Peter-Michael Diestel
Peter-Michael Diestel (* 14. Februar 1952 in Prora auf Rügen) ist ein deutscher Rechtsanwalt und der letzte[1] Minister des Innern der DDR im Kabinett von Lothar de Maizière. In seine Amtszeit 1990 fiel die Übergabe der Stasi-Abhörakten über BRD-Politiker an den Verfassungsschutz der BRD.[1] Diestel entstammt einer Offiziersfamilie.[2]
Leben


Diestel war nach einer Berufsausbildung mit Abitur seit 1972 als Schwimmlehrer, Bademeister und Rinderzüchter tätig, bevor er von 1974 bis 1978 Jura an der Karl-Marx-Universität Leipzig studierte. Er wurde als „verdienter Melker des Volkes“ ausgezeichnet.[1] Diestel arbeitete später von 1978 bis 1989 als Leiter der Rechtsabteilung der Agrar-Industrie-Vereinigung Delitzsch. 1986 wurde er aufgrund einer Dissertation über LPG-Recht zum Dr. jur. promoviert.
Im Dezember 1989 war Diestel Mitbegründer der Christlich-Sozialen Partei Deutschlands (CSPD) und im Januar 1990 der rechtskonservativen Deutschen Sozialen Union (DSU), deren Generalsekretär er bis Juni war.
Von März bis Oktober 1990 war Diestel Abgeordneter der Volkskammer und von April bis Oktober stellvertretender Ministerpräsident und als Nachfolger von Lothar Ahrendt Minister des Inneren der DDR. Im Juni 1990 trat er aus der DSU aus und wurde am 3. August[3] CDU-Mitglied. Auf Initiative Diestels wurde am 7. Juni 1990 das Mitglied der Rote Armee Fraktion (RAF) Susanne Albrecht festgenommen, danach wurde die Aufnahme von inaktiven Mitgliedern der RAF in der DDR bekannt.[4]
Kritiker warfen ihm wiederholt in seiner Amtsführung als Innenminister den verharmlosenden Umgang mit ehemaligen Mitarbeitern des MfS oder mit IM vor, die von ihm als Mitarbeiter des Innenministeriums weiter beschäftigt wurden. Des Weiteren soll in der Amtszeit Diestels als DDR-Innenminister eine Vielzahl von Stasi-Akten vernichtet worden sein.
Bei der ersten Wahl des Brandenburger Landtags am 14. Oktober 1990 trat er als CDU-Spitzenkandidat an, unterlag jedoch dem ehemaligen Konsistorialpräsidenten der evangelischen Kirche in Berlin-Brandenburg, Manfred Stolpe von der SPD, der die erste demokratische Landesregierung des wiedergegründeten Landes Brandenburg bildete.
Anschließend gehörte Diestel dem Brandenburgischen Landtag bis 1994 als Mitglied an. Von 1990 bis zu seinem Rücktritt 1992[1], unter anderem wegen der umstrittenen Tankstellen-Privatisierung[5], war er hier als erster Fraktionschef der CDU auch der erste Oppositionsführer im Landtag. Als Mitinitiator des „Komitees für Gerechtigkeit“ regte er den Untersuchungsausschuss zu Manfred Stolpe an – gab hingegen später eine persönliche Ehrenerklärung im Zusammenhang der Vorwürfe zu den bis heute umstrittenen Stasi-Kontakten des brandenburgischen Ministerpräsidenten ab[1]. Diestel veröffentlichte 1993 mit anderen eine Erklärung „Versöhnen statt Vergeltung“[1].
Seit 1993 hat Diestel eine Anwaltskanzlei in Potsdam, weitere Büros leitet er in Berlin, Leipzig und in den mecklenburgischen Orten Güstrow und Zislow, seinem Wohnort.[6]
Diestel arbeitet seit den 1990er Jahren als Rechtsanwalt. Dabei vertrat er auch ehemalige hauptamtliche Stasi-Mitarbeiter, Stasi-IM und unter Doping-Verdacht geratene ehemalige DDR-Sportler und DDR-Sport-Funktionäre. 2004 war er etwa als Rechtsbeistand für den unter den Verdacht der IM-Tätigkeit geratenen PDS-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl in Sachsen Peter Porsch tätig. 2005 übernahm er im Rahmen des Fußball-Wettskandals das Mandat für den Fußballschiedsrichter Torsten Koop. Des Weiteren vertrat er 2005 auch den umstrittenen Leichtathletik-Trainer Thomas Springstein. Diesem wird unter anderem vorgeworfen, Dopingmittel an Minderjährige verabreicht zu haben. Auch will er zur Rehabilitation des mutmaßlichen Dopingsünders Jan Ullrich beitragen, der in den Dopingskandal Fuentes verwickelt ist. 2006 vertrat er den damaligen ARD-Sportkoordinator Hagen Boßdorf, dessen Tätigkeit als IM bekannt geworden war. Am 24. Mai 2007 haben sich Diestel und Ullrich getrennt; strittig ist aber, von wem die Initiative ausging. Während Ullrich-Manager Wolfgang Strohband sagte, Ullrich habe Diestel das Mandat wegen dessen Auftritt im ZDF-Morgenmagazin entzogen, besteht Diestel darauf, dass er selbst das Mandat aufgrund von Meinungsverschiedenheiten niedergelegt habe.[7]
In der VW-Korruptionsaffäre betreffend die Bestechung von VW-Betriebsräten war Diestel Verteidiger des ehemaligen VW-Betriebsratschefs Klaus Volkert. Von 1994 bis 1997 fungierte Diestel außerdem als Präsident des Fußballklubs Hansa Rostock und ist Ehrenpräsident[8] des SC Potsdam.
Werke
- Peter-Michael Diestel, Jürgen Helfricht, Dieter Mechtel: D wie Diestel, Bouvier-Verlag, Bonn 1990, ISBN 3-416-02275-0
- Gregor Gysi, Peter-Michael Diestel, Guido Westerwelle, Gabriele Zimmer: Neue Gespräche über Gott und die Welt, Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2000, ISBN 3-89602-351-9
Literatur
- Hans-Dieter Schütt: Peter-Michael Diestel, „Rebellion tut gut“: ein Populist teilt aus. Dietz-Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-320-01797-7
- Helmut Müller-Enbergs: Diestel, Peter-Michael. In: Wer war wer in der DDR? 5. AusgabeBand 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
- Hannes Hofmann: Diestel. Aus dem Leben eines Taugenichts? Das Neue Berlin, 2010. ISBN 978-3-360-01998-1
Weblinks
- Literatur von und über Peter-Michael Diestel im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Website der Anwaltskanzlei von Peter-Michael Diestel
- Ulle und Diestel: Vom Ende einer großen Liebe
- Landgericht Berlin verurteilt Peter-Michael Diestel wegen Untreue, Berliner Zeitung 2001
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f ddr89.de: Peter-Michael Diestel auf ddr89.de.
- ↑ Munziger online, abgerufen 21. September 2013
- ↑ Wenn es klappt, bin ich heute Mitglied der CDU, komplette Version kostenpflichtig, auf nd-archiv.de, abgerufen 22. September 2013
- ↑ Chronik der Wende, abgerufen 22. September 2013
- ↑ Ulrich Rosenbaum: Wie du mir, so ich dir?, vom 26. Februar 2000
- ↑ Letzter DDR-Innenminister: „Ich bin ein freundlicher Anarchist“ Thüringer Allgemeine, 8. Juni 2011
- ↑ Diestel nicht mehr Ullrich-Verteidiger, Spiegel online 24. Mai 2007
- ↑ Ehrenpräsident des SC Potsdam
| Personendaten | |
|---|---|
| NAME | Diestel, Peter-Michael |
| KURZBESCHREIBUNG | deutscher Politiker (DSU, CDU), MdV, stellvertretender Ministerpräsident und Minister des Inneren der DDR, MdL |
| GEBURTSDATUM | 14. Februar 1952 |
| GEBURTSORT | Prora auf Rügen |