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Zerstörer

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Der Zerstörer ist ursprünglich ein kleines und schnelles Kriegsschiff, das heute noch verwendet wird. Inzwischen gehört es aber, durch Wegfall der Schlachtschiffe und der meisten Kreuzer, zu den größeren Einheiten.

Zerstörer MM Luigi Durand de la Penne (D560) Durand de la Penne Klasse

Der Begriff Zerstörer ist eine wörtliche Übersetzung des englischen Wortes destroyer, da der Typ in Großbritannien als Reaktion auf die Entwicklung des Torpedos und des Torpedobootes entworfen wurde. Die damals führende britische Marine (Royal Navy) stützte sich auf große Linienschiffe, die mit ihren großen und schwerfälligen Geschützbatterien schnell herannahende Torpedoboote schlecht abwehren konnten. Zu deren Schutz wurden daher etwas größere und schnellere Torpedoboote gebaut, die mit ihrer stärkeren Bewaffnung mit Kanonen angreifende Torpedoboote bekämpfen sollten. Dieser Typ wurde Torpedoboot-Zerstörer genannt oder abgekürzt Zerstörer. Für einen Gegenangriff trugen sie ebenfalls eine Torpedo-Bewaffnung. Deshalb ist die Grenze zwischen Torpedoboot und Zerstörer fließend und es wurde später nicht immer genau unterschieden.

Im Zweiten Weltkrieg wurden Zerstörer sehr universell eingesetzt und entsprechend in großen Stückzahlen gebaut, in den USA über 600 Einheiten. Sie waren zu dieser Zeit typisch 2.000 t bis 4.000 t schwer und 120 m lang. Sie erreichten etwa 35 Knoten und waren mit 4 bis 10 Torpedorohren sowie etwa 5 Geschützen mit 12,7 cm Kaliber bewaffnet. Dazu kamen eine noch größere Zahl an kleineren Geleit-Zerstörern, die vor allem der U-Boot-Abwehr dienten und die Konvois begleiteten. Aus diesen Geleit-Zerstörern ist die moderne Fregatte entstanden.

Datei:USS Higgins (DDG 76).jpg
Zerstörer USS Higgins (DDG 76), Arleigh-Burke-II-Klasse

Heute sind Zerstörer bis über 8.000 t groß und mit Flugkörpern, Rohr- und U-Jagdwaffen sowie Bordhubschraubern ausgerüstet. Abgesehen von den Flugzeugträgern zählen sie heute neben den Kreuzern zu den großen Schiffen der Marinen.

Moderne Zerstörer werden heute überwiegend in Stealth-Bauweise gebaut, was ihnen ein glattes, flächiges Aussehen verleiht. Durch die schräge Anordnung aller (Überwasser-)flächen wird die Radarrückstrahlung vermindert. Die Folge ist eine kleinere Radarsignatur: das Schiff wird schlechter und somit später durch das gegnerische Radar erkannt. Die USA sind heute führend im Zerstörerbau, sie bauen die Zerstörer der Arleigh-Burke-Klasse die der Flugabwehr ihrer Flugzeugträger dienen. Die meisten Nationen setzten heute jedoch auf die kostengünstigeren Fregatten.

Die ersten Zerstörer der Bundesmarine gehörten zur Fletcher-Klasse, Baujahr 1943-1944. Sie wurden von den US-Streitkräften übernommen. Die Bundesmarine führte sie unter den Namen Z1 bis Z6. Die vier deutschen Neubauten der Hamburg-Klasse (D181 „Hamburg“, D182 „Schleswig-Holstein“, D183 „Bayern“ und D184 „Hessen“) wurden Anfang der 1990er Jahre durch Fregattenneubauten der Klasse F-123 ersetzt. Die letzten Zerstörer der deutschen Marine – drei Schiffe der modifizierten amerikanischen Charles F. Adams-Klasse – wurden in den Jahren 1999 (D187 „Rommel“) und 2003 (D186 „Mölders“ und D185 „Lütjens“) außer Dienst gestellt. Ausschlaggebend waren hohe Wartungs- und Betriebskosten, die zum Teil aus den nicht mehr zeitgemäßen Dampfkesselantriebsanlagen und den hohen Kosten für Ersatzteilbeschaffungen resultierten. Die Zerstörer werden durch den Zulauf der Fregatten der Sachsen-Klasse F124 ersetzt. Siehe auch: Liste von Kriegsschiffen (Deutschland seit 1945)

Geschichtliche Entwicklung

Entwicklung der Kriegsschiffsklassen vor 1945

Vor 1945 waren die großen Überwasser-Kriegschiffe aller Seemächte zunächst in Zerstörer, leichte und schwere Kreuzer und Schlachtschiffe eingeteilt. Diese klare Einteilung hatte ihren Ursprung in den Flottenverträgen von Washington von 1922 und London 1930. Laut diesem System war der "klassische" Flottenzerstörer des 2. Weltkrieges entstanden. Eine Sonderentwicklung stellten die Großzerstörer dar, die aber tonnagemäßig im 2. Weltkrieg von den Standardzerstörern eingeholt wurden. Durch die Erfahrungen im 2. Weltkrieg setzte ein radikales Umdenken ein hinsichtlich des Zweckes von Zerstörern ein. Die klassische Aufgabe der Zerstörer war der offensive und defensive Flottendienst, also der Angriff mit Torpedos auf gegnerische Verbände von Schlachtschiffen oder Kreuzern oder die Abwehr gegnerischer Zerstörer.

Kriegserfahrungen

Im 2. Weltkrieg jedoch war diese Aufgabe immer mehr ins Hintertreffen geraten gegenüber rein defensiven Aufgaben wie Ubootjagd und Abwehr von Luftangriffen. Zwar gab es durchaus vor allem zwischen Zerstörern durchaus noch Überwassergefechte Kriegschiff gegen Kriegschiff, doch blieben diese eher die Ausnahme als die Regel. Schon während des Krieges zeigte sich diese Tendenz daran, daß die meisten Zerstörerklassen behelfsmäßig auf die neuen Aufgaben und Bedrohungen umgebaut wurden. Die Flak- und Ubootjagdbewaffnung Wasserbombe wurde bei fast allen Vorkriegsbauten erheblich verstärkt. Um dieses Zusatzgewicht auszugleichen mußten Waffensysteme für den Überwasserkampf; Artillerie und Torpedorohrsätze entfernt werden.

Im Jahre 1945 hatten die meisten amerikanischen Zerstörer keine Torpedorohre mehr, die Flakbewaffnung dagegen war wegen der Bedrohung durch Kamikazeflugzeuge teilweise vervierfacht worden. Ein zusätzlicher Gewichtsfaktor waren neue Sensoren wie Radar, die immer mehr Platz beanspruchten. Während des 2. Weltkrieges jedoch wurde dies nur als Notbehelf angesehen und neue, während des Krieges entworfene Zerstörertypen wie die britische Battle-Klasse oder die amerikanische Gearing-Klasse hatten nach wie vor Torpedorohre, allerdings war die Hauptartillerie nun immer sowohl gegen Flugzeuge wie Überwasser- und Landziele einsetzbar Nach dem Krieg setzte ein radikales Umdenken ein: Der Zerstörer wurde nun primär zum Sicherungsschiff für den Flugzeugträger, der die Rolle des Schlachtschiffes als Kern der Flotte übernommen hatte. Trägerverbände waren primär durch gegnerische Flugzeuge und U-Boote bedroht.

1950er Jahre

Die Zerstörer der 50er Jahre trugen dieser neuen Rolle Rechnung und die Torpedorohre verschwanden nun völlig. Bei neuen Entwürfen spielte die Ubootjagd immer mehr die Hauptrolle, was zu einer Reduzierung der Artillerie führte, beispielsweise von 6x 127mm bei der Gearing-Klasse von 1944 zu 3 Geschützen bei der Forrest-Sherman Klasse aus den 50ern. In der Flugabwehr spielte die Flugabwehrrakete eine immer größere Rolle. Jedoch konnten diese anfänglich sehr großen Waffen zuerst nur auf Kreuzern eingesetzt werden. Mitte der 50er Jahre kam der Lenkwaffenzerstörer auf, dessen Hauptaufgabe der Schutz von anderen Schiffen durch Lenkwaffen ist. Hier teilt sich nun der Entwicklungstrang aller Seemächte und es gibt folgende Unterschiede:

  • USA

- Konventionelle Zerstörer zur Ubootjagd mit Bezeichnung DD - Lenkwaffenzerstörer mit Bezeichnung DDG - Besonders große Zerstörer mit Bezeichnung DLG, die beide Aufgaben durchführen konnten

  • Großbritannien

- Zerstörer zur Flugabwehr mit gelenkten Raketen - Schnelle, große Fregatten zur Ubootjagd, teilweise größer als Zerstörer

  • Frankreich

- sowohl als Lenkwaffenschiff wie als Ubootjäger

  • UdSSR

- die traditionelle Bezeichnung "Zerstörer" wurde komplett aufgegeben und die Schiffe nach ihrer Funktion als "großes Raketenschiff" oder "großes Ubootjagdschiff" bezeichnet.

Moderne Zerstörertypen

Der klassische Zerstörertyp, der sich aus dem Torpedoboot entwickelt hatte, hielt sich noch bis in die 70er Jahre. Auch wenn amerikanische und russische Lenkwaffenzerstörer damals eine andere Rolle hatten, waren sie konstruktionsmäßig immer noch eine Fortentwicklung des alten Typs, erkennbar am Festhalten am Dampfturbinen-Antrieb und dem sehr schlanken Rumpf.

Allmählich setzte sich die Erkenntnis durch, daß eine Geschwindigkeit um 30 Knoten für heutige Aufgaben ausreichend ist. Diese Geschwindigkeit konnte auch mit Gasturbinen, Diesel oder gemischtem Antrieb (CODOG) erreicht werden. Der Verzicht auf hohe Geschwindigkeit wiederum ermöglichte einen weniger schlanken Rumpf und damit eine endgültige Abkehr von der schlanken Zerstörerlinie.

Ein erster Entwurf dieser Art war die amerikanische Spruance-Klasse, ein Entwurf, der von vielen Traditionalisten als ungeheuer hässlich und zudem viel zu groß eingestuft wurde: Diese Schiffe verdrängten über 6000 Tonnen und kamen damit schon in den Bereich eines Kreuzers, besaßen Gasturbinenantrieb und eine für ihre Größe relativ leichte Bewaffnung. Aus Traditionsgründen gab man diesem neuen Ujagdschiff die Bezeichnung Destroyer, obwohl es im Prinzip einen völlig neuen Typ darstellte. Letztlich war diese Klasse aufgrund von niedrigem Geräuschpegel und großem "Wachstumspotential" so erfolgreich, daß sämtliche neueren amerikanischen Schiffe (und viele Entwürfe amerikanischer Verbündeter) auf ihr basieren. Diese werden entweder guided missile destroyer (Arleigh-Burke-Klasse) oder guided missile cruiser genannt, aber sind letztlich Varianten desselben Typs mit unterschiedlichen Rollen. Der letzte "klassische" Zerstörertyp der US-Navy war die Charles F. Adams-Klasse. Letztlich sind die Bezeichnungen Kreuzer, Zerstörer und Fregatte heute nur noch Traditionsnamen, die keine Auskunft über Rolle und Größe geben.

Bei der deutschen Marine hält sich das Gerücht, dass die Fregatten des Typs F124 eigentlich aufgrund ihrer Größe und der Flugabwehrbewaffnung Zerstörer wären, aber aufgrund von Political Correctness in Fregatten umbenannt werden mussten. Dazu ist allerdings zu sagen, dass die Niederländische (Zeven Provincien und Spanische Marine (Alvaro de Bazan), die fast baugleiche und sogar größere Schiffe ähnlichen Typs bauen und einsetzen, diese ebenfalls Fregatten nennen.

Literatur

  • Mike J. Whitley: Zerstörer im Zweiten Weltkrieg. Technik - Klassen - Typen. Motorbuch Verlag Stuttgart, 325 Seiten, ISBN 3-61301-426-2
  • Robert Jackson: Zerstörer, Fregatten und Korvetten. Gondrom Verlag, 320 Seiten, ISBN 3-81121-873-5
  • Wolfgang Harnack: Die Zerstörerflottille der Deutschen Marine von 1958 bis heute. Koehlers Verlagsges., 203 Seiten, ISBN 3-78220-816-1
  • Alexander Kent: Die Zerstörer. Ullstein Taschenbuch, 271 Seiten, ISBN 3-54824-301-0
  • Rolf Güth: Zerstörer Z 34. Ein Kriegstagebuch vom Alltag des Seekrieges 1943 bis 1945. Koehlers Verlagsges., 104 Seiten, ISBN 3-78220-567-7
  • Gerhard Koop, Klaus-Peter Schmolke: Die deutschen Zerstörer 1935-1945. Bernard & Graefe, 272 Seiten, ISBN 3-76375-940-9
  • Harald Fock: Z-vor. 2 Bände, Koehlers Verlagsgesellschaft, ISBN 3-78220-762-9
  • Hans Mehl: Torpdeoboote und Zerstörer. Verlag für Verkehrswesen Berlin

Siehe auch: Liste von Schiffstypen