Tonsprache
Als eine Tonsprache oder tonale Sprache bezeichnet man Sprachen, in denen mit einer Änderung im Ton auch eine Änderung der Bedeutung des Wortes einhergeht. Tonsprachen sind die Mehrheit aller heute weltweit gesprochenen Sprachen, umfassen allerdings nicht die Mehrheit aller Sprecher. Zu den tonalen Sprachen gehören u.a. die folgenden Sprachen:
- Sino-tibetische Sprachen: dazu gehören die chinesischen Sprachen wie Hochchinesisch oder Kantonesisch
- Austro-Asiatische Sprachen: dazu gehört z. B. Vietnamesisch
- Indoeuropäische Sprachen: dazu gehört z. B. Punjabi, vermutlich auch Altgriechisch in seiner Originalaussprache, Schwedisch, Norwegisch, die aus den Serbokroatischen hervorgegagenen Nachfolgesprachen, Slowenisch, Limburgisch.
- Afroasiatische Sprachen: vgl.: Hausa in Westafrika
- Kanuri in Westafrika
- viele Niger-Kongo-Sprachen
- Khoisan-Sprachen
Sprachen, die Töne benutzen, um grammatische Strukturen oder Betonung hervorzuheben (z. B. Stimmhebung am Ende eines Fragesatzes im Deutschen), sind keine tonalen Sprachen. In tonalen Sprachen gehört der Ton fest zum Wort und es gibt Wörter ganz unterschiedlicher Bedeutung, die sich klanglich nur durch den Ton unterscheiden. Die Möglichkeit, den Ton für grammatische Zwecke einzusetzen, entfällt dann in weitem Umfang, aber nicht stets gänzlich.
Grundsätzlich unterscheidet man zwei bzw. drei Arten von Tonsprachen:
- Registertonsprachen, bei denen verschiedene Tonhöhen benutzt werden, welche jedoch über den Vokal hin gleich bleiben - etwa so, als würde man "saubere" Töne singen, d.h. ohne sie zu verschleifen.
- Konturtonsprachen, bei denen der Tonhöhenverlauf der einzelnen Silbe entscheidet. Der Klangeindruck ähnelt dem eines ständigen Glissando.
- Tonakzentsprachen (uneigentliche Tonsprache), bei denen Wörter durch verschiedene Betonung unterschieden werden und die Betonung nicht durch einen Druckakzent, sondern durch eine andere Tonhöhe realisiert wird.
Das Hochchinesische gehört zu den Konturtonsprachen. Es unterscheidet vier oder fünf Töne (der Fünfte wird häufig nicht als Ton für sich selbst gezählt, was aber eine relativ willkürliche Festlegung ist):

- erster Ton – gleichmäßig hohes Niveau
- zweiter Ton – vom mittleren Niveau aufsteigender Ton
- dritter Ton – sinkt vom knapp mittleren Ton nach unten und steigt dann etwas stärker wieder hinauf
- vierter Ton – scharf abfallender Ton
- fünfter oder neutraler Ton – gleichmäßig tief.
Somit hat eine Silbe (ein Wort) mehrere Bedeutungen, abhängig vom Ton. In diesem Beispiel wird der Ton der Silbe ma als Ziffer hinten angefügt:
- ma1ma5 (妈妈) bedeutet Mutter
- ma2 (麻) bedeutet Hanf
- ma3 (马) bedeutet Pferd
- ma4 (骂) bedeutet schimpfen
- ma5 (吗) ist eine Fragepartikel, der in vielen Fragen ans Ende gestellt wird.
Der scherzhafte Satz Māma mà mǎ de má ma? (妈妈骂马的麻吗?), der zwar grammatisch nicht ganz korrekt, jedoch verständlich ist, fragt, ob Mutter über den Pferdehanf schimpft. Die Bedeutung der vielen ma in diesem Satz geht rein aus dem Ton hervor.
Töne können untereinander auch interagieren (sogenanntes Tonsandhi). Beispiel: im Hochchinesischen spricht man keine zwei Silben mit drittem Ton hintereinander aus. Stoßen zwei Silben mit drittem Ton aufeinander, so wird die erste Silbe im zweiten Ton ausgesprochen. Andere Sprachen haben zum Teil sehr viel komplexere Interaktionsregeln.
Tonformen
Der chinesische Sprachwissenschaftler Zhào Yuánrèn hat ein praktisches System zur Notierung der Töne entwickelt. Er unterteilt die Tonhöhe in fünf Ebenen, wobei 5 der höchste und 1 der niedrigste Ton ist. Die Tonänderung kann durch eine Verkettung der Zahlen dargestellt werden. Für Hochchinesisch schreibt man daher
- erster Ton /55/ hoher Ton
- zweiter Ton /35/ steigender Ton
- dritter Ton /213/ niedriger fallender und steigender Ton
- vierter Ton /51/ hoher, vollständig abfallender Ton
- neutraler Ton /11/ gleichmäßig niedriger Ton
Ein gleichmäßig mittlerer Ton würde als /33/ notiert usw. Diese Abfolge von Zahlen wird als Tonform bezeichnet. Vorlage:Wiktionary1