Methadon

Methadon (laut abgebildeter Strukturformel 6-(N,N-Dimethylamino)-4,4-diphenyl-3-heptanon) ist ein synthetisch hergestelltes Opioid mit einer dem Morphin ähnlichen Wirkung, das 1939 nach jahrzehntelanger Forschung von den Mitarbeitern Bockmühl und Ehrhart der zum IG Farben-Konzern gehörenden Hoechster Farbwerken entwickelt und 1941 patentiert wurde. Als die Farbwerke nach Kriegsende durch Enteignungen ihre Patentrechte verloren, gelangten die Forschungsunterlagen von Bockmühl und Ehrhart durch US-amerikanische Geheimdienste in die USA. Nach deren Überprüfung erhielt die Substanz den International Nonproprietary Name (Freinamen) Methadon. Jede ausländische Firma konnte nun das Herstellungsrecht erwerben. Methadon kam so 1947 als erstes durch den US-Pharmakonzern Eli Lilly unter der Bezeichnung Dolophine auf den Markt und danach weltweit unter verschiedensten Markennamen. Erst im Januar 1949 konnte die nach der Auflösung der IG Farben nun neu gegründete Hoechst AG Methadon als stark wirkendes Schmerzmittel unter der Bezeichnung POLAMIDON® auf den Markt bringen.
Seit den 1960er Jahren wird Methadon (zuerst in den USA) als Substitutionsmittel gegen körperliche Entzugserscheinungen bei Heroinabhängigkeit eingesetzt. Methadon kann bei regelmäßigem Konsum ebenfalls abhängig machen.
Methadon ist aus mehreren Gründen als Substitutionsmittel gut geeignet:
- Es wird synthetisch hergestellt.
- Es kann ohne nennenswerten Wirkverlust auch als Tablette oder als Tropfen geschluckt werden, statt es zu spritzen. Meistens wird es als Tropfen in Orangensaft gelöst.
- Es hat eine längere Wirkdauer als Heroin und muss nur einmal am Tag eingenommen werden.
- Es erzeugt wegen der langsamen Anflutung bei oraler Einnahme keinen Kick. Damit fehlt das besondere euphorische Gefühl, das zur Verstärkung der Sucht führt. Wird Methadon jedoch intravenös injiziert, ähnelt die Wirkung einer Heroininjektion. Für Patienten, die mit der oralen Einnahme des Methadons nicht zurechtkommen, besteht in der Schweiz die Möglichkeit, Methadon als Injektionslösung zu erhalten.
Methadon ist ebenso wie Heroin eine Droge, und ist nur unter strengsten Auflagen für Opiat-Abhängige zu beziehen. Die Abgabe wird stark überwacht und erfolgt ausschließlich gegen Vorlage eines BtmG-Rezeptes (Betäubungsmittelgesetz) welches nur von den wenigsten Ärzten ausgestellt wird / werden kann. Die Wirkungsweise von Methadon ist ähnlich der des Heroins denn es werden dieselben Rezeptoren angesprochen. Im Gegensatz zum Heroin welches aus dem Opium aus Schlafmohn gewonnen wird, wird Methadon jedoch synthetisch hergestellt. Es hat eine Halbwertszeit von ca. 24 Stunden und wirkt damit in etwa dreimal so lang wie Heroin. Somit reicht für die „Behandlung“ einer Opiatabhängigkeit eine einzige Methadonabgabe am Tag aus. Dies ist auch mit ein Grund, warum Methadon (anstatt Heroin selbst) überhaupt eingesetzt wird. Ein weiterer Grund ist die landläufige Ansicht dass Heroinabgabe an einen Heroinsüchtige das gleiche ist wie wenn man einen Alkoholiker mit Alkohol behandeln würde. Diese Ansicht verkennt jedoch die Tatsache das Methadon eine viel stärkere Droge ist als das Heroin. Die körperlichen Entzugserscheinungen, szenensprachlich Affe, die durch das Absetzen von Methadon entstehen sind zwar denen die durch das Absetzen von Heroin entstehen recht ähnlich, diese dauern aber aber um ein vielfaches länger an. Während der Heroinaffe nach einer Woche ausgestanden ist hält dieser beim Methadon bis zu drei Monaten an. Auch die Physische Abhängigkeit vom Methadon ist stärker als die vom Heroin.
Zusammensetzung
Methadon ist ein Racemat aus zwei spiegelbildlichen Molekülen (Enantiomeren), die zu gleichen Anteilen (50%) enthalten sind: Levomethadon ((R)-Methadon = razemische-Methadon) und Dextromethadon ((S)-Methadon, inaktiv). Dabei ist nur das linksdrehende, also das Levomethadon pharmakologisch aktiv. In Deutschland ist sowohl das R-Methadon (also das razemische Methadon aus beiden Molekülen) als auch das Levomethadon (besteht nur aus dem wirksamen linksdrehenden Methadon, Handelsname L-Polamidon®) über Apotheken verschreibungspflichtig zu beziehen. Dazu ist ein besonderes Betäubungsmittelrezept vorzulegen.
Sowohl Methadon (Methaddict® Tabletten) als auch L-Polamidon® sind in Deutschland zur Substitution verschreibungsfähig. L-Polamidon® ist doppelt so stark analgetisch wirksam wie Methadon, so dass die Dosis etwa halb so hoch sein muss wie die Methadon-Dosis. Methadon ist im Unterschied zum halb-synthetischen Diacetylmorphin (= Heroin®) ein voll-synthetisches Opioid das 1942 von der Firma HOECHST in Deutschland als Morphin bzw. Heroin ersetzendes (= respektive substituierendes) Schmerzmittel entwickelt wurde. Die Synthese des Methadon ist verblüffend einfach. Es kommt deshalb auch schon mal vor, dass in illegalen Laboratorien hergestelltes Methadon als "Heroin" auf dem Schwarzmarkt für Opioide erscheint.
Nebenwirkungen
Abhängigkeit, sedierende Wirkung, vermehrtes Schwitzen, Euphorie, Miosis, selten Tachykardie, Hypotonie, Verstopfung, da wie alle Opiate darmlähmend, Atemdepression, d.h. der Atemantrieb wird reduziert. Bei Langzeiteinnahme Lymphozytose, Hyperprolaktinämie, Hyperalbuminämie, Konzentrationserhöhung der Globuline im Blut.
Nicht unerheblich ist die als Nebenwirkung entstehende Antriebslosigkeit, oftmals gepaart mit depressiven Schüben und eine nachlassende (oft nicht mehr vorhandene) Libido. Häufig kommt es auch zu Wassereinlagerungen und dadurch zu Gewichtszunahmen.
Intoxikation
Zeichen einer Überdosierung sind bis zur Größe eines Stecknadelkopfes kontraktierte Pupillen, schwere Atemdepression, starker Blutdruckabfall, Tachykardie, Hyperthermie, Bewusstseinsstörungen bis zum Koma und dem Tod durch Ersticken. Bei Personen ohne Opioiderfahrung können ein bis eineinhalb Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht tödlich sein. (spezielle Gefahr für Kinder)
Beikonsum
Wie bei allen anderen im Zentralen Nervensystem wirkenden Stoffen gilt auch für Methadon, dass man dessen Konsum nicht mit dem von anderen im Zentralen Nervensystem wirksamen Stoffen, vor allem Alkohol, mengen sollte. Folgen eines solchen Mischkonsums kann tödliche Atemlähmung sein.
Anwendung
Methadon kann als Tablette, Tropfen, intravenös (i.v.) und intramuskulär (i.m.) verabreicht werden. Daneben ist es auch als nicht injizierbarer Sirup, bereits gemischt mit Zucker oder Orangensaft, das Methadongemisch für Methadon substituierte Heroinabhängige, auf dem Markt. Derlei Zucker-Himbeersirup-Orangensaft-Beimengung zum Substitutionsmethadon, sollte das Injizieren des Methadon verhindern. Jedoch finden einige immer wieder Methoden, ihren "Stoff" injizierbar zu machen oder verkaufen ihre "Take home"-Dosis. Treten dann Todesfälle auf, torpediert dieses Verhalten die Bemühungen all jener, die sich wirklich Mühe geben und sich an den Behandlungsplan halten.
In der Medizin wird Methadon auch als gut wirksames und nebenwirkungsarmes starkes Schmerzmittel verwendet. Z.B. beim Herzinfarkt und bei Tumorschmerzen, und in neuerer Zeit auch zur Behandlung einer Vielzahl chronischer Schmerzen. Allgemeine Bekanntheit erreichte Methadon jedoch als Mittel zur Behandlung und Substitution von Opiatabhängigen.
In der Veterinärmedizin wird die Komponente Levomethadon als Narkotikum zwecks Durchführung chirurgischer Eingriffe bei Hunden eingesetzt.
Die grundsätzlichen Prinzipien der Methadonsubstitution von Heroinabhängigen
In der Medizin durchlief man drei Methoden, wie man mit Methadon Heroinabhängige von ihrem eigentlichen Suchtmittel abbringen könnte.
Bei der Methadonblockade stand der Gedanke im Vordergrund, dem Körper des Abhängigen soviel Methadon zu verabreichen, dass das eigentliche Suchtmittel Heroin seine Wirkung nicht mehr entfalten konnte. Auf diese Weise hoffte man, den Süchtigen von der Beschaffung der illegalen Droge abzuhalten.
Gesellschaftlich bestand jedoch der Anspruch, den Abhängigen vollständig von dem Suchtmittel zu lösen, so dass man recht bald zur Methadonreduktionsmethode die sogenannte Entgiftung, überging. Bei dieser Methode wird anfangs die individuell benötigte Menge an Methadon ermittelt, der zu Behandelnde auf dieser Dosis stabilisiert, um dann im Laufe der Zeit die verabreichte Menge schrittweise zu verringern. Auf diese Weise sollte die Abhängigkeit gelöst werden. Es zeigte sich jedoch, dass viele der so Behandelten wieder rückfällig wurden indem sie zusätzlich oder im Anschluß wieder Heroin konsumierten. Dieses Zurückfallen wird durch die, auch lange noch nach dem körperlichen Entzug vorhandene, psychische Abhängigkeit verursacht. Diese bewirkt nicht nur ein eingeschränktes, auf Drogen fixiertes Bewustsein sondern u.a. auch schwere Depressionen.
Man ging dann über zur Methadonerhaltungsmethode. Hierbei wird lediglich das Heroin durch eine entsprechende Menge Methadon ersetzt. Diese Methode kann nur zum Erfolg führen, wenn gleichzeitig eine komplette Umstellung in der Lebensführung erfolgt. Dazu gehört Distanz zur Szene und eine sinnvolle Tätigkeit.