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AWE Rennsportwagen

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Arthur Rosenhammer in einem EMW Rennsportwagen (1954)
AWE R3/55
AWE R3 im Museum automobile welt eisenach

Die AWE Rennsportwagen (bis Ende 1955: EMW Rennsportwagen) waren eine Serie von acht Rennwagen, die zwischen 1953 und 1956 im Automobilwerk Eisenach konstruiert und teilweise erfolgreich in internationalen Rennen eingesetzt wurden.

Vorgeschichte

Anfang 1951 beauftragte das DDR-Regime eine Gruppe von Fahrzeugkonstrukteuren, zunächst unter der Leitung von Ernst Ring, später unter Leitung von Arthur Rosenhammer, im Versuchs- und Prüfamt des DAMW in Berlin-Johannisthal ein Rennkollektiv aufzubauen und auf der Basis des in Eisenach gefertigten BMW 328 einen konkurrenzfähigen Rennwagen zu konstruieren, um im Straßenrennsport die Leistungsfähigkeit der sozialistischen Industrie zu beweisen. Mit dem aus dem BMW-Modell entwickelten Rennsportwagen R1 gelang 1952 ein Sieg auf der AVUS. Nach Ende der Rennsaison 1952 wurde das Rennkollektiv 1953 nach Eisenach in die dortigen Eisenacher Motorenwerke verlegt und als EMW-Rennkollektiv weitergeführt, das für die anstehende Rennsaison 1953 die aus Johannisthal übernommenen Fahrzeuge und die vier ab 1950 von den Eisenacher BMW-Werken auf Basis des BMW 328 und seines Nachfolgers BMW 340 konstruierten Rennwagen zur Verfügung hatte. Das aus Johanisthal mitgebrachte Material war verschlissen und es war absehbar, dass die Fahrzeuge in der neuen Saison nicht mehr konkurrenzfähig sein würden. Das nach dem Umzug personell stark umbesetzte Kollektiv begann folglich so früh wie möglich mit der Entwicklung eines neuen 1,5-Liter-Rennwagens.[1] Die Rennsaison 1953 bestritt das Rennkollektiv noch mit weiterentwickelten Fahrzeugen, die aus Johannisthal übernommen wurden. Mit solch einem weiterentwickelten 1,5-Liter-Rennsportwagen trat Edgar Barth für das EMW-Rennkollektiv zum Großen Preis von Deutschland 1953 auf dem Nürburgring an.[2] Es war das einzige Mal, dass sich ein DDR-Rennstall an einem Rennen zur Automobilweltmeisterschaft beteiligte.

EMW 1500

In die Rennsaison 1954 wollte das Rennkollektiv mit völlig neu konstruierten, stromlinienförmigen Rennfahrzeugen starten. Der Bau der geplanten vier Rennwagen begann im Winter 1953/54. Da diese zum Saisonbeginn noch nicht alle fertgigestellt waren, startete das Kollektiv zum Saisonauftakt am 16. Mai 1954 in Leipzig mit nur einem neuen Fahrzeug. Arthur Rosenhammer als erfahrenstem Fahrer des Kollektivs war es vorbehalten, diesen Wagen zu lenken. Zum Eifelrennen am 30. Mai auf dem Nürburgring war dann der zweite Wagen einsatzbereit und wurde von Edgar Barth gesteuert.[3]

Technik

Grundlage der neuen Rennsportwagen war der eigens entwickelte Formel-Rennmotor des Typs 125, eine Sechszylinder-Konstruktion aus Leichtmetall mit zwei oben liegenden Nockenwellen, welche die jeweils zwei Ventile pro Zylinder betätigten. Der Sechszylinder-Viertakt-Reihenmotor leistete mit einem Hubraum von 1498 Kubikzentimetern 138 PS bei 7000/min.[4] Ebenfalls völlig neu war das Fahrgestell, die Vorderachse mit Einzelradaufhängung, die Hinterachse nach dem De-Dion-Prinzip und die Zweikreisbremsanlage, welche die Bremskraft zwischen Vorder- und Hinterachse verteilen konnte und der in den zweiten Fahrersitz integrierte Benzintank mit einem Fassungsvermögen von 90 Litern. Vom Vorgänger wurden einzig die Drahtspeichenräder mit Kerbverzahnung und Schnellverschlussnaben übernommen, die bei den neuen Wagen von der Stromlinienverkleidung verdeckt wurden.[5]

Einsatz

Nachdem Rosenhammer im ersten Rennen in Leipzig den ersten Platz belegen konnte, schied er auf dem Nürburgring mit einem Kupplungsschaden aus, Barth erreichte Platz zehn. Im August 1954 traten Rosenhammer und Barth noch einmal auf dem Nürburgring an, diesmal zum Großen Preis von Deutschland, einem Sportwagenrennen im Rahmenprogramm zum Großen Preis von Europa 1954, bei dem Barth Sechster wurde und Rosenhammer erneut ausfiel, diesmal bereits im Training mit einem Getriebeschaden. Paul Thiel belegte mit dem letztmals verwendeten Vorjahresfahrzeug einen beachtlichen zwölften Platz. Am 19. September auf der AVUS erreichten Barth und Thiel die Plätze vier und sieben, Rosenhammers Fahrzeug fing nach einem Bruch der Benzinleitung Feuer, sodass er aufgeben musste. Auch bei den nachfolgenden Rennen in Dresden und Bernau konnten keine Siege erzielt werden.[3]

Am 3. Dezember 1954 erzielte Arthur Rosenhammer mit dem 1,5-Liter-Rennsportwagen auf der Rennstrecke bei Dessau einen Geschwindigkeitsweltrekord über 10 Meilen mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 229,5 km/h.[6]

EMW 3/55

In der Winterpause 1954/55 wurden vier weitere Fahrzeuge konstruiert, bei denen aufgrund der Erfahrungen der Saison 1954 gezielte Verbesserungen an Fahrwerk, Lenkung, Bremsen und Karosserie vorgenommen wurden.

Alle vier neuen Fahrzeuge waren zum Saisonauftakt am 15. Mai 1955 in Dessau einsatzbereit. Neben Barth, Rosenhammer und Thiel wurde Egon Binner als Fahrer unter Vertrag genommen. Barth, Rosenhammer und Thiel gelang ein Dreifachsieg vor Ernst Lautenschläger auf einem Porsche.[3]

Edgar Barth und Paul Thiel gelang auch beim Eifelrennen 1955 auf dem Nürburgring ein vielbeachtetes Resultat. Edgar Barth gewann das über zehn Runden (228,10 km) ausgetragene Eifelrennen in der Zeit von 1:53:19,6 Stunden bzw. mit einem Durchschnitt von 120,8 km/h vor seinem Teamkollegen Thiel.[7] Beim Leipziger Stadtparkrennen belegten die EMW-Fahrer die Plätze eins bis vier, Rosenhammer gelang ein dritter Platz auf der AVUS.

Zum Saisonwechsel 1955/56 wurde das EMW-Rennkollektiv in AWE-Rennkollektiv umbenannt, nachdem die Eisenacher Motorenwerke bereits seit 1954 als Automobilwerk Eisenach firmierten. Am 29. April nahmen Rosenhammer und Barth auf ihren 1955er AWE-Rennsportwagen am Großen Preis von Paris in der französischen Hauptstadt teil, belegten Platz drei und vier. Zum Saisonauftakt in den beiden deutschen Staaten wurden die Fahrzeuge technisch nochmals überholt, erhielten unter anderem eine Fünfgangschaltung und eine Optimierung der Motoren.[3]

Ein letztes Aufeinandertreffen mit den Rennfahrern von Porsche gab es am 16. September 1956 auf der AVUS, bei denen AWE nach Porsche den dritten und vierten Platz erreichte. Zum letzten Mal startete das Rennkollektiv am 23. September 1956 in Dessau bei einem Rennen, an dem die westdeutsche Konkurrenz nicht teilnahm. Barth siegte vor Rosenhammer und Thiel. Nach der Saison 1956 wurde die Entwicklung von Rennsportfahrzeugen im Automobilwerk Eisenach gestoppt und das Rennkollektiv im April 1957 aufgelöst.[4] Edgar Barth wechselte daraufhin 1957 in die Bundesrepublik zu Porsche.

Verbleib der Fahrzeuge

Sechs der ehemals gebauten acht Exemplare sollen heute noch existieren. Eines davon ist im Museum automobile welt eisenach zu sehen.

Trivia

Das Rennkollektiv und seine Fahrzeuge bildeten den Hintergrund für den 1956 gedrehten DEFA-Spielfilm Rivalen am Steuer, in dem die Fahrzeuge im Einsatz zu sehen sind. Der Film handelt von einem fiktiven Rennfahrer, der sich gegen eine Karriere in Westdeutschland für eine Mitarbiet im EMW-Rennkollektiv entscheidet. Die Fahrer des Kollektivs wirkten an dem Film als Fahrer der Rennwagen bzw. Komparsen mit.

Literatur

  • Horst Ihling: Autorennsport in der DDR: 90 Jahre Rennwagenbau und Motorsport, Delius Klasing Verlag, Bielefeld, Oktober 2006, ISBN 9783768857888
  • Karl-Heinz Edler, Wolfgang Roediger: Die deutschen Rennfahrzeuge - Technische Entwicklung der letzten 20 Jahre, Fachbuchverlag Leipzig, 1956, Online-Auszug
Commons: AWE Rennfahrzeuge – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Horst Ihling: Autorennsport in der DDR: 90 Jahre Rennwagenbau und Motorsport, Delius Klasing Verlag, Bielefeld, Oktober 2006, ISBN 9783768857888, Seite 96 ff.
  2. Motorsportarchiv, aufgerufen am 13. April 2014
  3. a b c d Horst Ihling: Autorennsport in der DDR: 90 Jahre Rennwagenbau und Motorsport,Delius-Verlag, Klasing, Oktober 2006, ISBN 978-3-7688-5788-8, Seite 117ff. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „Ihling“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  4. a b DDR-Fahrzeuge von AWO bis Wartburg, Garant-Verlag, 2012, ISBN 978-3-86766-378-6, Seite 58
  5. Horst Ihling: Autorennsport in der DDR: 90 Jahre Rennwagenbau und Motorsport, Delius-Verlag, Klasing, Oktober 2006, ISBN 978-3-7688-5788-8, Seite 112ff.
  6. Arthur Rosenhammer fuhr Weltrekord auf EMW. In: Kraftfahrzeugtechnik. 2/1955, S. 61.
  7. Michael Behrndt, Jörg-Thomas Födisch, Matthias Behrndt: ADAC Eifelrennen. Heel Verlag, Königswinter 2009, ISBN 978-3-86852-070-5.