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Pytheas

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Pytheas von Massilia (*um 380 v. Chr.; † um 310 v. Chr.) war ein Händler, Geograf und einer der großen Entdecker der Antike. Zur selben Zeit, in der Alexander der Große im Osten bis an die Grenzen der damals in Europa bekannten Welt vordrang, erforschte Pytheas den unbekannten Norden Europas. Sein Reisebericht Über den Ozean (griechisch: Περι του Ωκεανου) ist nicht erhalten, die wenigen Fragmente des Buches kennt man von Zitaten anderer Historiker, die Pytheas allerdings hauptsächlich als Lügner verleumdeten, weil sie seine Reisen für schier unmöglich hielten.

Pytheas stammt aus der phokäanischen Kolonie Massilia (auch Massalia), dem heutigen Marseille. Unklar ist, ob er nur eine oder gleich mehrere Reisen in den Norden unternahm, sicher ist aber, dass sich die Ereignisse zwischen 330 v. Chr. und 310 v. Chr. abspielten. Ebenfalls unklar ist, wie es Pytheas möglich war, durch die von Karthago kontrollierte Straße von Gibraltar zu gelangen. Irgendwie muss er es geschafft haben, denn seine Reise war in Gades noch lange nicht beendet.

An der West- und Nordküste der iberischen Halbinsel entlang segelte Pytheas in den unerforschten Norden. Er beobachtete das für Griechen unbekannte Phänomen von Ebbe und Flut und brachte es als erster richtigerweise mit den Mondphasen in Zusammenhang. An den Mündungsgebieten von Garonne und Loire vorbei erreichte Pytheas das zu Cornwall gehörende Kap Belerion (Land's End) und traf dort auf Bewohner der zinnreichen Britischen Inseln. Er beobachtete selbst, wie Zinn geschürft, geschmolzen und zu Barren geschmiedet wurde, die über einen Damm zur Insel Ictis transportiert wurden, von wo sie durch fremde Händler gekauft wurden. Bei Ictis könnte es sich der Beschreibung nach um St. Michael’s Mount vor der Südküste Cornwalls gehandelt haben. Von dort nahm er die Umsegelung Albions durch die irische See in Angriff. Einen Landgang auf Irland gab es vermutlich nicht, aber Strabon erwähnt, Pytheas habe England "durchwandert".

Vom Meer aus vermaß Pytheas die Küstenlänge Albions und errechnete dabei erstaunlich genaue 42.500 Stadien (etwa 7.800 Kilometer). Ebenso bestimmte er mit Hilfe der unterschiedlichen Schattenlänge seiner Sonnenuhr die Entfernung von der Nordspitze Schottlands zum Heimathafen Massalia und kam auf 1.700 Kilometer (tatsächlich: 1.815 km). Von Schottland aus segelte er weiter in nordöstlicher Richtung und bemerkte dabei, dass die Sommertage immer länger werden.

Er erreichte schließlich die Insel Thule (vermutlich Norwegen oder Shetland), deren Bewohner Wasser, Hefe und Honig zu Hydromeli (Met) mischten. Weiter nördlich von Thule stieß er laut Solonius auf das "träge und geronnene Meer" (lat. pigrum et concretum mare) und beobachtete somit als erster Grieche Treibeis. Ebenso berichtet er von Polarlicht und Mitternachtssonne, im Mittelmeer gänzlich unbekannte Erscheinungen. Hinter Berichten von Phänomenen wie diesen vermuteten die Gelehrten der damaligen Zeit sowie der folgenden Jahrhunderte Fiktion, während sie sich heute einfach erklären lassen.

Von Thule aus segelte Pytheas in südlicher Richtung und erreichte Abalon (vermutlich Helgoland), wo er Bernstein fand und es als erster zutreffend als fossiles Baumharz beschrieb. In Küstennähe ging die Reise westwärts Richtung Bretagne und von dort über Gades zurück nach Massilia.

Eine literarische Spekulation über Pytheas' letzte, nicht überlieferte, Lebensetappe und Tod schuf Arno Schmidt mit seiner Erzählung 'Gadir' (1949).


Literatur

  • Dietrich Stichtenoth: Über das Weltmeer. Die Fragmente, Böhlau 1959.