Theater
Theater (v. frz. théâtre < lat. theatrum < griech.: théatron Schaustätte; v. theasthai anschauen) ist die Bezeichnung für eine szenische Darstellung eines inneren und äußeren Geschehens als künstlerische Kommunikation zwischen Akteuren (Darstellern) und dem Publikum. Mit dem Wort "Theater" kann das Gebäude gemeint sein, in dem Theater gespielt wird, oder der Prozess des Theater-Machens oder auch allgemein eine Gruppe von Menschen, welche in einer wie auch immer gearteten Organisationsform Theater machen. "Theater" ist also ein im Grunde sehr amorpher Begriff; die Theater-"Landschaft" ist so vielfältig und differenziert, dass man, selbst wenn man den Focus nur auf Europa (und vielleicht noch Nordamerika) richtet, kaum allgemein gültige Aussagen treffen kann.
Sparten des Theaters
Es gibt verschiedene Sparten des Theaters:
- Sprechtheater (Tragödie, Komödie, Schauspiel)
- Musiktheater (Oper, Operette, Musical)
- Tanztheater (Ballett, Tanzperformance)
- Performance (vereint oft verschiedene Theatersparten)
- Improvisationstheater (auch: Improtheater oder Theatersport)
- Straßentheater (Theater im öffentlichen Raum)
In den jeweiligen Sparten sind jeweilig unterschiedlich ausgebildete und qualifizierte Künstler tätig.
- Im Sprechtheater: Schauspieler, Regisseure, Schauspielmusiker
- Im Musiktheater: Sänger (Solisten und Choristen), Orchestermusiker, Korrepetitoren, Dirigenten, Regisseure.
- Im Tanztheater: Tänzer, Choreografen, Korrepetitoren
- Im Theatersport: Impro-Spieler, Impro-Musiker, Impro-Techniker
Theater, in denen mehrere Sparten zu Hause sind, nennt man folgerichtig Mehrsparten-Theater. Sie müssen auch die unterschiedlichen Künstler ans Haus gebunden haben. Immer mehr Stadttheater, die Mehrspartenhäuser sind, sollen aus Kostengründen Sparten einsparen. Dabei wird fast immer zuerst ans Ballett gedacht, wobei gerade das Ballett (wenn es auch modernes Tanztheater macht) eher als andere Sparten junges Publikum anspricht.
Das Wesen (tliche) des Theaters
Als Minimalformel von Theater kann gelten: A spielt B und C schaut zu (und beide haben ein Bewusstsein von ihren Rollen). Das bedeutet vor allem: zum Theater gehört ein Publikum. Theater ohne Publikum ist kein Theater. Das Publikum kann aufgrund der live-Aufführung diese teilweise beeinflussen (klatschen, lachen, Stille, Unruhe, buhen, den Zuschauerraum verlassen).
Theater kann religiös, gesellschaftskritisch oder politisch oder auch nur ästhetisch ambitioniert sein. Vor allem ist es eine Sparte der Kunst und deshalb frei, wie das Grundgesetz ausdrücklich bestimmt. Aufgrund der kollektiven Rezeption und des live-Charakters von Aufführungen steht es in besonderer Nähe zur (realen) Gesellschaft: Theater erzählt Geschichten - über Menschen, über das Leben. Die Zuschauer können wiedererkennen und Neues entdecken Ein Bühnengeschehen kann Lebensentwürfe bestätigen oder konterkarieren, kann neue Perspektiven eröffnen, den Blick für Alternativen schärfen. Historisch hat das Theater religiös-kultische Wurzeln. Doch schon in der Antike (im alten Athen) grenzten sich die Künstler von den Priestern (und den mit diesen verbandelten Politikern) ab, griffen mit Theatermitteln die aus ihrer Sicht überholten Götter-, Welt- und Menschenbilder an, stellten aber eher Fragen, als dass sie Antworten geben wollten. Die Diskussion von Gesellschaft als Spiel auf der Bühne hat zu allen Zeiten und in unterschiedlicher Ausprägung überall auf der Welt stattgefunden. Und sie findet auch heute noch statt, besonders in Deutschlands auf der Welt einzigartigen Theaterlandschaft. Doch dieses Spiel ist auch immer wieder (Mächtigen) ein Dorn im Auge.
Die Kunstform Theater spricht, z.B. durch ihre Symbolik, intellektuell an, wirkt durch die Bilder aber auch ins Unterbewußte. Insofern ist Theater ein ganzheitliches, plurimedialses (live-)Ereignis - eine Besonderheit aller Aufführungskünste. Der Schauspieler (oder die Schauspielerin) versinnlicht auf der Bühne eine Figur (spielen, wurde besonders im 18./19. Jahrhundert als "lügen" verstanden) und diese Rolle soll - jedenfalls im bürgerlichen Illusionstheater - dem Zuschauer realistisch, glaubhaft erscheinen. Die Mittel, die eingesetzt werden müssen, um ein Publikum zu erreichen, müssen zeitgemäß sein. Sie sind daher auch von regionalen Gegebenheiten abhängig.
Geschichte des Theaters
Urtheater
Höhlenbilder der Steinzeitmenschen verraten schon frühe Formen des theatralen Spiels. Man vermutet, dass sich eiszeitliche Jäger z. B. Felle von Tieren überzogen, um so lebenswichtige Vorgänge wie die Jagd im Voraus oder im Nachhinein darzustellen und theatral zu verarbeiten. So entstanden zeremonielle Tänze und theatrale Darstellung, in denen die Welt und die gesellschaftlichen Ereignisse nachgestellt und umspielt wurden. Man könnte das Theater als Urkunst der Menschheit, die alle anderen Künste in sich birgt, sehen.
In der ägyptischen Kunst zeigen verschiedene Darstellungen von Tänzern, Musiker und Akrobaten von der theatralen Entfaltung der weltlichen Vergnügungen am Hof der Pharaonen. Im vierten vorchristlichen Jahrtausend prägten die durch die gesellschaftliche Neuordnung und Staatsverwaltung, sowie die durch herrschende Priesterkönige entstandenen Mythologien die Deutung der Schöpfung und des Seins. Diese geistige Entfaltung sorgte für monumentale Prachtbauten die als Kulisse des Theaterspiels dienten, die sich später zum großen Festspieltheater entwickelten und der Präsentation der Staatsreligion dienten.
Das ägyptische Abydos wurde während des mittleren Reichs (2000–1500 v.Chr.) zum Schauplatz alljährlicher Mysterienspiele um Leiden, Tod und Auferstehung des Gottes Osiris. Dank eingemeißelter Zeichnungen auf Stein konnte die Erkenntnis über einige Stationen dieser theatralen Prozesse erlangt werden.
Das antike Theater
Theater für die Polis
Das Theater der Antike gilt als Wiege des abendländlichen Schauspiels und markiert mit der Etablierung des Zuschauerraums einen entscheidenden Wendepunkt und Entwicklung in der Theatergeschichte.
Mit der neuen vorchristlichen Gesellschaftsform, der Demokratie, wurde das rituelle Festspiel zur politischen Festversammlung, das kultischen Ursprüngen treu ist. Das heißt, dass sich die Spielzeiten weitgehend an Götter- und Festtage binden. Das nun entstandene Schauspiel zielte nicht mehr darauf ab, eine Verbindung von Schauspieler und Götterwelt zu verkörpern, sondern eine Brücke zum passiven Publikum zu schlagen, um ihnen eine Identität zu vermitteln, die sie auf das staatliche Gemeinwesen verpflichtet.
Im 6. Jahrhundert vereinigte Peisistratos, Errichter einer Tyrannis in Athen, die so genannten und beliebten Dionysos-Kultspiele zu einem Staatsfest, den Großen Dionysien. Dionysos, Gott der Fruchtbarkeit und des Weins, wurde mit Einführung des Tragödien-Wettbewerbs (Agon) auch zum Schutzpatron des Theaters. Zu diesem Zeitpunkt wurde auch der Spielort von der Agora, Versammlungsplatz der Polis, zu dem eigens errichteten Dionysos-Theater verlegt, welches an den Südhang der Akropolis erbaut wurde.
Aus dem frühen 5. Jahrhundert werden die ersten Dichternamen und Tragödientitel überliefert, die zu dem Zeitpunkt zwar noch mythologische Motive verwendeten, aber hauptsächlich tagespolitische Fragen verarbeitete und dem Publikum näher bringen sollten. Die Schicksalsgebundenheit der Menschen, eine zentrale Botschaft der Mythen, wurde systematisch in Frage gestellt. Die Betonung auf den freien Willen und die Gestaltungsfreiheit sowie die Idee des rechtsstaatlichen Gemeinwesens und die Konsolidierung der Polis wurde immer stärker, besonders durch Schilderungen in Werken des Aischylos.
Durch im 4. Jahrhundert sinkende Zuschauerzahlen führte der Stadtstaat (Polis) „Schaugeld“ ein, das die Besucher für ihren Dienstausfall entschädigen sollte. Die Bedeutung, vor allem auch politische Bedeutung, des Theaters wuchs immer mehr. Spektakuläre Szenographien und schauspielerische Virtuosität rangen der philosophischen und ernsthaften Tragödie immer mehr den Platz ab und wurden von großen Tragödienschreibern sowie Aristoteles als geltungslos beurteilt.
Die Komödie (ursprünglich: ein ausgelassener tänzerischer Maskenumzug) eignete sich erfolgreich den volkstümlichen Brauch aus dem Dionysoskult an und stieg schließlich zur begehrtesten Gattung der hellenistischen Zeit auf. Im Gegensatz zu dem Satyrspiel, das stets den Abschluss einer Tragödie bildete, war die Komödie spottfreudiger, und sowohl Heroen der Mythen als auch Politiker wurden dem Gespött ausgesetzt. Doch auch Kritik an der herrschenden Politik wurde vor allem durch Aristophanes, der auch mit führenden athenischen Denkern eng befreundet war, sehr unverschlüsselt ausgelassen. Mit Ende der Demokratie jedoch wandte sich die Komödie ab von der Politik und besonn sich auf Alltagstypen.
Die römische Antike
Die römische Kultur war das Ergebnis eines gigantischen Eroberungsfeldzuges. Im 3. Jahrhundert verlegten die Römer das Zentrum der hellenistischen Kultur in ihre Stadt. Sie übernahmen die Hierarchie der olympischen Götter, ließen sich von griechischer Architektur, Kunst und Philosophie inspirieren. Griechische Sklaven wurden zu kulturellen Lehrern. Nach dem Sieg im ersten Punischen Krieg ließ der römische Senat Theateraufführungen in die Ludi romani, die Stadtfeste einführen. Livius Andronicus verfassste die erste lateinische Tragödie. Das Theater wurde fortan, wie auch zuvor in Griechenland, als staatliche Einrichtung betrachtet. Jedoch weniger als Forum für den politischen Diskurs, wie im attischen Theater, mehr als herrschaftliche Machtrepräsentation und Ablenkung von politischen Konflikten. So setzte sich auch die Komödie durch, die oft sehr diskriminierend mit ihren Protagonisten umging. Mit der Wende zur Kaiserzeit im 1. Jahrhundert v. Chr. lösten volkstümliche Spielformen, hauptsächlich Pantomime, die literarische Komödie ab. Auch das Thema Ehebruch wurde häufig verwendet und der importierte griechische Dichter Mimus verzichtete als erster auf Masken und besetzte Frauenrollen mit Frauen, was für die weitere Entwicklung des Theaters viele Konflikte mit der Kirche bringen sollte.
Wichtige Autoren der Antike
Zitate
Aristoteles: Alle Abstraktion leitet sich nicht aus der Vernunft, sondern aus der Summe ersinnlicher Erfahrungen ab. Kunst ist Nachahmung.
Epikur: Die Lust ist Anfang und Ende eines seligen Spiels.
Platon: Die wahrnehmbare Welt ist nur das verzerrte Schattenbild einer Welt idealer Ideen – darum leitet nicht die Wahrnehmnung zu sicheren Wissen, sondern nur die Vernunft.
Theater im Mittelalter
Die kirchliche Macht und Instrumentalisierung
Schon in der späten Antike nahm die Kirche großen Einfluss auf die Theaterwelt. So wurde im 4. Jahrhundert n. Chr. die Absage an das Theater ins Taufbekenntnis aufgenommen und im 5. Jahrhundert wurde der Theaterbesuch mit Exkommunikation bestraft. In den Anfängen des Mittelalters mit Entstehung des Feudalismus wurde das kulturelle Leben fast ausschließlich von der christlichen Kirche dominiert. Das Bürgertum, welches in der Antike noch Träger der Kultur war, die hauptsächlich der Götterehrung und der Tagespolitik galt, verlor nicht nur politische, sondern auch jegliche kulturelle Bedeutung. Die meist brachiale Christianisierung dauerte fast das ganze Mittelalter an und die Kirche übernahm die komplette Kontrolle des sozialen und öffentlichen Lebens – was insbesondere auch das Theater prägen sollte. Was sich der kirchlichen Kontrolle nicht unterzog, war heftigen Anfeindungen ausgesetzt und wurde im späten Mittelalter durch die Inquisition blutig verfolgt. Die Unterdrückung des theatralen Spiels, welches als unmoralisch und schamlos betrachtet wurde, führte zur Entehrung der Theaterspielenden. Sie fanden nur als Narren und Gaukler am Rande der Gesellschaft und zur Belustigung auf Jahrmärkten und am Hofe der Adligen ihren Platz und galten nun mehr als Repräsentanten des Grotesken und Animalischen. Die Bedeutung der zahlreichen Namen für mittelalterliche Unterhalter wie Histriones, Joculatoren, Ministrels und Mimen bezeichnetet kaum unterscheidbare Berufsbilder. Oft mussten die Darsteller mehrere Künste beherrschen, um Ihr Publikum mit Neuigkeiten, Spottversen und Heldensagen zu erfreuen. Die Kirche instrumentalisierte die Künste für die Verbreitung der christlichen Heilslehre. Sie versuchte, das Heilige in allen Sinnen zu erfassen und ästhetisch nachzubilden und nutze die bildende und darstellende Kunst zu Erziehungszwecken.
Mysterien- und Passionsspiele
Im 10. Jahrhundert forderte das Konzil zu Konstantinopel die Vermenschlichung des Göttlichen. Das sollte ein Wendepunkt der Theaterkultur werden. Man hob das Bilderverbot auf und bespielte geistliche Rituale. Textliche Erweiterungen der liturgischen Gesänge und der spielerische Prozess der feierlichen Zeremonie zum Tode und Auferstehung Christi trugen zur Entstehung dramatischer Rollen im Kirchentheater bei und später zu komplexeren Spielen biblischen Inhaltes, die nicht nur das Oster- und Weihnachtsfest theatral umsetzten, sondern auch Mirakelspiele beinhalteten, die das Leben und die Taten von Heiligen und Propheten oder den Kampf zwischen Himmel und Hölle beschwörten. Mit der Loslösung der Liturgie wandelte sich auch die streng symbolistische Spielweise. Jesus trat nun als Mensch auf, die geistlichen Spiele verlagerten sich im 13. Jahrhundert vom Kirchenraum auf den Kirchenvorplatz, auch die Bevölkerung wurde mit in das Spiel eingebunden, und Latein wurde gegen die Volkssprache eingetauscht.
Durch diese Entwicklung entstanden dann auch Mysterien- und Passionsspiele, da man nicht mehr an den Ort der Kirche gebunden war und keine Einzelmotive, sondern Heilsgeschichten von der Entstehung der Welt bis hin zum Jüngsten Gericht erzählen wollte. Zunächst waren nur Kleriker im Schauspiel beteiligt, später zog man dann männliche Bürger heran, um den zahlreichen Rollen der tagelang dauernden Festspiele gerecht zu werden, um dann noch später das Schauspiel komplett in die Hände der Bürger zu geben. Die Passionsspiele fanden große Verbreitung und wurden zu nicht mehr nur kirchlichem Ereignis städtischer Festkultur. Im 14. Jahrhundert wurden dann auch inhaltliche Schwerpunkte verändert. Nicht mehr die Verehrung Jesu, sondern die Erniedrigung und das Leiden rückten in den Mittelpunkt. Die Passion wurde zum Spiegel des neuen Lebensgefühls, dass durch Hungersnot, Pest und der Krise der kirchlichen und politischen Autorität geprägt war, und orientierte sich immer mehr an der empirischen Wirklichkeit.
Fastnachtspiele
So entwickelten sich im Spätmittelalter weltliche Spielformen, die besonders in Frankreich geprägt wurden. Mit der französischen Farce und Sotie, die sich durch ihre kritisch-spöttische Sicht des Alltages und der Verspottung kirchlicher und staatlicher Autoritäten auszeichnet und nur zur Fastnacht gespielt wurde, emanzipierte sich auch das deutsche Fastnachtsspiel und lockte nicht nur an Karneval das Publikum in Wirtshäuser oder auf Marktplätze mit ihren meist ungehemmten Sexual- und Fäkalkomik, die meist auf Kosten von Juden, Bauern und Frauen gingen. Die Tradition der englischen Morality Plays, die den Kampf zwischen Laster und Tugend gestalten, lebt bis heute im meistgespielten Stück der europäischen Bühnen, dem Jedermann fort, der seit 1920 die Eröffnung der Salzburger Festspiele prägt.
Bekannte Autoren von Fastnachtspielen
- Hans Sachs: Er schrieb 4000 Meisterlieder und 87 Fastnachtsspiele
Renaissance – Zeitalter der Entdeckungen
Mit dem Ende des Mittelalters gewann das Theater neue Funktionen in der höfischen und kirchlichen Repräsentanz. Während die Bürger das mittelalterliche Mysterienspiel fest übernommen hatten, erstrahlte an europäischen Höfen eine neue Elitekultur. Feiertage wurden mit Opernaufführungen zelebriert. Höfische Theaterbauten, Theater innerhalb fürstlicher Residenzen, in Gartenanlagen integrierte Heckentheater, Kirchenbauten, die die Aufführung von religiösen Opern und Oratorien zuließen zeugen vom Gebrauchswandel. Die Neuzeit war geprägt durch einschneidende geographische, naturwissenschaftliche und geistige Entdeckungen, durch das Scheitern der mittelalterlichen Kirche und durch die Besinnung der Philosophie und Kunst auf den Menschen und die Entfaltung der freien Persönlichkeit. Im Theater der Humanisten erkennt man erste Ansätze zur Tradition des „klassischen Dramas“, in dem eine spannende Handlung durch Dialoge vorangetrieben wird. So folgte auch, dass die Orte der Handlung nicht mehr simultan nebeneinander standen, sondern chronologisch durch Szenenumbau belebt wurden. Man lehrte das „antike Drama“ auch schon im Mittelalter in den Schulen, jedoch war die Vorstellungskraft für die antike Aufführungspraxis nicht vorhanden. Erst den Humanisten der Neuzeit gelang es antike Spielformen zu rekonstruieren. Aristokraten griffen die neue „klassische Kulturwelle“ mit Begeisterung auf, waren jedoch weniger an einer genauen Rekonstruktion klassischer Dramen interessiert, wie das die humanistischen Gelehrten waren, sondern mehr an prunkvoller Ausstattung und später dann an der Auflockerung des Spieles durch Zugabe von burlesken Tänzen. Während die Tragödie während der Renaissance kaum Aufmerksamkeit bekam, wurde die Komödie verehrt. Am Hofe von Ferrara entstand das erste glanzvolle Zentrum für die Wiederbelebung antiker Komödien und wenig später die Schöpfung der „Commedia erudita“, einer volkssprachlichen gelehrten Komödie. Lodovico Arisot, Leiter des Hoftheaters von Ferrara, feierte am Hofe seine größten Erfolge mit Bühnenwerken wie „La Cassaria“ und „I suppositi“. Doch die berühmtesten Renaissancekomödien schrieb Niccoló Machiavelli, der die antiken Vorbilder beiseite warf und ein scharfes Portrait der Sitten und Laster seiner Zeit in die Werke einbaute. Mit der Tragödie setzen sich Gelehrte hauptsächlich theoretisch auseinander und leiteten aus dem Werk „Poetik“ von Aristoteles Dichtungsnormen ab. Zu den wichtigsten Gesetzen gehörten die drei Einheiten von Ort, Handlung und Zeit. Doch schon früh verlor die Komödie an Bedeutung und die „Commedia dell'Arte“, die Stegreifkomödie, sowie das Schäferspiel rangen ihr den Platz ab. Das Schäferspiel vereinigte Komik und Tragik, distanzierte sich von politischen und sozialen Krisen der Gegenwart und formte eine utopische Glanzwelt. Großen Einfluss nahm das Schäferspiel auf die Entwicklung der Oper. Im 16. Jahrhundert entdeckten Humanisten den didaktischen Wert des Theaters. Zur moralischen Belehrung und als Propagandainstrument der Reformation (auch Martin Luther empfahl das Schultheater) nahm man das lateinische Theater in den Lehrplan auf.
Wichtige Vertreter der Renaissance
Komödie
Schäferspiel
Das barocke Zeitalter
Zu keiner Zeit wurde das Theater mehr geliebt als während des europäischen Barocks. Das Spiel auf der Bühne galt im 17. Jahrhundert als vollkommenes Abbild und Sinnbild einer glanzvollen Welt. Der Niedergang des Feudalismus und der Sieg des Absolutismus stürzten alte Werte und schärften das Bewusstsein für Schein und Sein. Der Vergleich zwischen Welt und Bühne, auf der jeder Mensch die ihm zugedachte Rolle spielt, beherrscht die Werke von William Shakespeare und Pedro Calderón. Der Mensch als wahres Abbild der Gesellschaft und Seinesgleichen, Gott als Regisseur und Zuschauer – diesem Bild wurde in der gesamten Barockkultur nachgeeifert und entfaltete sich in glanzvoller Theatralik. Am absolutistischen Hofe wurde sogar das Alltagsleben theatralisch arrangiert und mit jeder Inszenierung wollte man die vorherige übertreffen. Das Verlangen nach Dramatik und theatralen Festlichkeiten wurde immer stärker, welches den Berufsstand des Dramatikers in eine Blütezeit versetzte. In den Großstädten kam ein urbaner kommerzieller Theaterbetrieb hinzu. Immer größer werdender Andrang und Erweiterung des Spiels forderten bald die Abwandlung vom höfischen Theater zum Volkstheater – die ersten Guckkastenbühnen entstanden, später wurden dann Zuschauerräume eingerichtet, mit Rängen und Logen, die eine Hierarchie der Gesellschaft abbilden sollten. Hamburg erhielt im 17. Jahrhundert das Theater am Gänsemarkt, Leipzig ein zu Messezeiten bespieltes Haus. Die zur Aufführung gelangenden Stücke kosteten Tragik und Komik aus und lebten von gekonnten Gewaltinszenierungen, Tanz und Musikeinlagen. Zuschauer aller Schichten besuchten die Aufführungen. Weniger fixierbar entwickelte sich der kontinentale kommerzielle Theaterbetrieb für das bürgerliche Publikum, dem feste Aufführungsorte und lokal ansässige Truppen fehlten. Städtische Festsäle konnten hier wie Marktplätze Funktionen im Theaterbetrieb übernehmen. Textgrundlage der Truppen wurden in aller Regel nur in Manuskripten fixiert. Die Unternehmen reisten mit Repertoires von bis zu 80 Stücken durch Europa und wählten oft vor Ort das, was hier länger nicht gespielt worden war, für die Inszenierung aus. Kaum mehr als die in den 1720ern in Wien fixierte Handvoll Haupt und Staatsaktionen haben aus diesem Theaterbetrieb im Druck überlebt. Gymnasien integrierten Theateraufführungen in den Schulbetrieb – der Aufführungsort der meisten der heute als Barockdramen gehandelten Stücke.
Das Barocktheater war ein Auffangbecken verschiedenster theatraler Gattungen der vorherigen Epochen und Sammelbecken verschiedenster kultureller Kunstrichtungen, die von reisenden Theatergruppen immer wieder aufgenommen wurden und in ihre Inszenierungen eingebaut wurden. Die schon in der Renaissance auftauchende „Comedia dell'arte“ galt als die Theaterform schlechthin, mit ihr emanzipierte sich das Schauspiel von der Literatur. Improvisationskunst und ein Feuerwerk mimischer, musikalischer und choreographischer Einfälle waren ihr Merkmal und begeisterten nicht nur das Bürgertum mit ihrer kommerziellen Ausrichtung. Höher angesiedelt war demgegenüber das höfische Theater, das bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts europaweit Opern und Komödien privilegierte. Keineswegs darf dies missverstanden werden: Die Opern waren seit 1600 das hohe Theater – die Stücke erschienen in der Regel gedruckt, um während der Aufführungen gelesen zu werden, um nach der Aufführung an das Stück zu erinnern, um als Poesie gelesen und geschätzt zu werden. Die berühmtesten Opern-Poeten gaben ihre Werke daneben in Sammelausgaben heraus – die Texte ohne die Musik, die den kurzfristigeren Moden unterlag und vor Ort für den Anlass komponiert wurde. Die Oper, die von Italien aus Europa eroberte, erlebte einen Siegeszug an den aristokratischen Höfen.
Das elisabethanische Theater
1576 baute James Burbage das erste Londoner Theater und übernahm dabei die runde Form von damaligen Tierarenen. Mit diesem Bau gab James Burbage den Anstoß für einen wahren Theaterboom, alle Gesellschaftsschichten wurden von einer Theaterbesessenheit gepackt. Diese Hochkonjunktur ist vor allem auch der Monarchin Elisabeth I. zu verdanken, die mit ihrem Kunst- und Geschäftsinn nach dem Bürgerkrieg im 16. Jahrhundert ein wirtschaftliches und kulturelles Zentrum formte. Der Theaterbetrieb der Shakespearezeit gewann Einfluss in England und später auf das Repertoire der kontinentalen Theatertruppen. Die Englischen Schauspieltruppen umfassten ca. 15 Mitglieder, die auf genossenschaftlicher Basis arbeiteten. Die Darsteller lebten von ihrem Teil des Erlöses der Vorstellungen. Es spielten ausschließlich Männer in einer Gruppe (auch Frauenrollen). Man spielte am Tag, um das Beleuchtungsproblem zu umgehen. Auch der Vorhang war unbekannt. Requisiten wurden während des Spiels auf die Bühne getragen. Kostüme wurden angedeutet. Bedeutende Truppen waren die
- King's Men und
- Admiral's Men,
die wie kleine Wirtschaftsunternehmen funktionierten. Die Schauspieler brachten als Gesellschafter Betriebskapital ein und wurden am gemeinsamen Gewinn beteiligt. Von der Mitte des 16. Jahrhunderts bis 1642 wurden in England ca. 5000 Stücke aufgeführt, von denen heute 620 im Druck erhalten sind.
Bekannte Dramatiker sind hier:
- John Lyly (1554)
- Thomas Kyd (1558)
- Robert Green (1558)
- Christopher Marlowe (1564) und
- William Shakespeare (1564)
- Ben Jonson (1573)
Zwischen 1567 und 1629 entstandene Theater in London:
- Red Lion (1567)
- Boa's Head (1602)
- Theatre (1576)
- Curtain (1577)
- Bull Inn
- Cross Keys Inn
- Bell Inn
- Blackfriars
- Bel Savage Inn
- Pau's
- Salisbury Court (1629)
- Fortune (1600)
- Red Bull (1604)
- Cockpit (1616)
- Swan Theatre (1595)
- Rose (1587)
- Globe (1599)
Die bezeichneten Häuser waren ähnlich gebaut: Eine Grube bildete die Stehplätze für die ärmere Bevölkerung. Um diese herum lief eine mehrgeschossige, überdachte Galerie mit Sitzplätzen für die Reichen, die sich mittlerweile gerne vom höfischen Theater abwandten und die öffentlichen Gebäude aufsuchten. In der Mitte der Grube befand sich ein erhöhtes Spielpodest, das auch von den Galerien gut einsehbar war. Auf der großen Bühne befand sich noch mal eine kleine Bühne und die Garderobe für die Darsteller. Auf der Garderobe befand sich ein Balkon, der von einem Strohdach überdeckt wurde. Auf diesem Strohdach befand sich der Turm für den Trompeter, der den Vorstellungsbeginn ankündigte. Im Turm befand sich die Flugmaschine für besondere Auftritte der Schauspieler. Auf dem Dach des Turmes wehte die Fahne mit dem Emblem des entsprechenden Theaters. Beim Swan Theater ein Schwan, beim Rose eine Rose usw.
Die iberische Theaterkultur
Das Theater des spanischen Barocks wurzelte tief im Katholizismus. Das traditionelle allegorische Fronleichnamsspiel erfreute sich bis ins 18. Jahrhundert großer Beliebtheit, und Spaniens Theater stand stets im Dienst und unter Schutz der katholischen Kirche. Anfang des 16. Jahrhundert kehrten die ersten italienischen Schauspielreisetruppen in Spanien ein, spielten ihre Stücke in den Innenhöfen der religiöser Bruderschaften und später in den eigens erbauten „Teatro de Corral“, erstellt nach dem Vorbild der Innenhof-Bühnen und den englischen Bühnen wenig unähnlich. Bereits Mitte des 16. Jahrhunderts bespielten schon heimische Schauspieltruppen die im ganzen Land errichteten Bühnen und formten somit die auf begeisterten Anklang stoßende iberische Theaterkultur. Als im 17. Jahrhundert die Weltmacht Spaniens zu zerfallen schien, hielten die Bürger ihren Glauben an Macht und prunkvollem Leben durch das Theater aufrecht. In dieser Zeit wurden mehr als 300.000 Bühnenwerke verfasst und eine große Anzahl verschiedener Gattungen bildeten sich unter dem Überbegriff Comedia:
- Autos sacramentales (einaktige allegorische Fronleichnamsspiele)
- Comedias en capa y espada (Mantel- und Degenstücke)
- Comedias del teatro (aufwendig inszenierte historische Schauspiele)
- Comedias de santos (Heiligenlegenden und Märtyrertragödien)
- Comedias de figurón (Vorläufer der Charakterkomödie)
- Entremeses (einaktige farcenhafte Zwischenspiele für Feste)
- Burlescas (Possen und Persiflagen)
- Fiestas (höfische Festspiele mit Tanz und Musik)
Das Mantel- und Degenstück stellte sich als erfolgreichste und europaweit berühmteste Gattung heraus. Gegenstand der Handlung war das Leben der Hofgesellschaft und der Mantel, als Symbol der Vermummung ist die wichtigste Requisite der unverzichtbaren Liebesintrige. Lope de Vega, einer der bekanntesten Dramatiker dieser Zeit war der aristotelischen Poetik zwar vertraut, jedoch mehr um die Gunst des Publikums erpicht und versuchte sowohl tragische als komisch Elemente zu vereinen. Die spanische Barockdramatik war eher ein Gleichnistheater, weniger auf realistische Charaktere oder neuzeitlich Problematik ausgerichtet, sondern auf die Nachbildung des himmlischen und weltlichen Ordnungssystems.
Bekannte Dramatiker sind hier:
- Miguel de Cervantes Saavedra 1547–1616 (Don Quijote)
- Lope de Vega 1562–1635
- Tirso de Molina 1584–1648
- Pedro Calderón de la Barca 1600–1681
Die Demokratisierung des Theaters war ein wichtiger Schritt für Theaterinteressierte in alten Zeiten. Damals durfte keiner ins Theater, der nicht die Erlaubnis dazu hatte. Meist war dies nur der König mit restlichem Hofstaat bis hinunter zum einfachem Gesinde. Die Sitz- und Stehplätze hatten eine Rangordnung und waren dazu nicht ansteigend. Erst seit der Erfindung des Spannbetons, gibt es für alle optimale Bedingungen und es kann heute jeder jeden Platz erwerben. Das Theater diente dem König damals eher zur Selbstdarstellung.
Das französische Barocktheater
Den beiden gegensätzlichen Linien des europäischen Barocktheaters, das monumentale höfische Theater und das klassizistische Drama, galt in Frankreich gleichermaßen Aufmerksamkeit. Am Hofe Ludwig XIV. erlebte das Theater eine oberflächliche prunkvolle Entfaltung mit unter anderem dem Ballet du cour, eine theatrale Sonderform, bei dem nicht nur Männer und Frauen des Hofes auftraten, sondern auch der König selbst. Literarisch jedoch markierte die französische „Tragédie classique“ den Höhepunkt dieser Epoche, und nur unter dem wachsamen Auge des Kardinal Richelieu und seiner gegründeten „Académie Francaise“ konnte sich diese Gattung nach den klassizistischen Normen entfalten. Unter deren Zensur stand auch der Dichter Pierre Corneille mit seinem Werk Cid, der selbst von Richelieu unter der Académie in einem Dramatikergremium arbeitete. Von der Académie kritisiert und von dem Publikum bejubelt und als Nationalheld stilisiert, entschied sich Corneille jedoch folglich nur noch stilreine Dramen zu verfassen und schuf dabei den Prototypen eines tragischen Helden frei von individuellen Zügen, der die Ideale des französischen Barock, Schicklichkeit und Ehrbarkeit, preisen sollte. Jean Racine hingegen verlieh seinen Protagonisten einen individuellen Charakter und empfand die klassizistischen Dramenstrukturen als außerordentlich hilfreich um psychologische Intensität zu verdeutlichen. Nach dem sein Hauptwerk Phädra 1677 durch das gefälligere Werk eines Rivalen wenig Zustimmung bekam, verließ er das Theater. Sein größter Rivale war der Dichter Molière, zuvor sein Mentor und der Meister der Charakterkomödie, dem er nach seinem Theaterdebüt schnell die Zuschauer stahl. Doch Molière stand in der Gunst des Königs und verfasste unzählige Farcen, Sitten- und Typenkomödien und bediente sich dabei im Repertoire der „Comedia dell'arte“. Er entwickelte das Genre des „Comédie-ballet“, in dem Tanzszenen nicht nur schmückendes Beiwerk waren, sondern Teil der Handlung. Und sein literarischer Höhepunkt bildeten die Charakterkomödien, in denen er einen einzigen Charakterzug des Protagonisten personifiziert und überspitzt und ihn damit der Lächerlichkeit preisgibt. Er hielt die Bühne für einen theatralischen Pranger, in dem Verstöße gegen Vernunft und Sitte durch die Komödie aufgedeckt und verspottet werden sollten. Von seinen Mitstreitern gehasst ist Molière heute einer der bekanntesten und meist gespielten Dramatiker aus dem französischen Barock.
Bekannte Dramatiker sind hier:
- Pierre Corneille 1606-1684
- Jean Racine 1639-1699
- Molière 1622-1673

Stadt-Theater, Landesbühnen und Staatstheater sind meist, auch architektonisch gesehen, besondere Bauten. Neubauten werden auch heute noch als architektonische Highlights geplant und gebaut. Besonders herausgefordert werden die Architekten durch den Zwang, ästhetische Vorstellungen (Träume, Utopien) und praktischen Erfordernisse miteinander vereinen zu müssen, bis hin zu dem Umstand, dass ein Theater vor allem auch von der Akustik im Inneren her hohen Ansprüchen genügen und zudem gegen Außenlärm praktisch schalldicht sein soll/muss.
Wie alt oder neu Theaterbauten auch sind, sie müssen als Versammlungsstätten strengen Sicherheitsvorschriften genügen. Es gibt mannigfache Auflagen für alle Bereiche, für die Bühne, den Zuschauerraum (bis hin zur "Bestuhlung"), für das Foyer (die - häufig bewirtete - Begegnungsstätte des Publikums), auch für die Zuschauergarderobe und selbst für sowas Profanes, aber keineswegs Unwichtiges wie die Toiletten sowie für alle Verwaltungs- und Werkstätteneinheiten bis hin zu Sozialräumen, Kantine und Arztraum, in dem (womöglich notwendig werdende) Erste Hilfe geleistet werden kann.
Was bei Klein- oder Zimmertheatern (bis maximal 99 Zuschauerplätze) noch durchgeht, ist in größeren Häusern nicht möglich. Bei jeder größeren Bühne müssen verantwortliche Bühnenmeister angestellt sein; zu jeder Vorstellung müssen je nach Größe des Hauses eine bestimmte Anzahl Feuerwehrleute präsent sein, die vor der Vorstellung die Bühne inspizieren und sich während der Vorstellung unmittelbar an der Bühne aufhalten. In den großen Theatern ist (in Deutschland seit 1889) ein "Eiserner Vorhang" Pflicht, der im Falle einer Gefahr (Brand) von oben herabgelassen wird und als Schutz-"Wand" Bühne und Zuschauerraum trennt. Alle Stoffe (Vorhänge) müssen schwer entflammbar sein, alle technischen Geräte müssen den "TÜV"-Standards entsprechen und dürfen nur von ausgebildetem Personal (z. B. von Veranstaltungstechnikern) bedient werden - um nur einige der zahlreichen bau-, brand- und sicherheitstechnischen Auflagen zu erwähnen.
Zum modernen Theater-Betrieb gehören aufwändige Licht- und Tonanlagen (beides heute in der Regel Computer-gesteuert), wofür auch nur geschultes Fachpersonal einzusetzen ist.
Die großen Häuser haben ausreichend große Seitenbühnen, auf denen die Kulissen und Requisiten für die verschiedenen Szenen des laufenden Stückes "versteckt" werden können. Die Hinterbühne wird heutzutage in modernen Inszenierungen als willkommene Möglichkeit gesehen, große Tiefe der Spielfläche zu erreichen. Die Oberbühne, der Schnürboden ("Bühnen-Himmel"), ist (schon wegen des Eisernen Vorhangs) mindestens ebenso hoch wie die sichtbare Bühne selbst. Da oben hängt, was beim Umbau der Bühne von einer Szene zur anderen an Vorhängen, Bühnenbildern u. a. mit Hilfe von "Zügen" herabgelassen werden kann. In Bühnennähe findet man die Künstler-Garderoben sowie Handmagazine für den Tagesbedarf an Requisiten und Dekorationen.
Neben den ausgedehnten Magazinen, in denen Kulissen und Requisiten aller abgespielten Produktionen und der Repertoire-Stücke gelagert werden, gibt es auch einen großen Fundus, wo der häufig riesige Bestand (zum Teil schon sehr alter) Kostüme aufbewahrt wird, auf den immer wieder zurückgegriffen werden kann. Im Theaterbau sind auch viele Werkstätten (Malersaal, Schreinerei, Schlosserei, Schneiderei, Maskenbildnerei, Elektrowerkstatt) untergebracht sowie die Büros der Verwaltung.
In Opernhäusern und Mehrsparten-Häusern sitzt zwischen der ersten Sitzreihe und der Bühnenrampe das Orchester im Orchestergraben, der bei Musicals, Opern und Operetten abgesenkt ist, aber bei Schauspiel-Inszenierungen hoch gefahren wird, wodurch die Bühne nach vorne erweitert wird. Große Häuser haben Drehbühnen. Das erleichtert den Szenenwechsel und ermöglicht ebenso inszenatorische Besonderheiten wie die Möglichkeit, den Bühnenboden in Segmenten hydraulisch absenken oder über das Normal-Niveau hoch fahren zu können. Der Zuschauerraum im Theater ist normalerweise völlig abzudunkeln, was insbesondere zu Begin einer Vorstellung praktiziert wird, um das Publikum in dieser Phase sozusagen in eine andere Welt zu führen, von dem "Vorher" wegzubringen. Der dunkle Zuschauerraum ermöglicht auch Blackouts (bei denen durch "Ausschalten" der Bühnen-Scheinwerfer der gesamte Raum auf einen Schlag dunkel wird). Weil der Zuschauerraum während des Spiels dunkel, die Bühne aber aus Richtung der Zuschauer mit Scheinwerfern ausgeleuchtet ist, sind die Akteure auf der Bühne "geblendet". Sie sehen das Publikum nicht. Sie spielen gegen die "vierte Wand", die durch die Helligkeit der en face-Beleuchtung errichtet wird.
Außer der Bühne im Großen Haus haben die großen Theater Probebühnen, Foyerbühnen und Ähnliches. Seit den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts, als Kleinbühnen mit damals neuen Stücken und vielen Experimenten Furore machten, haben die großen Häuser in der Regel auch Studio-Bühnen, Werkstattbühnen und Podien, welche diesen avantgardistischen Konkurrenten äußerlich nachempfunden sind (bis hin zur "offenen" Technik), und in denen ein "junger" Spielplan gepflegt wird.
Viele Neubauten wenden sich ab von der traditionellen Guckkastenbühne hin zur Raumbühne, Arenabühne und Rundumbühne, um eine andere Zuschauer-Darsteller-Zuordnung zu erreichen (die so neu allerdings auch nicht ist, denkt man an die Shakespeare-Bühne, das "Globe"). Damit das Geschehen eine direkte Verbindung zum Publikum hat, gehen Bühne und Zuschauerraum architektonisch ineinander über. Es gibt einen (immer mal wieder aufflammenden) Disput unter Theatermachern darüber, ob es nicht dem Wesen des Theaters widerspricht, die Zuschauer rund um eine Bühne zu setzen. Kritiker dieser aus ihrer Sicht nur scheinbar modernen Praxis meinen, dabei entstünde kein (Bühnen-)"Raum", das Geheimnis des "Dahinter", der imaginären anderen, nicht sichtbaren Räume ginge verloren. Außerdem fehle der Zuschauer-Focus auf das Geschehen, die Phantasie über das "Dahinter" werde beschnitten. Man werde zum Beobachter der jeweiligen anderen Besucher, was die Beobachteten an der völligen Konzentration hindere, sie negativ beeinflusse und die Rezeption des Bühnengeschehens mit allen Sinnen unmöglich mache. Beobachtet man das aktuelle Theater-Geschehen, stellt man fest: Auch ansonsten frei und unkonventionell arbeitende Theatermacher greifen, was die Zuordnung Bühne / Zuschauerraum angeht, eher wieder zur "alten" Praxis.
Aufbau eines heutigen Theaters
In einem Theater arbeiten Menschen zusammen, die sehr unterschiedliche Berufe haben. Vor allem in den Theatern in öffentlicher Trägerschaft, aber auch in den meisten mit diesen vergleichbaren größeren Privattheatern wird arbeitsteilig "produziert". Dort dürfen Schauspieler beispielsweise keine technischen Arbeiten verrichten. Von der guten Kooperation der künstlerisch und nichtkünstlerisch Beschäftigten hängt der Erfolg der Theater-Produktionen ab. Es gibt allerdings mehr Theater, in denen solch geteiltes Arbeiten nicht möglich und/oder nicht gewollt ist.
Organisatorischer Bereich
Theater in öffentlicher Trägerschaft werden in der Regel künstlerisch geleitet vom Intendanten (von der Intendantin). Intendanten von Stadttheatern zum Beispiel werden (für eine bestimmte Zeit) vom Rat der Kommune gewählt. Meist ist ein (beamteter) Verwaltungsdirektor zur Seite gestellt. Die Intendanten-Verträge legen den Aufgabenbereich fest. Dazu gehören Einzelheiten, zum Beispiel ob und wie oft der Intendant (die Intendantin) selbst im eigenen Hause inszeniert, ob und wieviele auswärtige Regie-Arbeiten er/sie übernehmen darf. Es werden auch Rahmenbedingungen festgeschrieben, so die Zahl der (Neu-)Inszenierungen (in den Sparten und Genres) pro Spielzeit und vieles mehr....
In enger Zusammenarbeit mit dem Dramaturgen wird für ein, besser zwei Jahre im voraus der komplette Spielplan ergestellt. Er ist Grundlage für alle Dispositionen bis hin zum Lösen bisheriger Verträge und zu (Neu-)Verpflichtungen im Bereich künstlerisches Personal.
Das Künstlerische Betriebsbüro (KBB) ist Anlaufstelle und Sammelpunkt für alle Teilbereiche. Das KBB ist eine organisatorische Einheit, die alle Aufgaben, Personen und Vorgänge koordiniert.
Die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ist für die Verbindungen nach "draußen", zu den Medien und anderen Ansprechpartnern, verantwortlich; sie gibt Pressemitteilungen heraus, sie steuert die Werbung (Plakate, Flyer, Postkarten und Monatsleporello etc.), und es gibt in vielen Häusern Spezialisten für die Zusammenarbeit mit Besucherringen, Schulen, mit dem jungen Publikum und anderen Zielgruppen. Die Arbeit der Marketingabteilungen der Musicalhäuser und anderer Privattheater wird als zentral für den Erfolg des Hauses angesehen. Die Leiter von Theatern in öffentlicher Trägerschaft setzen eher auf die vermeintliche Attraktivität ihres künstlerischen Angebotes, stehen dem "Verkauf" ihrer Produkte reserviert gegenüber und verlassen sich auf immer weniger greifende herkömmliche Mittel und Wege beim Bemühen, ihr - oder ein neues - Publikum zu erreichen. Siehe dazu auch Das Theater und seine Besucher von Armin Klein.
Die Verwaltung, zu der auch eine Personalabteilung gehört, plant, kontrolliert und bilanziert alle finanz- und verwaltungstechnischen Vorgänge. Der Etat der öffentlich getragenen Theater wird von den Trägern vorgegeben, inklusive der zu erzielenden Eigeneinnahmen. Dabei wird in den letzten Jahren nicht mehr nach dem kameralistischen System verfahren, vielmehr erhalten die Theater Budgets, die mehr Spielraum beim Verwenden der Gelder lassen. Schon kleinere Stadttheater haben allein im nichtkünstlerischen Bereich mehrere hundert Mitarbeiter.
Künstlerischer Bereich
Im Theater arbeiten viele Künstler auf und hinter der Bühne:
- Autoren
- Komponisten
- Regisseure
- Musikalische Leiter/Dirigenten
- Choreographen
- Bühnenbildner
- Lichtdesigner
- Kostümbildner
- Dramaturgen
- Maskenbildner
- Schauspieler
- Sänger
- Tänzer
- Chor: Frauen: Sopran, Mezzosopran, Alt, Männer: Tenor, Bariton, Bass
- Orchester mit den verschiedensten Instrumenten
- Theatermusiker (außerhalb des Orchesters)
- Korrepetitoren
- Inspizientin
- Souffleusen / Souffleure
- Komparsen
- Statisten
Technischer Bereich
Die meisten Theater haben eigene technische Abteilungen, unterteilt in
- Technische Leitung (Technischer Direktor mit Assistenten) für die Gesamtverantwortung und Organisation aller technischen Abteilungen,
- Konstruktionsabteilung (Entwurf und Konstruktion der Bauten, Planung und Statik),
- Werkstättenleitung (Organisation der Herstellung des Bühnenbildes und der Werkstätten),
- Kostümabteilung,
- Gewandmeister (Organisation der Herstellung der Kostüme, Schnittmuster),
- Bühneninspektion (Organisation der technischen Abläufe auf der Bühne: Auf- und Abbauten, Lagerung),
- Bühnenmeister,
- Bühnentechniker,
- Bühnenmeister,
- Beleuchtung,
- Ton/Video und
- Requisite (Herstellung und Organisation der Requisien, Betreuung bei Proben und Vorstellungen).
Von den Technischen Abteilungen wird im Theater große Kunstfertigkeit, Erfindungsreichtum, Flexibilität und Verständnis für künstlerische Prozesse verlangt. In vielen kleineren und sogenannten Freien und Off-Theatern beschränkt sich der Technische Bereich oft auf ein Minimum.
Theater und Ökonomie
Öffentliche Trägerschaft
Es gibt in Deutschland rund 150 Theater in öffentlicher Trägerschaft. Diese Häuser werden mit Mitteln aus Landes- und Kommunalhaushalten unterstützt. Die Einnahmen durch Kartenverkauf (Eigenanteil) belaufen sich in diesen Theatern durchschnittlich auf rund 20 Prozent des Gesamtetats. Eine Theaterkarte in Deutschland wird im Durchschnitt mit 95,74 Euro gestützt. Umgekehrt heißt das: Fiele die Unterstützung der Theater in öffentlicher Trägerschaft durch diese öffentlichen Träger komplett aus, müßte jeder Besucher zu jeder Eintrittskarte 95,74 EURO mehr zahlen als zur Zeit. Trotz aller finanziellen Engpässe scheinen die Länderparlamente und die Stadträte, welche die Haushalte beschließen, diese freiwilligen Leistungen für Theater als letztlich gerechtfertigt anzusehen; zudem sind sie vor allem beim nichtkünstlerischen Personal als Arbeitgeber an Tarifverträge gebunden. Da aber dennoch die Subventionen in den letzten Jahren eingefroren oder auch gekürzt wurden, suchen die Theater nach anderen Quellen: Mäzene, Sponsoren, Fördervereine und Stiftungen (Bundeskulturstiftung).
Es finden sich Stimmen, die sagen: Sozial Schwächere hätten häufig weder Zeit noch Geld, ein Theater zu besuchen, der "Theaterkonsum" (?) sei ein superiores Gut; Theaterbesucher gehörten eher zu den Besserverdienern. Ein Subventionsabbau würde - so meinen/behaupten die Kritiker - ärmere Menschen entlasten. Zudem bestimme gerade die besserverdienende Minderheit, was den Menschen zu gefallen habe, und ließe sich das auch noch mitfinanzieren durch Steuergelder. Es gäbe andere kulturelle Aktivitäten (Rockkonzerte z, B.), die nicht mit öffentlichen Mitteln gefördert würden, obwohl (oder gerade weil) sie eine breite Masse ansprechen würden.
Gastspieltheater
Nicht jede Stadt, nicht jede Gemeinde kann ein eigenes Theater, womöglich mit festem Ensemble, unterhalten. Eine Alternative für solche Kommunen, die aber Wert auf ein breites kulturelles und sogar künstlerisches Angebot legen, sind Gastspiele: In manchen Städten gibt es richtige Theater, in anderen Kulturhäuser, Saalbauten, Congreßzentren oder andere Spielstätten mit den entsprechenden technischen Einrichtungen, die für gute Aufführungen notwendig sind. Es gibt auch Kommunen mit eigenem Theater-Ensemble, die dennoch in anderen Spielstätten Auftritte von Tournee-Veranstaltern ermöglichen, wobei in diesen Fällen meist die Stars des Business zum Zuge kommen, von Stars an Geige, Klavier oder anderen Solo-Instrumenten über berühmte Symphonie-Orchester bis zu aktuellen Tanzperformances. Die Städte und Gemeinden mit Spielstätten, aber ohne eigenes Ensemble haben sich zu einem Verband zusammen geschlossen.
Der Vorteil des Tourneetheater-Modells aus Sicht der gastgebenden Kommune: Es ist eine Vielfalt an unterschiedlichen Aufführungen möglich, da zahlreiche Tournee-Theater Produktionen anbieten, ohne dass die Dauerkosten eines Theater-Betriebes anfallen. Zudem konnten in den letzten Jahren die Tourneebühnen wegen der Konkurrenz untereinander leichter zu für den Veranstalter günstigeren Konditionen bewegt werden. Zusätzlich drängen im Musik-Theater (Oper, Operette, Musical) verstärkt osteuropäische Ensemble zu Dumpingpreisen auf den Markt. Der finanzielle Vorteil der Veranstalter hat aber auch eine Kehrseite: Wegen der fallenden Honorare und weil bei den Veranstaltern der zahlenmäßige Erfolg (Kassen-Einnahme) auch mehr und mehr in den Vordergrund gerückt ist, ist das allgemeine Niveau (von Highlights abgesehen) eher gesunken. Es wird viel Unterhaltungs-Theater geboten, Schwänke, Komödien, Krimis. Meist wird in das aus überwiegend jungen (und damit preiswerten) Darstellern bestehende Ensemble ein Zugpferd aus Film und Fernsehen eingebaut. Aktuelle Autoren, zeitgenössische Themen, moderne Stückauswahl fallen weitgehend flach. Ein Ensemble-Theater in einer Stadt kann ganz anders Theater für die Stadt machen als eine Tourneebühne. Die liefert - unabhängig von dem, was in der Stadt sonst läuft - ihre Vorstellung ab und fährt weiter. Abgesehen davon haben machen Theater mit eigenem festen Ensemble auch zahlreiche Gastspiele, vor allem die Landestheater, aber auch andere Bühnen. Dabei haben sich in der Regel viele feste Partnerschaften ergeben.
Privattheater
Neben den rund 150 öffentlich getragenen Theatern (Stadttheater, Staatstheater und Landesbühnen) gibt es etwa 280 Privattheater. Das sind Theater höchst unterschiedlicher Größe, künstlerischer Ausrichtung, Provenienz und Tradition. Rund 80 dieser Privattheater sind im Deutschen Bühnenverein organisiert (Beispiele: Altes Schauspielhaus, Stuttgart; Ohnsorg-Theater und Schmidt Theater, Hamburg; Komödie am Kurfürstendamm, Berlin; Komödie im Bayerischen Hof, München). Es gibt kaum etwas, was für alle Privattheater gleichermaßen gilt, sei es in künstlerischer oder in organisatorisch-verwaltungstechnischer oder in finanzieller Hinsicht. Manche dieser Theater sind größer als Stadt-Theater und haben denselben "Apparat" (Verwaltung, Werkstätten, große Ensemble), andere Privattheater sind so klein, dass es keinerlei Arbeitsteilung gibt und alle Beteiligten alle Arbeiten machen (müssen).
Während für die nichtkünstlerisch Beschäftigten an Stadt- und Staatstheatern die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes gelten, arbeiten die künstlerisch Beschäftigten – mit Ausnahme der Orchestermusiker – meist auf der Grundlage von befristeten Arbeitsverträgen.
Die Privattheater, die größere Prozentsätze ihrer Finanzmittel aus Eigeneinnahmen erwirtschaften müssen als die öffentlich getragenen Häuser, sind nicht an die Tarife des öffentlichen Dienstes gebunden. Jedoch wenden sie in der Regel den "Normalvertrag (NV) Bühne" an (vor allem die Häuser, die von der Struktur und der Größe her den Bühnen in öffentlicher Trägerschaft nahekommen) - oder aber sie arbeiten nach individuellen Regelungen (freie Verträge). Meist können sie weder im künstlerischen noch im nichtkünstlerischen Bereich fest anstellen. Es wird eher mit frei ausgehandelten Gagen pro gespielter Vorstellung gearbeitet. Da in Klein- und Mittelstädten nur wenige Tage pro Woche gespielt werden kann, fallen die Honorare für die Künstler, auf den Monat gerechnet, dort niedrig aus. Auf den Bühnen der größeren Privattheater spielen allerdings regelmäßig die deutschen TV- und Kino-Stars von Mario Adorf und Uwe Ochsenknecht über Heiner Lauterbach bis Judy Winter, Katja Riemann und Desirée Nick. Die Besetzungszettel mancher Privattheater lesen sich wie das "who is who" des deutschen Show-Bizz.
Aus den genannten Gründen finden sich die bekannteren Privattheater in Großstädten, da durch das dort vorhandene Zuschauer-Aufkommen (inklusive Touristen) der Betrieb sich eher rechnet.
Während die öffentlich getragenen Häuser in der Spielzeit 03/04 ein Minus von rund 300.000 Zuschauern hinnehmen mussten, hatten die Privattheater (zu denen auch die Musical-Häuser gehören) einen Besucherzuwachs von rund 500.000 zu verzeichnen.
Rückblick: Die meisten der heutigen Stadttheater entstanden auf private Initiative und wurden auch zunächst als Privattheater geführt. Noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es nur 16 Stadttheater in kommunaler Verantwortung, aber es gab 360 Privattheater.
Blick über die Grenzen: Am Broadway gibt es rund 30 Privattheater, in der Hauptstadt unserer französischen Nachbarn 250. Ein knappes halbes Hundert renommierter Privattheater sind dabei, in denen auch Kino-Stars wie Gerard Depardieu, Alain Delon oder Claudia Cardinale auf die Bühne gehen.
Privattheater in Hamburg Privattheater in Bayern
Wie eine Inszenierung realisiert wird
Im ganzen Theaterbereich gibt es fast nichts, was nach "Schema F" abläuft. Vor allem im künstlerischen Bereich, wo extreme Individualisten werken. Die Produktionsweisen von Theater-Ensemblen wie das berühmte Living Theatre, von Bühnen wie der von Ellen Stewart gegründete, weltbekannte La MaMa Experimental Theatre Club oder von extravaganten Theatermachern wie Peter Brook lassen sich kaum vergleichen mit dem, was in (den landläufig mit "Theater" synonym gesetzten) deutschen Bühnen in öffentlicher Trägerschaft Alltag ist. Theatermensch und Literaturnobelpreisträger (1997) Dario Fo und seine Frau Franca Rame zum Beispiel gingen häufig ohne fertigen Text auf die Bühne, improvisierten und ließen ein Band mitlaufen. Anschließend wurde das Band abgeschrieben, um den Text für die nächste Vorstellung zu fixieren. Aber bereits bei der nächsten Vorstellung am darauffolgenden Tag wurden 50 Prozent verändert. Am Ende einer Aufführungsserie war dann der Text soweit festgeschrieben, dass ein Textbuch zum Nachspielen für andere Theater daraus gemacht werden konnte. Vor allem Freie Theater, viele Kleinbühnen und ganz besonders Tanztheater-Ensemble (eigentlich alle Ensembles, die arbeitsteiliges Produzieren nicht kennen oder bewusst ablehnen, und sich mehr als Theatermacher sehen) verfahren auf die eine oder andere Weise ähnlich. Was dabei herauskommt ist oft auf hohem künstlerischen Niveau. Die Bücher über die unterschiedlichen unkonventionellen Arbeitsweisen und Methoden füllen inzwischen Bibliotheken. Aber auch in den eher konventionell anmutenden großen Häusern ist längst nicht mehr alles 08/15. Hier soll dennoch einmal der "klassische" Werdegang einer Inszenierung nachgezeichnet werden.
- Aus der riesigen Menge an alten und neuen Werken / Stücken hat die künstlerische Leitung eines ausgewählt.
- Darsteller, Regisseur, Regieassistent und Ausstatter werden besetzt.
- Regisseur und Bühnenbildner erstellen einen konzeptionellen szenischen Entwurf auf der Grundlage eines Regiekonzeptes.
- Dramaturg und Regisseur erstellen eine Strich-Fassung des Textes für ihre Inszenierung, das heißt in der Regel: Sie kürzen. Bei Stücken, die nicht (mehr) dem Urheberrecht unterliegen (Klassiker beispielsweise), wird oft auch umgestellt und eingefügt. Bei Stücken, für die Aufführungsrechte erworben und entsprechend Verträge gemacht (ganz nebenbei: auch Tantiemen gezahlt) werden müssen, ist im Vertrag festgehalten, was die Regie mit dem Text machen darf und was nicht. Zwar ist der Regisseur der Urheber des Kunstwerks, aber das bedeutet nicht, dass er mit jedem Text nach Gutdünken verfahren darf.
- In Leseproben werden erste Konturen der Rollen erarbeitet. Die Darsteller studieren ihre Parts.
- Bühnenmusik (bei Schauspielen), sofern es eine gibt, wird in Auftrag gegeben.
- Der Bühnenbildner entwirft das Bühnenbild. Der Kostümbildner orientiert sich an den langsam Kontur gewinnenden "Figuren" und gestaltet die Kostüme. Wenn nötig, werden Perücken angefertigt.
- Das Bühnenbild wird in einer Bauprobe allen Beteiligten vorgestellt und auf der Bühne markiert.
- Parallel wird weiter probiert, die Rollen zu finden und zu erarbeiten. "Klassisch" reihen sich an die vorher genannten Lese-Proben zunächst Stell-Proben, bei denen Bilder komponiert, Konstellationen auf der Bühne gefunden werden. Darauf folgen Stückproben, bei denen einzelne Szenen in Fluss gebracht werden. In Zeiten kürzerer Proben-Phasen und aufgrund anderer Auffassung von der Zusammenarbeit des Regisseurs mit seinen Akteuren werden die beiden Probenarten eher miteinander gemischt. In jedem Falle hält der Regieassistent im Regiebuch akribisch und detailliert fest, was an Gängen, Gesten, Ausdrücken und anderen darstellerischen Einzelheiten verabredet wird. Mit Bleistift - weil sich bis zur Premiere alles immer wieder ändern kann.
- Die Kulissen werden (meist in den Theaterwerkstätten) gebaut. Probenkostüme werden aus dem Fundus genommen und die Originalkostüme meistens in der Schneiderei angefertigt oder durch Änderungen aus dem Fundus erstellt.
- Technische Einrichtung. Das Originalbühnenbild wird erstmals im Bühnenraum aufgebaut.
- Technische Probe Licht - Die Scheinwerfer werden für die Aufführung ausgerichtet. Im Stellwerk werden im Computer die "Bilder" programmiert.
- Endproben. Das sind in der Regel Durchläufe, es soll nur noch, wenn es notwendig ist, unterbrochen werden. Alte Theaterhasen, die an von Aberglauben und Erfahrung geprägten Theaterregeln festhalten, verlangen sieben Durchläufe, davon drei als Hauptproben.
- In den Hauptproben soll möglichst schon alles so laufen, wie es später gedacht ist; es wird im Original-Kostüm und in der korrekten Maske geprobt, das Bühnenbild steht, alle Requisiten sind im Spiel und die Technik (Licht und Ton, also Musik und Geräusche) ist komplett. Korrekturen am Spiel der Akteure, an Licht- und Toneinspielungen oder Sonstigem spricht der Regisseur nach dem Durchlauf an. Es ist heute durchaus üblich, Hauptproben Theater-öffentlich zu machen, also Theater-Angehörige als Zuschauer zuzulassen. Davon verspricht sich das Regieteam Aufschlüsse, kann auf Reaktionen hin korrigierend eingreifen.
- Die Generalprobe ist ein Durchlauf "mit allem Drum und Dran". Nur im äußersten Notfall wird in der Generalprobe unterbrochen. Es gibt zunehmend die Praxis öffentlicher Generalproben. Je nach Ausgang der Generalprobe gibt es letzte Korrekturen vor der
- Premiere. Die Premiere ist die erste von einer ganzen Reihe weiterer Aufführungen. "Klassisch" gedacht müssen die weiteren Aufführungen mit der Premiere so identisch wie möglich sein. (Bert Brecht forderte eine Genauigkeit bis auf die Sekunde, in seinem Theater setzte es für aus seiner Sicht nicht tolerierbare Abweichungen Konventionalstrafen. Robert Wilson inszenierte Bühnenabläufe so penibel genau, dass die Darsteller sich als in die "Maschinerie" passgenau eingebunden fühlen mussten.) Rechtlich kann der Regisseur als Urheber des Kunstwerks verlangen, dass seine Inszenierung nicht abgeändert wird, auch nicht von der Intendanz. Es ist die Kunst aller an einer Aufführung Beteiligten, das bis zur Premiere gemeinsam Erarbeitete jedes weitere Mal wieder herstellen, reproduzieren zu können. Bei Laienaufführungen ist die Premieren-Spannung so groß, dass oft ein packendes Bühnengeschehen geliefert wird. Professionelle Darsteller müssen diese Spannung auch bei der xten Vorstellung aufbauen können. Es gibt dann aber auch bei Profis die berühmte "Zweite", bei der die Spannung etwas gewichen ist und sich leicht Fehler einschleichen. Abweichend von der klassischen Auffassung betrachten auch namhafte Theatermenschen (wie zum Beispiel George Tabori) die Premiere als Durchgangsstadium. Es wird erstmals öffentlich gezeigt, was bis dahin erreicht worden ist. Und auch nach der Premiere wird weiter gearbeitet nach dem Motto: "Wenn es auch bis dahin gut war, kann es noch besser werden." Üblicherweise heißt es auch, eine Inszenierung müsse sich in den ersten sieben Vorstellungen vor Publikum beweisen.
- Requisiten und Kostüme usw. werden vom Requisitenmeister, den Requisiteuren und Garderobieren für die nächsten Aufführungen hergerichtet.
Die Steuerung aller technischen Vorgänge sowie der Auftritte der Darsteller während einer Aufführung leitet der Inspizient. Die Abendspielleitung, Wiederaufnahme- oder Umbesetzungsproben eines laufenden Stücks übernimmt der Regieassistent.
Literatur
- Manfred Brauneck: Klassiker der Schauspielregie. Positionen und Kommentare zum Theater im 20. Jahrhundert, Rowohlt, Reinbek 1988, (Rowohlts Enzyklopädie; Bd.; 477) ISBN 3-499-55477-1
- Manfred Brauneck: Die Welt als Bühne. Geschichte des europäischen Theaters, Metzler, Stuttgart,
- 1. – 1993, ISBN 3-476-00917-3
- 2. – 1993, ISBN 3-476-00918-1
- 3. – 1999, ISBN 3-476-01387-1
- 4. – 2003, ISBN 3-476-01616-1
- 5. – 2005, ISBN 3-476-01693-5
- Peter Brook: Der leere Raum, Alexander-Verlag, Berlin, 2004, ISBN 3-923854-90-0
- Joachim Fiebach (Hrsg.): Manifeste europäischen Theaters. Grotowski bis Schleef, Verl. Theater der Zeit, Berlin 2003, ISBN 3-934344-17-8
- Joachim Fiebach: Die Toten als die Macht der Lebenden. Zur Theorie und Geschichte von Theater in Afrika, Heinrichshofen, Wilhelmshaven, 1986, ISBN 3-7959-0503-6
- Georg Hensel: Spielplan. Der Schauspielführer von der Antike bis zur Gegenwart, Econ-List Taschenbuchverl., München 2001, ISBN 3-612-26645-4
- Katharina Keim, Peter M. Boenisch, Robert Braunmüller (Hrsg.): Theater ohne Grenzen. Herbert Utz Verlag, München 2003, ISBN 3-8316-0237-9
- Klaus Lazarowicz, Christopher Balme (Hrsg.): Texte zur Theorie des Theaters, Reclam, Stuttgart, 2003, ISBN 3-15-008736-8
Bühnenzeitschriften
- Theater der Zeit
- Theater heute
- Die deutsche Bühne
- Theater Zytig, Schweiz
- danceforyou-Magazin
- Theaterzeitschrift, Schweiz
- Zeitschrift für Opernchor und Bühnentanz
- Tanz der Dinge, Schweiz
- Theater pur – Das Magazin für Nordrhein-Westfalen
Siehe auch
Vorlage:Commons1
Vorlage:Commons2
- Deutscher Bühnenverein
- 3sat/Theater
- Theateralmanach und ZDFtheaterkanal
- www.gutes-theater.de - Portal für alle Theater-Links
- Spielpläne deutschsprachiger Bühnen
- Zentralverband Schweizer Volkstheater (ZSV)
- Digitale Bibliothek von historischer Theaterliteratur
- Fachportal für Theaterforschung
- Bundesverband Freier Theater e.V.
- Österreichische Bundestheater
- Umfangreiche Linksammlung zu den Theatern, Bühnen und Gruppen im deutschsprachigen Raum.