Mutter


Mutter bezeichnet den weiblichen Elternteil eines Kindes, im Allgemein die Frau, die das Kind geboren hat; dies gilt auch nach der Eizellspende einer anderen Frau (siehe Leihmutter). Daneben kann eine Frau rechtliche Mutter durch die Adoption einer Person „an Kindes statt“ werden. Eine Mutter ist die gesetzliche Vertreterin und Sorgeberechtigte ihrer minderjährigen Kinder, mit ihrer Mutterschaft verbunden sind Elternrechte und -pflichten (siehe auch Kindschaftsrecht).
Als Mutterarchetyp, auch Große Mutter oder Urmutter, spielt die Bedeutung der Mutter eine zentrale Rolle in der analytischen Psychologie nach Carl Gustav Jung. Im übertragenen Sinne bezeichnet Mutter die Gründerin einer Organisation oder Denkrichtung, so gilt die Politikerin Golda Meir als „Mutter des Staates Israel“, oder Susanna Wesley als „Mutter des Methodismus“ (siehe auch Stammmutter).[1]
Gesellschaft
Das Erziehungsrecht haben meist Vater und Mutter gemeinsam, es kann aber auch nur ein Elternteil (Alleinerziehende) das Erziehungsrecht haben. In verschiedenen Ländern können auch zwei Mütter oder zwei Väter in homosexueller Partnerschaft oder auch mehr Personen das Erziehungsrecht übernehmen.[2]
Eine Pflegemutter ist nicht die biologische Mutter, übernimmt aber deren Funktion in der weiteren Entwicklung des Kindes. Die Frau kann auch durch Adoption eines Kindes zur Mutter werden. In der deutschen Rechtsprechung ist die Mutter in erster Linie die leibliche Mutter: Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat. (§ 1591 BGB) (siehe Leihmutter). Juristen sprechen in ihrer Terminologie häufig von der Kindsmutter.
Kinderreichste Mutter Deutschlands ist Barbara Stratzmann mit 53 beglaubigten Kindern (im 15./16. Jahrhundert). Die jüngste Mutter der Welt wurde die Peruanerin Lina Medina im Alter von fünf Jahren. Das Durchschnittsalter, in dem deutsche Frauen erstmals Mutter werden, lag 2007 bei 26 Jahren, in den 1960er Jahren lag es bei 23 Jahren.
Mutterbild und das mit der Mutterschaft verbundene Rollenverständnis ist kulturell eingebunden und unterliegt daher erheblichen historischen und gesellschaftlichen Wandlungen.
Ein Beispiel für eine mögliche frühkulturelle Verehrung der Frauenfigur als Fruchtbarkeitssymbol sind die Venusfigurinen des Jungpaläolithikums, die wohl bekannteste ist die Venus von Willendorf. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde die Rolle der Mutter aufgewertet, allerdings wohl aus rassenideologischen Gründen: So wurde an Frauen mit überdurchschnittlich vielen Kindern das Mutterkreuz verliehen.
In der europäischen Moderne wurde im Zuge der Emanzipation, der damit verbundenen Abkehr von traditionellen Vorstellungen wie Kinder, Küche und Kirche und der damit einhergehenden Berufs- und Karrierewünsche der Frauen Ausgleich für die Umstände einer Geburt und der folgenden Kindererziehungszeit geschaffen. Dies betrifft sowohl den Mutterschutz, einen Erziehungsurlaub, Anrechnungszeiten auf die Rente, Arbeitsplatzgarantien als auch finanzielle Anreize wie Kindergeld und Kinderfreibetrag. Bei dem siebten Kind übernimmt in Deutschland der Bundespräsident die Patenschaft.
Trotzdem nahm in ganz Europa die Geburtenrate derart ab, dass ein Bevölkerungswachstum nicht mehr gegeben ist. Als Gründe werden hier vor allem die Verhütungsmittel verantwortlich gemacht, die Frauen die Möglichkeit geben, ihren Nachwuchs ohne sexuelle Entbehrung planen zu können. Als weitere Gründe werden gesteigerte Ausbildungszeiten, Konsumwünsche, Zukunftsängste und zunehmende Zeugungsunfähigkeit/ Unfruchtbarkeit genannt.

Bildende Kunst
Das Mutterbild in der Bildenden Kunst hat sich vielfach geändert. Je nach herrschender Ideologie und Zeit ist die Mutter ganz verschieden dargestellt worden. Auch die erlebte Situation trug dazu bei. An das Frauen-KZ Ravensbrück erinnern mehrere Mütter-Denkmale.
Das frühere bürgerliche Mutterbild wurde etwa von Ernst Wilhelm Hildebrand (1875) dargestellt. Paula Modersohn-Becker hat vielfach Mütter auf ihren Bildern dargestellt. Dabei spielte der Kontakt zwischen Mutter und Kind eine große Rolle. Im ländlichen Leben hatte die Frau als Mutter im häuslichen Bereich eine wichtige Position, das stellt etwa Hermann Bayer (1829–1893) dar.
Im Ersten Weltkrieg wurde die Mutter als Beschützerin in grausamer Umwelt wichtig, wie sie etwa Aksel Waldemar Johannessen darstellte. In der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg war die Frau als „Hüterin von Heim und Herd“ gesehen, wie eine Muttergruppe von Erich Schmidt-Kestner darstellt. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand in Bremerhaven ein Denkmal, das an die „im Kriege gefallenen Mütter und Kinder“ erinnerte.

Im Ostblock fielen solche Denkmale deutlich größer aus, wie das Denkmal im Stadtbild Silutes zeigt. Die Briefmarke in der DDR zum 10. FDGB-Kongress 1982 zeigt das Mutterbild der damaligen Zeit im Sozialismus.
- Mütter in der Bildenden Kunst
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Hermann Bayer, 1863
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Ernst Wilhelm Hildebrand, 1875
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Edmund Gomansky, 1898
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Paula Modersohn-Becker, 1906
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Paula Modersohn-Becker
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Heimkehr vom Felde (1912), Plastik auf dem Seminarplatz in Dessau
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Aksel Waldemar Johannessen, 1918/20
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Erich Schmidt-Kestner, 1938, Herford
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Valeria Gramatzki, 1955, Bürgerpark Bremerhaven
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Oswald Haberland, 1926, Gorden
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DDR-Briefmarke, 1982
Linguistik
Anrede
Die Anrede für die Mutter ist regional unterschiedlich. Die häufigsten Formen im deutschen Sprachraum sind „Mama“, „Mami“ und „Mutti“. Kinder, aber auch viele Erwachsene verwenden diese Wörter häufig anstelle des Namens, wenn sie die eigene Mutter anreden (siehe auch: Kindersprache). In früheren Zeiten war es in Kreisen des Bürgertums durchaus üblich, dass Kinder ihre Mutter mit Frau Mama ansprachen. Heute ist dies unüblich.
Das Wort „Mama“ oder ähnliche Formen gibt es weltweit in fast allen Sprachen. Weil die Silbe ma durch bloßes stimmhaftes Öffnen des Mundes entsteht und bereits für einen Säugling sehr leicht auszusprechen ist, ist es auch häufig das erste Wort, das Menschen lernen. Die weite Verbreitung wird auch mit einer gemeinsamen Herkunft des Wortes aus einer Ursprache erklärt, in der es schon für den Begriff Mutter gestanden haben könnte. Die Herkunft des Wortes Mama aus dieser Ursprache kann jedoch nicht bewiesen werden, weil aus den Zeiten der Sprachentstehung keine Sprachäußerungen überliefert sind.
Stammwort mater
Das indogermanische Stammwort *mātér- ist der Ursprung für die heutige Bezeichnung der Mutter in den meisten indoeuropäischen Sprachen. Aus der lateinischen und griechischen Form leiten sich viele Fremd- und Lehnwörter der deutschen Sprache ab. Ebenso werden auch heute noch in vielen Kulturen ähnliche Worte für Himmel und Mutter verwendet.
Beispiele sind
- Matrix (lat. „Gebär-, Stammmutter“; Medizin, Mathematik, Physik, Chemie, Genetik u. a.)
- Mater (Druckform)
- Material
- Alma Mater „nährende Mutter“ (Universität)
- Materie, materiell
- Matriarchat
- Matrikel, Immatrikulation (Einschreibung an einer Universität)
- Madrigal (Literatur) oder Madrigal (Musik) (eine musikalische oder literarische Form)
Kulturell
- Mater Dolorosa (schmerzensreiche Mutter) bezeichnet Maria, die Mutter Jesu, unter dem Kreuz.
- Matres war eine Bezeichnung für die Beten, die Dreiheit der keltischen Schicksalsgöttinnen.
- Matri (Mütter) werden im asiatischen Tantra alle hilfreichen weiblichen Geister bezeichnet.
- Matriarchat (von latein. mater „Mutter“, und griech. arché „Beginn, Ursprung“, auch „Herrschaft“), als „Frauen-orientierte Gesellschaftsform“ Gegenstand der Matriarchatsforschung.
- Matrikadevis ist eine Bezeichnung aus dem indischen Hinduismus für die Urmatriarchinnen, die die Stämme der Ahnen verwalteten.
- Matrikamantra ist im Hinduismus das Schöpferwort Om, mit dessen Klang die Urmutter das Universum hervorbrachte.
- Matrikel ist ein öffentliches Verzeichnis, besonders an Universitäten, und leitet sich von lateinisch matricula (matrix „Stamm-Mutter“) ab. Diese Bedeutung geht zurück auf das Metroion von Athen, dem Tempel der Muttergottheit Kybele, in dem das Staatsarchiv aufbewahrt wurde.
- Matrix (Mutterin: mater mit zusätzlicher weiblicher Endung), die gnostische, hermetische oder magische Bezeichnung für den Leib der Mutter, ist eine redundante Form (doppelt-gemoppelt).
- Matronalia war ein hoher Festtag, den die Römerinnen im Frühling feierten.
- Matrone (von lateinisch matrona, der römischen Ehefrau), verallgemeinert für „ältere, würdevolle Frau“, später auch abfällig für „ältere füllige Frau“.
- Matronensteine (auch von matrona): Weihesteine für keltisch-römisch-germanische Muttergottheiten, den Matronae oder Matres (oft mit einem Beinamen).
- Metropole (Zentrum, Hauptstadt) ist aus dem altgriechischen μητρόπολις (metrópolis), „Mutterstadt“, entlehnt (von altgriech. meter „Mutter, Ursprung, Quelle“ und polis „Stadt“). Im bildlichen Sprachgebrauch wurde das Verhältnis des Stadtstaates zu seinen Kolonien wohl wegen des femininen polis analog zum Bild von „Mutter und Tochter“ gesehen.
- Mutter Kirche (lat. Mater ecclesia): Im Sprachgebrauch der römisch-katholischen Kirche verwendete Formulierung (vgl. Enzyklika Cum sancta mater ecclesia von Papst Pius IX. und Apostolische Konstitution Provida mater ecclesia)
In anderen Sprachen

Indoeuropäische Sprachen
- (alt)griechisch: μητήρ metér, μητέρα mitéra oder μάνα mána
- bulgarisch: majka майка
- lateinisch: mater, matrix, mamma
- französisch: mère
- russisch: мать mat'
- tschechisch: matka, matinka
- slowakisch: matka, mamka
- polnisch: matka
- albanisch: matrice „Mutterleib“
- serbokroatisch: мајка majka
- spanisch: madre
- bosnisch, kroatisch: majka
- persisch: مادر mādar
- alt-englisch: modor
- alt-irisch: mathir
- alt-indisch: matar
- sanskrit: matr
- rumänisch: mamă
Nicht-indoeuropäische Sprachen
- arabisch: أم umm
- hebräisch: אם êm
- chinesisch: 母 mǔ, 母親 / 母亲 mǔqin, 媽媽 / 妈妈 māma
- finnisch: emämaa „Mutterland“
- thailändisch: แม่ mae
- türkisch: Anne, Ana
- ungarisch: anya
- vietnamesisch: mẹ
- japanisch: (お)母さん (O)kāsan, 母(親) Haha(oya)
Redewendungen
- Abfällig ist die Redewendung Muttersöhnchen für Männer, die stark an ihre Mutter gebunden, also unselbstständig sind.
- Mutter wird auch als ehrender Titel verwendet, so z. B. bei Muttergottes, Queen Mum oder in anderer Form bei Mutter Teresa.
- Die bedeutendsten Verwendungen findet das Wort sicherlich in Verbindung mit Mutter Erde und Muttersprache.
- Der Ausdruck „Mutter aller…“ bezeichnet umgangssprachlich in verschiedenen Sprachen oft eine besonders große Sache oder etwas, von denen kleinere Dinge abstammen könnten, z. B. Mutter aller Schlachten, umgangssprachlich Mutter aller Bomben.
- Eine ähnliche Verwendung hat der Begriff Mutter in Mutterschiff.
- Während bis in die 1970er Jahre eine nur erziehende Mutter als Berufsbezeichnung noch ohne Beruf angab, wurde später Hausfrau und Mutter einer Berufsbezeichnung gleichgestellt. Im Jahr 2007 wertete ein Werbeslogan mit dem Satz Ich leite ein kleines erfolgreiches Familienunternehmen den Mutterstand gesellschaftlich auf.
Siehe auch
- Eltern-Kind-Beziehung, Verwandtschaftsbeziehung
- Mutterliebe
- Muttertag
- Großmutter
- Kaukasischer Kreidekreis und Salomonisches Urteil
- María del Carmen Bousada, die Frau, die im Jahr 2006 als älteste Mutter der Welt Berühmtheit erlangte
- Lina Medina, jüngste Mutter
Literatur
- Christine Brinck: Mütterkriege. Herder, Freiburg im Breisgau 2007.
- Julia C. Nentwich: Wie Mütter und Väter gemacht werden – Konstruktionen von Geschlecht bei der Rollenverteilung in Familien. In: Zeitschrift für Frauenforschung & Geschlechterstudien 18 (2000), Nr. 3, S. 96–121.
- Elma van Vliet: Mama, erzähl mal! Das Erinnerungsalbum deines Lebens. Knaur, München 2007, ISBN 978-3-426-66264-9.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Kathrin Kahlweit: Jahrhundertfrauen. Beck, Mündchen 2001, S. 21.
- ↑ Frankfurter Rundschau: Zwei Mütter und ein Baby. 6. Januar 2007, S. 14.