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Ahnenliste

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Eine Ahnenliste ist die Darstellung der Ahnen eines Probanden in Listenform und damit eine wichtige Ergebnisform der Genealogie. Sie ist der Ahnentafel vorzuziehen, da in ihr wesentlich mehr Daten erfaßt und auch über viele Generationen übersichtlich dargestellt werden können. Es ist zu unterscheiden zwischen Ahnenreihe und Ahnenstamm.

Ahnenreihe

Die Ahnenreihe ist eine Spezialform der Ahnenliste. Sie ist nach Generationen und nicht alphabetisch nach Ahnenstämmen geordnet. In Aufbau und Numerierung folgt die Ahnenreihe den Kekule-Zahlen, d.h. nach dem Probanden kommen in der Liste die beiden Eltern, dann die vier Großeltern usw. Eine solche Form der Darstellung gibt einen guten Überblick über alle gleichzeitig lebenden Ahnen und die verwandtschaftlichen Zusammenhänge der verschiedenen Ahnenstämme.

Ahnenstamm

Der Ahnenstamm bzw. die Stammlinie ist eine Abstammungsfolge, die nur über Männer (Väter) führt und in der in der Regel der Familienname vererbt wurde. Ein Ahnenstamm in einer Ahnenliste beginnt (außer bei einem männlichen Probanden) immer mit einer Ahnfrau, der der Vater, der Großvater usw. folgen. Die Ahnenstämme werden in einer Liste alphabetisch geordnet. Die Angaben zu einer Person werden in folgender Reihefolge geschrieben: Familienname, Vorname(n) (Rufname unterstreichen), Beruf und Stand, Dienststellung, Titel u. ä., Erwerb und Verkauf von Haus und Grundbesitz (möglichst mit genauem Preis und Datum), Steuerleistungen. Dann folgen Geburtsort und -datum sowie Vor- und Zunamen des Partners. Verschiedene Varianten der Schreibweise der Vor- und Familiennamen sind zu belegen, möglichst mit dem Jahr des Auftretens und der Quelle. Zu unterscheiden ist, ob es sich um Geburts- oder Tauftage, Sterbe- oder Begräbnistage, Aufgebot oder Trauung handelt. Auch Stiefahnen sind in der alphabetischen Ordnung der Familiennamen mit allen wichtigen Daten aufzuführen, möglichst auch mit Angabe der Eltern, jedoch ohne Bezifferung. Bei keiner Person sollen Orts- und Zeitangaben fehlen; notfalls müssen sie errechnet oder geschätzt werden. Bei errechneten Daten (z.B. das Geburtsjahr aus dem Sterbealter) sollte (err.) hinzugefügt werden. Unentbehrlich ist die Angabe des Glaubensbekenntnisses. Meist genügt es, das in der Ahnenliste überwiegende Bekenntnis an den Anfang zu setzen und Abweichungen bei einzelnen Personen oder Stämmen zu vermerken. Für Frauen, deren Geburtsname unbekannt ist, werden die bekannten Daten im Zusammenhang mit den Daten des Mannes aufgeführt. Uneheliche Verbindungen werden mit o-o gekennzeichnet, ansonsten wie eheliche behandelt, einschließlich der Bezifferung.

Forschungsmethoden

Jeder Familiengeschichtsforscher beginnt einmal ganz vor, z. B. mit Fragen an die eigenen Verwandten, an Eltern und Großeltern, Onkel und Tanten. In den meisten Familien ist heute ein Familienbuch bzw. Familienstammbuch vorhanden. Die Großeltern, sofern sie noch leben, erinnern sich an ihre eigenen Eltern und Großeltern, wie sie hießen, wo sie wohnten, ihren Beruf und ihr Leben. Sind die eigenen Eltern und Großeltern schon gestorben, können wichtige Hinweise und Details oft unwiederbringlich verloren sein. Vielleicht erinnert sich noch eine ältere Verwandte. Sie ist auch oft die letzte, die noch weiß, wer auf den alten Familienfotos abgebildet ist. Solche Fotos und andere Belege bzw. Dokumente sowie die vom Familiengeschichtsforscher selbst verfaßten Biographien bzw. Lebensbilder der Großeltern und Urgroßeltern oder anderer Verwandten sind der Grundstock für eine spätere Familienchronik.

Inzwischen ist längst das Interesse erwacht, auch etwas über weiter zurückliegende Generationen zu erfahren. Allerdings sind in den wenigsten Familien bereits umfangreichere Unterlagen, z.B. ein alter Ahnenpass, vorhanden. - Bei der Erforschung seiner Ahnen arbeitet der Familiengeschichtsforscher von Generation zu Generation zeitlich rückwärtsschreitend. Ist z.B. aus der Heiratsurkunde der Urgroßeltern von 1892 bekannt, daß die Eltern der Urgroßmutter Agnes Leichsenring, Karl Heinz Leichsenring, Bauer in Reinsdorf bei Zwickau und Christine Wilhelmine geb. Heinze hießen, so findet sich der Geburtseintrag der Urgroßmutter unter den Taufen dieses Paares, z.B. im Taufbuch von Reinsdorf am 18.10.1864, dann die Heirat ihrer Eltern am 26.11.1857. Im Traubuch sind in den meisten Fällen die jeweiligen Väter von Braut und Bräutigam angegeben. Nun wieder zuerst nach der Taufe, dann nach der Heirat usw. gesucht. - Dieses generationsweise Rückwärtsschreiten in der Zeit stößt jedoch bald auf Schwierigkeiten. Ein Bräutigam könnte z.B. aus einem anderen Ort stammen, seine Taufe also nicht in Reinsdorf zu finden sein. Es wird deshalb notwendig, im Totenbuch nach dem Sterbeeintrag zu suchen. Dort ist meist eine Altersangabe zu finden, aus der sich das Geburtsjahr errechnen läßt. Dieses wird vor allem benötigt, um aus mehreren Personen mit oft ähnlichem oder gleichem Namen den richtigen Vorfahren herauszufinden. War er mehrfach verheiratet, ist zusätzlich durch Vergleich mit den Sterbedaten der Stiefmutter die Mutter zu ermitteln. - Von einem bestimmten Punkt an ist Familiengeschichtsforschung ein Hobby, das eine besondere Neigung und leidenschaftliche Arbeit erfordert. Dringt der Familiengeschichtsforscher mit seinen Ermittlungen bis in die Zeit des 17. und 16. Jahrhunderts vor, dann treten immer neue und schwierige Probleme auf, und der Tote Punkt der Forschung wird immer häufiger erreicht. Mit der Verdoppelung der Zahl der Vorfahren in jeder Generation weitet sich das Bild von einer persönlichen Ahnenliste zur Heimatgeschichte, Sozialgeschichte und Bevölkerungsgeschichte ganzer Gemeinden, in denen sich besonders viele Vorfahren konzentrierten.

Nicht jede Eintragung im Kirchenbuch oder Gerichtshandelsbuch braucht wörtlich abgeschrieben oder abgebildet werden. Jeder Familiengeschichtsforscher muß aber lernen, sich alle wesentlichen Angaben zu notieren. - Es empfiehlt sich nicht, einen Ahnenschlauch zu legen. Das ist eine einseitig (zumeist nur in männlicher Folge) geführte, sehr weit zurückreichende Linie. Jeder Forscher sollte eher bestrebt sein, in allen Linien gleichmäßig voranzukommen und sich allmählich Kenntnisse der Quellen und Schreibschriften anzueignen, also versuchen, die der Gegenwart zeitlich nächsten Lücken zu schließen.

Je weiter die Forschung voranschreitet, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit der Ahnengemeinschaft mit anderen Genealogen, die sich in der Ahnenstammkartei des deutschen Volkes feststellen läßt.

Abbruchwahrscheinlichkeit

In jeder Generation verdoppelt sich zwar die Zahl der Vorfahren, je nach Quellenlage und Intensität der Forschung sind aber davon nur ein Teil bekannt. Die Wahrscheinlichkeit, daß von dieser Summe der Vorfahren jemand unbekannt ist, ist Anfang des 20. Jh fast 0,00 (d. h. alle Vorfahren sind bekannt) und nähert sich bis um 1500 in allen nicht-adeligen Klassen und Schichten dem Wert 1,00.

Für die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts ergab eine repräsentative Auswertung von Ahnenlisten der Deutschen Zentralstelle für Genealogie folgende Abbruchwahrscheinlichkeiten: Landbevölkerung 0,31, Stadtbevölkerung 0,28. Bei der Landbevölkerung haben die niedrigsten Werte Adel mit 0,03 und Pfarrer mit 0,11. Die höchsten Werte (um 0,40) weisen mobile Berufe des Landhandwerks und die "Geschulten" auf dem Lande (Schulmeister, Verwalter usw.) auf, bei denen größere Wanderungsentferung mit schlechter Quellenlage gekoppelt sind (siehe territoriale Mobilität und Heiratskreis).

Der Genealoge kann zur wissenschaftlichen Aussagekraft seiner Forschungen beitragen, wenn er nicht nur besonders "interessante" Familien verfolgt, sondern allen Linien in allen Schichten und Klassen mit gleicher Intensität nachgeht.

Register

Ahnenlisten sind ohne Register (Ortsregister und Register der Sonderberufe) unvollständig. Jeder Ort ist durch Angabe des Kreises oder der entsprechenden Verwaltungseinheit eindeutig zu bestimmen, bei Dörfern reicht auch die Lagebeziehung zur nächsten Stadt. Anzugeben ist, auf welchen Zeitpunkt sich die die verwendete politische Gliederung bezieht. Begriffe wie Berufe, Flurnamen usw. sind in der originalen Form wiederzugeben.

Quellenangaben

Bei strittigen Fällen und versteckten Quellen sind die Fundstellen so zu bezeichnen, daß Nachprüfungen möglich sind. An den Schluß gehören Angaben über die benutzten Quellen, sofern diese nicht bereits an den entsprechenden Textstellen genannt sind.

Datensicherung und Veröffentlichung

Zur Sicherung der Daten sind Ahnenlisten mehrfach auszudrucken und in mehreren Exemplaren an verschiedenen Stellen zu archivieren und bei der Deutschen Bibliothek in zwei Exemplaren einzusenden. Eine Ahnenlistensammlung von über 11 000 Ahnenlisten besitzt die Deutsche Zentralstelle für Genealogie in Leipzig.