Musikvermittlung
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Der Begriff Musikvermittlung spielt in der gegenwärtigen deutschsprachigen musikbezogenen Diskussion eine nicht unwichtige Rolle und erscheint (in den Worten des Musikpädagogen Wolfgang Rüdiger) als „selbstverständlicher, wenn auch immer neu zu hinterfragender Bestandteil unserer Musikwelt“.[1] Musikvermittlung sei keine Pädagogik, sondern ein künstlerisches Projekt mit künstlerisch-pädagogischen Anteilen. Musikvermittlung rage dabei ebenso in die Musik- und Instrumentalpädagogik hinein, wie Musikpädagogik als Theorie und Praxis institutionalisierten Musiklernens in ihren besten Ansätzen der Musikvermittlung wichtige Methoden an die Hand gebe.[2] Ingrid Allwardt, Gründungsgeschäftsführerin des „netzwerks junge ohren“, konstatiert: „Musikvermittlung ist […] die Entwicklung und Anwendung von Methoden, Spielformen und Techniken künstlerischer, reflexiver und kommunikativer Art mit dem Ziel, Musik in unterschiedliche gesellschaftliche Kontexte zu bringen.“[3]
Geschichte
Gemäß der Musikpädagogin Barbara Stiller hat sich das Projekt „Musikvermittlung“ über folgende Stationen entwickelt:[4]
- eine Studie, in der 76 deutsche Berufsorchester auf ihre musikvermittelnden Aktivitäten für ein junges Publikum hin befragt wurden (1998);[5]
- die Gründung des ersten deutschen Studiengangs „Musikvermittlung“ an der Hochschule für Musik Detmold (1998);
- eine Initiative der Jeunesses Musicales (Sektion Deutschland) namens „Initiative Konzerte für Kinder“ mit dem Ziel, „das Konzertleben für Kinder im gesamten deutschsprachigen Raum institutionell besser und stabiler zu verankern“ (2000–2003);
- die ständige Rubrik mit dem Titel „Musikvermittlung“ in der Neuen Musikzeitung (seit 2000);
- eine Festschrift anlässlich der Emeritierung des Detmolder Musikpädagogen Ernst Klaus Schneider (2001);[6]
- eine Annäherung von Musikpädagogik und Musikvermittlung auf der Jeunesses-Musicales-Tagung „Konzerte für Kinder – Zukunftsaufgabe für Orchester“ (2002);
- eine erste Sammlung von Aufsätzen zum Thema „Musikvermittlung“ (2002);[7]
- die Gründung einer Education-Abteilung bei den Berliner Philharmonikern (2002);
- den breitenwirksamen Film Rhythm Is It!, der von einem Tanzprojekt mit Berliner Schülerinnen und Schülern zu Igor Strawinskis Orchesterwerk Le sacre du printemps erzählt (2005);
- die Gründung eines „netzwerks junge ohren“ durch drei Institutionen: die Jeunesses Musicales (Sektion Deutschland), die Deutsche Orchestervereinigung und den Deutschen Musikverleger-Verband (2007);
- die „erste empirische Studie zu Fragen der konzeptionellen Gestaltung von Konzerten für Kinder im Kita-Alter“ (2008);[8]
- die Implementierung des Masterstudiengangs „Musikvermittlung/Musikmanagement“ an der Hochschule für Musik Detmold (2009);
- eine spezielle Studie zur „Kunst, Musik zu vermitteln“ (2010);[9]
- eine vollständig überarbeitete Neuauflage der 2002 erschienenen Aufsatzsammlung (2011);[10] schließlich
- den sogenannten Bologna-Prozess, der an mehreren Musikhochschulen zur Einführung „musikvermittelnder“ Veranstaltungen und Studiengänge geführt hat – Barbara Stiller datiert diese Station auf 2013.
Kritik
Der Musikjournalist Holger Notze kritisiert den Begriff „Musikvermittlung“ einerseits unter den Aspekten Reduktionismus, Vereinfachung, Verkleinerung und Unterkomplexität, andererseits unter dem Aspekt „Musikvermittlung in der ‚Blase‘“, womit er meint, dass mit Programmen der Musikvermittlung, „sobald man den schulischen Rahmen verlässt, überwiegend nur noch die erreicht werden, bei denen eine musikalische Sozialisation bereits vorhanden ist, weil ein Instrument gelernt oder jedenfalls gelegentlich ein Konzert besucht wird“.[11] Notzes Vorschlag ist nicht etwa, „die Bemühung um Vermittlung einzustellen, sondern genau andersherum: sie zu intensivieren, zu verschärfen, zu erweitern.“[12]
Einzelnachweise
- ↑ Wolfgang Rüdiger: Zum Begriff Musikvermittlung und zu den Beiträgen dieses Bandes, in: Musikvermittlung – wozu? Umrisse und Perspektiven eines jungen Arbeitsfeldes, hgg. von Wolfgang Rüdiger, Mainz 2014, S. 7–17, hier S. 8.
- ↑ Wolfgang Rüdiger: Zum Begriff Musikvermittlung und zu den Beiträgen dieses Bandes, in: Musikvermittlung – wozu? Umrisse und Perspektiven eines jungen Arbeitsfeldes, S. 7–17, hier S. 9.
- ↑ Ingrid Allwardt: Musikvermittlung, PDF-Datei auf www.miz.org, Stand 2. Mai 2014.
- ↑ Barbara Stiller: Musikvermittlung: Am Anfang war das Modewort. Versuch einer kritischen Chronik, in: Musikvermittlung – wozu? Umrisse und Perspektiven eines jungen Arbeitsfeldes, hgg. von Wolfgang Rüdiger, S. 81–98.
- ↑ Anke Eberwein: Konzertpädagogik. Konzeptionen von Konzerten für Kinder und Jugendliche, Hildesheim 1998.
- ↑ Musik – Vermittlung – Leben. Festschrift für Ernst Klaus Schneider, hgg. von Ortwin Nimczik, Essen 2001.
- ↑ Spielräume Musikvermittlung. Konzerte für Kinder entwickeln, gestalten, erleben, hgg. von Barbara Stiller, Ernst Klaus Schneider und Constanze Wimmer, Regensburg 2002.
- ↑ Barbara Stiller: Erlebnisraum Konzert. Prozesse der Musikvermittlung in Konzerten für Kinder, Regensburg 2008.
- ↑ Constanze Wimmer: Exchange. Die Kunst, Musik zu vermitteln. Qualitäten in der Musikvermittlung und Konzertpädagogik, PDF-Datei auf www.miz.org, Stand 2. Mai 2014.
- ↑ Hörräume öffnen – Spielräume gestalten. Konzerte für Kinder, hgg. von Ernst Klaus Schneider, Barbara Stiller und Constanze Wimmer, Regensburg 2011.
- ↑ Holger Notze: Furchtbare Vereinfacher, galoppierender Reduktionismus. Kritik einer Vermittlung ohne Kriterien, in: Musikvermittlung – wozu? Umrisse und Perspektiven eines jungen Arbeitsfeldes, S. 59–71, hier S. 60–68, insbesondere S. 67.
- ↑ Holger Notze: Furchtbare Vereinfacher, galoppierender Reduktionismus. Kritik einer Vermittlung ohne Kriterien, in: Musikvermittlung – wozu? Umrisse und Perspektiven eines jungen Arbeitsfeldes, S. 59–71, hier S. 59.
Literatur
- Anke Eberwein: Konzertpädagogik. Konzeptionen von Konzerten für Kinder und Jugendliche, Hildesheim 1998.
- Musik – Vermittlung – Leben. Festschrift für Ernst Klaus Schneider, hgg. von Ortwin Nimczik, Essen 2001.
- Spielräume Musikvermittlung. Konzerte für Kinder entwickeln, gestalten, erleben, hgg. von Barbara Stiller, Constanze Wimmer und Ernst Klaus Schneider, Regensburg 2002.
- Ulrike Schwanse: Familienkonzerte in Kooperation mit Grundschulen – ein Konzept und seine Wirkungen, Essen 2004.
- Bianka Wüstehube: Achtung: Auftritt! Ideen zum Klassenvorspiel an der Musikschule, Mainz 2005.
- Sabine Germann: Zukunftsmodell Konzertpädagogik. Eine Studie zur Begegnung von Schulen und Sinfonieorchestern, Saarbrücken 2006.
- Christine Mast und Catherine Milliken: Zukunft@BPhil. Die Education-Projekte der Berliner Philharmoniker. Unterrichtsmodelle für die Praxis, Mainz 2008.
- Musikpädagogik auf dem Wege zur Vermittlungswissenschaft? Sitzungsbericht 2007 der Wissenschaftlichen Sozietät Musikpädagogik, hgg. von Martin Pfeffer, Christian Rolle und Jürgen Vogt, Hamburg 2008.
- Barbara Stiller: Erlebnisraum Konzert. Prozesse der Musikvermittlung in Konzerten für Kinder, Regensburg 2008.
- Rebekka Hüttmann: Wege der Vermittlung von Musik. Ein Konzept auf der Grundlage allgemeiner Gestaltungsprinzipien, Augsburg 2009.
- Das Konzert. Neue Aufführungskonzepte für eine klassische Form, hgg. von Martin Tröndle, Bielefeld 2009.
- Constanze Wimmer: Musikvermittlung im Kontext. Impulse – Strategien – Berufsfelder, Regensburg 2010.
- Hörräume öffnen – Spielräume gestalten. Konzerte für Kinder, hgg. von Ernst Klaus Schneider, Barbara Stiller und Konstanze Wimmer, Regensburg 2011.
- neues hören und sehen … und vermitteln. Pädagogische Modelle und Reflexionen zur Neuen Musik, hgg. von Michael Dartsch, Sigrid Konrad und Christian Rolle, Regensburg 2012.
- polyphonie.vernetzt. Perspektiven multimedialer Musikvermittlung, hgg. von Michael Schmidt, Regensburg 2012.
- Neue Musik vermitteln. Ästhetische und methodische Fragestellungen, hgg. von Ernst Klaus Schneider, Hildesheim 2012.
- Musikvermittlung – wozu? Umrisse und Perspektiven eines jungen Arbeitsfeldes, hgg. von Wolfgang Rüdiger, Mainz 2014.