Ventilator (Spannungsabfall auf +3 V), sodass der Detektor der Ladestation allein auf die Spannung CP-PE reagiert.[4] Durch die Diode wird nur die Plusspannung gesenkt, die Messung der Minusspannung zeigt weiter −12 V – eine Minusspannung auf CP (nur bei aktivem Signalgenerator vorhanden) ist ein Fehlerwert, der den Ladestrom abschaltet.
Gesamtwiderstand CP-PE | offen | 2700 Ω | 880 Ω | 240 Ω | ||
---|---|---|---|---|---|---|
Widerstand R3 bei R2 = 2740 Ω |
— |
— 2740 Ω |
1300 Ω 2740 Ω |
270 Ω 2740 Ω | ||
Messspannung CP-PE | +12 V | +9 V ±1 V | +6 V ±1 V | +3 V ±1 V | ±0 V | −12 V |
Grundstatus | Status A | Status B | Status C | Status D | Status E | Status F |
Ladefreigabe | standby | vehicle detected |
ready (charging) |
with ventilation |
no power (shut off) |
error |
Der Proximity-Kontakt PP meldet den möglichen Ladestrom des Fahrzeugs an die Ladestation. Hierzu wird im Kabel ein Widerstand zwischen PP und PE gesetzt.:[5][6]
Gesamtwiderstand PP-PE | 1500 Ω | 680 Ω | 220 Ω | 100 Ω |
---|---|---|---|---|
Stromkapazität | 13 A | 20 A | 32 A | 63 A |
Leiterquerschnitt | 1,5 mm² | 2,5 mm² | 6 mm² | 16 mm² |
Die Pulsweite auf dem 1 kHz CP signal zeigt die maximale Stromlast an - laut SAE beinhaltet das Steckdose des Ladegeräts, Kabelzuführung und Steckbuchse am Fahrzeug. In der US-Definition wird die "ampacity" (ampere capacity) doppelt angegeben, für Dauerlast und für kurzzeitige Anwendung, während die IEC die gleichen Abstufungen mit nur einem nominellen Stromwert angibt.[3] Die SAE hat die maximale Stromlast auf der Basis einer Formel definiert, die die 1000 µs Zykluslänge der Trägerfrequenz (das 1 kHz Signal) nimmt und je 10 µs Pulsweite mit 0,6 A multipliziert um die Dauerlast des Anschlusses zu definieren (mit minimal 100 µs = 6 A und maximal 800 µs = 48 A).[4]
PWM | SAE dauerhaft | SAE kurzzeitig | IEC omnicharge |
---|---|---|---|
50% | 30 A cont | 36 A peak | 32 A (EU) |
40% | 24 A cont | 30 A peak | 25,5 (EU) |
30% | 18 A cont | 22 A peak | 19 A (EU) |
25% | 15 A cont | 20 A peak | 16 A (EU) |
16% | 10 A (EU) | ||
10% | 6 A (EU) |
Spannung und Strom
Die Nutzung des Typs 2 kann entweder einphasig mit einer netzüblichen Wechselspannung von 220 V bis 240 V oder dreiphasig mit einer Spannung von 400 V erfolgen. Der Stecker ist in der Regel auf einen Strom von bis zu 63 A ausgelegt.
Kompatibilität
Das Steckbild des Typ-2-Steckers ist nur mit der zugehörigen Ladedose bzw. mit einer Combo-Ladedose, welche Wechselstrom- und Gleichstrom-Ladung vereint, kompatibel.
Sicherheit
Spannung wird erst zugeschaltet, wenn der Stecker gesteckt ist und der PP erkannt wird.
Verpolungssicherheit
Der ansonsten runde Ladestecker ist im oberen Drittel stark abgeflacht. Setzt man den Stecker zur Buchse verdreht an so gelingt es bereits ansatzweise nicht mit den Kontakten in die Buchse zu gelangen. Das Griffstück ist nach hinten abfallend geknickt sodass, wenn man den Stecker in die Hand nimmt sich dieser durch den Zug des Kabels nach unten von selbst in die richtigen Position in der Hand dreht.
Verriegelung
Während des Ladevorgangs wird der Stecker an der Ladesäule verriegelt, so dass er nicht unter Last gezogen werden kann. Die Steuerung der Verriegelung übernehmen Fahrzeug und Ladesäule. Die Ansprüche an der Verriegelung sind hoch und gehen über die einer eigentlichen Verriegelung hinaus. Eine Verriegelung erfolgt normalerweise kraftlos; weil jedoch eine Klinke fehlt und somit Dose und Stecker nicht automatisch richtig zueinander stehen, erhält der Benutzer zusätzlich die Aufgabe, den Stecker in die richtige Lage zu bringen. Die dazu notwendige Kraft ist auch zur Entriegelung nötig, denn jeder Zug am Stecker lässt die Kraft direkt am Verrieglungsstift wirken und kann ihn dadurch einklemmen.
- Fingersicherheit (mit normalen Fingern sind keine Kontakte erreichbar)
- vorauseilender Schutz- und CP-Steuerkontakt
- gute mechanische Beanspruchbarkeit
- Unmöglichkeit der Nutzung von Adaptern
- starke stromführende Kontakte
- Fähigkeit zum Entriegeln auch bei einem Stromausfall
Fehlerstromschutz
IEC 62196 Steckdosen müssen mit einem Typ B Fehlerstromschutzschalter abgesichert sein. Solche Fehlerstromschutzschalter sind allstromsensitiv und speziell für Stromkreise mit Wechselrichter und Frequenzumrichter konstruiert. Herkömmliche Typ A Fehlerstromschutzschalter verlieren bei einem Erdschluss im Elektroautostromkreis hinter der Gleichrichterbrücke durch den dann entstehenden Gleichfehlerstrom im sekundären Wechselstromkreis ihre volle Funktionsfähigkeit.[7]
Normen
Die Steckerform Typ 2 ist beschrieben in den Normen:
Weblinks
- Ladeleitungen (Walther-Werke)
- Typ 2 für Deutschland und Europa (Mennekes)
- Kabelsysteme für die Mobilität von morgen (Lapp)
Einzelnachweise
- ↑ Claude Ricaud (Chairman, EV Plug Alliance): Hearing for examination of Directive for alternative fuels infrastructure. (PDF; 234 kB) Committe on Transport and Tourism (TRAN) of the European Parliament, 18. Juni 2013, abgerufen am 2. Juli 2013: „Directive should prescribe the use of both basic Type 2 socket (as written today) and Type 2 with safety shutters, compatible with the existing type 2 plug“
- ↑ Die Anode der Diode auf CP.
- ↑ a b c Anro Mathoy: Definition and implementation of a global EV charging infrastructure. (PDF; 319 kB) BRUSA Elektronik, 17. Januar 2008, abgerufen am 8. April 2012.
- ↑ a b SAE J1772 - SAE Electric Vehicle Conductive Charger Coupler. (MS Word; 756 kB) August 2001, abgerufen am 9. April 2012 (Appendix A, Typical Pilot Line Circuitry).
- ↑ Komponenten für Elektrofahrzeuge - Mennekes Lade-Inletz KFZ (gemäß IEC 62196–2). (PDF; 1,3 MB) Abgerufen am 8. April 2012.
- ↑ EV-Simulator für Ladeeinrichtungen mit Ladestecker / Ladekupplung Typ 2 als Servicekoffer. (PDF; 769 kB) Abgerufen am 8. April 2012.
- ↑ VDE 0160; EN 50178 Kap 5.2.11.