Schildkröten
Schildkröten | ||||||||||||
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![]() einzige in Deutschland beheimatete Schildkrötenart | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Testudinata | ||||||||||||
Linnaeus 1758 | ||||||||||||
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Die Ordnung der Schildkröten (Testudinata, Testudines, ehemals auch Chelonia) existiert seit über 250 Millionen Jahren. Es gibt über 250 Schildkrötenarten auf der Welt, davon sieben Meeresschildkröten, 180 im Süßwasser lebende Arten und der Rest landlebend. Schildkröten werden zu den Reptilien (Reptilia) gezählt und waren bereits auf der Erde zu finden, bevor sich die großen Dinosaurier entfalteten. Die Anpassungsfähigkeit der Schildkröten, deren nächstverwandte rezente Tiergruppen die Krokodile und die Vögel sind, hat deren Fortbestehen bis in die heutige Zeit sichern können.
Systematik
Siehe: Systematik der Schildkröten
Verbreitung
Mit Ausnahme der Polargebiete findet man Schildkröten auf allen Kontinenten, in Wüsten, in den Meeren, in Flüssen und auf dem Land, insbesondere in den gemäßigten und tropischen Klimazonen. Besonders zahlreich sind die Arten in Nordamerika und in Südostasien.
Merkmale
Aufbau des Schildkrötenpanzers

Alle Schildkröten zeichnen sich durch einen im Tierreich einzigartigen Rücken- (Carapax) und Brustpanzer (Plastron) aus, die durch eine Knochenbrücke miteinander verbunden sind. Der Panzer besteht in der untersten Schicht aus massiven Knochen (Haut- oder Dermalknochen), die sich entwicklungsgeschichtlich aus der Wirbelsäule, den Rippen und dem Becken gebildet haben. Über den Knochen befindet sich eine Hautschicht. Bei den Weichschildkröten ist diese Haut lederartig, wogegen die übrigen Arten auf der Haut die typischen Panzerschilde (Scuta, Sg. Scutum) aus Keratin bilden. Diese Schilde lassen sich in Gruppen einteilen, wobei artbedingte Abweichungen durchaus anzutreffen sind. Individuelle Schildanomalien kommen bei einzelnen Exemplaren sowohl in der Natur als auch bei Nachzuchten in Gefangenschaft vor und scheinen mit den Inkubationsbedingungen im Zusammenhang zu stehen.

- Auf dem Carapax von innen nach außen
- 5 Vertebralschilde (Wirbelsäulenschilde)
- 8 Pleuralschilde (Seitenschilde), manchmal auch als Costalschilde bezeichnet
- 24 Marginalschilde (Randschilde), wobei manchmal die hinteren beiden Schilde zu einem Supracaudalschild (Schwanzschild) verbunden sind
- 1 Cervicalschild (Nackenschild), manchmal auch als Nuchalschild bezeichnet
- Auf dem Plastron von vorne nach hinten
- 2 Gularschilde (Kehlschilde)
- 2 Humeralschilde (Schulterschilde)
- 2 Pectoralschilde (Brustschilde)
- 2 Abdominalschilde (Bauchschilde)
- 2 Femoralschilde (Hüftschilde)
- 2 Analschilde
Das Aussehen des gesamten Panzers kann sich je nach Spezies sehr unterscheiden. So weist der Rückenpanzer bei vielen Arten einen oder drei Längskiele auf. Insbesondere bei den Höckerschildkröten ist dieser Kiel sehr prominent. Verschiedene Gattungen (beispielsweise die Dosen- und Scharnierschildkröten) können ihren Bauchpanzer mit Hilfe eines Scharniers hochklappen und somit den gesamten Panzer schließen. Eine ähnliche Funktion bietet ein Scharnier im Carapax der Gelenkschildkröten.
Manche Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich der Panzer der Schildkröten als Anpassung an den Lebensraum Wasser entwickelt hat. Der starre Körper ermögliche danach ein schnelleres Vorankommen unter Wasser, insbesondere im Gegensatz zu den schlängelnden Bewegungen anderer Reptilien. Allerdings zeigen bereits die ältesten bekannten Schildkrötenfossilien einen hochentwickelten Panzer, so dass über die Ursprüge und Verlauf seiner Entwicklung nur spekuliert werden kann.
Nahrungsaufnahme
Moderne Schildkröten besitzen keine Zähne, sondern zu kräftigen Schneidewerkzeugen umgewandelte Kieferleisten. Allerdings findet man bei den ältesten fossilen Schildkröten noch Zähne, die sich im Laufe der Evolution umgebildet haben.
Wie alle Reptilien kauen Schildkröten ihre Nahrung nicht, sondern reißen mit dem Maul Stücke ab, wobei sie die vorderen Gliedmaßen zu Hilfe nehmen.
Fortbewegung
Schildkröten bewegen sich sowohl an Land als auch im Wasser mit für Reptilien typischen schlängelnden Bewegungen fort, wobei der Panzer als Stütze dient, was den Energiebedarf bei der Bewegung im Wasser senkt. An Land wirken diese Bewegungen zuweilen unbeholfen.
Für Reptilien einmalig haben Meeresschildkröten eine andere Methode der Fortbewegung entwickelt. Sie schlagen die vorderen Gliedmaßen, die sich zu Flossen geformt haben, auf und ab. Auf diese Weise erreichen sie recht hohe Geschwindigkeiten unter Wasser bei optimiertem Energiebedarf, was ihnen das Zurücklegen auch längerer Strecken ermöglicht.
Auch die Gliedmaßen von Landschildkröten und Wasserschildkröten (Süßwasser) sind an den jeweiligen Lebensraum angepasst. So lässt sich in den meisten Fällen die Bindung an das Wasser an dem Vorhandensein und der Ausprägung von Schwimmhäuten feststellen.
Körpergröße
Neben vielen Arten, die nur 10 bis 30 Zentimeter groß werden, wie z.B. die Europäischen Land-, Sumpf-, und Bachschildkröten Testudo, Emys und Mauremys finden sich auch die Riesenschildkröten auf den Galápagos-Inseln (Geochelone nigra) bzw. den Seychellen (Dipsochelys dussumieri), die eine Panzerlänge von über einem Meter erreichen und vor allem die noch wesentlich größeren Meeresschildkröten. Als kleinste Schildkröte gilt die südafrikanische Gesägte Flachschildkröte Homopus signatus mit einer Panzerlänge von 6-10 cm. Der Längenrekord geht dagegen an die Lederschildkröte Dermochelys coriacea mit über 250 cm Panzerlänge und 900 kg Gewicht.
Größenangaben bei Schildkröten beziehen sich immer auf die Panzerlänge ohne Kopf, Beine und Schwanz. Gemessen wird im Stockmaß, also gerade mittels Schiebelehre und nicht mit dem Bandmaß über den Panzerbogen.
Sinnesleistungen
Schildkröten sehen sehr gut. Bei Dunkelheit scheint ihre Sehfähigkeit der menschlichen überlegen zu sein. Sie können auch Farben besser differenzieren als Menschen, da ihre Augen wie alle Reptilien vier Rezeptoren aufweisen. Grautöne hingegen scheinen sie laut Fritz Jürgen Obst weniger differenziert wahrzunehmen. Wasserschildkröten haben sich ihrem Lebensraum perfekt angepasst. Ihre Augenlinse ist so gestaltet, dass sie den Brechungswinkel von Wasser ausgleicht. Dadurch können die Tiere Feinde und Nahrung auch im Wasser klar erkennen. Schildkröten können durch Veränderung ihrer Augenstellung sowohl räumlich als auch im Panorama sehen. Die Geschwindigkeit von visuell wahrgenommenen Bewegungen hat Einfluss auf die Fluchtreaktion. Wenn man sich einer Schildkröte also langsam nähert, kommt man weiter an sie heran als bei schnellen Bewegungen.
Der Geruchssinn ist bei Schildkröten besonders stark ausgeprägt. Wenn man eine Schildkröte mit dem Hals pumpen sieht, bedeutet das nicht, dass sie außer Atem ist, sondern vielmehr dass sie gerade riecht. Die Rezeptoren befinden sich im Rachenraum. Durch den Geruch erkennen sie essbare Nahrung oder geeignete Erde, in der sie ihre Eier vergraben können. Außerdem erkennen sie sich gegenseitig am Geruch auch unter Wasser (bei aquatilen Arten), was der Partnersuche dient. Deshalb sollte man es bei der Haustierpflege vermeiden, unterschiedliche Arten in einem Aquarium zusammen zu halten.
Schildkröten haben kein Außenohr. Sie hören Töne bei weitem nicht in dem gleichen Umfang wie Menschen. Allerdings nehmen sie tiefe Vibrationen in ihrer Umgebung wahr. Eine Studie aus Italien belegt allerdings, dass weibliche Schildkröten der Gattung Testudo auf akustische Signale der Männchen beim Paarungsspiel reagieren, wobei sie schnell aufeinander folgende Geräusche zu bevorzugen scheinen.
Lautäußerungen
Außer bei der Paarung von Landschildkröten bleiben Schildkröten allgemein stumm. Eine Ausnahme stellt jedoch eine Schreckreaktion dar: Durch das Zurückziehen des Kopfes stoßen die Tiere einen Zischlaut aus, ein Fauchen. Wasserschildkröten fauchen auch wenn ihnen etwas missfällt. Weibchen geben auch Laute bei der Suche nach einem geeigneten Eiablageplatz von sich, die ähnlich wie die von Männchen bei der Paarung sind
Intelligenz
Schildkröten können sich in ihren kognitiven Fähigkeiten mit allen anderen Reptilien messen. So merken sie sich Futterquellen und Fluchtwege. Ihr Orientierungssinn ist ebenfalls ausgeprägt und scheint sich mit zunehmendem Lebensalter noch zu verstärken. Säugetiere sind ihnen jedoch darin überlegen.
Geschlechtsunterschiede
Im direkten Vergleich zwischen erwachsenen Männchen und Weibchen wird man feststellen, dass sich die Kloake des Weibchens näher am Panzerrand befindet, die des Männchens dagegen eher zum Schwanzende hin. Der Schwanz ist beim Männchen meist deutlich länger und am Ansatz breiter, da er den Penis beherbergt, der nur zur Kopulation ausgestülpt wird. Weitere häufige Geschlechtsunterschiede sind kleinere Körpergröße und konkaver Bauchpanzer bei Männchen. Darüber hinaus gibt es sekundäre Geschlechtsmerkmale, die auf einzelne Gattungen, Arten oder gar Unterarten beschränkt sind, wie zum Beispiel verlängerte Vorderkrallen des Männchens bei den Schmuckschildkröten oder eine unterschiedliche Färbung der Iris bei manchen Dosenschildkröten und einigen Unterarten der Europäischen Sumpfschildkröte. Die sekundären Geschlechtsmerkmale sind beim Schlüpfling noch nicht zu erkennen, sondern werden erst im Vorfeld der Geschlechtsreife ausgebildet.
Mögliches Höchstalter
Schildkröten können ein sehr langes Leben haben. Einige Exemplare der Galápagos-Riesenschildkröte haben ein verbrieftes Alter von 180 Jahren erreicht, amerikanische Dosenschildkröten sollen weit über 100 Jahre alt geworden sein. Meeresschildkröten leben wahrscheinlich 75 Jahre oder mehr. Bei guter Pflege werden auch als Haustier gehaltene Schmuckschildkröten 40 Jahre und älter. Zu den ältesten Individuen gehörte auch die Maurische Landschildkröte Timothy. Das ehemalige Maskottchen der britischen Marine wurde 160 Jahre alt. Das Geburtsjahr, der im Australia Zoo lebenden Galápagos-Riesenschildkröte "Harriet" wird auf 1830 geschätzt. Im krassen Gegensatz dazu steht allerdings die Lebenserwartung der meisten Schildkrötenarten unter natürlichen Bedingungen, die nur einen kleinen Bruchteil der oben genannten Höchstalter beträgt.
Lebensweise

Der typische Tagesablauf einer Schildkröte besteht aus der Nahrungssuche sowie bei fast allen Arten dem Sonnenbaden. Letzteres dient der Regulierung der Körpertemperatur sowie wahrscheinlich der Aufnahme von UVB-Strahlung.
In der gemäßigten Klimazone sowie zu den Wüsten hin prägen die Jahreszeiten den Lebensrhythmus der Schildkröten. Zum Winter vergraben sich die Schildkröten oder suchen sich artbedingt ein Versteck unter Wasser, wo sie die nächsten Monate zum Teil in Starre verharren. Einige Arten ziehen sich auch während der großen Hitze des Sommers zurück.
Ernährung
Schildkröten sind größtenteils Allesfresser (sog. Omnivore), nur wenige Arten sind reine Fleisch- oder Pflanzenfresser. Ihnen ist jedoch allen gemein, dass sie calciumreiche Nahrung für den Panzeraufbau benötigen. Um das Calcium zu resorbieren, wird Vitamin D3 benötigt. Bisher fehlen detaillierte Erkenntnisse, wie Schildkröten ihren Vitamin D3-Bedarf decken. Bei vielen carnivoren Arten wird ein Großteil sicherlich über die Nahrung aufgenommen. Auch Ultraviolettstrahlung scheint eine Rolle beim Aufbau von Vitamin D3 zu spielen, was jedoch von einigen Experten als nicht gesichert betrachtet wird, da die Haut der Schildkröten angeblich diese Strahlung gar nicht penetrieren lässt.
Unabhängig von der Art ist die Nahrung meistens sehr abwechslungsreich, da Schildkröten bei der Suche nach Fressbarem nicht wählerisch sind. Ihr Nahrungsspektrum reicht je nach Art von frischen Wiesenkräutern und Regenwürmern bis hin zu Aas oder Ausscheidungsprodukten.
Fortpflanzung
Während in einigen Fällen Männchen und Weibchen über einen Großteil des Jahres getrennte Ökologische Nischen bevorzugen, suchen sie sich zur Paarungszeit auf. Diese Paarungszeit liegt bei Arten aus der gemäßigten Klimazone oft im Herbst und im Frühjahr. Tropische und subtropische Arten richten sich nach der Luftfeuchtigkeit, was eine Nachzucht in Gefangenschaft außerhalb dieser Klimazonen erschwert.
Nach einer Befruchtung bleibt das Weibchen über mehrere Jahre fruchtbar, was sicherlich auch den großen Erfolg der Schildkröten bei der Besiedlung neuer Lebensräume (beispielsweise den Galápagos-Inseln) erklärt.
Die Oviposition (Eiablage) erfolgt einige Wochen nach der Befruchtung, oder, im gemäßigten Klima, im Frühjahr. Diese Eier unterscheiden sich in Form und Beschaffenheit zwischen den Arten sehr. Auch die Anzahl variiert von einem bis drei Eiern beispielsweise bei der Amboina-Scharnierschildkröte (Cuora amboinensis) bis zu über 100 beispielsweise bei Meeresschildkröten. Die Eiablage erfolgt grundsätzlich an Land. Nachdem das trächtige Weibchen eine geeignete Stelle gefunden hat, wird das Gelege in eine ausgescharrte Grube gelegt und mit Erde oder Pflanzenmaterial bedeckt.
Die Inkubationstemperatur entscheidet bei fast allen Arten über das Geschlecht des Jungtiers. Dieser Umstand hat sich auch als Vorteil bei Zuchtprojekten zum Schutz des Artenbestandes erwiesen. Nach dem Schlupf bleiben die kleinen Schildkröten oft bis zur vollständigen Resorption des Dottersacks im Gelege, bevor sie sich zur Oberfläche graben. An der nördlichen Grenze ihres Verbreitungsgebiets bleiben Schildkrötenschlüpflinge, die im Spätsommer vom frühen Kälteeinbruch überrascht wurden, bis zum Frühjahr in der Nestgrube.
Das Muttertier leistet keine Aufzucht- oder Schutzhilfe. Bis zur Geschlechtsreife des Jungtiers vergehen mehrere Jahre. Die Geschlechtsreife selbst ist hierbei nicht vom Alter sondern vielmehr von der erreichten Körpergröße des Tieres abhängig.
Fressfeinde
Fressfeinde varriieren sehr nach Art und Alter der Schildkröte. Während Gelege und Schlüpflinge selbst Krabben und Vögeln hilflos gegenüber stehen, bedarf es schon eines Alligators, um eine erwachsenene Schmuckschildkröte zu bedrohen.
Zu den Fressfeinden zählt auch der Mensch. In einigen Teilen der Welt werden Meeresschildkröten, aber auch Wasser- und Landschildkröten verzehrt, sowie deren Nester geplündert. Da es sich hierbei zu einem Großteil um Wildfänge handelt und sich die Population aufgrund der späten Geschlechtsreife nur langsam erholt, stehen einige Arten vor der Ausrottung. Wie systematisch der Mensch Schildkröten ausrotten kann, sieht man am besten am Beispiel Europäische Sumpfschildkröte. Noch bis in das 19. Jahrhundert hinein im deutschsprachigen Raum durchaus häufig anzutreffen, wurde sie fast bis zur völligen Ausrottung bei uns als Fastenspeise abgefischt. Inzwischen ist sie in Deutschland und Österreich so selten geworden, daß sie nicht nur aus unseren Gewässern, sondern auch aus unserem Bewußtsein als ursprünglich einheimische Tierart zu verschwinden droht.
Gefährdungssituation und Artenschutz
Bedrohung durch den Menschen
Vor Einführung des Washingtoner Artenschutzabkommen stand der Raubbau an der Natur für europäische und amerikanische Tierhalter im Vordergrund, so sind z.B. für Großbritanien folgende beeindruckende Import-Zahlen bekannt: nach dem zweiten Weltkrieg wurden jährlich im Schnitt etwa 300.000 Landschildkröten, überwiegend aus einem einzigen Land, Marokko, eingeführt. Für die übrigen europäischen Länder, Export- wie Importländer, dürfte ähnliches gelten, auch wenn deren Aus- bzw. Einfuhren zahlenmässig nicht genau erfaßt sind. Auch heute noch bringen Touristen aus den Mittelmeerländern erhebliche Mengen an Schildkrötenschlüpflingen als Urlaubssouvenirs mit. Für inzwischen stark zurückgegangene Schildkrötenpopulationen stellt das neben Lebensraumzerstörung einen weiteren problematischen Aderlass dar.
Aber auch der Lebensraum vieler Schildkrötenarten ist durch den Menschen bedroht. Landschildkröten werden von Landwirten in den Herkunftsgebieten als Schädling betrachtet und oft getötet. Herbizide vernichten den Wildkräuterbewuchs und zerstören so die Nahrungsgrundlage. Straßen durchschneiden die Habitate und führen zu hohen Opferzahlen, wobei häufig trächtige Weibchen auf der Suche nach einem geeigneten Nistplatz betroffen sind. Sumpf- und Feuchtgebiete werden für landwirtschaftliche Zwecke trockengelegt und die Industrie leitet Abwasser in die von Wasserschildkröten bewohnten Gewässer ein. Die Wasserschildkröten verlieren dadurch häufig geeignete Biotope und durch die Umweltverschmutzung ihre Nahrungsgrundlage. Flussbegradigungen resultieren in einem Verlust an Plätzen zum Nisten und Sonnen. Meeresschildkröten wird die Fortpflanzung durch die touristische Erschließung von zum Nisten geeigneten Stränden erschwert. Schlüpflinge, die sich nachts zur Oberfläche graben, orientieren sich am Licht, um das relativ sichere Wasser zu finden. Künstliche Lichtquellen führen zu einem Verlust der Orientierung. Meeresschildkröten verfangen sich in Treibnetzen oder schlucken Plastik in der Annahme, es handele sich um Quallen.

Die Eier der Meeresschildkröten werden an Stränden oft derart geplündert, dass ein Überleben ohne Schutzmaßnahmen in Frage gestellt ist. Manche Schildkröten gelten als Delikatessen und werden vom Menschen intensiv bejagt.
Die Schildkröten-Krise in Asien
In den letzten Jahren richtet sich ein Hauptaugenmerk auch auf die Lebensmittelmärkte in Südostasien, auf denen (meistens aquatile) Schildkröten in großer Zahl angeboten werden, die im Anhang I (vom Aussterben bedrohte Arten, die durch den Handel beeinträchtigt werden oder beeinträchtigt werden könnten) und Anhang II (Arten, deren Erhaltungssituation zumeist noch eine geordnete wirtschaftliche Nutzung unter wissenschaftlicher Kontrolle zulässt) des Washingtoner Artenschutzabkommens geführt werden. So befürchtet man, dass zum Beispiel einige Arten der Gattung Cuora kurz vor der Ausrottung in freier Natur stehen.
In den 1990er Jahren neu entstandene Schildkröten-Farmen in China sollen den Bedarf der Märkte decken. Allerdings haben diese Farmen ein neues Problem geschaffen. Da exotisch aussehende Schildkröten auf den Märkten einen höheren Preis erzielen, versucht man gezielt Hybriden zu züchten. Das läuft auf der einen Seite der Artenerhaltung zuwider. Und auf der anderen Seite steht seit dem kürzlichen Bekanntwerden dieser Tatsache die Systematik der südostasiatischen Schildkröten in Frage. Denn bei vielen Arten, die erst in den letzten Jahren anhand auf Märkten gefundener Tiere wissenschaftlich beschrieben wurden und deren genaues Herkunftsgebiet unbekannt ist, stellt sich nun die Frage nach der Gültigkeit dieses Taxons. Für einige Holotypen konnte inzwischen nachgewiesen werden, dass es sich um Hybriden der Gattungen Chinemys und Cuora handelt.
Maßnahmen zum Schutz der Schildkröten
Um dem Notstand in Südostasien zu begegnen, koordiniert der Allwetterzoo Münster [1] ein viel beachtetes Nachzuchtprojekt südostasiatischer Schildkrötenarten in Gefangenschaft.
Der 23. Mai wurde von der Humane Society of the United States [2] zum Weltschildkrötentag erklärt, um auf die Gefährdung des Artenbestandes dieser oft umgangssprachlich als lebende Fossilien bezeichneten Tiere hinzuweisen.
Haltung in Gefangenschaft

Aufgrund ihres soliden Aussehens und ihrer Unfähigkeit, sich mit Lauten verständlich zu machen, wurden Schildkröten oft als nicht sonderlich anspruchsvolle Haustiere missverstanden. Inzwischen weiß man, dass das Gegenteil der Fall ist. Um Schildkröten erfolgreich in Gefangenschaft zu halten, muss man den natürlichen Lebensraum der jeweiligen Art ausgesprochen geräumig und so detailgetreu wie nur möglich nachbilden. Besonderes Augenmerk verdienen die Punkte Beleuchtung und Ernährung. Aber auch der Jahreszeitenrhythmus muss für Schildkröten aus der gemäßigten Klimazone simuliert werden. Das Gehege muss dem Bewegungsdrang der Tiere Rechnung tragen sowie auch mit Strahlungswärme von oben punktweise erwärmt werden, damit ein Wärmegradient entsteht. Spätestens an diesem Punkt wird deutlich, dass die Haltung von Schildkröten auch enorme Kosten verursachen kann, die den Anschaffungspreis eines Tiere um ein Vielfaches übersteigen.
Beleuchtung
Für die meisten Schildkröten kann es kaum hell genug sein. Ein Gehege sollte daher über eine leistungsstarke Quecksilber-Metalldampf-Lampe verfügen, die das gesamte sichtbare Lichtspektrum sowie einen Teil des ultravioletten Bereichs abdeckt. Die Dauer der Beleuchtung richtet sich strikt nach der Sonnenscheindauer im Herkunftsgebiet des Tieres.
Ernährung
Schildkröten benötigen abwechslungsreiche Nahrung, die sich an ihren natürlichen Fressgewohnheiten orientiert. Für die meisten in Deutschland gehaltenen Wasserschildkrötenarten ist das eine Mischung aus verschiedenen Wasserinsekten, Wasserschnecken, Süßwasserfischen und pflanzlicher Kost wie Wasserpflanzen und einigen Wildkräutern. Die am häufigsten gehaltenen Landschildkrötenarten müssen dagegen rein pflanzlich mit einer vielfältigen Mischung aus frischen oder getrockneten Wildkräutern und Heu ernährt werden, z.B. Löwenzahn, Milchdisteln, Wegericharten und wilde Malvengewächse. Kalkergänzung in Form von Eierschalen oder Tintenfischschulp (Sepia) ist allen Schildkrötenarten, insbesondere trächtigen Weibchen und Jungtieren anzubieten. Frisches Trinkwasser muß auch Schildkröten aus Trockengebieten jederzeit zur Verfügung stehen. Darüberhinaus lieben Landschildkröten eine flache Schale zum Baden. Die Beschaffung geeigneter Nahrungsmittel ist nicht immer einfach. Kommerzielle Schildkrötenfutter sind häufig, insbesondere für pflanzenfressende Schildkrötenarten, in der Zusammensetzung völlig ungeeignet und führen mittel- bis langfristig zu Stoffwechselerkrankungen und schweren Organschäden.
Vergesellschaftung
Schildkröten sind Einzelgänger, die sich zur Paarung treffen. Allenfalls sieht man sie beim gemeinsamen Sonnenbad oder beim Schlafen zusammen, das heißt, eine Vergesellschaftung kann zwar funktieren, ist aber in keinem Fall notwendig. So kann die Haltung von zwei oder mehr Tieren auf begrenztem Raum auch problematisch werden. Oft ist aggressives Verhalten gegenüber dem Mitbewohner die Folge. Spätestens dann wird ein weiteres Gehege bzw. Terrarium benötigt.
Skurriles
Im Jahre 456 v. Chr. wurde der griechische Theaterschriftsteller Aischylos der Legende nach durch eine Schildkröte getötet, die ein Adler auf seinen Kopf fallen ließ. Adler erbeuten Schildkröten, indem sie ihren Panzer durch einen Sturz auf einen Stein zu zerbrechen versuchen.
Die Männchen beißen die Weibchen in Beine und Panzer, um sie zur Paarung anzuregen. Weibchen haben einen stark nach außen gewölbten Rückenpanzer und der Bauchpanzer von Männchen weist eine Wölbung nach innen auf. So passen sie bei der Zeugung genau aufeinander.
Literatur
Allgemeine Literatur und Feldstudien
- Alderton D, 1988, Turtles and Tortoises of the World, New York ISBN 0-8160-1733-6
- Ernst C H, Barbour R W, 1992, Turtles of the World, New York City, ISBN 1560982128
- Ernst C H, Lovich J E, Barbour R W, 2000, Turtles of the United States and Canada, New York, ISBN 1560988231
- Fritz U, 2001/2005, Handbuch der Reptilien und Amphibien Europas, Aula Verlag, Wiebelsheim
- Band 3/3A: Schildkröten (Testudines) I, Bataguridae, Testudinidae, Emydidae, ISBN 3891040040
- Band 3/3B: Schildkröten (Testudines) II, Meeresschildkröten, ISBN 3891046545
- Obst F J, 1985, Die Welt der Schildkröten, Hohenwarsleben, ISBN 3-275-00855
- Senn D G, 1992, Eine Naturgeschichte der Schildkröten, Bottmingen/Schweiz
- Vetter H, 2004,Turtles of the World – Schildkröten der Welt, Frankfurt/M.
- Band 1: Afrika, Europa, Westasien, ISBN 3-930612-27-5,
- Band 2: Nordamerika, ISBN 3-930612-57-7,
- Band 3: Mittel- und Südamerika, ISBN 3-930612-82-8
Ratgeber Heimtierhaltung
- Hennig A S, Mein Hobby Wasserschildkröten, ISBN 3898600114
- Hennig A S, Haltung von Wasserschildkröten, ISBN 3931587959
- Wilke H, Anders U, Die Schildkröte, ISBN 3774250979
Schildkröten-Zeitschriften
- MARGINATA, NTV, Münster [Bezugsquelle]
- MINOR, DGHT, Rheinbach [Bezugsquelle]
- RADIATA, DGHT, Rheinbach [Bezugsquelle]
- SCHILDKRÖTEN IM FOKUS, dauvi-Verlag, Bergheim [Bezugsquelle],
Weblinks
- Category:Testudines|uselang=de}} Commons: Testudines] – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Artenschutzprojekte
- AGENA - Schutz der einheimischen Sumpfschildkröte
- ARCHELON - Sea turtle protection society of Greece
- SHELLSHOCK - EAZA Turtle and tortoise campaign 2004/5
- TSA - Turtle Survival Alliance
Aktuelle Forschung
Haltungsinformationen und Diskussionsforen
- Umfangreiche Informationsangebote für Schildkröteninteressierte
- Informationen über Haltung und Vermehrung mediterraner Landschildkröten
- Tipps zur Haltung von Landschildkröten
- Haltung von nordamerikanischen Wasserschildkröten
- Populärwissenschaftliche Informationen über aquatile Schildkröten und deren Haltung als Haustier
- REHA-Station für Landschildkröten, Tipps zur Haltung Griechischer Landschildkröten. Viele Bildergalerien.
- Forum mit fachgerechten Diskussionen über Landschildkröten, Wasserschildkröten und Sumpfschildkröten.
- Forum zum Austausch über Land-, Wasser- und Sumpfschildkröten.
Schildkröten-Interessensgemeinschaften
- AG Schildkröten - Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde
- HTVÖ - Herpetologische terraristische Vereinigung Österreich
- ISV - Internationale Schildkröten Vereinigung
- SFOE - Schildkrötenfreunde Österreichs
- SIGS - Schildkröteninteressengemeinschaft Schweiz
Siehe auch: