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Germanen

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Germane. Römisches Triumphalrelief im Vatikanischen Museum zu Rom.
Karte der Germanischen Stämme um 100 n. Chr. (ohne Skandinavien)

Als Germanen werden eine Anzahl von Völkern mit ähnlicher Sprache, Kultur, Abstammung und Lebensgewohnheiten bezeichnet, die seit dem 2. Jahrtausend vor Christus bis bald nach der Zeitenwende in Nord- und Mitteleuropa lebten. Die germanischen Völker selbst bezeichneten sich zunächst nicht als Germanen und hatten wahrscheinlich im dünn besiedelten Mitteleuropa während der längsten Zeit ihrer Geschichte auch kein nationales Zusammengehörigkeitsgefühl. Von den Römern wurden sie oft als große Menschen mit goldenem Haar bezeichnet.

Ursprünge

Germanische Ratsversammlung - Relief an der Marc-Aurel-Säule zu Rom.

Die historischen Überlieferungen über die Germanen beginnen mit den Berichten antiker Schriftsteller im 2. und 1. Jahrhundert vor Christus, insbesondere der Germania von Tacitus.

Erst seit dieser Zeit kann sicher von den Germanen als Völkerfamilie auf einem klar bestimmbaren Gebiet gesprochen werden. Dennoch ist die Geschichte der germanischen Völker zweifellos älter, wie insbesondere der linguistische Befund zeigt.

Ein direktes "Rückrechnen" und die Suche nach frühgeschichtlichen Ur-Germanen der Kupfer- und Bronze- und frühen Eisenzeit war in der archäologischen Forschung früher zeitweilig üblich. Diese mit dem Namen von Gustaf Kossinna verbundene Methode wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland zeitweilig ganz verworfen. Heute wird mit der gebotenen wissenschaftlichen Vorsicht wieder versucht, archäologische und linguistische Befunde der prähistorischen Zeit zu einem widerspruchslosen Gesamtbild zusammenzuführen.

Tacitus beschreibt um das Jahr 98 n.Chr. eine relativ einheitliche germanische Kultur auf einem Gebiet ungefähr vom Rhein im Westen bis zur Weichsel im Osten und von der Nordsee im Norden bis zu Donau und Moldau im Süden. Hinzu kommen die - von Tacitus nicht beschriebenen - germanischen Siedlungsgebiete in Skandinavien. Neben diesem Tatbestand am Beginn der historischen Überlieferung der germanischen Völker steht der gesicherte linguistische Befund einer ziemlich homogenen germanischen Sprache vermutlich seit Mitte/Ende des dritten, spätestens aber seit der ersten Hälfte des zweiten Jahrtausends vor Christus.

Vor diesem Hintergrund gilt die Zugehörigkeit der bronzezeitlichen Kultur des Nordischen Kreises (Nordische Bronzezeit, ca. 1800 bis 500 v. Chr.) zu den Germanen als gesichert, während eine Identität der so genannten Streitaxtleute (ca. 2800 bis 2200 v. Chr.; auch Schnurkeramiker genannt) mit den frühen Germanen bzw. ihren west-indoeuropäischen Vorfahren umstritten ist. Am ehesten waren die Träger dieser Kultur die Vorfahren mehrerer Zweige der indoeuropäischen Völker, darunter auch der Germanen. Eine indogermanische Ethnizität noch früherer Kulturen wie etwa der bereits Ackerbau betreibenden Trichterbecherkultur (ca. 3500 bis 2800 v. Chr.), einer Megalithkultur, gilt hingegen als nahezu ausgeschlossen.

Traditionell wird als ursprüngliches Zentrum der Germanen das Gebiet des heutigen Dänemark sowie Südschweden und Norddeutschland angenommen. Von hier aus hätten sich die Germanen seit etwa Mitte/Ende des 2. Jahrtausends vor Christus vor allem nach Süden und Südosten ausgebreitet. Begründet wurde und wird diese Theorie (1.) mit dem Fehlen einer vorgermanischen Schicht an Toponymen (Ortsnamen) in diesem Gebiet und (2.) mit der archäologisch nachweisbaren Ausbreitung typisch germanischer Funde im späten 2. und im 1. Jahrtausend v. Chr. in Richtung Süden.

Neueste Theorien vermuten aufgrund der Namensgebung von Flüssen und Ortschaften den Entstehungsort der germanischen Kultur jedoch im Raum nördlich der deutschen Mittelgebirge, etwa im heutigen östlichen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Diese Theorie hat in letzter Zeit an Zustimmung gewonnen, wird aber von der Mehrheit der Wissenschaftler (bislang) nicht geteilt.

Ganz sicher kann von Germanen im archäologischen Sinne ohnehin erst zu der Zeit gesprochen werden, in denen sie in den schriftlichen Quellen erscheinen.


Begriffsbildung

Germanentaufe (historisierende Darstellung aus dem frühen 20. Jahrhundert)

Die Verwendung des Begriffs "Germanen" ist erstmals vom griechischen Geschichtsschreiber Poseidonios um das Jahr 80 v. Chr. überliefert. Bedeutung und Herkunft dieses Wortes sind immer noch umstritten. Es werden folgende Interpretationen diskutiert:

  • Es handelt sich ursprünglich um den Namen eines einzelnen, nicht näher bekannten Stammes. So könnte der Name eines kleinen Volksstammes letztlich auf eine ganze Völkerfamilie übertragen worden sein.
  • Historisch gesichert ist, dass Gaius Julius Caesar in seinem Buch De bello gallico („Der Gallische Krieg“, 51 v. Chr.) den Namen dokumentarisch festgeschrieben und damit auch weiter verbreitet hat. Damit wurde der Begriff auf alle rechtsrheinischen Völker angewendet. Bis dahin wurden die in Mitteleuropa ansässigen Völker durch die Griechen in Kelten (Westeuropa) und Skythen (Osteuropa) eingeteilt. Erst mit Caesar erkannten auch die Römer, dass es sich bei den Germanen nicht um einen Teil der Kelten handelte, sondern um eine eigene Völkerfamilie.
  • Die Etymologie ger-mann - zu ger "Wurfspieß, Speer" - war lange weit verbreitet, aber nicht haltbar.
  • Eine mögliche gemeingermanische Wortbedeutung von "Ger" ist bisher weder überliefert noch erschlossen. Somit wäre unwahrscheinlich, dass der Begriff aus einer (germanischen) Selbstbezeichnung abgeleitet wurde. Der römischen Historiker Tacitus schreibt dagegen in seinem Buch De origine et situ Germanorum („Über den Ursprung und den Lebensraum der Germanen“, Jahr ca. 98; 2. Kapitel), dass der Name „Germanen“ noch relativ neu sei. Man habe den Namen zunächst für die Tungrer benutzt und anschließend auf alle germanischen Stämme übertragen; Tacitus zufolge seien alle rechtsrheinischen Stämme zuerst von den Galliern als Germanen im umfassenden Sinn bezeichnet worden, woraus einige auf eine keltische Herkunft des Wortes schließen. Diesen Namen hätten die Volksstämme später auch für sich selber verwendet. In seinem Buch findet sich auch die einzige detaillierte Beschreibung des Germaniens jener Zeit, wo die einzelnen Stämme und Völker zwischen Rhein und Weichsel sowie Donau und Nord- bzw. Ostsee aufgeführt sind.
Germanien (US-amerikanische Karte von 1849)


Schrift und Sprache

Hauptartikel: Germanische Sprachen

Erste eigene schriftliche Überlieferungen der Germanen setzen um 200 nach Christus mit den ältesten urnordischen Runeninschriften ein. Für die Zeit davor geben nur Archäologie und die vergleichende Sprachwissenschaft Auskunft über die germanischen Völker.

Die Sprachwissenschaft konnte durch sorgfältigen Vergleich der germanischen Einzelsprachen untereinander (vor allem Gotisch, Althochdeutsch, Altenglisch und Altnordisch) und deren Vergleich mit anderen indoeuropäischen Sprachen die germanische Sprache (auch "Protogermanisch" oder "Gemeingermanisch") weitgehend rekonstruieren. Die so erschlossene Sprache wurde zum Zeitpunkt der beginnenden Auflösung der germanischen Spracheinheit etwa im 1. Jahrhundet v. Chr. gesprochen. Dabei muss berücksichtigt werden, dass erstens die protogermanische Sprache zu diesem Zeitpunkt angesichts der Ausdehnung ihres Verbreitungsgebietes sicher bereits dialektal gegliedert war, und dass zweitens die germanische Sprache zu diesem Zeitpunkt bereits eine mindestens 1600-jährige Entwicklung durchlaufen hatte, über deren Ablauf im einzelnen wenig bekannt ist. Möglich sind in der Regel nur so genannte Relativchronologien, d.h. Aussagen darüber, in welcher Reihenfolge verschiedene phonetische und morphologische Veränderungen vor sich gegangen sein müssen. Absolute Datierungen von auch nur annähernder Genauigkeit sind für die Frühzeit des Germanischen hingegen kaum möglich. Der traditionell als gemeingermanisch oder protogermanisch genannte Sprachzustand bezeichnet also genau genommen das späteste Gemeingermanisch. Eine Fülle von Hinweisen deutet darauf hin, dass die von den früheren Germanen gesprochene Sprache lange ein weitaus archaischeres Gepräge aufwies.

Zu den wichtigsten Ergebnissen dieses doppelten Vergleichs gehört:

  • Der protogermanische Wortschatz enthält viele Lehnworte nicht-indoeuropäischen Ursprungs, obwohl Schätzungen dieses Anteils von ehemals ein Drittel inzwischen weit nach unten korrigiert wurden. Häufungen von Lehnworten gibt es besonders in den Bereichen sozialer Organisation sowie Navigation und Schifffahrt. Dies kann eine Beeinflussung durch eine zuvor vorhandene Sprache (Substrat) und/oder eine Entstehung des Germanischen als Einwanderersprache nahelegen.
  • Nach der Herausbildung der protogermanischen Sprache bestanden Beziehungen insbesondere mit den keltischen Sprachen, was Lehnworte belegen. Auch das Finnische hat bereits früh mehrere germanische Worte entlehnt und in nahezu unveränderter Form bis heute bewahrt, so die Worte kuningas (König) - Germanisch: kuningaz - und rengas (Ring) - Germanisch: hrengaz; in beiden Worten steht z für stimmhaftes s.

Auf die Germanen lassen sich unsere heutigen Namen der Wochentage zurückführen:

Deutsch/Althochdeutsch Englisch Schwedisch Bedeutung
Montag/Monddag Monday Måndag Tag des Mondes (Mani)
Dienstag/Tiusdag Tuesday Tisdag Tag des Tiu/Ziu/Tyr
Mittwoch/Wodensdag Wednesday Onsdag Tag des Odin/Wotan/Wodan
Donnerstag/Donarsdag Thursday Torsdag Tag des Thor/Donar/Thunar
Freitag/Fridag Friday Fredag Tag der Frija/Frigg/Frigga
Samstag/? Saturday Lördag Bedeutung nicht geklärt*
Sonntag/Soldag Sunday Söndag Tag der Sonne (Sol)

*Drei Bedeutungen erscheinen möglich: 1.) Tag des Loki/Lodur/Lokje, 2.) Waschtag, 3.) Ruhetag, da für die Germanen die Woche mit dem Sonntag begann und üblicherweise der letzte Tag der Woche der Ruhetag ist.

Germanische Lautverschiebung

Germanische Mythologie in der Sicht des Historismus: Thors Kampf mit den Riesen, Gemälde von 1872

Jahrzehntelang wurde angenommen, die gemeinsame germanische Sprache (Urgermanisch, Protogermanisch), aus der später die einzelnen germanischen Sprachen entstanden, habe sich um 500 v. Chr. durch die germanische Lautverschiebung aus einem west-indogermanischen Dialekt gebildet. In dieser Lautverschiebung wandelte sich beispielsweise anlautendes k über ch (wie im Wort ach) zu h, ebenso p zu f und t zu th (gesprochen wie im Englischen). Ein anderes Merkmal, das alle germanischen Sprachen verbindet und sie von den italischen und keltischen Sprachen unterscheidet, ist die Veränderung des häufigen Kurzvokals o zu a und des Langvokals ā zu ō. Diese Veränderungen können nur stattgefunden haben, solange alle späteren Einzelstämme der Germanen noch in engem Austausch standen.

In der neueren und neuesten Forschung wird diese Lautverschiebung jedoch deutlich später angesetzt, nämlich im späten ersten Jahrhundert vor Christus. Hauptbeleg dafür ist der Stammesname der Kimbern, die im späten 2. Jahrhundert zusammen mit den Teutonen das Römische Reich von Norden her bedrohten (siehe unten). Beide Völker stammen aus dem Gebiet des heutigen Dänemark. Da der Name Kimbern in lateinischen Texten durchgehend cimbri geschrieben wird, nie chimbri oder gar himbri, während in späteren lateinischen Texten sonst ebenso konsequent beispielsweise chatti (Chatten, daraus Hessen), chauci, cherusci usw. geschrieben wird, wird heute mehrheitlich angenommen, dass die germanische ("erste") Lautverschiebung im späten 2. Jahrhundert vor Christus noch nicht stattgefunden hat, zumindest aber noch nicht abgeschlossen war. Dieser Befund wird durch einige früh überlieferte Ortsnamen gestützt und präzisiert. So nennt Gaius Julius Caesar den Fluss Waal, einen der Mündungsarme des Rheins, in seinem Buch De Bello Gallico (Kap. 4,10) um 50 v. Chr. noch Vacalus, dagegen nennt Tacitus in Kap. 2,6 seiner Annalen im späten 1. Jahrhundert n. Chr. die Waal Vahalem (Akkusativ, Nominativ: Vahalis m.).

Diese Einschätzung hat für die Historische Linguistik recht weitreichende Folgen, etwa für die Datierung des Vernerschen Gesetzes. Die bislang in der Literatur als "Germanisch" bzw. "Gemeingermanisch" bezeichnete Sprache (mit bereits durchgeführter erster Lautverschiebung) bezeichnet demnach nur den - in zügigem Umbruch befindlichen - Sprachzustand kurz vor dem Ende der germanischen Spracheinheit um die Zeitenwende. In den Jahrhunderten davor wurde von den früheren Germanen dagegen ein dem Indoeuropäischen weit ähnlicheres Idiom gesprochen, das nicht überliefert ist, aber in seinen Grundzügen ebenfalls erschlossen werden kann.

Geschichte

Älteste historische Berichte über die Germanen stammen von Begegnungen mit den Griechen und dem Römischen Reich.

Bereits der griechische Reisende Pytheas aus Marseille berichtete um 330 v. Chr. über die Länder um die Nordsee und die dort lebenden Völker. Die ostgermanischen Bastarnen drangen ab ca. 200 v. Chr. nach Südosten in das heutige Ostrumänien vor und wurden ab 179 v. Chr. in Kämpfe der Makedonen und anderer Völker auf dem Balkan verwickelt.

Der Marsch der Kimbern, Teutonen und Ambronen

Um 120 v. Chr. brachen Kimbern, Teutonen und Ambronen in Richtung Süden auf. Die Ursache ist nicht eindeutig geklärt: Die historischen Quellen berichten von einer Sturmflut in Jütland, aufgrund derer die Einwohner ihre Heimat verließen. Allerdings vermutet man heute, dass vielmehr Hungersnöte aufgrund klimatischer Veränderungen dafür verantwortlich waren.

Um 113 v. Chr. trafen die Germanenstämme auf die Römer. Bei der folgenden Schlacht (auch als Schlacht von Noreia bezeichnet) entgingen die Römer der völligen Vernichtung ihrer Truppen nur durch ein plötzlich einsetzendes Gewitter, welches die Germanen als ein warnendes Omen (Grollen) ihres Wettergottes Donar interpretierten.

Um 109 v. Chr., 107 v. Chr. und 105 v. Chr. kam es noch weitere Male zu Kämpfen zwischen den Römern und den Germanen, bei denen die Römer jedes Mal eine Niederlage erlitten. Erst nachdem sich die germanischen Stämme in zwei Gruppen aufgeteilt hatten, gelang es den Römern 102 v. Chr., die Teutonen und Ambronen zu besiegen, 101 v. Chr. die Kimbern.

Ausführlicher Beschreibung siehe auch Artikel Kimbern

Germanische Gesandtschaft an Kaiser Marc Aurel. Relief der Marc Aurel-Säule zu Rom.

Ariovist und Caesar

Der Durchbruch der Kimbern und Teutonen durch das damals noch keltische Mittelgebirge führte zur Erschütterung der keltischen Macht in Mittel- und Süddeutschland, so dass später auch andere Germanen, insbesondere Suebische Stämme, in Hessen und das Maingebiet eindringen konnten. Unter ihrem Führer Ariovist drangen sie u.a. in Gallien ein, wurden jedoch durch Gaius Julius Caesar 58 v. Chr. geschlagen und hinter den Rhein zurückgeworfen.

Im 1. vorchristlichen Jahrhundert machte die römische Eroberung Galliens durch Caesar die Germanen zu direkten Nachbarn des Römischen Reiches. Dieser Kontakt führte in der darauffolgenden Zeit zu ständigen Konflikten: Immer wieder kam es zu Übergriffen der Germanen auf die Römer. Im Gegenzug führte Caesar in den Jahren 55 und 53 v. Chr. Strafexpeditionen gegen die Germanen durch. Allerdings erkannte Caesar den Rhein als Grenzlinie zwischen Germanen und Römern an.

Vorstoß des Augustus bis zur Elbe

Auch in der Folgezeit kam die Rheingrenze nicht zur Ruhe. Der römische Kaiser Augustus beschloss deshalb die Verlagerung von Truppen an den Rhein, die bisher in Gallien stationiert waren.

Die Rheingrenze blieb dennoch unsicher, woraufhin Augustus seine Taktik änderte: Er beabsichtigte, das Römische Reich bis an die Elbe auszudehnen. Zwischen 12 und 9 v. Chr. führte Drusus, Stiefsohn von Augustus, mehrere Feldzüge gegen die Germanen durch und unterwarf die Friesen, Chauken, Brukterer, Marser und Chatten. Trotz der Feldzüge des Drusus gerieten aber die wenigsten Germanenstämme wirklich in dauerhafte römische Abhängigkeit. Nachdem Drusus beim Rückzug bei einem Sturz von seinem Pferd gestorben war, setzte sein Bruder Tiberius 8 v. Chr. die Feldzüge fort. Im Jahre 4 n. Chr. gelang es ihm, die bis dahin aufständischen Cherusker zu unterwerfen. Nun galt Germanien bis zur Elbe als unterworfen, es wurden repräsentative römische Städte östlich des späteren Limes gegründet, beispielsweise im heutigen Waldgirmes in Hessen. Der lateinische Name dieser Siedlung ist so wenig bekannt wie etwa die lateinischen Namen der Kastelle in Haltern, Anreppen oder Marktbreit am Main.

Ein letzter großer Feldzug im Jahre 6 n. Chr. sollte das Reich des Markomannenkönigs Marbod in Böhmen zerschlagen. Er war kein Gegner Roms, legte jedoch Wert auf seine Unabhängigkeit. Eine Zerschlagung seines Reiches wäre wahrscheinlich der Schlussstein der römischen Unterwerfung der Germanen gewesen. Von Mainz mainaufwärts und dem Raum Wien Richtung Nordwesten bewegten sich zwei große römische Marschsäulen. Doch die Operation musste wegen eines überraschenden, großen Aufstandes in Pannonien, dem heutigen Ungarn, abgebrochen werden. Dennoch galt Germanien bis zur Elbe weiterhin als römische Provinz.

Die Varusschlacht

Unglücklicher Feldzug des Germanicus in Norddeutschland

Nachdem der Widerstand der Germanen gebrochen schien, wurde Publius Quinctilius Varus damit beauftragt, in den Gebieten rechts des Rheins römisches Recht einzuführen und Steuern zu erheben. Als Statthalter war er gleichzeitig Oberbefehlshaber über die rheinischen Legionen. Varus, der sich zuvor in der römischen Provinz Syrien den Ruf eines brutalen und korrupten Verwaltungsfachmanns erworben hatte, brachte die Germanen bald gegen sich auf. Gegner der Besatzung ließ er mit aller Härte des römischen Rechts bestrafen. Die von ihm eingeführten Steuern wurden von den Germanen zudem als zutiefst ungerecht empfunden, da sie eine solche Abgabe nur für Unfreie kannten.

Unter diesen Umständen gelang es dem Cheruskerfürst Arminius, der die römischen Bürgerrechte und Ritterwürden besaß, mehrere germanische Stämme zu einen. Arminius nutzte das Vertrauen, das ihm Varus entgegenbrachte aus und lockte diesen in einen Hinterhalt. In der darauffolgenden Schlacht ("Varusschlacht" oder "Schlacht im Teutoburger Wald" genannt) verloren die Römer drei Legionen (etwa 18.000 Legionäre, plus etwa 2-3.000 zusätzliche Truppen). Laut den Überlieferungen des Sueton soll Augustus daraufhin ausgerufen haben: "Quinctili Varus, legiones redde!" ("Quintilius Varus, gib mir die Legionen zurück!"). Der römische Eroberungsversuch scheiterte damit im Jahre 9 n. Chr. Germanien blieb danach bis zur Völkerwanderung von der römischen Kultur wenig beeinflusst.

Die Römisch-Germanischen Beziehungen nach der Varusschlacht

Unter Germanicus unternahmen die Römer zwischen 14 und 16 n. Chr. weitere Vorstöße über die Rheingrenze hinweg. Ob es sich dabei um Strafexpeditionen oder die Fortsetzung der römischen Expansionspläne handelte, ist umstritten.

In den Folgejahren kam es immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Germanen und Römern: Im Jahr 29 schlugen die Römer einen Aufstand der bis dahin römerfreundlichen Friesen nieder. Im Jahr 69 mussten sogar Truppen aus Spanien und Britannien für Verstärkung herangezogen werden, um die Revolte der Bataver (Bataveraufstand) unter Führung des Iulius Civilis niederzuschlagen.

Im Jahre 83 entschloss sich Kaiser Domitian, die römische Grenze zwischen Rhein und Donau weiter gegen Norden zu verschieben. Nach Beendigung der Chattenkriege begannen die Römer mit dem Bau des Limes, der im Süden durch die so genannte Sibyllenspur, den Lautertal-Limes, mit dem Alblimes verbunden war, um die Grenzen zwischen Germanien und dem römischen Reich zu sichern. Im selben Zeitraum entstanden die Provinzen Germania Superior (Obergermanien) und Germania Inferior (Untergermanien).

Neueste Forschungen (ab etwa 1995) deuten allerdings darauf hin, dass der Neckar-Odenwald-Limes nicht schon um 83/85 unter Domitian, sondern erst um das Jahr 98 unter Kaiser Trajan angelegt wurde. Vor allem fehlt bis heute auch nach über hundertjähriger Forschung ein zuverlässig datierter römischer Fund von der Neckar-Odenwald-Linie vor dem Jahre 98, sei es eine Inschrift, ein Militärdiplom oder ein dendrochronologisch datierbarer Holzfund. Außerdem passt der Neckar-Odenwald-Limes militärtechnisch zu anderen Anlagen aus der Zeit Kaiser Trajans, während für die Zeit Domitians ähnlich Parallelen fehlen.

Um das Jahr 122 wurde die römisch-germanische Grenze unter Kaiser Hadrian zwischen dem mittleren Neckar und der Donau bei Eining um etwa 20 bis 40 Kilometer nach Norden verschoben. Die letzte römische Expansion in Germanien, die Verschiebung des Neckar-Odenwald-Limes um rund 25 Kilometer nach Osten unter Kaiser Antoninus Pius, ist inzwischen recht sicher auf das Jahr 159 datierbar.

Die Markomannenkriege

Im 2. Jahrhundert n. Chr. fanden zwei entscheidende Veränderungen rechts des Rheins statt: Zum einen schlossen sich die zerstrittenen germanischen Stämme zu Großstämmen zusammen, zum anderen drückten die Germanen immer stärker gegen die römischen Grenzen.

167 fielen die Markomannen, Quaden, Langobarden, Vandalen, Jazygen und weitere Stämme in die römische Provinz Pannonien ein und lösten damit die Markomannenkriege (167 bis 180) aus. In insgesamt vier Feldzügen schlug der römische Kaiser Marc Aurel die Germanen vernichtend. Man vermutet, dass die Römer planten, zwei neue Provinzen einzurichten. Nach dem Tod Marc Aurels 180 kehrte sein Sohn Commodus jedoch wieder zur Defensivpolitik zurück und schloss Friedensverträge mit den Germanen.

Viele Historiker sehen die Markomannenkriege als die Vorboten der großen Völkerwanderung. Ausgelöst wurde der zunehmende Bevölkerungsdruck auf die römischen Grenzen durch die Wanderungen der Goten zum Schwarzen Meer und der Vandalen in Richtung Donau. Die Ursachen für diese aufkommende Wanderbewegung germanischer Stämme konnten bisher nicht geklärt werden, denkbar wären z.B. Hungersnöte.

Die germanischen Stämme

Versuche, die Germanenstämme, die zu dieser Zeit in Norddeutschland und Südskandinavien lebten, zu klassifizieren, führten zu Einteilungen in Nord-, West- und Ostgermanen oder auch Elb-, Wesergermanen.

Nordgermanen

Zu den Nordgermanen zählen die skandinavischen Stämme. Aus ihnen gingen später die Dänen, die Schweden, die Norweger und die Isländer hervor (siehe auch: Skandinavier). Archäologisch werden die Nordgermanen in die Ost- und Westnordische Gruppe aufgeteilt.

Westgermanen

Zu den Westgermanen zählen die:

Ostgermanen

Zu den Ostgermanen südlich der Ostsee zählen ursprünglich die Goten, Vandalen, Burgunder, Heruler, Skiren, Bastarnen, Rugier, Gepiden und andere. Archäologisch werden die Ostgermanen in die folgenden Kulturgruppen eingeteilt: Przeworskkultur (im südlichen Polen), Wielbarkkultur (Willenbergkultur) oder Weichsel(mündungs)germanen(Weichselmündung) und die Odermündungsgruppe.

Durch den Einfall der Hunnen aus den Steppen Asiens und die verstärkte Ausbreitung der slawischen Völker aus der osteuropäischen Tiefebene wurden die Ostgermanen zunehmend gen Süden und Westen gedrängt, wo sie in Konflikt mit den dort ansässigen Stämmen gerieten.

Die Goten

Siehe auch: Goten

Nach ihrem Herkunftsmythos (vgl. Jordanes) entstammen die Goten der Insel Scandza. Noch nach der älteren Forschung verließen die Goten um das Ende des zweiten vorchristlichen Jahrhunderts ihre vorgebliche Heimat in Südschweden und/oder auf der Insel Gotland (da Scandza eben nicht genau zu lokalisieren ist). Sie zogen über das Meer und ließen sich auf dem Gebiet des heutigen Polen nieder; archäologisch lässt sich eine Herkunft aus Schweden oder Gotland jedoch nicht verifizieren, in der neueren Forschung wird von dieser These auch Abstand genommen (vgl. Peter J. Heather, Goths, Oxford 1996, S. 11ff. sowie Artikel Goten. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde (RGA), 2. Aufl., Bd. 12 (1998), S. 402–443, speziell S. 412). Wahrscheinlicher ist eine Bildung der Goten, die ohnehin ein polyethnischer Verband waren, erst auf dem Boden des heutigen Polen. Um 150 bis zur Mitte des 3 Jahrhunderts dehnten sie sich jedenfalls entlang Weichsel und Dnister bis zum Schwarzen Meer aus. Um 290 kam es zur Trennung der Goten in Terwingen und Greutungen; beide sind explizit nicht völlig deckungsgleich mit den späteren West- und Ostgoten. In Südrussland errichteten die Greutungen ein Reich, über dessen Größe und inneren Aufbau man aber nur spekulieren kann; auch die (nach Jordanes) angebliche lange Ahnenreihe des Herrscherhauses der Amaler ist mehr als fragwürdig. Die Terwingen rückten in das von den Römern unter Aurelian aufgegebene Dakien ein und ließen sich dort nieder.

Die Goten lagen häufig mit den Römern im Konflikt, wurden jedoch nie unterworfen und besiegten 252 n. Chr. sogar ein ganzes römisches Heer. Durch den Einfall der Hunnen aus den asiatischen Steppen um 375 n.Chr. wurde das Reich der Greutungen zerstört bzw. fiel an die Hunnen. Die Greutungen zogen nach Westen und siedelten im Raum des heutigen Ungarn. Fortan standen sie unter Waffengefolgschaft der Hunnen und zogen 451 n. Chr. bei der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern gegen die Westgoten (u.a. Burgunder) zu Felde.

488 n.Chr. zog der ostgotische König Theoderich mit den sich nun formierten Ostgoten nach Italien und besiegte den dortigen germanischen Herrscher Odoaker. Theoderich gründete daraufhin ein neues ostgotisches Reich in Italien, welches aber bald nach seinem Tod unterging.

Die Terwingen hingegen hatten sich dem hunnischen Zugriff entzogen und sich 376 über die Donau ins römische Reich abgesetzt. Dort wurden sie angesiedelt, rebellierten aber bald darauf, was zur Schlacht von Adrianopel 378 führte, in der Kaiser Valens und der Großteil des römischen Bewegungsheeres im Osten untergingen. Erst Theodosius I. schloss 382 einen Vertrag, der ihnen weitgehende Rechte einräumte. Nach dem Tod des Theodosius im Jahre 395, plünderte der Gote Alarich I. mit seinem Heer die römischen Provinzen; 410 eroberte er sogar Rom. 418 wurden die Terwingen, die sich nun endgültig zu den Westgoten formiert hatten, in Aquitanien angesiedelt, wo sie ein eigenes Reich begründeten (siehe Tolosanisches Reich).

Wirtschaft

Die Germanen waren hauptsächlich sesshafte Bauern und gingen, im Gegensatz zu einer weit verbreiteten Vorstellung, nur selten zur Jagd. Sie lebten hauptsächlich von der Eigenproduktion, aber neben der Landwirtschaft gab es auch Handwerker wie Schmiede, Töpfer und Tischler. Das Rad war bereits seit indoeuropäischer Zeit bekannt, es gab im Germanischen sogar zwei Worte dafür. Geld kannten die Germanen nicht, ihr Handel beschränkte sich auf reine Naturalienwirtschaft. Hauptwertgegenstand war wie bei den Römern das Vieh. Davon zeugt bis heute die Bedeutung des englischen Wortes fee = Gebühr (ursprünglich eben: Vieh!).

Nach neusten Erkenntnissen soll sich in der Nähe des heutigen Berlins bereits eine Art Hütten"industrie" entwickelt haben. Der dort produzierte Stahl soll von hoher Qualität gewesen sein und soll vor allem in das Römische Reich exportiert worden sein.

Gezüchtet wurden hauptsächlich Rinder, Schafe, Schweine und Ziegen sowie Pferde. Außerdem war den Germanen die Bienenzucht ebenso wie die Webkunst bekannt. Ebenfalls wussten die Germanen, wie Käse zubereitet wird. Die germanische Sprache kannte ein eigenes Wort für Weichkäse, das in den skandinavischen Sprachen im Wort "Ust" bzw. "Ost" (= Käse) fortlebt. Für Hartkäse entlehnten sie das lateinische Wort caseus (= Käse).

Obwohl der Pflug bereits seit etwa Christi Geburt bekannt war, setze er sich bei den Germanen nur langsam durch. Für die Ernährung war besonders die Gerste von großer Bedeutung. Die Äcker ließen sie regelmäßig brach liegen und sie wussten um den Nutzen der Düngung. Getreide wurde hauptsächlich in Form von Brei gegessen, Brot konnte sich bis ins Mittelalter nur die Oberschicht leisten.

Die Produktivität war wesentlich geringer als bei den Römern. Tacitus etwa berichtet: "Vieh gibt es reichlich, doch zumeist ist es unansehnlich. Selbst den Rindern fehlt die gewöhnliche Stattlichkeit und der Stirnschmuck" (Kapitel 5). Deshalb kam es oft zu Hungersnöten und viele Germanen litten an Unternährung, was zu einer deutlich verringerten Lebenserwartung führte. Es wird vermutet, dass dies eine der Hauptursachen der germanischen Wanderbewegungen ist (wie etwa der Zug der Kimbern und Teutonen), die schließlich mit der großen Völkerwanderung ihren Höhepunkt erreichte.

Mythologie

Siehe Artikel Germanische Mythologie.

Lebensweise der Germanen

Die Germanen wohnten in relativ kleinen Siedlungen. Aus den Bestattungsplätzen der Germanen schließen Archäologen, dass die Größe von Siedlungen bei etwa zweihundert Menschen lag. Die Siedlungen entwickelten sich selten planmäßig: Dort wo bereits ein Germane siedelte, kamen bald weitere hinzu. Ein Erbe dieser Siedlungsweise sind bis heute die so genannten Haufendörfer in Deutschland und anderen Ländern der germanischen Kulturkreises. Häufig wurden die Dörfer von einer Art Zaun, selten durch eine richtige Palisade umgeben. Nur in den Grenzregionen zum Römischen Reich wurden mit Beginn der Feindseligkeiten und gegenseitigen Übergriffe die Dörfer mit Wällen oder Palisaden geschützt und bewacht.

Aus Ausgrabungen ist bekannt, dass die Germanen in Holzhäusern in Skelettbauweise wohnten. Da im Gegensatz zu Steinhäusern das Holz mit der Zeit verrottet, geben lediglich die archäologisch nachweisbaren Pfostenlöcher einen Aufschluss über den genauen Aufbau der Häuser. Die verbreitetste Art war das germanische Langhaus, das aufgrund seines Verhältnisses von Länge und Breite so bezeichnet wird. Unter seinem Dach beherbergte es sowohl die Familie als auch alle Halbfreien und Sklaven sowie die Tiere, die lediglich durch eine Wand getrennt waren. Dies hatte vor allem den Vorteil, dass die Tiere dazu beitrugen, das Haus in den kalten Wintermonaten mitzuheizen. Der Wohnraum besaß keine weiteren Trennwände, in seiner Mitte befand sich eine Feuerstelle. Der Rauch konnte über eine Öffnung im Dach abziehen. Fenster besaßen die germanischen Häuser nicht.

Der Gesundheitszustand der Germanen war oft schlecht, Gelenkerkrankungen und Bandscheibenschäden waren verbreitet.

Staat und Gesellschaft

Die Germanen kannten kein Verwaltungsstaatswesen im römischen oder heutigen Sinne. Die Reiche der germanischen Stämme waren ähnlich dem Personenverbandsstaat organisiert. Die Staatsangehörigen schworen ihrem König Treue und waren damit an das Reich gebunden. Der Staat wurde nicht über eine räumliche Ausdehnung definiert, sondern über seine Menschen und deren Stellung zum Herrscher. Deshalb waren die Reiche stark mit dem jeweiligen König verbunden, und der Tod des Königs bedeutete oft auch den Untergang des Reiches.

Das Reich war, laut römischer Schilderung, in Gaue (mehrere Siedlungen) untergliedert, denen die Gaufürsten vorstanden, wobei es auch losere Staatsgebilde ohne König gab, die von einer Versammlung der Gaufürsten regiert wurden. Zu bestimmten Terminen fanden die Versammlungen der freien Männer (Volksthing) statt, bei denen wichtige Entscheidungen besprochen und getroffen wurden, so z.B. die Wahl des Königs. König und Gaufürsten hatten beim Volksthing nur das Vorschlagsrecht.

Die Gesellschaft war patriarchalisch organisiert und das Haus hatte eine besondere Stellung in ihr. Die Macht des Königs reichte nur bis zum Hausherrn, aber alle im Haus lebenden unterstanden diesem, wobei die Aufsicht der Sippe einen Schutz vor Willkür bot.

Das Volk war in die Stände Freie, Halbfreie (Knechte) und rechtlose (Kriegsgefangene, Sklaven) gegliedert.

Darstellende Kunst

Schrift

Die Schrift wurde den Germanen erst relativ spät bekannt. Das einzig zusammenhängende schriftlich erhaltene Werk vor dem Ende der Völkerwanderung ist die Wulfilabibel aus dem 4. Jahrhundert. Da die Goten keine eigene Schrift besaßen, entwickelte Wulfila ein Alphabet, das sich aus griechischen, lateinischen und runischen Schriftzeichen zusammensetze.

Die Runen, die ab dem 2. Jahrhundert aufkamen, wurden hauptsächlich als magische Zeichen benutzt. Längere Schriften sind selten, häufig wurden Runen in Waffen (Lanzenspitzen, Schwerter) oder Fibeln geritzt.

Die schriftlichen Quellen über die Germanen gehen hauptsächlich auf römischen und griechischen Ursprung zurück, insbesondere auf Tacitus.

Mythen und Wahrheit

Datei:Hermannsdenkmal kl.jpg
Typisches, aus hist. Sicht nicht authentisches Bild eines Germanen: Darstellung des Arminius mit Flügelmütze

Im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden die Germanen im deutschsprachigen Raum häufig idealisiert dargestellt und zu nationalistischen Zwecken missbraucht. Insbesondere der Nationalsozialismus bediente sich dieser Idealisierung und erhob ihre Nachkommen zur arischen "Herrenrasse" (Arier).

Die Darstellung der Germanen geht hauptsächlich auf antike Autoren wie Tacitus und Caesar zurück. Sie beschrieben die Germanen als blonde, blauäugige Riesen, die über fast übermenschliche Kräfte verfügten.

Durch Skelett- und Moorfunde lässt sich belegen, dass die Germanen tatsächlich größer als die Römer waren.

Allerdings übertrieben die antiken Quelle teilweise: So zeigen die gefundenen Skelette, dass die Germanen zwar größer als die Römer waren, diese aber durchschnittlich nur um ungefähr einen Kopf überragten. Auch kräftemäßig waren sie den Römern offenbar überlegen.

Die antiken Autoren sind sich einig, dass sich die Germanen häufig dem Alkoholgenuss hingaben. Die verbreitetsten Getränke waren Met und Bier. Hohe Festtage begingen die Germanen häufig mit einem Gelage. Selbst die Götter, so glaubten sie, würden sich dem Alkoholgenuss hingeben. So bemerkt schon Tacitus in seiner Germania:

Als Getränk dient ein Saft aus Gerste oder Weizen, der durch Gärung eine gewisse Ähnlichkeit mit Wein erhält...

und bezogen auf den hohen Alkoholkonsum:

Wollte man ihnen, ihrer Trunksucht nachgehend, verschaffen, soviel sie wollen, so könnte man sie leichter durch ihr Laster als mit Waffen besiegen.

Reichsgründungen

In der Zeit der Völkerwanderung gründeten unterschiedliche Germanenstämme Reiche in Nordafrika (Vandalenreich, wurde 533/34 durch Ostrom vernichtet), in heutigen Frankreich, in Italien und Spanien und wanderten auch nach Britannien. Siehe dazu auch Spätantike.

Auf dem europäischen Festland ging aus diesen Reichen später das Frankenreich hervor. Aus diesem entstand das erste Reich auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands, das Ostfrankenreich und später das Heilige Römische Reich, dessen ostwärtige Expansion die Westbewegung der Völkerwanderungszeit umkehrte.

Literatur

  • Publius Cornelius Tacitus Germania (De origine et situ Germanorum liber), Reclam, Stuttgart 2000, Lateinisch/Deutsch ISBN 3-15-009391-0 (online-Version einer anderen Übersetzung)
  • Heinrich Beck/Dieter Geuenich/Heiko Steuer/Dietrich Hakelberg (Hrsg.): Zur Geschichte der Gleichung "germanisch-deutsch". Sprache und Namen, Geschichte und Institutionen. Ergänzungsbände zum Reallexikon der germanischen Altertumskunde 34, Berlin u.a., 2004. ISBN 3110175363. Inhaltsverzeichnis, Rezension von Gregor Hufenreuter in H-Soz-u-Kult, 22.07.2004.
  • Hepp, Armin E.: Licht von Mitternacht - Auf den Spuren deutscher Vergangenheit"; Tübingen: Grabert; 1979
  • Döbler, Hannsferdinand: Die Germanen. Legende und Wirklichkeit von A–Z. Lexikon zur europäischen Frühgeschichte, München: Orbis, 2000. ISBN 3-572-01157-4 (Hierbei handelt es sich um eine Neuauflage des Buches von 1975. Das Buch entspricht in vielen Fällen nicht mehr dem aktuellen Forschungsstand.)
  • Rudolf Simek: Götter und Kulte der Germanen. Beck'sche Reihe 2335, München, 2004.
  • Frühe Völker Europas. Thraker, Illyrer, Kelten, Germanen, Etrusker, Italiker, Griechen, Stuttgart, 2003. ISBN 3806217580.
  • Maureen Carroll-Spillecke: Römer, Kelten und Germanen. Leben in den germanischen Provinzen Roms, Darmstadt, 2003. ISBN 3534174267.
  • Uta von Freeden / Siegmar von Schnurbein (Hrsg.): Spuren der Jahrtausende. Archäologie und Geschichte in Deutschland, Stuttgart, 2002. ISBN 3-8062-1337-2
  • Wilfried Menghin / Dieter Planck (Hrsg.): Menschen, Zeiten, Räume. Archäologie in Deutschland, Stuttgart, 2002. ISBN 3886094677.
  • Walter Pohl: Die Germanen. Enzyklopädie deutscher Geschichte Bd. 57, München: Oldenbourg, 2000. ISBN 348655705X. (weitere Arbeiten des Autors zu diesem Thema)
  • Allan A. Lund: Die ersten Germanen. Ethnizität und Ethnogenese, Heidelberg, 1998. ISBN 3825306852.
  • Germanen, Germania, germanische Altertumskunde. Studienausgabe des Artikels aus dem Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Berlin/ New York, 1998. ISBN 3110163837.
  • Krierer, Karl R.: Antike Germanenbilder, Archäologische Forschungen 11, Denkschr. phil.-hist. Kl. 318, Wien: Österreichische Akademie der Wissenschaften, 2004. ISBN 3-7001-3239-5. [1]
  • Erich Röth: Mit unserer Sprache in die Steinzeit - Mitteldeutschen Wortgut erhellt die Ur- und Frühgeschichte, Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza, 2004. ISBN 3-937135-47-2.

Siehe auch

Liste der germanischen Stämme, Germanische Religion, Thing