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Harmonik des Jazz

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Die Jazz-Harmonik hat ihren Ursprung in der Blues-Harmonik. Der Blues ist gekennzeichnet durch seine feste Form. Ursprünglich bestand ein Blues aus improvisierten Liedtexten mit musikalischer Begleitung: Man sang die erste Zeile und wiederholte diese, um Zeit für die zweite Zeile zu gewinnen. Dann wurde die zweite Zeile gesungen. In den beiden jeweils letzten Takten jeder Zeile folgte ein instrumentales Fill oder eine Antwort. So entstand das 12-taktige Bluesschema.


1. Textzeile
|Takt1|  2  |  3  |  4  |

Wiederholung 1. Textzeile
|  5  |  6  |  7  |  8  |

2.Textzeile
|  9  |  10  |  11  |  12  |D.C.

Das Stück begann in der Tonika. In der zweiten Zeile (während die 1. Textzeile wiederholt wurde) wurden der Abwechslung wegen andere Akkorde verwendet (Subdominante) und in der 3. Zeile folgte schließlich eine Kadenz, die wieder in die Tonika leitete. Jedoch war es keine dominantische Kadenz, wie im Volkslied oder in der Klassik, sondern eine plagale (Dominante-Subdominante-Tonika). Ein F-Dur-Blues würde so aussehen:

Tonika
|  F  |  F  |  F  |  F  |

Subdom.     Tonika
| Bb  | Bb  |  F  |  F  |

Dom.  Subdom.Tonika
|  C  | Bb  |  F  |  F  |D.C.

Oft wurden sämtliche Akkorde als Septim-Akkorde gespielt. Im moderneren Jazz wurden jedoch zunehmend Akkorde mit anderen Spannungstönen (Tensions, Optionen) benutzt. Typische Akkorde sind (Internationale Schreibweise, B=H):

6 (Akkord mit großer Sexte)
F6 wäre f-a-c-d
Funktion: Harmonisch stabil, oft Tonika-Klang

sus bzw. sus4, sus2 (sus = suspended, Akkord ohne Terz; sus4 = dafür mit Quarte, sus2=mit großer Sekunde)
Fsus4 wäre f-Bb-c, Fsus2 f-g-c

maj 7 (Akkord mit großer statt kleiner Septime)
Fmaj7 wäre f-a-c-e
Andere Schreibweisen:FM7, FΔ
Funktion: Harmonisch stabil, oft Tonika-Klang

79 (Akkord mit kleiner Septime und großer None)
F79 wäre f-a-c-eb-g

7b9 (Akkord mit kleiner Septime und kleiner None)
F7b9 wäre f-a-c-eb-gb
Funktion: Stark dominant wegen Tritonus Quinte-None

7#9 (Akkord mit kleiner Septime und übermäßiger None)
F7#9 wäre f-a-c-eb-g#


711 (Akkord mit kleiner Septime, None und Undezime)
F711 wäre f-a-c-eb-g-Bb

7#11 (Akkord mit kleiner Septime, None und übermäßiger Undezime)
F7#11 wäre f-a-c-es-g-b

713 (Akkord mit kleiner Septime, None, ohne(!) Undezime und 13. Die Quinte kann ohne Klangveränderung weggelassen werden)
F713 wäre f-a-c-eb-g-d

mi7 (Moll-Akkord mit kleiner Septime)
Fmi7 wäre f-ab-c-eb
Andere Schreibweisen: F-7

mi6 (Moll-Akkord mit großer Sexte)
Fmi6 wäre f-ab-c-d
Andere Schreibweisen:F-6

0 (Verminderter Akkord)
F0 wäre f-ab-cb-d
Funktion: Dominant-Funktion (verk. Dominantseptakkord)
Andere Schreibweise:07

Andere Akkorde sind möglich, aber ungebräuchlich. Zu den neuen Spannungstönen kommen im modernen Blues neue Akkord-Progressionen. Dazu gehören Sequenz-Dominanten, bzw. II-V-I-Kadenzen. Eine II-V-I-Kadenz besteht ausschließlich aus diatonischen Akkorden, das heißt zum Beispiel, dass alle Akkordtöne einer solchen Kadenz innerhalb von F-Dur auf der F-Dur-Tonleiter wiederzufinden sind. Eine F-Dur II-V-I-Kadenz sähe folgendermaßen aus:

Gmi7 (II. Stufe) - C7 (V. Stufe)- Fmaj7 (I. Stufe, Tonika)

Ein moderner Blues sähe so aus:

|  F6  |   Bb7   |  F6  |  F6  |

| Bb7#9  | B7  |E7 A7|D7 G7|

|  C7  | Bb7  |  F6  |G7 C7|D.C.

Die II-V-I-Kadenz wurde zur hauptsächlich verwendeten Kadenz und viele Jazz-Standards sind ausschließlich auf Sequenz-Dominanten aufgebaut (gutes Beispiel: All of Me). Viele andere basieren auf der Blues-Form.