Tabu-Keller
Das Tabu war ein Anfang der 1950er Jahre etablierter Existenzialisten-Keller unter den Scala-Lichtspielen in der ehemaligen Meckenheimer Strasse 6–8. Im Zuge des Stadthaus-Neubaus am neugeschaffenen Berliner Platz wurde das ganze Wohnviertel, mit dem Kinosaal und dem Tabu-Keller, Anfang der 1970er Jahre abgerissen.
Vorgeschichte
In den Nachkriegsjahren war das Gebiet zwischen der Meckenheimer-/ Bornheimer-und der Maxstraße das sogenannte „Nachtjackenviertel“.[1] Eine namenlose St(r)ichstrasse (Sackgasse) zweigte neben dem Kino ab und wurde von den Bonnern „Nächelsgass“ genannt, nach der gleichnamigen Bordellstraße in der Kölner Altstadt an der Severinsbrücke[2].
In Paris gründete die französische Sängerin und Schauspielerin Juliette Gréco einen Kellerclub mit Barbetrieb im Studentenviertel Quartier Latin, genannt LE TABOU[3], der sich zum Treffpunkt von Literaten und Musikern entwickelte: Boris Vian, Jean-Paul Sartre, Albert Camus, Jean Cocteau und Miles Davis trafen sich hier bei der Gréco, der stets schwarzgekleideten und schwarz-weiß-geschminkten Muse der Existenzialisten.
Das Konzept – Jazzkeller + Literatentreff + Chansonbühne + Bar americaine mit dezenter Tanzmusik – versuchte der in den Wirtschaftswunderjahren umtriebige Kölner Gastronom Hans Herbert Blatzheim nach Westdeutschland zu importieren.
Tabu
Blatzheim, der in Bonn bereits die Gastronomie in der Beethovenhalle betrieb, baute seine Tabu-Kette – in Ergänzung zu seinen Filial-Lokalen Crazy Horse / Edelweiss oder Eve (das Nachtparadis) – schwerpunktmäßig in den Universitätsstädten Köln, Bonn, Aachen, Düsseldorf, Braunschweig, Hannover, Hamburg und München auf.
Der Bonner Tabu-Keller unter den Kinosaal füllte sich meist erst nach der letzten Abendvorstellung: schwarzgekleidete Rollkragen-Pulloverträger(innen), filterlos rauchend oder Pfeife qualmend, diskutierten bei leiser Barmusik und bei in der Regel geringem Getränkeverzehr am Abend/Nacht; so konnten die erhofften Umsätze nicht erreicht werden -Bonn war nicht Paris- und für das Bonner Botschaftspersonal und die Diplomaten war der Tabu-Keller wiederum zu speziell (sie bevorzugten eine Striptease-Bar). In den 1960er Jahren war es mit dem Existentialismus dann auch vorbei und das Tabu-Management versuchte mit Auftritten von Beat-Gruppen[4] den Getränkeumsatz durch schweißtreibende Musik zu erhöhen. Doch die Coca-Cola und Kölsch trinkenden Beatfans konnten die Bilanzen auch nicht mehr retten. 1967 mußte Blatzheim aufgeben[5]. Anfang der 1970er Jahre war alles abgerissen und in die Brache wurde nach einem Entwurf der Architekten Heinle, Wischer & Partner das neue Stadthaus gebaut: ein umfangreicher Bürokomplex, der die kleinmaßstäbliche Stadtsilhouette Bonns sprengte.
Einzelnachweis
- ↑ SHELL Stadtkarte Nr. 57 Bonn, www.landkartenarchiv.de
- ↑ Schwere Last mit leichten Mädchen, Die Zeit, 9. Oktober 1964, Nr. 41
- ↑ Le Tabou, Französischsprachige Wikipedia
- ↑ http://www.bn-beat.de/117.html
- ↑ Sparen und sperren, Der Spiegel, Nr. 31/1967, 24. Juli 1967