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Albert Mertés

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Das Mausoleum der Familie Mertés in Bad Breisig

Albert Mertés (* 2. April 1853 in Köln; † 1924) war ein deutscher Hutfabrikant, der Bekanntheit erlangte, weil er gegen den Eintrag seines Namens in Düsseldorfer und Kölner „Rosa Listen” von „homosexuell Verdächtigen“vorging.

Albert Mertés war ein wohlhabender Geschäftsmann, der mehrere Hutgeschäfte betrieb, unter in der Kölner Schildergasse und der Hohe Streße. 1881 war er Prinz im Kölner Dreigestirn. Verheiratet war er mit Hermine Habig aus Wien, deren Vater seinerseits Hutfabrikant war. Das Ehepaar hatte eine Tochter, Mimi, und mindestens einen Sohn. Später ließ sich Mertés in Berlin auf dem Kurfürstendamm nieder.[1]

1896 wurden in einer Kölner Kaserne im Spind eines Soldaten 100 Mark gefunden; er gab, er habe das Geld von einem Mann bekommen, „zu dem er unlautere Beziehungen unterhalten habe“. Mertés geriet in Verdacht, dieser Mann zu sein, weil er in der Nähe der Kaserne Soldaten angesprochen hatte und die Beschreibung auf ihn zutraf, und wurde wegen Verstosses gegen § 175 verhaftet. Nach einer Gegenüberstellung wurde er wieder freigelassen, doch der Vorfall geriet an die Öffentlichkeit. Mertés lud eine der Personen, die die Gerüchte verbreitet hatten, vor den Schutzmann, und diese musste 100 Mark Strafe für einen guten Zweck zahlen.[2]

Im Dezember 1901 wurde Mertés wegen eines verdächtigen Verhaltens auf einer Männertoilette erneut verhaftet, das Verfahren wurde eingestellt. Höchstwahrscheinlich führte es dazu, dass er in die Liste der homosexuell Verdächtigen eingetragen wurde, da die Kölner Kriminalpolizei stellte fest, „daß Mertés in den Kreisen homosexuelle Personen als Genosse bezeichnet wird“.[2] 1909 kam es zu erneuten Verdächtigungen gegen Mertés im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen den Oberleutnant Albrecht von Trotha, der mit ihm „unsittliche Beziehungen“ gehabt soll. Der für die Berliner Homosexuellen-Szene zuständige Kriminalskommissar Hans von Tresckow erhielt aus Köln die Auskunft, das Mertés „homosexuell verdächtig [...]] sei, dass jedoch besonders Tatsachen gegen ihn nicht vorlägen“.[3] Zwei Jahre später wurde erneut in Köln nachgefragt und darauf verwiesen, dass Mertés in der Liste der „homosexuell Verdächtigen“ eingetragen sei. Aus Düsseldorf kam zudem die Information, der „Hutkönig“, der Spitzname von Mertés, pflege regen Verkehr mit Ulanen, strafbare Handlungen seien ihm jedoch nicht nachzuweisen.[3]

Als Mertés im Prozess gegen von Trotha als Zeuge befragt wurde, erfuhr er von seiner Eintragungen in der Kölner sowie der Düsseldorfer Liste. In Düsseldorf konnte er die Löschung erreichen, in Köln jedoch nicht. 1914 wurde sein Name erneut öffentlich genannt, weil ein Polizist einem Prozess gegen den Journalisten Wilhelm Sollmann den Verdacht aussprach, Mertés habe einen früheren Polizeibeamten bestochen. Dieser wollte nun „seine öffentlich bloßgestellte Ehre“ verteidigen und wandte sich durch seine Anwälte direkt an den preußischen Innenmnister Hans von Dallwitz, die Löschung seines Namens aus den Listen zu erreichen.[4] Der Innenminister entschied „aus Billigkeitsgründen“, dass Mertés nicht mehr als homosexuell verdächtigt behandelt werden sollte.

Während des Ersten Weltkriegs änderte Mertés die französische Schreibweise seines Namens und ließ den Akzent streichen. Er hatte einen Sommersitz in Bad Breisig, wo er sich nach dem Krieg stark sozial engagierte. Der Verdacht, er könne homosexuell sein, war dort nicht bekannt. 1921 wurde er zum Ehrenbürger von Bad Breisg ernannt. 1911/1912 ließ er für seine früh verstorbene Tochter Mimi auf dem dortigen Friedhof ein Mausoleum errichten, in dem auch er selbst bestattet wurde und das heute unter Denkschmalschutz steht. Auch eine Straße wurde nach ihm benannt.[5]

Mertes Sohn Albert Peter wurde in den 1930er Jahren mehrfach wegen Verstosses gegen § 175 verhaftet. 1941 wurde er in das KZ Sachsenhausen überführt, wo er am 20. Februar 1942 unter ungeklärten Umständen ums Leben kam.[5]

Einzelnachweise

  1. Erwin In het Panhuis: Anders als die Andern. Schwule und Lesben in Köln und Umgebung 1895–1918. S. 165
  2. a b Erwin In het Panhuis: Anders als die Andern. Schwule und Lesben in Köln und Umgebung 1895–1918. S. 167
  3. a b Erwin In het Panhuis: Anders als die Andern. Schwule und Lesben in Köln und Umgebung 1895–1918. S. 168
  4. Erwin In het Panhuis: Anders als die Andern. Schwule und Lesben in Köln und Umgebung 1895–1918. S. 169
  5. a b Erwin In het Panhuis: Anders als die Andern. Schwule und Lesben in Köln und Umgebung 1895–1918. S. 170

Literatur

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