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Waldsaatgans

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Saatgans
Saatgans
Saatgans

Saatgans (Anser fabalis)

Systematik
Ordnung: Gänsevögel (Anseriformes)
Familie: Entenvögel (Anatidae)
Unterfamilie: Gänse (Anserinae)
Tribus: Echte Gänse (Anserini)
Gattung: Feldgänse (Anser)
Art: Saatgans (A. fabalis)

Die Saatgans (Anser fabalis) oder Rietgans ist eine zu den Feldgänsen (Anser) gehörige echte Gans (Anserini). Sie sieht der Kurzschnabelgans (Anser brachyrhynchus) sehr ähnlich, diese wird heute aber als eigenständige Art betrachtet. In freier Wildbahn lassen sie sich an ihrem zweisilbigen Flugruf erkennen, einem laut trompeteten "kajak, kajak".

Aussehen

Das Gefieder ist grundsätzlich graubraun, am Hals und dem eckigen Kopf dagegen dunkelbraun. Dies unterscheidet die Saatgans von der Blässgans (Anser albifrons) und der Graugans (Anser anser). Brust und Bauch sind hellbraun, zum Schwanz hin sogar weißlich gefärbt, die Flügel dagegen wieder dunkelbraun. Sowohl an den Flanken, als auch an den Außenseiten der Flügel und an der Schwanzspitze finden sich im Gefieder feine weiße Linien.

Der mit gezähnten Seitenkanten versehene Schnabel ist am Ansatz und der Spitze schwarz, dazwischen befindet sich eine je nach Unterart verschieden breite orangefarbene Markierung. Von der selben Farbe sind auch die mit breiten Schwimmhäuten versehenen Füße. Augenfarbe ist dunkelbraun.

Die Jungtiere haben dagegen ein unauffälliges olivbraunes Tarnkleid aus Dunenfedern mit schwarzen Streifen in der Kopfregion. Füße und Schnabel sind mausgrau.

Die durchschnittliche Größe der Vögel beträgt 65 bis 90 cm bei einer Flügelspannweite von 140 bis 170 cm; vom Aussehen dem Männchen gleichend ist das Weibchen meist etwas kleiner. Ausgewachsene Tiere wiegen etwa 3 bis über 4 kg. Von beringten Saatgänsen weiß man, dass sie in freier Wildbahn über zwanzig Jahre alt werden können.

Ernährung

Die Nahrung der Saatgänse besteht in ihrem Brutgebiet aus Flechten, Gräsern, Kräutern und Wasserpflanzen, im Herbst auch aus Beeren und Bohnen. Von letzteren rührt auch ihr englischer Name "bean goose" und ihr lateinisches Artepithet fabalis her. (Das Lateinische "faber" bedeutet Bohne.)

In ihren Überwinterungsgebieten fressen sie Wurzeln, insbesondere der Quecke, Kartoffeln und Getreidekörner, zum Leidwesen der Bauern gerne von frischem Saatgetreide, aber auch von abgeernteten Feldern.

Die Jungvögel ernähren sich dagegen nicht nur von Blüten und Knospen, sondern auch nicht-vegetarisch von Insekten, Weichtieren, kleinen Krebsen und sogar Fischeiern.

Lebensraum

In ihren Brutgebieten leben Saatgänse paarweise entweder in der Taiga inmitten von Nadel- und Birkenwäldern, in Mooren und Waldsümpfen, auf Schilfinseln und an ruhigen Gewässern oder weiter nördlich in der Strauch-, Moos- oder sogar Flechtentundra, dort dann meist, aber nicht immer, in der Nähe von Seen und Flussniederungen, gerne in steilem unzugänglichem Ufergelände. Brütende Paare finden sich aber auch fernab von Gewässern auf ausgedehnten Schotterfeldern.

In ihren Überwinterungsgebieten leben sie in großen Herden und bevorzugen abgeerntete Ackerflächen (insbesondere Zuckerrüben- und Maisfelder), Wiesen und Viehweiden. Sie schlafen gerne auf offenen Wasser, im Winter auch auf Eis, und wandern täglich, zuweilen mehr als zehn Kilometer, zwischen ihren Schlaf- und Weideplätzen hin und her.

Verbreitung

Saatgänse sind Zugvögel, die regelrechte Zugtraditionen etabliert haben und je nach Familie immer wieder die selben Brut- und Überwinterungsgebiete aufsuchen.

Erstere erstrecken sich in der nordischen Tundra und Taiga von Nordskandinavien im Westen bis nach Ostsibirien und dem Ochotskischen Meer im Osten.

Die Wintergebiete sind ausgesprochen vielfältig: Sie umfassen in Mitteleuropa insbesondere Südschweden, Dänemark und die deutsche Ostseeküste, die Norddeutsche Tiefebene mit dem Niederrhein zwischen Wesel und Emmerich am Rhein und die Niederlande, vereinzelt Teile des britischen East Anglia und Südwest-Schottland, dazu ein alpennahes Gebiet von Westösterreich über die Schweiz bis weit nach Frankreich hinein und weite Regionen im Tiefland der Donau. Bei kalten Wintern zieht es sie auch die Atlantikküste hinab nach Spanien und Portugal, selten sogar bis nach Marokko.

Im Mittelmeergebiet zählen die französische Riviera und die italienische und kroatische Adriaküste zu ihrem winterlichen Lebensraum, weiter östlich auch die bulgarisch-rumänischen Küstenregionen des Schwarzen Meeres.

Ostsibirische Populationen überwintern dagegen in Zentralasien, besonders Iran, oder noch weiter östlich in China, Südostasien, Korea und Japan.

Fortpflanzung

Saatgänse suchen sich in ihrem zweiten oder dritten Lebensjahr im Überwinterungsgebiet einen Partner, mit dem sie dann auf Lebenszeit zusammenbleiben.

Etwa gegen März ziehen sie nach Norden und treffen bei den in der Taiga brütenden Vögeln Ende April, bei den Tundra-Brütern dagegen erst Mitte bis Ende Mai in ihrem Brutgebiet ein, dass zu diesem Zeitpunkt oft noch von Schnee und Eis bedeckt ist. In der bis zur Schneeschmelze verbleibenden Zeit kommt es zuweilen zu Paarungskämpfen zwischen den Männchen. Die Begattung findet nach einem kurzen Vorspiel, bei der beide Partner ihre Paarungsbereitschaft durch Untertauchen des Halses zu verstehen geben, im Wasser statt. Dazu besteigt das Männchen das Weibchen, das dabei meist im Wasser versinkt. Durch gemeinsames Halsrecken und Flügelschlagen wird das Ritual abgeschlossen.

Das Weibchen baut dann unter Sträuchern und Büschen, im Röhricht oder bei im Sumpfgebiet gelegenen Nistplatz auf niedrigen trockengelegenen Hügeln das Nest und füttert es mit Grashalmen, Moosen und Flechten, später auch mit seinen Dunenfedern aus.

Die Ablage der zwei bis acht, meist aber vier bis sechs gelblichen Eier beginnt in der Taiga Mitte Mai, in der Tundra etwa Mitte Juni; sie werden vom Weibchen erst bebrütet, wenn das letzte Ei gelegt ist, so dass die Jungtiere in zeitlicher Nähe zueinander schlüpfen, in der Tundra nach 25, der Taiga nach etwa 28 bis 29 Tagen. Das Männchen beteiligt sich wie bei allen echten Gänsen nicht am Brutgeschäft, sondern bewacht Weibchen und Brut. Bei ernster Gefahr ducken sich beide Tiere flach auf den Boden.

Nach ungefähr anderthalb Monaten sind die Jungtiere flügge, zu dieser Zeit haben die Alttiere auch ihre meist im Juli und August stattfindende Mauser hinter sich. (Nicht-brütende Tiere unternehmen ab Juni gemeinsame Mauserzüge, z. B. zur russischen Nordmeer-Insel Nowaja Semlja, wo sie sich dann in großen Scharen aufhalten.) Der Familienverband fliegt dann zusammen mit anderen Gänsen Anfang September zurück ins Winterquartier, wo die Junggänse bis ins nächste Jahr hinein bei ihren Eltern bleiben. Sie werden mit zwei bis drei Jahren selbst brutreif.

Die Saatgans verpaart sich nicht nur mit Angehörigen der eigenen Art: Von Hybriden mit der Blässgans (Anser albifrons), der Graugans (Anser anser), der Kurzschnabelgans (Anser brachyrhynchus), der Schneegans (Anser caerulescens) und sogar der zu den Meergänsen gehörigen Weißwangengans (Branta leucopsis) wird berichtet.

Gefährdung

Die Saatgans ist als dritthäufigste Wildgans in ihrer Gesamtheit nicht bedroht, die Bestände in Europa werden auf etwa 200.000 Tiere geschätzt. In der Landwirtschaft verursacht sie durch ihren Verzehr frischen Saatgetreides regional Probleme, in Deutschland gilt sie daher als jagdbares Federwild, dass im November und Dezember geschossen werden darf.

Die Unterarten der Dickschnabel-Saatgans (Anser fabalis serrirostris) und Middendorffschen Saatgans (Anser fabalis middendorffi) gelten dagegen durch Bejagung und Lebensraumverlust als gefährdet.

Unterarten

Man unterscheidet insgesamt fünf Unterarten, die sich allerdings in breiten Gebieten überlappen und daher nicht eindeutig gegeneinander abgegrenzt werden können.

In Westeuropa kommen nur zwei von ihnen vor:

  • die gedrungen aussehende Tundra-Saatgans (Anser fabalis rossicus) mit relativ kurzem Hals und dickem kurzen Schnabel, die in der Tundra in Nordrussland und Nordwestsibirien von der Kanin- bis zur Taimyr-Halbinsel brütet, und
  • die langhalsige Waldsaatgans (Anser fabalis fabalis) mit eher schmalem und auch heller gefärbtem Schnabel, die ihr Brutgebiet in der Taiga von Skandinavien bis zum Ural findet.

Die drei weiteren Unterarten sind:

  • die Johansen-Saatgans (Anser fabalis johanseni), die in der Taiga und Strauchtundra Sibiriens östlich des Urals bis zum Baikalsee brütet,
  • die Middendorffsche Saatgans (Anser fabalis middendorffi), die sich in den Taigagebieten östlich des Baikalsees findet und
  • die Dickschnabel-Saatgans (Anser fabalis serrirostris), die sich im Sommer in den Tundren Nordostsibiriens vom Flussdelta der Lena bis in die Region um die russische Stadt Anadyr aufhält.

Literatur

  • J. Latham, Gen. Syn. Birds Suppl. S. 297, London (1787) - Erstbeschreibung der Art durch John Latham von 1787 (Unterart fabalis)
  • Erich Rutschke: Wildgänse, Lebensweise - Schutz - Nutzung, Berlin: Parey, 1997
  • H. Kolbe, Die Entenvögel der Welt, 5. Aufl., Ulmer Eugen Verlag (1999) (nicht eingesehen) - ISBN 3800174421