Verein zum Schutze deutscher Einwanderer in Texas

„Mainzer Adelsverein“ war der Kurzname für den „Verein zum Schutze deutscher Einwanderer in Texas“ (1842-1848), durch dessen Vermittlung zwischen 1844 und 1847 etwa 7.380 Deutsche nach Texas auswanderten.
Gründung
Die Idee zur Gründung eines überseeischen Siedlungsunternehmens entstand am 20. April 1842 auf einer Versammlung des „Rates deutscher Fürsten und adeliger Herren“ auf Schloss Biebrich in Biebrich am Rhein. Am 25. März 1844 wurde dann in Mainz der Verein in eine Aktiengesellschaft mit zeitweiligem Sitz in Mainz umgegründet. Die 21 Mitglieder und somit Aktionäre des Vereins waren ausschließlich Angehörige des Hochadels, weshalb der Verein auch als „Mainzer Adelsverein“ bezeichnet wurde.
Mitgliederliste
Insgesamt gab es 21 (oder 25?) Mitglieder; dazu gehörten:
- Adolf Herzog von Nassau (1817-1905), Herzog von Nassau, Großherzog von Luxemburg, Präsident des "Mainzer Adelsvereins"
- Friedrich Prinz von Preußen (1794-1863), Sohn des Friedrich Ludwig Karl Prinz von Preußen, ranghöchstes Mitglied des Vereins
- Hermann Prinz zu Wied (1814-1864), verheiratet seit 1842 mit Marie Prinzessin von Nassau (1825-1902), Schwester von Alphons Herzog von Nassau (s.o.)
- Carl Prinz zu Solms-Braunfels (1812-1875)
- Viktor Graf von Leiningen
- Carl Graf zu Castell
- Joseph Graf von Boos-Waldeck
- Otfried Hans Freiherr von Meusebach
- August Freiherr von Bibra (1808-1894)
Vereinszweck
Ziel der Gesellschaft war es, „die deutsche Auswanderung, so viel als möglich nach einem einzigen, günstig gelegenen Punkte hinzuleiten, die Auswanderer auf der weiten Reise zu unterstützen und nach Kräften dafür zu wirken, dass ihnen jenseits des Meeres eine neue Heimat gesichert werde.“ (Quelle: Vereinssatzung) - Man wollte so der akuten Armut und Not in Deutschland begegnen und den Menschen neue Hoffnung geben. Man stellte jeder ausreisewilligen Familie rund 130 Hektar Land in Aussicht, dazu die Versorgung mit Lebensmitteln bis zur ersten eigenen Ernte sowie Kirchen, Schulen und ärztliche Fürsorge. Diese Versprechungen erwiesen sich aufgrund akuter Geldknappheit jedoch sehr schnell als unhaltbar, so dass die Auswanderungswilligen für Transport und Verpflegung dann doch 300 pro Einzelperson bzw. 600 Gulden pro Familie zahlen mussten. Andererseits hatte der Verein selbstverständlich auch ganz materielle Ziele: Mit einer deutschen Kolonie in Texas sollten neue Absatzmärkte für die heimische Wirtschaft eröffnet werden.
Geschichte
Im Juni 1844 schickte der „Texasverein“ als ersten Generalkommissar Carl Prinz zu Solms-Braunfels nach Texas, der dort am 1. Juli eintraf. Doch erst am 18. März 1845 gelang es Solms, nahe des Guadalupe River ein Stück Land für die Siedler zu kaufen, die nach dreimonatigem Treck mit großen Verlusten dort am 21. März 1845 eintrafen, und taufte die neue Siedlung “Neu-Braunfels” (New Braunfels) nach dem Sitz seiner Familie. Allerdings bewies der junge Prinz keine glückliche Hand in Finanzdingen: Er gab das gesamte Geld des Vereins aus, machte zusätzlich Schulden und musste zu guter Letzt auch noch freigekauft werden, nachdem einer der Gläubiger für den Prinzen eine Schutzhaft erwirkt hatte. Solms kehrte am 15. Mai 1845 nach Deutschland zurück, nachdem er von seinem Amtsnachfolger Otfried Hans Freiherr von Meusebach durch Zahlung von 10.000 US-$ freigekauft worden war.
Noch immer strömten deutsche Ausreisewillige in das scheinbar „gelobte Land“. Als Texas im Jahr 1845 in die "nordamerikanische Union" (USA) aufgenommen wurde, war der Traum von einer deutschen Kolonie “Neu-Deutschland” endgültig geplatzt. Doch kamen durch Vermittlung des Vereins bis 1847 knapp 7.400 Deutsche nach Texas, die monatelang unter erbärmlichsten Bedingungen leben mussten. Unzählige fielen Seuchen zum Opfer - so z.B. 1846 in New Braunfels, wo 300 Menschen starben -, andere verhungerten einfach.
Meusebach schaffte es dennoch, die Verhältnisse grundsätzlich zu stabilisieren. 1847 gründete er den Ort “Friedrichsburg” (Fredericksburg), benannt nach Friedrich Prinz von Preußen. Meusebachs größte historische Leistung bestand allerdings darin, mit dem Indianerstamm der Comanchen im Jahr 1847 einen Friedensvertrag auszuhandeln: Die Deutschen kauften Felle und Lebensmittel von den Indianern, während diese im Gegenzug von Plünderungen der deutschen Siedlungen absahen. Einzigartig an diesem Vertrag ist die Tatsache, dass er von beiden Seiten niemals gebrochen wurde: Es ist das einzige Abkommen zwischen Weißen und Indianern, von dem sich dies zweifelsfrei behaupten lässt! Der denkwürdige Friedensvertrag wirkt sogar bis heute nach: Jeweils am zweiten Samstag im Mai wird in Fredericksburg, der Hochburg der deutschen Auswanderer, der “Founder’s Day” gefeiert. Bei diesem großen Fest treffen sich Meusebachs Nachkommen und die der Comanchen-Häuptlinge, die damals den Vertrag unterzeichneten. Geschenke werden ausgetauscht und gemeinsam raucht man eine Friedenspfeife, um den historischen Vertrag zu bekräftigen.
Die versprochenen großen Landzuweisungen von jeweils 130 Hektar pro Familie blieben allerdings auch weiter aus, da die Leitung des "Mainzer Adelsvereins" mit der organisatorischen Umsetzung völlig überfordert war und bereits nach wenigen Jahren die finanziellen Mittel ausgingen. Als diese Missstände in Deutschland bekannt wurden, war der ohnehin angekratzte Ruf des „Texasvereins“ nicht mehr zu retten.
Meusebach trat am 20. Juli 1847 von seinem Amt als Generalkommissar des "Mainzer Adelsvereins" zurück und wurde von Hermann Spieß abgelöst, dem nichts weiter übrig blieb, als die Zahlungsunfähigkeit des Vereins zu erklären, da es Meusebach nicht gelungen war, die Finanzen zu sanieren. Am 23. Februar 1848 löste sich der "Mainzer Adelsverein" formal auf, die Vermögens- und Schuldenverwaltung wurde am 6. Mai 1848 an die "Deutsche Colonisationsgesellschaft für Texas" in Biebrich übergeben. In Texas führte die "German Emigration Company" die Geschäfte weiter.
Obwohl das „texanische Abenteuer“ also für den Verein schließlich in einem Fiasko endete, entstand rund um die Vereinsgründungen New Braunfels und Fredericksburg im Laufe der Jahre eine blühende Siedlungslandschaft, die für die ausgewanderten Deutschen doch noch zu einer neuen Heimat wurde. Die Deutschen in diesem Gebiet trugen viel zur Entwicklung von Texas bei. Beide Orte waren bereits nach kurzer Zeit florierende Städte und Mittelpunkte des Deutschtums in den USA. Noch um die Wende zum 20. Jahrhundert waren etwa 100.000 Texaner deutschsprachig. Die meisten siedelten in Zentraltexas zwischen Austin und San Antonio. Bis heute gibt es den „German Belt“ in Texas, in dem man “Friedrichsburger Deutsch” spricht, und bis heute ist das texanische Amerikanisch mit deutschen Einflüssen stark durchsetzt.
Literatur
- Carl Prinz zu Solms-Braunfels: Original-Berichte des Prinzen Carl zu Solms-Braunfels, des General Bevollmächtigten des Mainzer Adelsverein, vom 25ten October 1844 bis zum 30ten April 1845 bezüglich der Gründung von New Braunfels, Texas, in: Kalender der „Neu-Braunfelser Zeitung“, 1916.
- Friedrich Hertneck: Ein deutscher Kolonisationsversuch in Texas - Die Geschichte des "Mainzer Adelsvereins", in: Deutsches Adelsblatt Nr.46 +48, November 1936.
- F. Heymach: Die Kolonialversuche des Mainzer Adelsvereins im westlichen Texas, in: Volk und Scholle. Heimatblatt für beide Hessen, V. Jahrgang, 1927.
- R. Bonnet: Der Mainzer Adelsverein und die nassauische Auswanderung nach Texas um 1850, in: Rudolf Dietz (Hg.): Der Uhrturm. Mitteilungen der Nassauischen Familiengeschichtlichen Vereinigung Wiesbaden, Heft 1, Wiesbaden 1930.
- Wolf-Heino Struck: Zur Geschichte der Auswanderung nach Texas unter dem Mainzer Adelsverein, in: Genealogisches Jahrbuch, Band XI, Berlin 1971.
- Ulrich Lampert: Die Vorfahren des letzten deutschen Generalvertreters des sogenannten "Mainzer Adelsvereins" in Texas, in: Archiv für Sippenforschung, XXXVII. Jahrgang, Limburg (Lahn) 1971.
- F. von Herff: Der Mainzer Adelsverein , in: Deutsches Adelsblatt, Jg.XX. Jahrgang, Kirchbrak 1981.
- Winfried Schüler: Auswanderung als Geschäft? Herzog Adolf von Nassau und der Adelsverein zum Schutz deutscher Einwanderer in Texas, in: Nassauische Annalen. Jahrbuch des Vereins für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung, Band CV, Wiesbaden 1994.
- Gilbert Giddings Benjamin: The Germans in Texas. A Study in Immigration, German American Annals, Volume VII, 1909.
- Wolf Heino Struck: Zur Geschichte der Auswanderung nach Texas unter dem "Mainzer Adelsverein", in: Genealogisches Jahrbuch, Band 11, Zentralstelle für Deutsche Personen- und Familiengeschichte, Berlin-Frankfurt (Main) 1971.
- Beate Rese: Texas, Ziel deutscher Auswanderung im 19. Jahrhundert, Centaurus Verlag, 2001, ISBN 389085964X.
- Helmut Mathy: Der Mainzer Adelsverein oder das Scheitern eines deutschen Siedlungsprojektes in Texas, in: Lebendiges Rheinland-Pfalz, 13. Jahrgang, Heft 3, 1976.
- Theodor Mandel: Die Tätigkeit der Auswandererorganisationen um die Mitte des 19. Jahrhunderts unter besonderer Berücksichtigung von Südwestdeutschland, Frankfurt (Main) 1922.
- William von Rosenberg: Kritik der Geschichte des Vereins zum Schutze der Deutschen Auswanderer nach Texas, Austin (Texas) 1894.