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Lichtblick (Unternehmen)

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LichtBlick SE

Lichtblick.svg
Rechtsform Societas Europaea
Gründung Dezember 1998 in Hamburg
Sitz Hamburg
Leitung Heiko von Tschischwitz, Gero Lücking, Mustafa Özen, Olaf Westermann
Mitarbeiterzahl 480 (2011)
Umsatz 711 Mio. Euro (2012)
Branche Energieversorger
Website www.lichtblick.de
Lichtblick

Die Lichtblick SE ist ein unabhängiges Energieversorgungsunternehmen mit Sitz in Hamburg. Lichtblick hat im Bundesgebiet derzeit 609.000 Privat- und Gewerbekunden, davon 524.000 Ökostrom- und 85.000 Ökogas-Kunden (Stand: Mai 2014). Damit ist Lichtblick Marktführer im Bereich Ökostrom und gehört zu den zwanzig größten deutschen Stromanbietern.

Eigentumsverhältnisse

LichtBlick ist zu 100 % in Privatbesitz. Haupteigner und Aufsichtsratsvorsitzender von Lichtblick ist der Hamburger Unternehmer Michael Saalfeld.[1] Vorstandsvorsitzender und Gründer des Unternehmens ist Heiko von Tschischwitz. Saalfeld ist Gründer und Miteigentümer der Concord Power GmbH, die in der Zeit von April 2002 bis Februar 2004 zusammen mit EnBW ein GuD-Kraftwerk in Lubmin planten. Die Planung für das Kraftwerk wurde Anfang 2008 eingestellt und das Grundstück veräußert.[2] Die Concord Power ist auch der Projektentwickler für die Gasleitung NORDAL, welche das ökologisch sensible Peenetal durchqueren soll.[3] Ferner engagiert sich Saalfeld gemeinsam mit Shell, Daimler und VW als Hauptgesellschafter bei dem BtL-Marktführer Choren Industries.[4] Die Geschäfte der Lichtblick wurden 2009 vollständig von denen der früheren, mittlerweile insolventen Tochtergesellschaften Biomasse-Heizkraftwerk Sulzbach-Rosenberg und Choren Industries getrennt.

Geschichte

Lichtblick wurde im Dezember 1998 nach der Liberalisierung des Strommarktes gegründet und begann im Oktober 1999 mit der Lieferung von Strom an acht Haushalte.[5] 2001 erhielt Lichtblick als erstes Unternehmen das ok-power-Label. 2002 beteiligte sich Lichtblick an der Gründung des Bundesverbandes Neuer Energieanbieter e. V. (bne). Zum Oktober 2007 trat Lichtblick als erster Anbieter mit einem Biogas-Erdgas-Mischprodukt in den Gasmarkt ein und begann mit der Versorgung von sieben Haushaltskunden in Hamburg und der eigenen Firmenzentrale.[6]

Stromkennzeichnung

Lichtblick-Strom stammt zu 100 % aus regenerativen Quellen. Davon kommen laut Stromkennzeichnung 71 % aus Wasserkraft und weitere 29 % aus Strom nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)[7]. Eine aktuelle Liste der Kraftwerke veröffentlicht LichtBlick auf seiner Internetseite.[8] Die Stromangebote von Lichtblick sind vom TÜV Nord sowie mit dem ok-power-Label zertifiziert.[9][10]

Zusätzlich kauft Lichtblick Graustrom an der Börse [11], das TÜV-Nord-Zertifikat belegt, dass maximal 2,96 % der Gesamtstrommenge an der Strombörse gekauft werden, d.h. der Strom kann maximal 2,96 % an Strom aus Atom- oder Kohlekraftwerken enthalten.[12] Als Begründung gibt LichtBlick an, kurzfristige Lastspitzen damit auszugleichen.

Biogas

Seit Herbst 2007 bietet Lichtblick zusätzlich zu seinem Stromprodukt auch vom TÜV zertifiziertes[13] Gas an. Bei diesem Angebot gewährleistet Lichtblick, dass mindestens 5 % der von den Kunden bezogenen Gasmenge aus Biogasanlagen stammt.[14] Eigenaussagen zufolge bezieht Lichtblick nur Biogas aus Anlagen, die auf Rohstoffe wie Gülle aus Massentierhaltung und gentechnisch veränderte Pflanzen verzichten.[15]

Mini-Blockheizkraftwerke

Am 9. September 2009 stellte Lichtblick eine Energie-Partnerschaft mit der Volkswagen AG vor. In den nächsten Jahren sollten laut damaliger Pressemeldungen bis zu 100.000 von Volkswagen gebaute Mini-Blockheizkraftwerke mit einer elektrischen Leistung von 20 kW in privaten Eigenheimen als ZuhauseKraftwerke aufgestellt werden.[16][17] Sie sollen gemeinsam zu einem virtuellen Großkraftwerk mit einer Leistung von 2 GW vernetzt werden und hätten damit die Leistung von etwa zwei Kernreaktoren. Dieses Konzept und die Zuhausekraftwerke wurden im März 2011 vom Bundesumweltministerium, dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung und dem Bundesverband der Deutschen Industrie mit dem Innovationspreis für Klima und Umwelt ausgezeichnet.[18]

Im Gegensatz zu den ersten Ankündigungen waren Ende des Jahres 2010 von der Lichtblick erst 30 "ZuhauseKraftwerke" installiert, in einigen Medien, unter anderem der Financial Times Deutschland im Dezember 2010, wurde von erheblichen Problemen berichtet. Lichtblick sieht sich jedoch bei dem Aufbau der Mini-Kraftwerke im Plan.[19]

Im November 2011 informierte Lichtblick darüber, bis Jahresende 400 Mini-Blockheizkraftwerke installiert zu haben. Ihr Großteil befindet sich im Norden Deutschlands. Im VW-Werk Salzgitter entstehen derzeit 25 Blockheizkraftwerke pro Woche, womit die Installation ohne Ersatz von Altanlagen von den angekündigten 100.000 Minikraftwerken über 80 Jahre dauern würde.[20] Bis März 2012 wurden laut Unternehmensangaben 450 Kleinkraftwerke errichtet.[21] Der schleppende Ausbau und Erfolg des Projektes soll Anfang Mai 2012 zur Trennung vom damaligen LichtBlick-Vorstandsvorsitzenden Christian Friege sowie zu konzerninternen Umstrukturierungen geführt haben.[22] Neben organisatorischen Problemen soll auch die von Volkswagen zu verantwortende Technik Ursache des zögerlichen Ausbaus sein.[23] Am 1. Oktober 2012 wurde bekannt, dass LichtBlick zwar mittlerweile über 600 ZuhauseKraftwerke installiert hat, der Vertrieb aufgrund einer konzeptionellen Neuausrichtung des Projektes jedoch vorerst eingestellt wird.[24] Am 11. Oktober 2012 veröffentlichte LichtBlick sein neues Geschäftsmodell.[25] Interessenten können das ZuhauseKraftwerk kaufen und zudem zwischen verschiedenen Dienstleistungsmodellen wie Wartungsverträgen und einem Betriebsführungscontracting von LichtBlick wählen. Inzwischen hat das Unternehmen 1.500 Anlagen in den Markt gebracht. [26]

Die Minikraftwerke werden von einem VW-Gasmotor (Typ VW CNG 2.0; Vierzylinder-Reihenmotor; 2 Liter Hubraum) angetrieben und von Volkswagen im Werk Salzgitter unter dem Namen „EcoBlue“ produziert werden.[27] Der von der KWK-Einheit erzeugte elektrische Strom wird in das Verteiler-Netz eingespeist. Die gleichzeitig erzeugte thermische Energie wird dem Gebäude, in welchem sich das „Zuhausekraftwerk“ befindet, auf der Rechtsgrundlage eines Wärmevertrags zur Verfügung gestellt. Der zum System gehörende Wärmespeicher ermöglicht eine von der Stromerzeugung zeitlich entkoppelte Wärmenutzung. Die thermische Leistung beträgt rund 34 kW. [28][29]

Kritik

Lichtblick investiert – anders als die bundesweiten Ökostromanbieter Elektrizitätswerke Schönau, Greenpeace Energy und Naturstrom AG – keinen definierten Betrag in den Ausbau regenerativer Energieerzeuger.[30] Der Bund der Energieverbraucher stellte 2004 fest, dass Lichtblick keine direkten Investitionen in Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energie geleistet habe, gab dem Unternehmen aber die Schulnote zwei (Umweltnutzen: 4, Preis und Atomindex: 2, Sicherheit: 1). Im September 2009 kündigte Lichtblick allerdings an, in großem Stil in die dezentrale Erzeugung von umweltfreundlichem Strom auf Basis dezentraler Mini-Blockheizkraftwerke einzusteigen.

Um auf Abweichungen zwischen dem prognostizierten und eingetretenem Stromverbrauch der Kunden kurzfristig zu reagieren, kaufte Lichtblick im Dezember 2006 und ab Oktober 2007 konventionellen Strom an der Strombörse European Energy Exchange (EEX) ein, machte dies aber nicht öffentlich bekannt. Nach Angaben von Lichtblick handelte es sich im ersten Halbjahr 2008 um 0,5 % der Gesamtmenge des Stroms.[31] Laut TÜV-Prüfzertifikat[32] bietet das Unternehmen „zu 100 Prozent regenerativen Strom“; der Strom der EEX ist jedoch unbekannter Herkunft und kann somit auch Atom- und Kohlestrom enthalten. Laut eigener Aussage gleicht Lichtblick diesen Bezug „durch eine Einspeisung von zusätzlicher regenerativer Energie zu anderen Stunden aus.“[33]

Im Jahr 2010 wurde Kritik von FDP- und CDU-Bundestagsabgeordneten laut, denn 2010 setzte das Unternehmen einen Sonderzug im Rahmen einer Anti-Atom-Demonstration ein. Christel Happach-Kasan (MdB, FDP) kritisierte, damit werde die Demonstrationsfreiheit „als Instrument des Marketing instrumentalisiert“.[34]

Einzelnachweise

  1. http://www.lichtblick.de/h/struktur_275.php
  2. Christian Kersting: Russen-Gas für Hamburg. In: Bild.de. 1. April 2008, abgerufen am 25. Oktober 2008.
  3. Das Projekt NORDAL. Abgerufen am 29. März 2011.
  4. Fritz Vorholz: Revolution im Tank. In: Die Zeit. Nr. 29, 8. Juli 2004 (zeit.de [abgerufen am 25. Oktober 2008]).
  5. Die Erfolgsgeschichte von LichtBlick. Abgerufen am 25. Oktober 2008.
  6. Wettbewerb im Gasmarkt: LichtBlick nimmt die Versorgung der ersten Gaskunden in Hamburg auf. 30. September 2007, abgerufen am 25. Oktober 2008.
  7. Angaben zum Strom von Lichtblick auf der Internetseite des Unternehmens
  8. Herkunft des Lichtblickstroms
  9. Strommix 2008. Abgerufen am 28. Oktober 2009.
  10. Liste der ok-power-Label-zertifizierten Produkte
  11. http://www.lichtblick.de/h/strommix_und_herkunft_332.php
  12. http://www.lichtblick.de/pdf/strom/info/strom_tuev_zertifikat.pdf
  13. TÜV-Prüfzertifikat Gas. (PDF; 637 kB) Abgerufen am 25. Oktober 2008.
  14. Geprüfte Qualität. Abgerufen am 16. Juni 2011.
  15. LichtBick Gas. Abgerufen am 17. Juni 2011.
  16. lichtblick.de: ZuhauseKraftwerk Volkswagen und LichtBlick vereinbaren Energie-Partnerschaft, Pressemitteilung der Volkswagen AG vom 9. September 2009.
  17. Johannes Ritter, Werner Sturbeck und Georg Küffner: Minikraftwerke für den häuslichen Keller. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 9. September 2009, abgerufen am 9. September 2009.
    Strom aus dem Heizungskeller – Mit Minikraftwerken Energielücken füllen, Deutschlandfunk: Umwelt und Verbraucher vom 26. August 2010.
  18. http://www.iku-innovationspreis.de/preistraeger-10/kategorie-2/
  19. Von Unwuchten und Anlaufkurven
  20. Oekostromanbieter Lichtblick hat große Ziele, Handelsblatt
  21. Veranstaltungszentrum Jerusalemkirche heizt mit ZuhauseKraftwerken, Katinka Königstein, 21. März 2012.
  22. Lichtblick und VW fehlen Kraftwerkskunden. Abgerufen am 29. Juli 2012.
  23. Bereits mehr als 500 ZuhauseKraftwerke von LichtBlick. Abgerufen am 29. Juli 2012.
  24. Vertrieb des LichtBlick ZuhauseKraftwerkes ausgesetzt. Abgerufen am 1. Oktober 2012.
  25. Das Zuhausekraftwerk kann jetzt käuflich erworben werden
  26. http://www.bhkw-infothek.de/nachrichten/20874/2014-05-09-auch-rwe-und-enversum-beenden-mikro-kwk-contracting/
  27. Dezentrale Energieversorgung Strom von unten. TAZ, 9. September 2009, abgerufen am 9. September 2009.
  28. Homepage der Firma Lichtblick
  29. Frank Dohmen: Kraftwerk für den Keller. In: Der Spiegel. Nr. 37, 2009 (online).
  30. Allgemeine Geschäftsbedingungen von LichtBlick. Abgerufen am 25. Oktober 2008.
  31. Korrekt, aber nicht sauber. In: die tageszeitung. 12. Juni 2008 (taz.de [abgerufen am 25. Oktober 2008]).
  32. TÜV-Prüfzertifikat. (PDF; 383 kB) Abgerufen am 15. April 2009.
  33. Privatkunden Überblick. Abgerufen am 3. März 2009.
  34. Newsletter von Christel Happach-Kasan, Sommer 2010 (Abruf am 5. August 2013; PDF; 446 kB).