Modalität (Sprachwissenschaft)
Modalität ist ein Begriff der Sprachwissenschaft. Der Terminus beschreibt aus semantisch-pragmatischer[1][2]Blickrichtung das Verhältniss des Sprechers zur Art und Weise der Stellungnahme und Versprachlichung der unterschiedlichen Formen, die das Verhältnis des Sprechers zu seiner Satzaussage und der der Aussage zur Wirklichkeit in seiner versprachlichten Realität darstellt.
In einer anderen Akzentuierung oder Betrachtungsweise, steht eine modale Aussage im Gegensatz zu einer Aussage, die faktisch ist, also einen einzelnen Sachverhalt der wirklichen Welt beschreibt. Modalität nimmt Bezug auf das, was ein Sprecher für wahr hält oder nicht und aus welcher Notwendigkeit er den Sachverhalt versteht. Modale Aussagen beschreiben Mögliches, Notwendiges und ähnliche Konzepte (siehe Unterabschnitte Einteilung und Modalität und Modus oder Modalität und Modusgebrauch). Eine einflussreiche Theorie zur Darstellung von Modalität ist die Mögliche Welten-Semantik.[3]
Die Modalität, Erläuterung eines Begriffs
Drei Definitionen zum Begriff der „Modalität“:
„Modalität ist die semantisch-pragmatische Kategorie, welche es auf systematische Weise erlaubt, die Standardeigenschaft von Propositionen, sich auf Sachverhalte in der aktuellen und wirklichen Welt zu beziehen, auf Sachverhalte in anderen Welten zu erweitern, die mit „unserer“ nicht identisch sind.“
„Modalität ist eine den Modus einschließende übergreifende monosyntaktische und semantisch-pragmatische (kommunikative) Kategorie, die das Verhältnis des Sprechers zur Aussage und das der Aussage zur Realität bzw. zur Realisierung eines Gegebenen zum Ausdruck bringt und grammatisch und / oder lexikalisch, intonational, rhetorisch usw. realisiert werden kann.“
„Modalität ist eine funktional-semantische Kategorie, die ein System darstellt, in welchem Mittel verschiedener Ebenen der Sprache – morphologische, syntaktisch-konstruktive, intonatorische und Wortbildungsmittel – zusammenwirken und zum Ausdruck bringen, ob der in der Äußerung sprachlich ausgedrückte Bewußtseinsinhalte des Sprechenden als mit der Wirklichkeit übereinstimmend bezeichnet wird oder nicht.“
Der Begriff beschreibt mehrere Ebenen aus der Sicht des Sprechers, die Perspektive zum gesprochenen und die Ebene zur Wirklichkeit, die ihren Ausdruck in der geschaffenen sprachlichen Realität findet.
Diese Definition wird durch andere Erklärungen von Modalität relativiert. So kann Modalität auch verstanden werden als, das:
- Verhältnis der Aussage des Sprechers (Realität) zur Wirklichkeit;[4]
- Verhältnis des Sprechers zum Satzinhalt;[5]
- Verhältnis des versprachlichten Sachverhaltes, der Aussage zur Wirklichkeit und das Verhältnis des Sprechers zum Satzinhalt (siehe auch oben).[6]
Die Eigenschaften der Modalität werden in der linguistischen Forschung bzw. Literatur nicht einheitlich betrachtet.[7]
Grammatisch wird Modalität durch spezielle Ausdrücke markiert (z. B. Modalverben, Satzadverbien, Konjunktivformen etc.), jedoch können auch einfache Sätze im Indikativ unter Umständen eine modale Interpretation erhalten.
Einteilung
Frank Robert Palmer betrachtet die Modalität[8] als eine grammatikalische Kategorie. Eine Kategorie die mit dem Tempus und Aspekt verwandt sei. Während der Tempus und Aspekt auf die zeitliche Einordnung oder den internen zeitlichen Verlauf des Geschehens Bezug nähmen, führte die Modalität den Status der Proposition eines Ereignisses auf.
Er teilt die verschiedenen Arten von Modalität wie folgt ein:[9]
- Propositionalmodalität
- Epistemische Modalität
- Evidentialität[10]
- Ereignismodalität
- Deontische Modalität
- Dynamische Modalität
Die beiden Hauptgruppen sind nach F. R. Palmer die Propositional- und Ereignismodalität.
Bei anderen Autoren wird dynamische Modalität z. B. auch als ontische Modalität bezeichnet. Der Terminus deontisch entstammt aus der Logik (vergleiche auch die Terminologie aus der Aussagenlogik und der Modallogik) und wird in der Linguistik für eine Verpflichtung und Erlaubnis verwendet. Deontische Modalität betrifft die Notwendigkeit oder Möglichkeit von Handlungen und Ereignissen, die von moralisch verantwortlichen Handelnden ausgeführt werden.
Es werden je nach wissenschaftliche Arbeit und Autor eine große Anzahl an modalen Kategorien und Subkategorien in der theoretischen Reflexion über die Modalität zu finden sein, z. B. die alethische Modalität, die epistemische Modalität.[11]
Häufige Arten der Modalität
Zwei Strömungen als grundlegende Auffassung über das Wesen der Modalität sind in der Linguistik verzeichenbar[12]die eine Auffassung beschreibt, dass die Aussage eines Sprechers als eine Konstatation seines Befehls, Wunsches (Petitivsatz) oder einer Frage (Interrogativsatz) zu verstehen sei und die andere Auffassung sieht als entscheidend an, ob der Sprecher seine Äußerung im Bezug auf die Wirklichkeit als real (Indikativ) oder als nicht real, hypothetisch (Irrealis oder Konjunktiv) kundtut.[13]
Wörter, die die Modalität kenntlich machen, sind kursiv
- Glaube, Vermutung
Ich glaube, dass sie schon da ist. Sie ist wohl schon da. Sie muss einfach schon da sein. Sie wird wohl schon da sein . (konstruiert wie Futur I, mit den Adverbien "wohl" oder "vermutlich", um Glaube oder Vermutung (auch gegenwärtig) auszudrücken.)
- Befehl, Bitte
Komm jetzt endlich! Könntest Du vielleicht bitte kommen? Du musst kommen.
Ich hätte mir schon längst ein Auto gekauft, wenn der Ölpreis gefallen wäre.
- Fähigkeit
Ich kann heute nicht kommen.
Er hat gesagt, er habe die Arbeit schon erledigt.
Modalität und Modus oder Modalität und Modusgebrauch
In der deutschen Sprache zeigt sich ein Verb in unterschiedlichen Aussageweisen, Modus bzw. Modi. Der Modus kennzeichnet die (subjektive) Sichtweise (Modalität) des Sprechers gegenüber seiner Aussage.[14] Man kann im Deutschen zwischen drei Modi unterscheiden den Indikativ (Wirklichkeitsform), Konjunktiv (Möglichkeitsform) und den Imperativ (Befehlsform).[15]Zur Gestaltung der Modalität können zum einen eben diese zuvor genannten Modi verwendet werden, zum anderen aber aber auch Modal- und Modalitätsverben[16], Modaladverbien und Modalpartikeln.[17]
Modalität in europäischen Sprachen
In europäischen Sprachen wird Modalität auch durch spezielle Modalverben (können, müssen, dürfen, mögen, sollen, wollen) sowie den Modus des Verbes (Konjunktiv, Indikativ, Imperativ) ausgedrückt. Das verleitet zu der Annahme, dass Modalität eine Eigenschaft des Verbes ist und mit Verben hinreichend ausgedrückt werden kann. Diese Annahme ist in keiner Sprache richtig. Modalität ist eine Eigenschaft des ganzen Satzes. Von Adverbien und Modalpartikeln (ja, doch) über die Intonation bis hin zum Satzzeichen besteht eine Vielzahl sprachlicher Phänomene, die alle zur Modalitätsbildung herangezogen werden. Oft ist eine Kombination von über den Satz verteilten Elementen nötig, um eine bestimmte Modalität auszudrücken.[18]
Literatur
- Katarina Colomo: Modalität im Verbalkomplex. Dissertation, Ruhr-Universität Bochum, 2010
- Rainer Dietrich: Modalität im Deutschen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, 1992, ISBN 3-5311-2364-5
- Wilhelm Köller: Modalität als spraschliches Grundphänomen. Der Deutschunterricht, (1995) 47/4, 37–50
- Günter Öhlschläger: Modalität im Deutschen. Zeitschrift für germanistische Linguistik, (1984), Band 12, S. 229–246
- Frank R. Palmer: Mood and Modality. Cambridge University Press, Cambridge 1986, ISBN 0-5213-1930-7
- Wolfgang J. Meyer: Modalität und Modalverb: kompetenztheoretische Erkundungen zum Problem der Bedeutungsbeschreibung modaler Ausdrücke am Beispiel von devoir und pouvoir im heutigen Französisch. Ausgabe 19 von Zeitschrift für französische Sprache und Literatur: Beiheft, Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1991, ISBN 3-5150-5969-5
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Volkmar Engerer: Wahrheit und Modalität. Tidsskrift for Sprogforskning, Årgang 3, Nr. 2 2005, S. 51-84, online abrufbar
- ↑ Modalität. Norbert Fries, Online Lexikon Linguistik. Berlin 2006 ff.
- ↑ Katarina Colomo: Modalität im Verbalkomplex. Dissertation, Ruhr-Universität Bochum, 2010, S. 73 f.
- ↑ Viktor V. Vinogradov: O kategorii modal’nosti i modal’nych slovach v russkom jazyke. (1950) In: Viktor V. Vinogradov: Issledovanija po russkoj grammatike. Nauka, Moskva 1975, S. 53-87
- ↑ Charles Bally: Syntaxe de la modalité explicite. Cahier F. de Saussure, 2, Genève Cercle Ferdinand de Saussure, (1942), S. 3-13.
- ↑ Helmut Jachnow; Nina B Meckovskaja; Boris J. Norman; Adam E. Suprun (Hrsg.): Modalität und Modus (Modal’nost’ i naklonenie). Allgemeine Fragen und Realisierung im Slavischen. Slavistische Studienbücher. Neue Folge Bd. 4., Harrassowitz, Wiesbaden 1994, ISBN 3-4470-3532-3, S. 52-89.
- ↑ Irene Doval Reixa: Die Ausdrucksmittel der Modalität im Deutschen und Spanischen aus kontrastiver Sicht. Moenia, (1999), 5:397–412
- ↑ Mood and Modality. Cambridge University Press, Cambridge 1986, ISBN 0-5213-1930-7
- ↑ Frank R. Palmer: Mood and Modality. Cambridge (UK): Cambridge University Press, 2001
- ↑ Evidentialität. Norbert Fries, Online Lexikon Linguistik. Berlin 2006 ff.
- ↑ William Frawley; Erin Eschenroeder; Sarah Mills; Thao Nguyen: The Expression of Modality. Bd. 1 von The expression of cognitive categories, Walter de Gruyter, Berlin 2006, ISBN 3-1101-8436-2 S. 1 f.
- ↑ Irene Doval Reixa: Die Ausdrucksmittel der Modalität im Deutschen und Spanischen aus kontrastiver Sicht. Moenia, (1999), 5, S. 397
- ↑ Zdenek Masarik: Die Ausdrucksmittel der Modalität im Deutschen und Tschechischen aus konfrontativer Sicht. In: Dokumentation und Materialien (Germanistentreffen Bundesrepublik Deutschland — CSFR), Passau 1992, S. 205-217
- ↑ Christian Schulze: Kontrastive Darstellung von Modalität und Modusgebrauch im Deutschen und im Französischen. Studienarbeit, Grin Verlag, München 2008, ISBN 978-3-640-42648-5
- ↑ Modus Grammatik der deutschen Gegenwartssprache. Steinbach, S. 1–7
- ↑ mit den Modalitätsverben sein, haben und werden und der Verbindung mit zu plus Infinitiv kann eine Möglichkeit oder Notwendigkeit versprachlicht werden
- ↑ Hadumod Bußmann: Lexikon der Sprachwissenschaft. Alfred Kröner, Stuttgart 2002, ISBN 3-52045-203-0, S. 438
- ↑ Claus D. Pusch: Morphosyntax, Informationsstruktur und Pragmatik: präverbale Marker im gaskognischen Okzitanisch und in anderen Sprachen. Band 124 von Script Oralia, Gunter Narr Verlag, Tübingen 2001, ISBN 3-8233-5434-5, S. 273