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Phenylketonurie

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Phenylketonurie (PKU) ist eine der häufigsten Stoffwechselstörungen. Sie wird rezessiv-autosomal vererbt.

Datei:Phenylketonurie Schema.jpg
Einfaches Schema der Phenylketonurie

Pathophysiologie

Durch die Mutation eines Gens auf dem langen Arm des Chromosoms 12 kommt es zu einem Defekt der Phenylalanin-4-monooxygenase(1.14.16.1), die normalerweise den Umbau von Phenylalanin zu Tyrosin - beide als Aminosäuren Grundbausteine der Körpereiweiße - ermöglicht. Dies führt zu einer Anhäufung des Phenylalanins im Körper. Nun handelt es sich bei dieser zwar um eine essentielle Aminosäure, d.h. dass der Körper auf sie angewiesen ist, ohne sie selbst herstellen zu können - ein Übermaß an vorhandenem Phenylalanin führt allerdings zu den unten beschriebenen schweren Schädigungen.

Da ein Teil des Phenylalanins jetzt über einen anderen Stoffwechselpfad zu Phenylbrenztraubensäure umgewandelt wird, die mit dem Urin ausgeschieden wird, riecht dieser jetzt auf eine für diese Erkrankung typische Weise nach Aceton, also wie Nagellackentferner.

Tyrosin wiederum fehlt nun für die Synthese von Hormonen wie dem Adrenalin und den Schilddrüsenhormonen, Überträgerstoffen im Gehirn wie Dopamin, aber auch für die Synthese von Melanin.

Symptome

Durch dieses Zuviel an Phenylalanin kommt es bei unbehandelten Kindern zu einer Beeinträchtigung der Hirnentwicklung schon im ersten Lebensmonat mit meist schweren kognitiven Störungen und epileptischen Anfällen, wobei sich die ersten neurologischen Auffälligkeiten im 4. Lebensmonat zeigen. Durch den Minderwuchs des Gehirns kommt es auch zu einer unüblichen Entwicklung des Schädels, einer Mikrozephalie. Die übrige körperliche Entwicklung muss dabei nicht gestört sein. Der Intelligenzquotient liegt selten über 60. Die beschriebenen Störungen können zu einer geistigen Behinderung führen.

Des Weiteren können ekzemähnliche Hautveränderungen und eine allgemeine Übererregbarkeit, eine Spastik der Muskulatur auftreten, die im Zusammenhang mit der Schädigung des Gehirns zu einem ataktischen Gangbild führen kann. Der Mangel an Melanin führt zu einer auffallend hellen Hautfarbe. Die Kinder sind deshalb auch häufig hellblond und haben aus dem selben Grund blaue oder auch rote Augen.

Diagnose

Die Diagnose wurde früher durch die genannten Symptome gestellt. Heute stellt die Suche auf das Vorliegen einer PKU das Paradebeispiel eines sinnvollen Screenings dar. Da diese Erkrankung mit einer Häufigkeit von ca. 1:10.000 vorkommt, lohnt es sich: Bei dem dabei zum Einsatz kommenden Guthrie-Test handelt es sich um eine einfache, nicht belastende, billige und schnelle Untersuchung, die bei einer schweren Erkrankung zu einer eindeutigen und rechtzeitigen Diagnose mit einer daraus folgenden klaren Behandlungsstrategie führt. Dieses Neugeborenenscreening wird in Österreich seit 1966 angewandt und führt jährlich zu 8 bis 10 Neudiagnosen und der entsprechenden Behandlung.

Therapie

Eine übliche kognitive Entwicklung kann gewährleistet werden, wenn man die Krankheit frühzeitig erkennt und behandelt. Die Aufnahme von Phenylalanin über die Nahrung muss streng kontrolliert und limitiert werden. Da diese Aminosäure Bestandteil aller Nahrungseiweiße ist, handelt es sich letztlich um Reduktion der Eiweißaufnahmen (ca. vegane Kost ohne Getreideerzeugnisse, Milchprodukte, Eiprodukte und sämtliche tierische Lebensmittel). Um den Mangel an essentiellen Aminosäuren, der dadurch entsteht auszugleichen, müssen die Patienten zusätzlich eine spezielle Aminosäuremischung zu sich nehmen. Abgesehen von diesen diätetischen Einschränkungen ist die Lebenserwartung unbeeinträchtigt. Unbehandelte Phenylketonurie führt aufgrund starker Hirn- und Nervenschäden meist noch vor Erreichen der Volljährigkeit zum Tod. Die Diät wird am besten über den Abschluss der kognitiven Reife hinaus lebenslang eingehalten, da es sonst zu Konzentrationschwierigkeiten, Reaktionsverlangsamungen und einer Spastik der Muskulatur kommen kann, was wiederum das soziale Leben und den beruflichen Erfolg beeinträchtigt. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für die spezielle Ernährung nicht.

Frauen mit PKU und Kinderwunsch müssen auf eine besonders strenge Diät achten, um die Entwicklung des ungeborenen Kindes nicht zu gefährden.

Mittels Pränataldiagnostik kann schon während der eingetretenen Schwangerschaft via Amniozentese festgestellt werden, ob das ungeborenen Kind den Stoffwechseldefekt in sich trägt. (Da die Erkrankung rezessiv übertragen wird, könnte auch der an und für sich gesunde Vater Träger dieser Genmutation sein. Damit bestünde für das Kind ein Erkrankungsrisiko von 90%).

Pathobiochemische Varianten

Differenzialdiagnosen:
> Zu den gleichen Symptomen wie die einfache PKU führt ein Mangel an Tetrahydrodiopterin, welches als Coenzym im Phenylalaninstoffwechsel benötigt wird. Diese Form lässt sich sehr leicht durch die per orale Substitution von Thdo mildern bis therapieren. Unter der Substitution der Vorstufen Tyrosinabhängiger Transmitter sowie Thdo, können sich die Betroffenen absolut normal entwickeln, ohne eine besondere Diät leben zu müssen (was schließlich immense Kosten verursacht).

Siehe auch: Aminosäurenstoffwechsel - Argininosukzinatlyase-Mangel - Biotinidase-Mangel - Galaktosämie - Leuzinose - Schilddrüsenunterfunktion - Zystische Fibrose - Hardy-Weinberg-Gleichgewicht - Erbkrankheit