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Deutsche in der Ersten Tschechoslowakischen Republik

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Unterartikel zum Artikel "Sudetenland" Siehe dortige Diskussionsseite.--Walter Fr.Schleser (Diskussion) 10:34, 18. Mär. 2014 (CET)


Sudetenland

Offene Fragen – Schwelender Nationalitätenkonflikt

Die Tschechoslowakische Republik (ČSR) wurde am 28.Okt.1918 errichtet. In Böhmen, Mähren und Österreichisch-Schlesien lebten (1910) 6,33 Millionen Tschechen und 3,49 Millionen Deutschböhmen und Deutschmährer sowie Deutschschlesier,später bekannt als Sudetendeutsche. Die deutsche Bevölkerung [1] hatte somit einen hohen Anteil. Die aus den deutschen Regionen stammenden, 1911 gewählten Abgeordneten zum Österreichischen Reichsrat gründeten am 29.Okt.1918 die Provinz Deutschböhmen und die Provinz Sudetenland unter dem Vorsitz von Landeshauptmännern. Als Mitglieder der neu etablierten Provisorischen Nationalversammlung Deutschösterreichs stimmten sie auch der Inanspruchnahme der deutschen Siedlungsgebiete durch die am 30.Oktober 1918 gegründete neue Republik Deutschösterreich zu. Die Prov.Nationalversammlung beschloss am 30.Oktober 1918 auch den Beitritt zum Deutschen Reich.Die Inanspruchnahme deutscher Siedlungsgebiete [2] und der Beitritt zum Deutschen Reich konnten wegen der am 16.Juli 1919 in Kraft getreten Regelungen im Friedensschluss von Saint Germain nicht realisiert werden.Der Versailler Vertrag beinhaltete zudem ein "Anschlussverbot". [3] siegerseitig unbeanstandet gebliebene Inanspruchnahme deutsch-österreichischer Gebiete durch die sich auf die Einheit der Länder der Böhmischen Kroneberufenden tschechischen Politiker verschärfte die seit dem Prager Slawenkongress [4] 1848 unter der Präsidentschaft von František Palacký [5]evidente Nationalitätenfrage. [6] Sie wurde schließlich internationalisiert und gipfelte 1938 in der Sudetenkrise. Ihren Ursprung hatte diese in der Verweigerung des von dem US-Präsidenten Woodrow Wilson proklamierten und Nichtdeutschen zugestandenen Selbstbestimmungsrechts der Völker, für das am 4. März 1919 54 Sudetendeutsche ihr Leben ließen. Die Tschechoslowakische Republik war auch nicht, wie in Paris mit Note vom 20.5.1919 zugesagt, eine zweite Schweiz,sondern ein Vielvölkerstaat wie das bisher angefeindete Kaiserreich Österreich. Und die Slowakei, die bis zum Ende des Ersten Weltkrieges der ungarischen Reichshälfte, mithin dem Königreich Ungarn angehörte, wurde die ihr am 30. Mai 1918 im Pittsburgher Vertrag (zwischen tschechischen und slowakischen Exilpolitikern) zugesicherte Autonomie und Gleichberechtigung nicht gewährt.

Hinsichtlich der Deutschen betrieb die ČSR von Anbeginn eine Tschechisierungspolitik, eine protschechische Wirtschafts-und Arbeitsmarktpolitik ; sie unterwanderte auch die deutschen Siedlungsgebiete , dezimierte dort das deutsche und förderte das tschechische Schulwesen.So wurden z.B.tschechische Schulen eröffnet, wenn mindestens fünf tschechische Kinder (auch von dorthin versetzten Angehörigen der Post-oder Bahnverwaltung) vorhanden waren.

Für die fünf wichtigsten und größten tschechischen Parteien stand im neuen Vielvölkerstaat ČSR - irrational- der "Nationalstaat" im Vordergrund der Politik.Sie bildeten 1921 einen "Pětka" (deutsch:Fünferaussschuss)[7] genanntes -später erweitertes- Gremium, in dem bis 1926 die wichtigsten Diskussionen stattfanden und Vorentscheidungen fielen, bevor Regierung und Parlament eingeschaltet wurden - ohne Transparenz und ohne Beteiligung der deutschen Parteien.

Im Herbst 1934 bot Konrad Henlein als Vorsitzender der 1933 gegründeten "Sudetendeutschen Heimatfront" (SHF) in einer Großkundgebung mit rd.25.000 Teilnehmern in Böhmisch Leipa der CSR noch die Anerkennung des Staates und seiner Verfassung unter der Voraussetzung an, dass die Lebensrechte der Deutschen gesichert würden.Diese Forderung erläuterte er auch britischen Persönlichkeiten bei Besuchen in England.

Die Parlamentswahlen 1935 waren für die damals in Sudetendeutsche Partei (SdP) umbenannte SHF erfolgreich. Sie wurde von rd.1,25 Millionen Bürgern gewählt und damit stimmenstärkste Partei in der CSR. Im Parlament erhielt die SdP 44 von 66 deutschen Mandaten. Die csl. Regierung entsprach den Forderungen der SdP Henleins nicht. Erfolglos blieben letztlich auch andere deutsche Parteien mit ihren Gleichstellungs- und Autonomiebegehren. So die 1926 in die csl.Regierung des Ministerpräsidenten Antonin Svehla eingetretene Deutsche Christlich-Soziale Volkspartei (DCSVP) (Minister: Prof.Robert Mayr-Harting,später Erwin Zajicek, nach dem 2.Weltkrieg in der Bundesrepublik Deutschland repräsentiert vom ehem.Vorsitzenden des Verbandes der deutschen christl.Gewerkschaften in der CSR und Prager Abgeordneten Hans Schütz, später u.a.Sozialminister in Bayern ) und der Bund der Landwirte (BdL) (Minister: Dr.Franz Spina; letzter Vorsitzender : Gustav Hacker, von 1955 bis 1967 Landwirtschaftsminister in Hessen) sowie -ab 1929- die Deutsche sozialdemokratische Arbeiterpartei in der Tschechoslowakischen Republik (DSAP), bis 1935 größte deutsche Partei in der CSR (Ihr Minister war Dr.Ludwig Czech; letzter Vorsitzender: der nach Großbritannien emigrierte Wenzel Jaksch).Jaksch war nach dem 2.Weltkrieg Leiter des Landesamtes für Vertriebene,Flüchtlinge und Evakuierte in Hessen,von 1953 bis zum Unfalltod 1966 Abgeordneter in Bonn.

Diese [8] "aktivistischen" Parteien hofften, durch mitverantwortliches Handeln in der čsl.Regierung die Lage der Deutschen verbessern zu können. "Negativistisch" (i.S.des früheren Landeshauptmannes der Provinz Deutschböhmen sowie Abgeordneten in Wien und Prag Dr.Rudolf Lodgman von Auen blieben die bis 1933 bestehende Deutsche Nationalpartei (DNP) unter dem Vorsitz Lodgmans und die von 1919 bis 1933 existierende Deutsche Nationalsozialistische Arbeiterpartei (DNSAP). Als letzte -nicht negativistische- Partei ist die Deutsche Demokratische Freiheitspartei (DDFP)zu erwähnen, die nur 1920 selbst kandidierte, später in Listenverbindungen mit ungarischen und karpatendeutschen Parteien.Mandatsstand dieser Gruppierung 1935: 9.

1936/1937 unternahmen die vorerwähnten deutschen Politiker Jaksch,Schütz und Hacker als sog."Jungaktivisten" im Zusammenwirken mit tschechischen Publizisten (Peroutka,Ripka, Jiśe) den letzten Versuch einer Vermittlung zwischen Sudetendeutschen und Tschechen. Ihr Eintreten für deutsche Belange und die Veröffentlichung ihrer Forderungen in zwei tschechischen Zeitschriften am 13.Mai 1936 führte zu "Verhandlungen im Schoße der Regierung" des neuen (slowakischen) MP Dr.Hodscha und schließlich am 18.2.1937 zu dem einzigen Übereinkommen seit 1918 : Lt.Jaksch wurde der Anspruch der Sudetendeutschen auf Proportionalität im öffentlichen Dienst und bei der Vergabe von Staatsaufträgen anerkannt,eine volle sprachliche und kulturelle Gleichberechtigung verheißen. Dieser erste Schritt hin zu einer Gleichstellung und Autonomie der rd.3 Millionen Deutschen kam zu spät.

Im März 1938 brach der deutsche "Aktionismus" zusammen,die Abgeordneten der DCSVP und des BdL traten zur SdP über,die nunmehr 55 Abgeordnete hatte.

Henlein und die SdP orientierten sich zwar in den ersten Jahren programmatisch am Aktivismus. Ab 1937 wandten sie sich jedoch Reichskanzler Adolf Hitler und seiner NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei) in Berlin zu und wurden so zum Wegbereiter des Anschlusses der Sudetengebiete an das Deutsche Reich.

Im April 1938 erhob Henlein in Karlsbad seine letzten Forderungen, bekannt als Karlsbader Programm. Diese Forderungen führten zur Sudetenkrise [9] Sie endete nach einer britisch-französisch-tschechoslowakischen Einigung vom 19./21. und 25. September l938 über die von dem britischen Vermittler Walter Runciman, 1. Viscount Runciman of Doxford [10] empfohlene Abtretung überwiegend deutsch besiedelter Gebiete (28.942 qkm und 3.71O Gemeinden) an das Deutsche Reich mit dem Münchener Abkommen[11] (zwischen GB, F, I und D) vom 29.September 1938 „über die Bedingungen und Modalitäten vorerwähnter Einigung“ (vom 19./21. und 25. September). Der Einmarsch deutscher Soldaten erfolgte vertragsgemäß vom 1. bis 10. Oktober 1938.

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Einzelnachweise

  1. siehe 2.2 Bevölkerungsstatistik 1910,1921 und 1930
  2. siehe die Karte im Artikel Böhmische Gebiete Deutschösterreichs
  3. Die Landesregierung Deutschböhmens erbat -lt.Wiener Zeitung vom 13.11.1918-mit einer von der Schwedischen Gesandtschaft übermittelten Kabeldepesche Wilson um Gewährleistung des von ihm proklamierten Selbstbestimmungsrechtes der Völker.Gleichzeitig protestierte sie gegen "Vergewaltigungen,welchen unser Staatsgebiet durch Truppen des Czecho-slowakischen Staates ausgesetzt ist".
  4. * Historische Originaltexte zum Slawenkongress in Prag 1848, Universität Klagenfurt (PDF-Datei; 189 kB) ;siehe auch Slawenkongress und Prager Pfingstaufstand (1848)
  5. Dieser bedeutende tschechische Historiker und Politiker, eingeladen von dem die Nationalversammlung vorbereitenden Fünfzigerausschuß , lehnte eine Teilnahme an der Frankfurter Nationalversammlung sowie einen Anschluss slawischer Gebiete an ein Deutsches Reich ab. Vertreten waren in der Frankfurter Paulskirche daher nur die 33 Abgeordneten deutscher Muttersprache aus Böhmen, Mähren und Österreichisch-Schlesien
  6. Diese Nationalitätenfrage ergab sich aus der nationalen Wiedergeburt der Tschechen im 18./19.Jahrhundert : von der Weckung erneuten Interesses an (tschech.) Sprache, Literatur und Theater über die Besinnung auf Patriotismus und Historismus bis hin zu erfolgreichen politischen und sprachlichen Forderungen wie der Dekretierung von Tschechisch als 2.Amtssprache (1880) und der Teilung der Karlsuniversität in Prag (1882). Näheres bei http://www.digital-guide.cz/de/realie/bedeutende-epochen/die-nationale-wiedergeburt/ Nicht erreicht wurde in dem schwelenden Nationalitätenkonflikt bis zum Ende des Ersten Weltkrieges ein österreichisch-tschechischer Ausgleich nach dem Muster des österreichisch-ungarischen Ausgleichs (1867) oder –minimal- dem Mährischen Ausgleich (1905).
  7. siehe Allnationale Koalition
  8. laut Artikel Aktivismus und Negativismus; Näheres in der einschlägigen Literatur,insbesondere bei Wenzel Jaksch, "Europas Weg nach Potsdam" , Deutsche Verlagsanstalt Stuttgart,2.Aufl. 1959, S.277 ff. Siehe auch die Zusammenfassung "Die Sudetenfrage nach dem Staats-und Völkerrecht" von Emil Franzel in seinem Werk "Sudetendeutsche Geschichte", Adam Kraft Verlag, Augsburg 1958, S.423 ff (Vorbild Schweiz : S.424)
  9. Näheres im Artikel Sudetenkrise.
  10. Zum Schlußbericht Runcimans über seine Vermittlungstätigkeit in der CSR vom 3.8.bis 5.9.1938 siehe http://zwittau.de/verweise/runciman-bericht.htm .
  11. http://glasnost.de/db/DokAus/38muenchen.html