Dune – die erste Trilogie
Dune – die erste Trilogie beschäftigt sich mit den ersten drei Büchern aus dem Dune-Zyklus von Frank Herbert.
Inhalt
Übersicht
Zentrale Figur des ersten Romans (1965, dt. teilw. 1967, vollst. 1978) ist der erst fünfzehn Jahre junge Paul Atreides, der Sohn des Herzogs Leto Atreides und seiner Konkubine Jessica, einer Bene Gesserit. Er wird auf seine Rolle als zukünftiger Herzog vorbereitet, und erlebt, wie der Padischah (pers. پادشاه)-Imperator und das Haus Harkonnen seinen Vater durch Verrat ermorden und ihn und seine Mutter in die Verbannung treiben.
Die beiden flüchten in die Wüste und treffen dort auf die Fremen, das Volk der Wüste. Mit Hilfe der Fremen organisiert Paul den Widerstand gegen die herrschenden Harkonnen. Er kommt in Kontakt mit einer gefährlichen Droge, dem „Wasser des Lebens“. Sie weckt und verstärkt seine hellseherischen Fähigkeiten. Paul wird zum Anführer der Fremen und führt sie als „Messias“ (Mahdi, arab. مهدي) Paul Muad'dib (arab. مؤدٌب mu'addib, "Erzieher") in den Krieg gegen die Harkonnen und den Padischah-Imperator.
Der zweite Roman (1969, dt. 1971) trägt resignative Züge und zeigt das Wahrwerden der schrecklichsten Visionen des zum Imperator gekrönten Paul Muad'Dib. Er konnte den Dschihad, den er vorhergesehen hat, nicht verhindern. Milliarden Menschen sterben in diesem weltenumspannenden Krieg, der in seinem Namen geführt wird. Zentrales Thema des Romans ist die Unmöglichkeit, selbst eines "allwissenden" prophetischen Herrschers einer fanatischen Theokratie Einhalt zu gebieten. Eine Verschwörung zu seinem Sturz lässt Paul als augenlosen Blinden zurück. Er dankt ab und legt die Regierungsgeschäfte in die Hände seiner Schwester Alia. Sie wird Regentin, bis seine Zwillingskinder, Leto und Ghanima, volljährig sind. Gemäß fremenitischer Traditionen geht er, als Blinder nutzlos geworden, in die offene Wüste; - ein rituelles Opfer für Shai'Hulud, den Sandwurm.
Der dritte Roman (1976, dt. 1978) führt das Thema der Zukunftsvision fort. Pauls Kinder, ebenfalls mit seinen visionären Fähigkeiten ausgestattet, treten sein Erbe an. Große Teile des Romans handeln davon, daß Leto die Fehler seines Vaters erkennt und die daraus resultierenden Konsequenzen zu korrigieren versucht. Auch dieser Roman ist in eine Verschwörungshandlung eingebettet. Diverse Machtgruppen, darunter das alte Herrscherhaus Corrino, versuchen Regentin Alia zu stürzen, die wiederum selbst Intrigen gegen die Zwillinge spinnt. Letztlich, zur Rettung der Menschheit, muss Leto den Schritt tun, den sein Vater Paul vermieden hatte. Die Symbiose mit den Sandforellen, einer Vorform der Sandwürmer, macht ihn zwar fast unverwundbar und unsterblich, beraubt ihn jedoch seines Menschseins.
Der Wüstenplanet Band 1 (Dune)
Vorgeschichte
In ferner Zukunft hat die Menschheit Teile des Weltalls besiedelt. Die Menschen leben in einer feudalistisch organisierten Gesellschaft, an deren Spitze der Padischah-Imperator und die, im Landsraad zusammengeschlossenen, Großen Häuser stehen. Seit Äonen, genauer, seit Butlers Dschihad (der Kreuzzug gegen künstliche Intelligenzen) sind Computer, die den Menschen das Denken abnehmen, verpönt. Das hat in einzelnen Gesellschaftsgruppen zu einer enormen geistigen Entwicklung geführt. Stellvertretend seien hier die Mentaten, die Gilde und die Bene Gesserit genannt. Sie stellen gemeingesellschaftlich bedeutende spirituelle und wirtschaftliche Machtfaktor dar, repräsentieren gleichzeitig aber stets ein spezifisches Gruppeninteresse. Die Bene Gesserit, eine weibliche Ordensgemeinschaft, versuchen beispielsweise durch ein genetisches Ausleseprogramm den Übermenschen Kwisatz Haderach („Abkürzung des Weges“; wohl zu hebr. קפיצת הדרך) hervorzubringen während die Gilde, nichts unversucht lässt, ihr Monopol auf die interstellare Raumfahrt zu schützen.
Vor diesem Hintergrund spielt sich der Konflikt um den unwirtlichen Wüstenplaneten Arrakis ab. Protagonisten sind das Haus Atreides und, das insgeheim vom Imperator unterstützte, durch und durch verkommene Haus Harkonnen. Auf Arrakis wird das unverzichtbare Gewürz Melange geerntet, eine bewusstseinserweiternde und lebensverlängernde Droge, die sowohl für die interstellare Raumfahrt, als auch für die Ehrwürdigen Mütter der Bene Gesserit, von immenser Bedeutung ist. Das Imperium würde ohne Melange nicht existieren.
Herzog Leto Atreides wird von Imperator Shaddam IV. die Lehensherrschaft über Arrakis übertragen. Lady Jessica, eine abtrünnige Bene-Gesserit-Schwester, hat, gegen den Befehl der Schwesternschaft, ihrem Geliebten Herzog Leto vor 15 Jahren einen Sohn (Paul) statt der angeordneten Tochter geboren.
Die ehrwürdige Bene Gesserit-Mutter Gaius Helen Mohiam prüft Paul, auf seine Menschlichkeit und ob er das Potential zum Kwisatz Haderach in sich trägt.
Handlungstragende Figuren und Gruppen
- Herzog Leto I., Oberhaupt des Hauses Atreides, der neue Lehnsherr des Wüstenplaneten, Vater von Paul und Alia.
- Paul Atreides, Sohn von Leto I. und Jessica, als Paul Muad'Dib Anführer des Fremenaufstandes gegen die Harkonnen.
- Alia Atreides, Schwester von Paul, tötet den Baron Harkonnen mit einem Gom Jabbar.
- Lady Jessica, eine Bene Geserrit, offizielle Konkubine des Herzogs, Mutter von Paul und Alia.
- Shaddam IV. Corrino, Imperator und heimlicher Unterstützer der Harkonnen.
- Irulan, Tochter des Imperators, später nominelle Gattin von Paul Muad'Dib.
- Baron Wladimir Harkonnen, der Todfeind der Atreides. Aktueller Herrscher über den Wüstenplaneten.
- Feyd-Rautha Harkonnen, Neffe des Barons, stirbt im finalen Messerduell mit Paul Muad'Dib.
- Piter deVries, verderbter Assasinen-Mentat der Harkonnen.
- Gurney Halleck, Sänger, Dichter und Baliset-Virtuose, erfahrener Offizier der Atreides.
- Duncan Idaho, Schwertmeister und Offizier der Atreides, Lehrer und Ausbilder von Paul.
- Thufir Hawat, Krieger Mentat und Sicherheitschef der Atreides
- Stilgar, Naib des sietch Tabr.
- Chani, Tochter des Planetologen Liet Kynes, offizielle Konkubine von Paul Muad'Dib und Mutter seiner Kinder
- Bene Gesserit, ein Schwestern-Orden
- Die Raumgilde, und ihre Navigatoren organisieren den interstellarer Raumflug.
- MAFEA, Interstellare Handelsorganisation.
- Landsraad, politische Organisation der Großen Häuser.
- Sardaukar, Elitetruppen des Imperators.
- Fremen, die Bewohner der Wüsten auf Arrakis.
Ankunft auf Arrakis
Unmittelbar nach der Ankunft auf Arrakis müssen die Atreides feststellen, dass ein Angriff auf den Planeten bevorsteht. Verschlüsselte Nachrichten aus Arrakeen ins umliegende Gebirge, die Geheim-Nachricht einer Bene Gesserit an Jessica, eine abgefangene Lieferung Lasguns, der Anschlag auf Pauls Leben, Informationen der Fremen über einen Verräter in den eigenen Reihen, sprechen eine deutliche Sprache. Der plumpe Versuch der Harkonnen, Lady Jessica als die Verräterin zu brandmarken und die Zerstörung einer Gewürzfabrik tun ihr übriges dazu. Um die Lage zu stabilisieren bahnen die Atreides politische Beziehungen zu den Fremen an. Nach einer Unterredung zwischen dem Fremenführer Stilgar und Leto Atreides, wird Duncan Idaho als Botschafter zu den Fremen entsandt. Den imperialen Planetologen Kynes fasziniert die offen vorgetragene Idee der Atreides, aus Arrakis einen fruchtbaren Planeten zu machen. Er ist eingeborener Freme und sammelt seit Generationen mit seinem Volk, im Geheimen, Wasser, um den Planeten wieder fruchtbar zu machen. Gurney Halleck kontaktiert die Schmuggler, die illegal Gewürz sammeln und verkaufen. Leto bietet an, sie zu tolerieren, wenn sie eine geringfügige Steuer zahlen. Er hat wichtigere Probleme, als sich mit einigen Schmugglern herum zu schlagen.
Angriff auf Arrakis
Das Geschlecht des Baron Wladimir Harkonnen, ist seit Generationen mit dem der Atreides verfeindet. Die Arrakis-Falle entwickeln der Baron und sein Mentat zur ultimativen Vernichtung der Atreides. Dabei können sie auf die diskrete Unterstützung des Imperators zählen, der in dem, beim Landsraat und beim Volk extrem beliebten Leto, einen gefährlichen Konkurrenten sieht. Bei der Rückeroberung von Arrakis stehen imperiale Sardaukar in Harkonnen-Uniform in vorderster Front. Hauptsächlich aber stützt sich der Angriff gegen die Atreides auf Verrat. Den Harkonnen gelingt es, durch Erpressung, die kaiserliche Konditionierung des Suk-Leibarztes der Familie, Dr. Yueh, zu korrumpieren. Dieser deaktiviert den Verteidigungsschild von Arrakeen und setzt Herzog Leto mit einem Lähmer außer Gefecht. Mit einem künstlichen Giftgas-Zahn gibt der Verräter ihm jedoch die Gelegenheit, sich am Baron zu rächen. Der Versuch scheitert tötet aber den Mentaten Piter deVries. Nun greifen die Harkonnen mit Lasguns und Artillerie den Planeten an. Der Plan des Barons geht zu großen Teilen auf. Der Herzog ist tot, aber mit Hilfe des verräterischen Dr. Yueh gelingt Lady Jessica und ihrem Sohn Paul die Flucht in die Wüste.
Flucht zu den Fremen
Über Umwege erreichen sie einen Außenposten der Atreides, werden jedoch von den Sardaukar entdeckt. Der kaiserliche Planetologe Liet Kynes hilft Paul und Jessica weiter zu fliehen. Beim Versuch diese Flucht zu schützen wird Duncan Idaho getötet. Als die Harkonnen die Doppelrolle von Kynes entdecken, setzen sie ihn ohne Destillanzug in der Wüste aus. Paul und Jessica fliegen mit ihrem Ornithopter in einen Sandsturm und werden für tot erachtet. Von Hitze und Sandwürmern geplagt, werden sie schließlich von einem Spähtrupp der Fremen, den Bewohnern der Wüste, abgefangen. Nach einem gefährlichen Aufnahmeritual werden die beiden zum Sietch Tabr gebracht, der vom Naib Stilgar geführt wird.
Leben bei den Fremen
Paul lernt Chani, eine Freme und Tochter von Liet Kynes, kennen und lieben. Im Sietch erfährt er Leben und Kultur der Fremen. Er trifft dabei auf gut ausgebildete Kämpfer mit gewaltiger Kampfkraft und Mut. Was ihnen fehlt sind waffenlose Kampftechniken, moderne Taktik und Strategie. Die lehrt er die Fremen und sie lehren ihn das Überleben in der Wüste. Jessica wird zur Ehrwürdigen Mutter der Fremen geweiht und bringt Pauls übernatürlich begabte Schwester Alia zur Welt. Es vergehen 3 Jahre. Paul steigert mit Hilfe des Gewürz seine hellseherischen Fähigkeiten. Widerwillig lässt er sich zum Mahdi der Fremen (Lisan al-Gaib, „Stimme der Außenwelt“, arab. لسان الغيب) erklären. Für ihre Hilfe beim Kampf gegen die Harkonnen verspricht er ihnen, die Beschleunigung der ökologischen Umwälzung des Planeten hin zu einem grünen Planeten. Mit seiner Fremen-Armee wird er zum ernst zu nehmenden Gegner der Harkonnen und des Imperators. Baron Harkonnen reagiert mit brutaler Gewalt und versucht die Fremen auszurotten. Bei einem Streifzug in der Wüste trifft Paul wieder auf Gurney Halleck, der bei den Schmugglern untergeschlüpft war. Chani gebiert Pauls ersten Sohn, doch bei einem Angriff der Sardaukar wird dieses Kind getötet und Alia verschleppt.
Rückeroberung des Planeten
Schließlich versammeln sich der Imperator, der Baron und die anderen großen Häuser auf Arrakis, um die Gewürz-Produktion wieder in Gang zu bringen. In diesem Moment bläst Paul, mittlerweile als Paul Muad’Dib bekannt, zum Angriff. Mit Atomwaffen wird der schützende Schildwall der Hauptstadt Arakeen zerstört. Dann greift er mit Dutzenden von Sandwürmern die kaiserlichen Truppen an. Die gefangene Alia tötet den Baron Harkonnen mit einem Gom-Jabbar.
Paul setzt Shaddam IV fest. Er droht mit der Vernichtung der gesamten Melange durch das sogenannte "Wasser des Todes" und fordert den Thron des Imperiums. Nach dem finalen Messer-Duell mit Feyd, dem missratenen Neffen des Barons, willigt er in eine Ehe mit Shaddams Tochter, Prinzessin Irulan, ein und wird zum neuen Imperator. Seiner einzig wahren Liebe, der Konkubine Chani, hält er die Treue. Sie, so sagt seine Mutter voraus, würde die Geschichte einst seine Gattin nennen. Den vorhergesehenen Djihad der fanatisierten Fremen-Armeen kann er nicht aufhalten. Sie brechen auf, das Universum zu erstürmen.
Implikationen
Unter der Oberfläche dieser recht einfachen Geschichte verbergen sich eine Vielzahl verschiedener Reflexionsebenen, die Herbert übereinander schichtet, um das zentrale Problem des Dune-Zyklus multiperspektivisch zu beleuchten: Die Beziehung zwischen Stagnation und Fortschritt in der menschlichen Gattungsgeschichte. Eng verknüpft mit philosophischen und politisch-theoretischen Überlegungen arbeitet er sich hier an der Figur Paul Atreides ab. Als unvorhergesehenem Produkt des Bene Gesserit Zuchtprogramms verfügt dieser über die Gabe der weitreichenden Prophetie. Welchen Einfluss diese Gabe auf seine Handlungskompetenz nimmt und wie jede getroffene Entscheidung den Möglichkeitsrahmen zukünftiger Entwicklungen einengt ist die Frage, die es zu beantworten gilt.
Der Herr des Wüstenplaneten Band 2 (Dune Messiah)
Vorgeschichte
Jahre sind ins Land gegangen, seit Paul Muad'Dib den Thron bestiegen hat und seine Fremen-Armeen aufgebrochen sind, das Universum zu verheeren. Milliarden Menschen sind durch den Krieg getötet worden. Obwohl er diesen Djihad nie wollte, hat er ihn inspiriert und kann ihn nicht mehr stoppen. Vom Wüstenplaneten Arrakis aus gebietet Paul als Imperator über alle Welten am Himmel. Die Kontrolle der Gewürz-Produktion sichert, dass andere Großen Häuser nicht zu mächtig werden. Eine neu entstandene Religion, die ihn als Messias preist, überzieht, im Kielwasser des Djihad, das Universum mit zahllosen Missionaren und Priestern. Pauls Konkubine, Chani, versucht seit Jahren erneut schwanger zu werden, aber Pauls Ehefrau, Prinzessin Irulan, sabotiert das durch die heimliche Gabe empfängnisverhütender Mittel.
Handlungstragende Figuren und Gruppen
- Paul Atreides, als Paul Muad'Dib neuer Imperator.
- Alia Atreides, Schwester von Paul, Hohepriesterin der neuen Religion um Muad'Dib.
- Irulan, eine Bene Gesserit, nominelle Gattin des Imperators, unterstützt die Verschwörung gegen ihn.
- Duncan Idaho Ghola, unter dem Namen Hayt ein Geschenk der Tleilaxu an den Imperator.
- Stilgar, Naib des Sietch Tabr, Kommandeur des Djihad.
- Chani, offizielle Konkubine von Paul Muad'Dib und Mutter von Leto II und Ghanima.
- Scytale, ein Tleilaxu-Gestaltwandler, Teil der Verschwörung gegen Muad'Dib.
- Edric, ein Gildenavigator, schützt die Verschwörung gegen den Imperator.
- Bene Gesserit, ein Schwestern-Orden
- Die Raumgilde, und ihre Navigatoren organisieren den interstellarer Raumflug.
- Tleilaxu, auf Genmanipulation spezialisierte Gemeinschaft, Hersteller der Duncan-Idaho-Gholas
Kinderwunsch
Damit Pauls Nachkommenschaft und damit die Thronfolge endlich gesichert wird beginnt Chani, um schwanger zu werden, mit einer strengen Fremen-Diät. Dieser Diät kann Irulan keine Verhütungsmittel mehr zumischen und Chanis Schwangerschaft ist unvermeidlich. Paul kennt alle Pläne seiner Feinde. Er verhandelt mit der Ehrwürdigen Mutter Mohiam um die Zukunft von Mutter und Kind. Er bietet der Schwesternschaft ein Kind von Irulan und damit weiteren Zugriff auf die Atreidische Blutlinie an. Seine Bedingung ist allerdings, dass die Bene Gesserit die Zeugung per künstlicher Befruchtung akzeptieren. Ein "Ja" zu diesem Angebot würde die ethischen Grundlagen der Bene Gesserit tief erschüttern. Mohiam bittet um Bedenk- und Beratungszeit.
Die Intrige
Die Raumfahrergilde entsendet einen neuen Botschafter nach Arrakis. Das ist der erste Schritt im Komplott zur Ermordung des Imperators, das mit Unterstützung Prinzessin Irulans geschmiedet wurde. Die Tleilaxu haben im Auftrag der Gilde einen Ghola, ein genetisches Replikat, von Pauls engstem Freund Duncan Idaho geschaffen. Der neue Botschafter schenkt dieses Wesen dem Imperator, bei seinem Antrittsbesuch. Ein geheimes Codewort, das Paul selbst aussprechen wird, soll diesen Ghola dazu veranlassen, den Imperator zu töten.
Chani erfährt, dass sie in all den Jahren von Prinzessin Irulan mit empfängnisverhütenden Mitteln vergiftet wurde und deshalb eine Risikoschwangerschaft hat, die zu ihrem Tod führen kann.
Der Angriff auf Paul, Chani und seine Kinder
Ein alter Fedaykin, Mitglied der früheren Todeskommandos Muad'Dibs, erhält Besuch vom Tleilaxu Gestaltwandler Scytale. Der Fedaykin wird umgebracht. Seine Tochter stirbt ebenfalls und Scytale nimmt ihre Gestalt an. Als junge Frau bittet er Muad'Dib und Chani um ein Treffen mit ihrem Vater. Im Haus der Familie sollen Informationen über eine Verschwörung Freier Fremen weitergegeben werden. Paul, der die Scharade durchschaut, geht, aber alleine. Am angegebenen Ort begegnet er dem Zwerg Bijaz der, als lebendes Distrans, angeblich die Namen der Verschwörer wiedergeben kann. Beim Rückzug wird Paul von einem Steinbrenner, einer nuklearen Waffe, geblendet. Seine umfassenden Visionen ersetzen ihm allerdings das Augenlicht, so dass er wie ein Sehender agieren kann.
Chanis Schwangerschaft verläuft problematisch, sie zieht sich mit Paul nach Sietch Tabr zurück. Chani bringt Zwillinge zur Welt, stirbt aber bei der Geburt an einem Blutsturz. "Sie ist nicht mehr," mit diesem Satz kommentiert Paul den Tod Chanis und aktiviert damit das Gholaprogramm Duncan Idahos. Seine Instruktionen besagen, dass er jetzt Paul zu töten hat. Seine Liebe und Loyalität zu den Atreides macht ihm den Mord unmöglich. Statt dessen kehren die Erinnerungen an sein früheres Leben zurück. Er wird zu dem was der er immer schon war. Scytale, immer noch in der Frauengestalt droht, die Kinder zu töten. Er bietet einen Pakt mit den Tleilaxu an und verspricht Paul einen Ghola seiner Chani. Paul tötet den Gestaltwandler. Nun tritt der Zwerg auf den Plan und erneuert dieses Angebot. Bevor er schwach wird, bittet Paul den Duncan Idaho Ghola, Bijaz zu töten.
Ausklang
Wie es die alten Gesetze von einem blinden Fremen verlangen, zieht Paul allein in die Wüste hinaus. Der Djihad ist gestoppt. Die Zwillinge erhalten die Namen Leto II. und Ghanima. Sie werden von Stilgars Frau und Irulan großgezogen. Alia herrscht in ihrem Namen.
Implikationen
Moralische Überlegungen zu genetischen Experimenten, wie den Gholas, Überlegungen zur Handlungsfreiheit und Fragen von Herrschafts- und Gesetzgebungsverfahren stehen im Mittelpunkt dieses Buches.
„Was sind Gesetze? Versuche, die Raubtiernatur des Menschen zu sozialisieren? Das Bemühen von Machtgruppen, ihre usurpierte Herrschaft zu legalisieren? Mittel zur Durchsetzung und Zementierung von Minderheiteninteressen? Du darfst dir die Gesetze nicht zu genau ansehen. Tust du es, wirst du enttäuscht und empört sein, und die Ruhe im Lande, die dir bisher als eine heitere Ruhe erschienen war, wird Leichengeruch annehmen.“ Paul Muad`dib.
Mit diesen resignativ bitteren Überlegungen läßt sich eigentlich die Stimmungslage dieses Bandes treffend zusammenfassen.
Die Kinder des Wüstenplaneten Band 3 (Children of Dune)
Vorgeschichte
Etwa neun Jahre sind seit dem Verschwinden Muad'Dibs vergangen; die Imperiale Regentin Alia, mittlerweile mit Duncan Idaho verheiratet, herrscht im Namen der Kinder ihres Bruders, Leto II und Ghanima, über das Imperium. Die Härte, mit der sie dabei zu Werke geht, sorgt für immer größere Unruhen im Herrschaftsgebiet. Das Haus Corrino unter Wensicia und deren Spion, dem Priester Javid, schürt diese Unzufriedenheit. Diesen kritischen Zeitpunkt wählt Lady Jessica für einem Besuch ihrer Enkel auf dem Wüstenplaneten. In Arrakeen (der Hauptstadt von Arrakis) taucht ein blinder Prediger aus der Wüste auf und predigt gegen Alia und die Missstände im Imperium.
Handlungstragende Figuren und Gruppen
- Leto II. Atreides, geht eine Symbiose mit den Sandforellen ein, stürzt seine Tante Alia, wird neuer Imperator.
- Ghanima Atreides, Schwester und später offizielle Gattin von Leto II., setzt die Linie der Atreides mit Farad’n Corrino fort.
- Farad’n Corrino, Nachkomme von Ex-Imperator Shaddam IV, nennt sich später Harq al-Ada.
- Der Prediger, Paul Atreides, inzwischen erblindet, predigt gegen die Herrschaft seiner Schwester Alia.
- Alia Atreides, Regentin des Imperiums bis zur Volljahrigkeit der Atreides-Zwillinge.
- Lady Jessica, eine Bene Geserrit, Mutter von Paul und Alia, kehrt nach Arrakis zurück um ihre Enkel zu unterstützen.
- Irulan, Witwe des verschwunden Paul Muad'Dib, erzieht die Zwillinge
- Baron Wladimir Harkonnen, der Todfeind der Atreides, beherrscht die besessene Regentin Alia.
- Duncan Idaho Ghola, Ehemann von Alia, opfert sich um Stilgars Neutralität zu erschüttern.
- Stilgar, Naib der Fremen, Beschützer von Leto II und Ghanima.
- Bene Gesserit, ein Schwestern-Orden
Die Missstände werden misslicher
Die von Irulan aufgezogenen Kinder Leto und Ghanima wissen genau um die Machtspiele ihrer, langsam in den Wahnsinn abdriftenden, Tante Alia. Sie freuen sich auf das Wiedersehen mit ihrer Großmutter, Lady Jessica, gedenken jedoch, dieses Ereignis für ihre eigenen Pläne zu nutzen. Vor Selbstmitleid zerfließend, gibt Alia ihrer Mutter Jessica die Schuld an ihren massiven mentalen Problemen. Wegen mangelnder Ausbildung droht die übermächtige Präsenz der Erinnerungen ihrer Vorfahren sie zu überwältigen. Ihr Großvater, Baron Wladimir Harkonnen, die Inkarnation des Bösen selbst, bietet sich als ihr Mohalata-Führer an, den Ahnenterror in Grenzen zu halten. Für diese Leistung fordert der natürlich eine Gegenleistung. Es beginnt mit gelegentlichem Kontakt zu Alias Sinnen und endet mit der völligen Dominanz ihres Bewusstseins. Die Terrorherrschaft über das Imperium entspringt seiner Initiative. Destruktiver im Sinne der Machterhaltung ist die Ignoranz, die er Alia gegenüber den ökologischen Umwälzungen des Wüstenplaneten einimpft. Ohne massive Intervention wird Arrakis zum grünen Planeten werden. Die Wüste, die Würmer und damit die Quelle für das Gewürz, würden vernichtet. Das Gewürz ist der Hebel, mit dem die Atreides Macht ausüben. Ohne diesen Hebel endet die Herrschaft der Atreides, das wäre der ultimative Sieg der Harkonnen.
In diesem geistigen Zustand organisiert Alia zwei Attentate auf ihre Mutter, die beide fehlschlagen.
Die Kinder fliehen
Leto und Ghanima sehen die Zukunft und darin Alias Besessenheit. Sie bereiten ihre Flucht vor. Die Kinder verlassen Sietch Tabr und werden, gemäß dem Plan der Corrino-Verschwörer, von zwei Tieren angegriffen, die Herbert "Laza-Tiger" nennt. Die Tiere wurden von Wensica Corrino konditioniert und über Neuroimplantate gelenkt. Die Zwillinge retten sich in eine Felsspalte und töten anschließend beide Tiger. Dabei bleibt Ghanima schwer verletzt zurück während Leto in der Wüste verschwindet. Ghanima kehrt zurück zum Sietch und schwört, dass Leto getötet worden sei.
Lady Jessica lässt sich von Duncan Idaho freiwillig nach Salusa Secundus, dem Exilplaneten des Hauses Corrino, entführen. Sie soll und wird Wensicias Sohn, Prinz Farad'n, unterrichten und in die Geheimnisse der Bene Gesserit einweihen.
Die Metamorphose
Von Gurney Halleck gefangen wird Leto verschiedenen Prüfungen unterzogen, die sicherstellen sollen, dass er nicht, wie seine Tante Alia, besessen ist. Leto entkommt der Prüfungshaft, indem er eine Symbiose der Sandforellen mit seiner menschlichen Haut zulässt. Diese Verbindung verändert seinen Metabolismus total. Er verfügt nun über übermenschliche Fähigkeiten, kann sich extrem schnell bewegen, Felsen mit bloßen Händen zermalmen, monströse Gewichte heben und ist immun gegen Waffen und Gift aller Art. In der Folge führt Leto einen Ein-Personen-Guerillakrieg gegen Alia und zerstört systematisch die Bewässerungsanlagen auf Arrakis. In der Wüste trifft er seinen Vater, den blinden Prediger. Sie erkennen einander und ringen um die Vorherrschaft über die Vision für die Zukunft der Menschheit. Leto setzt sich durch, weil er mit dem Verlust seiner Menschlichkeit einen höheren Preis zahlt. Diese "Vision" beschreibt Herbert als wirkmächtiges Konzept, das sich durch die Person des Herrschers verwirklicht. Sie ist eine Mischung aus rationaler Planung und quasimystischer Prophetie die allerdings auch als Ergebnis von sehr komplexer natürlicher Überlegung gedeutet werden kann.
Baron Harkonnen übernimmt die Macht
Der Einfluss Baron Harkonnens auf Alias Geist ist inzwischen so stark, dass er sie befehlen lässt, Duncan Idaho zu töten. Der entkommt dem Anschlag, bringt allerdings Stilgar, um dessen neutrale Haltung zu korrumpieren, durch extreme Provokation dazu ihn zu töten. Nachdem er nun Alias Ehegatten getötet hat, flüchtet Stilgar in einen verlassenen Sietch in der Wüste. Zwischen den Fremen bricht ein Bürgerkrieg aus. In einer Kommandoaktion gelingt es Alias Truppen, Ghanima zu entführen.
Der blinde Prediger kommt erneut in die Hauptstadt und predigt gegen Alia. Er löst damit einen Tumult aus, und wird von einem Fanatiker ermordet.
Im Regenten-Palast wird gleichzeitig die Vermählung von Farad’n und Ghanima vorbereitet. Da tritt Leto auf den Plan. Seine Metamorphose hat begonnen, er ist noch stärker geworden und tritt seiner besessenen Tante Alia entgegen. Vor die Wahl gestellt, eine fremenitische Bessenheitsprüfung abzulegen oder sich selbst umzubringen, findet sie die Kraft, dem verderblichen Einfluss des Barons zu widerstehen. Alia wählt den Freitod und ist endlich erlöst.
Ausklang
Leto ist wegen seiner Metamorphose unfruchtbar, heiratet jedoch aus politischen Gründen seine Schwester. Um die Linie der Atreides am Leben zu halten, billigt er jedoch die Partnerschaft zwischen Ghanima und Farad’n Corrino. Ghanima sieht Letos langen Leidensweg als Gottkaiser des Wüstenplaneten voraus. Sie bemitleidet ihn wegen seines verlorenen Menschseins und der daraus resultierenden unendlichen Einsamkeit. Leto wird mehrere tausend Jahre leben und regieren, und selbst bei seinem Ende, dem Zerfall in Millionen Sandforellen, wird in jeder von ihnen ein kleiner Teil seines Bewusstseins eingeschlossen sein. Der Wüstenplanet wird ein fruchtbarer, bewohnbarer Planet, der aber wegen seines neuen Wasserreichtums unbewohnbar für den Sandwurm ist. Seine Herrschaftsbasis, das Gewürz, sichert Leto durch strikte Rationierung der noch verbliebenen Vorräte. In den nächsten 3500 Jahren wird damit belohnt, wer ihm gehorcht und mit Entzug bestraft, wer Widerstand leistet. Die als "Goldener Pfad" bezeichnete Vision zur Sicherung des Überlebens der Menschheit nimmt ihren Anfang.
Implikationen
Die Kinder des Wüstenplaneten handeln zuvorderst um das Problem des Erinnerns. Welche Auswirkungen kann genealogisches Erinnerungsvermögen haben, wenn es auf ein instabiles Bewußtsein trifft? Unter welchen Bedingungen ist ein Gleichgewicht zu halten zwischen der Kraft des Gewesenen und den Erfordernissen des Jetzt?
Daneben beschäftigt sich Herbert ebenso intensiv mit den Problemen, die stark bürokratisierte Regierungs- und Religionssysteme provozieren. Dergestalt überprüft er religiösen Fundamentalismus, also ein elementares Problem der Gegenwart, auf seine möglichen Entstehungsmechanismen und seine Antworten klingen oft zynisch, sind jedoch treffsicher. In der Figur von Leto II beleuchtet Herbert außerdem die Frage, wie sich eine Person entwickelt, die gegen Widerstände zur Macht gelangt.
„Wenn ich die Erinnerungen meiner Ahnen durchreise, erfahre ich viele Dinge. Die Muster, ahh, die Muster. Die liberalen Heuchler sind diejenigen, die mir den meisten Kummer machen. Ich mißtraue den Extremen. Kratze an einem Konservativen, und du findest jemanden, der die Vergangenheit der Zukunft vorzieht. Kratze an einem Liberalen, und du findest einen verkappten Aristokraten. Es stimmt! Liberale Regierungen entwickeln sich stets zu Aristokratien. Die Bürokraten mißbrauchen die wirklichen Absichten der Menschen, die sie eingesetzt haben. Die kleinen Leute, die Regierungen an die Macht lassen, die versprochen haben die sozialen Lasten gleichmäßig zu verteilen, finden sich plötzlich in den Händen bürokratischer Aristokraten wieder.“ (Die verlorenen Journale, Leto II)
Hintergrundgeschichten
Dieses Kapitel beschäftigt sich mit Themen der ersten Trilogie, die sich in den folgenden Bänden wiederfinden und sozusagen grenzüberschreitend wirken.
Der Zuchtplan der Bene Gesserit, wie er außer Kontrolle gerät, und was daraus wird.
Jede Bene Gesserit muß, um eine solche werden zu können, die sogenannte Agonie durchmachen. Der Kontakt mit dem „Wasser des Lebens“, einem giftigen Katalysator bringt sie dabei in Kontakt mit den genealogischen Erinnerungen ihrer Vorfahren aus der weiblichen Linie. Gelingt es ihr, den Katalysator zu neutralisieren und die Gewalt des Erinnerten zu überleben, ist sie eingeweiht und Teil des Ordens. Männern gelingt es nicht, die Agonie durchzustehen.
Der Zuchtplan der Bene Gesserit besteht schon seit Tausenden von Jahren mit dem Ziel, einen männlichen Bene Gesserit zu erzeugen. Dieser sogenannte Kwisatz Haderach („Abkürzung des Weges“) soll, wenn er denn da ist, sowohl die weibliche, als auch die männliche Genealogie erinnern können. Außerdem soll er ein absolut zuverlässiges Orakel verkörpern.
Grundlagen des Zuchtplans der Bene Gesserit ist die sogenannte Stammrolle, ein umfassendes Archiv der Eigenschaften verschiedener Blutlinien, die im Laufe der Geschichte miteinander verkreuzt wurden.
Da die Rolle der Bene Gesserit als politische Mediatoren, sie in nahezu jedes Hohe Haus bringt, sind ihre Vertreterinnen oftmals mit den jeweiligen Herrschern verheiratet. Womit die Kontrolle der Zuchtergebnisse nicht schwerfällt.
Während der letzten Generationen schien der Zuchtplan seiner Vollendung zuzustreben. Alles spitzte sich auf die beiden Blutlinien der Atreides und Harkonnen zu.
Lady Jessica, Tochter von Baron Harkonnen, sollte mit Leto Atreides eine Tochter zeugen, die wiederum mit einem Harkonnensohn den Kwisatz Haderach zeugen würde. Soweit die Theorie.
In der Praxis wird Jessica zur gefallenen Schwester. Sie verliebt sich in ihren Herzog und gebiert ihm, statt der befohlenen Tochter, den ersehnten Thronfolger. Sie handelt gegen die Interessen der Schwesternschaft und sie läßt tiefer gehende Gefühle zu, damit begeht sie eine doppelte Todsünde.
Der ungeplante Paul Atreides weist alle Eigenschaften des Kwisatz Haderach auf, weigert sich aber, diese Rolle in letzter Konsequenz anzunehmen. Seine Schwester Alia erleidet schon im Mutterleib einen Agonieanfall. Sie wird von den Geistern ihrer Ahnen überschwemmt und letztlich von Baron Harkonnen übernommen. Als „Abscheulichkeit“ kommt sie für die Bene Gesserit natürlich nicht mehr als Zuchtobjekt in Frage. Nachdem Paul mit Feyd Harkonnen den letzten männlichen Kreuzungspunkt des Bene Gesserit Zuchtprogramms tötet, ist es um den großen Plan geschehen. Alles was danach passiert, obliegt nicht mehr ihrer Kontrolle.
Leto II und seine Zwillingsschwester Ghanima sind beide potentielle Kwisatz Haderach. Das Leto letztlich in diese Rolle schlüpft ist dem Zufall geschuldet. In seiner neuen Hybridnatur als Mensch/Wurm, konfrontiert er die Bene Gesserit und die gesamte übrige Menschheit, mit der brutalen Realität der Kwisatz Haderach-Idee. Absolute visionäre Fähigkeiten führen zu absoluter Kontrolle. Absolute Kontrolle führt zu totaler Stagnation und sei es in Frieden und Sicherheit. Herbert lässt Leto II 3500 Jahre lang leben und regieren, seine als "Goldener Pfad des Gottkaisers" bezeichnete prophetische Vision besteht aus rationaler Planung und einer über einfache Rationalität hinausgehende Vorausschau, die sich auch als aktiv geförderte und damit selbsterfüllende Voraussage interpretieren lässt. Während dieser Zeit initiiert er sein eigenes Zuchtprogramm. Er sucht Menschen, die sich der visionären Kontrolle entziehen und hat am Ende damit Erfolg.
Ökologische Veränderungen des Wüstenplaneten und ihre Konsequenzen
Lange bevor die Atreides nach Arrakis kamen, arbeiteten die Fremen daran, den Planeten menschenfreundlicher zu machen. Inspiriert von der Vision des kaiserlichen Planetologen Pardot Kynes bauten sie Windfallen, um Wasser durch Kondensation zu gewinnen, züchteten Pflanzen und versuchten so, den Wasserhaushalt des Planeten zu manipulieren.
Sein Sohn Liet, ein geborener Freme, setze das väterliche Werk fort. Er verspricht, dass es in wenigen Dutzend Generationen möglich sei, den Planeten fruchtbar zu machen. Nur 15% der Oberfläche müßten durch menschliche Einwirkung umgewandelt werden, dann würde sich die ökologische Umwälzung verselbständigen. Die Kindeskinder seiner Fremen sollten erleben, was Regen ist.
Die Machtübernahme der Atreides beschleunigt diesen Prozess ungemein. Sie hatten ihren Verbündeten versprochen, mit Geld und Material die Umgestaltung voran zu treiben.
Im dritten Band ist die ökologische Veränderung in vollem Gang und mit ihr die soziale. Die sich ändernde Ökologie zieht eine Änderung der fremenitischen Lebensweise nach sich.
Ohne die zwingende Notwendigkeit zur Wasserdisziplin erodieren auch die anderen zwanghaften Traditionen, die die Fremengesellschaft zu dem gemacht hatten, was sie war. Aus Sicht der Traditionalisten wird das als dekadent geschildert, aus menschlicher Perspektive findet man darin Freiheit, Schönheit und Leichtigkeit.
Egal, wie man es einordnet, letztlich erkennt Leto II, daß die ökologische Umwälzung eine verheerende Konsequenz nach sich zieht. Der geänderte Wasserhaushalt des Planeten bedroht das Überleben der Würmer, den einzigen Erzeugern der unersetzlichen Melange. Ohne Gewürz keine interstellare Raumfahrt, ohne Gewürz keine drogeninduzierte Lebensverlängerung und ohne Gewürz kein Machtmittel, um die konkurrierenden Häuser im Zaum zu halten - drei schwerwiegende Argumente, gegen den ökologischen Fortschritt.
Leto II, bereits in seiner Hybridgestalt, vernichtet binnen weniger Monate die Qanate aller modernen Siedlungen und wirft das ökologische Programm um Generationen zurück. Der Wüstenplanet wird wieder wüster.
3500 Jahre später wird Leto II den Planeten selbst wieder feuchter gemacht haben. Nur eine durch Wetterkontroll-Satelliten vor Regen geschützte kleine Wüste, die Sareer, erinnert noch an das einstiges Klima. Museeumsfremen demonstrieren dort den gläubigen Touristen wie hart ihre Vorfahren einst gelebt haben. Dabei tragen sie billige, funktionslose Imitate der Destillanzüge und hantieren mit aus Plastik nachgeahmten Kris-Messern.
Die Wasserdisziplin - Wasser und Wasserkult der Fremen
Im ersten Band gebrauchen die Fremen das Wort Wasser gleichbedeutend mit dem Wort Leben. Alles Wasser ist Leben. Jedes Leben wird wie Wasser gehandelt und verwendet. Am Menschen (lebend oder tot) zählt nur das Wasser seines Körpers und seine Möglichkeiten, Wasser zu finden, zu sammeln oder zu erbeuten. Gefangene oder Stammesfremde werden getötet, ihr Wasser in den Totendestillen entnommen und dem Stammesvorrat zugeführt. Nach einem Zweikampf erhält der Sieger das destillierte Wasser des Gegners, als persönlichen Besitz, zugesprochen. Das Eigentum an Wasser symbolisieren sogenannte Wasserringe, eine Art informelle Währung zwischen den Stämmen.
Jeder Tropfen Wasser ist kostbar und wird und mit allen Mitteln verteidigt und geschützt. Die Fremen tragen Destillanzüge und unterwerfen sich einer strengen Wasserdisziplin, um ihre Wasserreserven zu halten und zu vergrößern. Das korrekte Anlegen des Destillanzugs ist zentraler Bestandteil der Wasserdisziplin, die Paul und Jessica, während ihres Lebens bei den Fremen, in Fleisch und Blut übergeht. Jeder Sietch ist möglichst hermetisch gegen Verdunstung geschützt. Es gibt keine Fenster, in den Lüftungsschlitzen greifen Windfallen das entstehende Kondenswasser ab. Die Türen sind mit einem Siegel versehen und bleiben tagsüber geschlossen. Um Wasserverluste so gering wie möglich zu halten, spielt sich das Leben der Fremen überwiegend nachts ab.
Fragt ein Mann eine Frau, ob sie Hüterin seines Wassers sein möchte, sprich seine Wasseringe tragen will, gilt das als Heiratsantrag. Wenn ein Freme jemanden hasst, streut er Salz auf den Weg, auf dem dieser gegangen ist – Salz ist hygroskopisch und saugt Wasser auf. Menschen, die ohne Destillanzug in der Wüste unterwegs sind, werden sofort getötet, um die weitere unnötige Wasserverschwendung zu unterbinden.
Die Atreides lernen bereits früh, kurz nach ihrer Ankunft auf Arrakis, die aus der Wasserdisziplin erwachsende Mentalität der Fremen kennen. Zum Dank für die Rückgabe eines gestohlenen Crysmessers spuckt Stilgar, vor Herzog Leto, auf dessen polierten Schreibtisch. Für ihn das Zeichen tiefsten Respekts, wirkt das, auf die anwesenden Offiziere Letos, wie eine grobe Beleidigung. Nur das rasche Eingreifen Duncan Idahos verhindert, mit den Worten: „Wir danken für die Gabe ihres Körpers und nehmen es in dem Geist in dem es gegeben wurde.“, einen gewalttätigen Zusammenprall der Kulturen.
Worte, die ein Übermass an Wasser symbolisieren, wie "ertrinken", "Meer", "Schiff" oder "Regen" , sind auf Arrakis unbekannt oder werden als Kindermärchen belächelt. Im zweiten Band tadelt eine Hausfrau ihren Mann, der ein kleines Fenster offen gelassen hat, mit den Worten: "Du glaubst wohl, das Wasser würde vom Himmel fallen?" Erst im dritten Band, als sich wegen der ökologischen Umformung erste Wolken am Himmel bilden, Regen fällt und eine unvorsichtige Karawane in einem überfluteten Wadi umkommt, beginnen die Fremen solche Begriffe Ernst zu nehmen.
Herrschaftssysteme – Loyalitäten der Atreides versus Brutalitäten der Harkonnen
Frank Herbert beschäftigt in allen Bänden des Dune-Zyklus die Frage, wie Herrscher und Beherrschte miteinander umgehen. Die Herrschaft selbst stellt er nie in Frage, polarisiert aber, am Beispiel der beiden Hohen Häuser Atreides und Harkonnen, die Extreme möglichen Herrschaftsverhaltens.
Während die einen partnerschaftlich mit ihren Untergebenen umgehen, regieren die anderen ihre Untertanen mit einem Maximum an Repression. Sich Menschen gefügig machen, ist Harkonnenstil, Menschen durch vorbildhaftes Verhalten von den Vorzügen des Beherrschtwerdens überzeugen, der Stil der Atreides.
Ein Atreides setzt, wenn nötig, sein Leben für die Gefolgsleute aufs Spiel, genau wie diese das Ihre geben, um ihren Herrscher zu schützen. Bevor ein Harkonnen sich persönlich in Gefahr begibt, muss ihn schon ein imperialer Befehl dazu auffordern.
Sachwerte und Besitz stehen bei den Atreides hintan wenn es gilt, menschliches Leben zu retten. Nicht von ungefähr ist das Haus Atreides nicht besonders reich. Unterdrückung, Betrug, Gewalt, Hinterlist sind die alltäglichen Mittel, mit denen die Untertanen der Harkonnen ausgepresst werden. Persönliche Bereicherung heißt die Maxime, die noch den letzten Profit in die Taschen des Barons leitet. Deshalb sind die Harkonnen ein reiches Haus.
Um die Antipathie des Lesers gegen den harkonnischen Herrschaftsstil noch zu steigern, charakterisiert Frank Herbert den Baron als grotesk übergewichtigen, alternden Lüstling, der junge männliche Sklaven und sogar den eigenen Neffen Feyd-Rautha sexuell demütigt und missbraucht. Atreides dagegen sind immer edel gewachsen und tragen raubvogelhafte, asketische Gesichtszüge.
Herbert macht es dem Leser besonders im ersten Band leicht, sich mit den Atreides zu identifizieren, möglicherweise zu leicht. Baron Harkonnen wird auch als Herrscher geschildert, der sich seiner Verantwortung für sein Haus bewusst ist und der seine Brutalität als Mittel zu diesem Zweck sieht. Aber diese sachliche Seite wird stark von den abstoßenden Eigenschaften der Harkonnen insgesamt überlagert. Paul Muad'Dib, also das Haus Atreides, trägt die Verantwortung für Milliarden Tote, die der von ihm inspirierte Djihad hinterlässt. Die Greueltaten des Barons betrafen viel weniger Menschen, weil dieser eher nach Reichtum und Sicherheit innerhalb bestehender Verhältnisse als nach totaler Umwälzung und Weltherrschaft strebte. Der Leser sympathisiert dennoch mit Paul. Schließlich ist er der Gute und grämt sich auch angemessen, ob dieser, leider alternativlosen, Tatsachen. In einer Szene des zweiten Bands vergleicht sich Paul selbst mit Dschingis Chan und Adolf Hitler, was bei seinem Stabschef Stilgar auf völliges Unverständnis stößt. Die Szene bleibt seltsam ergebnislos, Stilgar hat noch nie von den beiden historischen Massenmördern gehört und Paul grübelt eher laut über sein Verhältnis zur Menschheitsgeschichte, statt konkret über moralische Konsequenzen nachzudenken.
Schlussendlich, ungeachtet der extremen Überzeichnung seiner Protagonisten, es gelingt Herbert, seine moralische Position überzeugend abzubilden: Jede Geisteshaltung, die anfängt Menschen wie Dinge zu behandeln, ist grundsätzlich verderbt.
Die Eigendynamik von Glaubenssystemen und die Ohnmacht eines Herrschers
In allen Bänden des Dune-Zyklus taucht der Begriff der Missionara Protektiva auf. Die Missionaria Protektiva ist eine Spezialabteilung der Bene Gesserit, die hauptsächlich auf neuen, noch unentwickelten Planeten eine Art präreligiöser Saat ausbringt. Mythen, Legenden und Weissagungen werden verbreitet und bereiten das kollektive Unbewußte auf das Kommen eines Messias, des Goldenen Zeitalters oder gar des Weltuntergangs vor. Ein religiöser Urschlamm also, der die Grundlage bildet, auf der künftige Bene Gesserit ihre Einflussnahme aufbauen können.
Kritiker der Schwesternschaft werfen ihr vor, dass sie Religionen künstlich erzeuge, was diese nicht abstreiten, sondern eher mit Stolz bestätigen würde.
Auch Jessica und Paul greifen, bei ihrer Flucht in die Wüste, auf aktive Elemente der Missionaria Protektiva zurück. Die Fremen sind voller Erwartungen, die diese Beiden perfekt erfüllen. Jessica ist die angekündigte Ehrwürdige Mutter von jenseits des Himmels, Paul der lang ersehnte Mahdi sprich Messias, der das Volk aus seinem Elend zu den Sternen führen wird.
Damit retten sie ihr Leben, setzen aber eine religiöse Dynamik in Gang, die kaum noch zu stoppen oder zu beeinflussen ist. Paul sieht schon am ersten Tag bei den Fremen, dass alles auf einen Djihad hinauslaufen wird. Das ganze restliche Buch erzählt von seinen verzweifelten Versuchen dies zu verhindern, oder, wenn es nicht möglich ist, den am wenigsten grausamen Weg zu finden.
Die Mischung aus extremem Aberglaube und Fanatismus die in den Fremen verkörpert wird, ist nicht zu beherrschen. Als, am Ende des ersten Bandes, Feyd Harkonnen auf einen Zweikampf mit Paul besteht, löst die bloße Herausforderung den Djihad aus. Der Ausgang dieses Kampfes ist vollkommen irrelevant. Ob lebendig oder tot, in seinem Namen wird die Verheerung durchs Imperium toben.
Im zweiten Band resigniert Paul Muad'Dib vor der Dynamik der von ihm unabsichtlich geschaffenen Religion. Während alle der Meinung sind, Paul bräuchte nur den Befehl für den Rückzug aus dem Djihad zu geben und alles sei vorbei, sieht der Tleilaxu-Meister Scytale das Dilemma, in dem Paul steht.
Die gleiche Religion, die den Djihad antreibt ist auch Pauls Kontrollmittel für das Volk. Sie glauben an ihn als den Befreier. Sobald der Befreier sich gegen die Befreiten stellt, wird er zum Verräter und gestürzt. Ein anderer „Befreier“ würde an seine Stelle treten. Dieser neue Führer hätte, mit Sicherheit, weniger Charakter und Skrupel, was vor allem Pauls Familie zu spüren bekäme
Ein tatsächliches Ende des Djihad gäbe es nur in einem Staat, der unter der totalen Kontrolle von Pauls Visionen stünde. Totalitäre Herrscher aber waren die Atreides noch nie, so daß auch dieser Ausweg in eine Sackgasse mündet. Erst nach dem Attentat, wenn er als Blinder in die Wüste geht, ein demonstratives Opfer für Shai-Hulud (den Alten Mann der Wüste, den Sandwurm; zu arab. شيئ Ding und خلود Ewigkeit), endet der Djihad.
Im dritten Band hat Alia, als Regentin und Hohepriesterin der Staatskirche, kein Problem die Religion im Interesse des Machterhalts zu benutzen. Da sie vom Baron Harkonnen besessen ist wird ihr Denken und ihr Regierungsstil dem seinen immer ähnlicher.
Ihr Problem ist, daß ihr Glaube an die Besessenheit, von den Bene Gesserit Jahrtausende lang gepflegt, zur Besessenheit führt. Sie hat gelernt, dass es dagegen keine Mittel gibt, lebt Jahre mit der Angst und kämpft, um schließlich, in einem Moment der Schwäche, genau diesen Ängsten und dann dem Baron zum Opfer zu fallen. Ghanima und Leto II beweisen, daß es durchaus Wege zur Rettung gibt. Aber, da ist es bereits zu spät und Alia flieht, durch den Suizid, aus den Fängen ihres Besetzers.
Leto II, der Gottkaiser, löst das Problemverhältnis zwischen Glauben und Herrschaft ultimativ, wenn auch um den Preis seiner Menschlichkeit.
Indem er zum Gott und zum Kaiser in einer Gestalt wird setzt er jeglichem Aberglaube ein Ende. An ihn muss man Glauben denn seine tatsächliche Allwissenheit macht ihn allmächtig und omnipräsent.
Neben seinen übermenschlichen Fähigkeiten steht ihm, mit der Gewürzkontrolle, das perfekte Belohnungs- und Strafmittel zur Verfügung. Er formt die Gesellschaft 3500 Jahre lang nach seinem Willen und seinen Vorstellungen. In seinem Reich herrscht Frieden, Ruhe und Wohlstand, so lange geschieht, was er befiehlt. Die Willfährigkeit seiner gläubigen Untertanen geht schließlich so weit, daß er sogar die Opposition gegen seine Herrschaft selbst inszenieren muß.
Am Ende seiner Amtszeit hat er eines dauerhaft ins kollektive Bewusstsein eingeschrieben: Der Glaube, als Sehnsucht nach dem allmächtigen Gott, entpuppt sich real, als ein Alptraum.
Das Sein bestimmt das Bewusstsein - Gesellschaften unter starkem ökologischen Selektionsdruck
Im ersten Band sind die Umweltbedingungen, unter denen die Fremen leben, extrem hart, und bringen einen entsprechend harten und unnachgiebigen Menschenschlag hervor. Kultur im engeren Sinne drückt sich in Tänzen, gelegentlichen Orgien bei der Sietchversammlung und starkem Aberglauben aus. Die Fremen leben in einer geschlossenen Gesellschaft. Es gibt eine überschaubare Zahl an Gesetzen, Traditionen, Regeln und Bräuchen. Die Besitzverhältnisse und Freund-Feind-Beziehungen sind klar geregelt. Das tägliche Überleben verlangt strenge Selbstbeherrschung die ihren höchsten Ausdruck in der Wasserdisziplin findet. Ihre Ausrüstungsgegenstände, ihre Behausungen ja, ihr ganzes Leben sind auf Perfektion, Stärke und Dauerhaftigkeit ausgelegt.
Angetrieben werden sie durch den Traum von Liet Kynes, die gesamte Ökologie zu verändern und an menschliche Bedürfnisse anzupassen. Wenn ihnen das gelänge könnten sie anschließend in Frieden, Ruhe und Freiheit, also im Paradies, leben.
Schneller als gedacht wird der Traum wahr. Ihre Gegner sind besiegt und die unwirtliche Natur ist auf dem Rückzug. Mit dem Sieg sind sie allerdings ins Zentrum des Imperiums gerückt und denken nun, auch diesem ihren Stempel aufdrücken zu können. Der Djihad beginnt.
In dessen Verlauf kommen die Fremen mit anderen Kulturen und Werten in Kontakt. Bei ihrer Rückkehr fällt es ihnen schwer, sich dem traditionellen Leben wieder anzupassen. Vor allem, da eine zwingende Notwendigkeit für diese Lebensweise nicht mehr gegeben ist. Die ökologische Umwälzung erleichtert das Überleben. Es besteht kein Bedarf mehr an hochwertigen Destillanzügen, also werden sie nicht mehr hergestellt. Die Wasserdisziplin nimmt im gleichen Umfang ab, wie die Bequemlichkeit des Alltagslebens zunimmt. Gerade die Wasserdisziplin war aber die tiefere Ursache für die militärische Stärke der Fremen. Es scheint, als sei die „Verweichlichung“ nach der ökologischen Umwälzung des Planeten nicht mehr aufzuhalten.
Alle Figuren, die handlungstragend durch die drei ersten Bände geführt wurden (z.B. Stilgar, Gurney Halleck, Duncan Idaho), nehmen bezüglich dieser Entwicklung einen romantisch verklärenden Standpunkt ein. Sie sehnen sich nach den guten alten Zeiten, wo ein Mann noch ein Mann, eine Frau eine Frau und ein Wort noch ein Wort gewesen ist. Einzige Ausnahme ist Leto II. Er macht Stilgar nachdrücklich darauf aufmerksam, wie schön die Mädchen auf Arrakis seien. Die Frauen müssen den Destillanzug nicht mehr vollständig tragen und können endlich ihr Gesicht zeigen.
Frank Herbert jedenfalls zwingt den Leser ständig dazu eine Wahl zu treffen, zwischen dem emotional favorisierten heroischen Typ und der Frage, ob er denn selbst unter solchen Menschen leben wollte oder könnte.
Der Gottkaiser, Leto II, löst ultimativ dieses Dilemmas. Er vollendet die ökologische Transformation des Wüstenplaneten und lässt nur ein winziges Stück Wüste übrig, seine Sareer. Hier lebt nur noch ein Wurm, und zwar er selbst. Fremen gibt es auch, allerdings im Museen, wo sie vergangene Sitten und Bräuche reproduzieren und damit demonstrieren, wohin dieser Lebensstil inzwischen gehört.
Zu Beginn des ersten Bandes lag die Gewürzproduktion in Händen der Harkonnen. Dabei waren sie nicht sonderlich effektiv. Viel von ihren Ressourcen floss in die Unterdrückung von Schmugglern, Fremen und der normalen Bevölkerung. Die unentbehrlichen Spezialisten waren schlecht bezahlt. Die Instandhaltung der notwendigen Ausrüstung wurde vernachlässigt. Schließlich landete ein guter Teil der Gewürzausbeute in geheimen Lagern des Barons. Gute Gründe also für den Imperator, das Lehen neu zu vergeben; - wenn auch nicht die wahren.
Wohl wissend, daß sie in eine Falle gingen, übernahmen die Atreides, auf imperialen Befehl, den Planeten und die Melange-Produktion. Ihre Ausgangslage ist denkbar schlecht. Der größte Teil der Gewürzerntemaschinen war unbrauchbar und hätte ersetzt werden müssen. Letztlich im Wissen, daß sie nicht viel Zeit haben würden Gewürz zu sammeln, machten sie das Beste aus der Situation. Drei defekte wurden zu einem funktionierenden Ernter zusammengeschraubt, und los ging es.
Tatsächlich erfolgte nur wenig später der Angriff der Harkonnen, heimlich unterstützt von imperialen Sardaukar. Sie töteten den Herzog, fegten die Truppen der Atreides hinweg und eroberten den Planeten zurück. Scheinbar war alles wieder beim Alten.
Die Gewürzproduktion kam allerdings kaum mehr in Gang. Ausgebildet und angeführt von Paul und Jessica führten die Fremen einen wesentlich effektiveren Guerillakrieg gegen die Vasallen des Barons und die Sardaukar starben wie die Fliegen.
Der Imperator war verärgert und besorgt und beschloß eigenhändig für Ordnung zu sorgen. Es folgte die Schlacht um Arrakeen, die Paul dadurch beendete, daß er damit droht, die gesamte Melange mit dem Wassers des Todes (Vorgewürzmasse gemischt mit dem Wasser des Lebens) zu vernichten. Zum ersten, aber nicht zum letzten Mal, wurde das Gewürz als Hebel für den hydraulischen Despotismus eingesetzt, den Leto II später perfektionierte.
Am Ende des dritten Bandes, ist Leto II. klar, daß die ökologische Umwälzung des Planeten die Gewürzproduktion über kurz oder lang zum Erliegen bringen wird. Er beginnt damit die Gewürzvorräte zu zentralisieren und den Verkauf zu kontingentieren. Bis zum Ende seiner Herrschaft, 3500 Jahre später, hält der Gottkaiser das Monopol auf das Gewürz und damit das Imperium in seinem Würgegriff.
Er toleriert die Ixianische Forschung für eine technische Lösung der interstellaren Raumfahrt. Er kennt die Versuche der Tleilaxu, Melange künstlich herzustellen. Er nimmt es gelassen, was er nämlich ebenfalls weiss, diese Bemühungen werden erst nach seinem Tod Erfolg haben.
Macht und Ohnmacht der Raumgilde
Zu Beginn des ersten Romans wird die Raumgilde als übermächtig dargestellt. Ihr Monopol auf interstellare Transporte ermöglicht ihr, Einfluss auf sämtliche politischen Entscheidungen zu nehmen. Nur mit ihrer Unterstützung sind Truppenbewegungen, Nachrichtenverkehr, Bankwesen, Handels- und Personentransporte realisierbar. Der Anspruch der Gilde auf Kontrolle erstreckt sich, zu diesem Zeitpunkt, bis in den planetaren Raum. Ob Wetter- und Beobachtungssatelliten in einem Orbit kreisen hängt davon ab, wer die höchste Gebühr, sprich Bestechungsgelder, an die Gilde zahlt.
Soviel Macht macht auch dekadent. Tatsächlich in hohem Maße abhängig von der Gewürzproduktion auf Arrakis, denkt sie niemals daran diese Existenzgrundlage tatsächlich physisch zu sichern, oder gar den Gewürzabbau selbst zu betreiben. Derart schnödes Alltagsgeschäft ist ihr Sache nicht. Die Gilde lässt sichern und lässt abbauen. Welches Hohe Haus die Schmutzarbeit für sie erledigt ist letztlich egal, Hauptsache, der Ertrag stimmt.
Paul entdeckt, gegen Ende des ersten Bandes, die Herstellung des Wassers des Todes. Vorgewürzmasse gemischt mit dem Wasser des Lebens würde, an einer beliebigen Stelle des Planeten ausgebracht, zu einer Kettenreaktion führen und alle „kleinen Bringer“ vernichten. Ein Glied in der Kette vom Wurm zum Gewürz wäre zerstört und Arrakis zu einer echten Wüste werden. Ihm wird sofort klar, dass damit ein perfektes Mittel zur Kontrolle der Gilde in seinen Händen ist. Und wer die Gilde kontrolliert, kontrolliert das Imperium. Die Gildenavigatoren, die ebenso wie Paul, die möglichen Zukünfte sehen, erkennen die Realität seiner Drohung, und unterwerfen sich.
Ab diesem Zeitpunkt hat die Gilde keinen politischen Einfluss mehr. Sie intrigiert zwar, vor allem im zweiten Band, und unterstützt eine Verschwörung gegen die Atreides, bleibt letztlich aber erfolglos. Daraufhin beschränkt sie sich auf ihre ursprüngliche Aufgabe, den interstellaren Raumflug zu ermöglichen. Nachdem schließlich die Ixianische Forschung Raumflug mittels Technologie möglich macht, gerät die Gilde endgültig ins Abseits.
Das Machtgefüge zwischen Imperator und den Großen Häusern
Über allen militärischen Überlegungen der damaligen Zeit steht das Diktum der Großen Konvention: Kein Einsatz atomarer Waffen gegen menschliche Ziele. Eine Einigung, an die sich alle beteiligten Machtblöcke ausnahmslos halten.
Ungeachtet dessen herrscht im ersten Band des Dune-Zyklus ein De-facto-Machtgleichgewicht zwischen Landsraat und Imperator. Der Imperator, gestützt durch die Sardaukar einerseits, andererseits der Landsraad, der die Interessen der Hohen Häuser vertritt und auf deren Streitkräfte zurückgreifen kann, neutralisieren einander weitgehend.
Ein direkter Angriff des Imperators auf ein Hohes Haus würde sofort zum Gegenangriff aller Häuser gegen den Imperator führen. Der geballten Macht der Haus-Armeen wären selbst die imperialen Sardaukar nicht gewachsen. Es bestand also ein Patt.
Offene Auseinandersetzungen sind demnach tabu, Intrigen dagegen nicht. Fehden zwischen Hohen Häusern, wie etwa die der Harkonnen und der Atreides, werden nicht nur toleriert, sondern seitens des Imperator sogar diskret unterstützt. Teile und herrsche, die alte Devise gilt nach wie vor. Je geteilter und zerstrittener die Opposition, umso besser.
Die intrigante Intervention des Imperators im Harkonnen-Atreides-Konflikt, wo er, mit seinen als Harkonnen verkleideten Sardaukar, die Auseinandersetzung entscheidet, wird vom Landsraad nicht realisiert. Zu schnell ist die militärische Konfrontation entschieden, als dass irgendjemand den Landsraad über diesen Bruch der Konventionen hätte informieren können.
Die Rückkehr von Paul Atreides an der Spitze der Fremen setzt diesem Machtgleichgewicht ein Ende. Sein Sieg in der Schlacht um Arakeen spielt ihm, alle Trümpfe in der Hand: Durch das Gewürzmonopol die Gilde, mit der Gilde die Interstellare Raumfahrt und damit die Kontrolle über jedwede militärische Aktion.
Den nun folgenden Djihad der Fremen kann allerdings nichts und niemand aufhalten; auch nicht der Atreides-Imperator.
Der goldene Pfad – Anmerkungen zum Zeit- und Gattungsbewusstsein im Dune-Zyklus
Das menschliche Zeitbewusstsein und die Frage nach einem Gattungsbewusstsein sind Probleme, die Frank Herbert in jedem Band des Dune-Zyklus anspricht und problematisiert.
Ohne den festen Willen, tatsächlich als Gattung zu überdauern, wird die Menschheit bestenfalls eine Fußnote in der Geschichte des Planeten Erde abgeben. Um diesen Willen zu entwickeln, bedarf es der Transzendierung des derzeit höchstens eineinhalb Generationen umfassenden individuellen Zeitverständnisses. Die menschliche Lebenszeit begrenzt unsere Zeitwahrnehmung. Niemand kann sich 30.000 Jahre wirklich vorstellen, geschweige denn 1 Million. Der Zusammenhang von Dauer und Sein ist in der menschlichen Existenz nur ungenügend verankert.
Betrachtet man die temporale Gesamtkonzeption der Romane, können sie als Lektion in Sachen Zeitbewusstsein und Instruktion in Sachen Gattungsbewusstsein gelesen werden. Die ersten drei Romane umfassen einen Zeitraum von etwa 30 Jahren, also einer Generation. Der vierte Band erzählt aus der Distanz von 10.000 Jahren die Geschichte der 3.500 Jahre dauernden Tyrannei des Gottkaisers. Die unvollendete zweite Trilogie wiederum lässt sich in einem Lebensalter unterbringen.
Dieser Nah-fern-nah-Rhythmus stimuliert beim Leser die Identifikation mit den Figuren und den Handlungssträngen. Er wird dazu verführt, große Zeitspannen wirklich wahrzunehmen und ein Gefühl dafür zu entwickeln, was es bedeutet, auf eine zwanzig-, dreißig-, vierzigtausendjährige Geschichte zurückblicken zu können.
Die Menschheit bei Herbert, hat, genau wie die real existierende, kein wirkliches Gefühl für Zeit und Dauer. Ihr Verhältnis dazu ist rückwärtsgewandt und beschränkt sich auf Geschichte. Geschichte aber wird von Epoche zu Epoche neu erfunden. Es ist immer die Geschichte der Überlebenden und Herrschenden und von daher mit größtem Misstrauen zu betrachten. Nicht umsonst lässt Herbert den Gottkaiser, neun Historiker auf ihren eigenen Schriften verbrennen.
Der goldene Pfad spricht stets davon, das Überleben der Menschheit sicherstellen zu wollen. Die unvorstellbar lange Tyrannei des Gottkaisers erzeugt in den Menschen das Bedürfnis nach Neuem, nach Aufbruch, nach dem Unbekannten. Die erzwungene Konzentration provoziert eine rettende Zerstreutheit in Raum und Zeit.
Heutigen Lesern sagt Herbert damit: Macht euch bewusst, in welch beschränktem Raum ihr lebt. Erkennt, wie klein und verletzlich der Planet Erde ist. Sucht neue, unbekannte Welten. Solange alle Eier in einem Korb liegen, kann bereits eine einzige Katastrophe, sei sie natürlich oder menschengemacht, das Kapitel Menschheit schlagartig beenden.
Wiederkehrende Zitate
- „Du sollst keine Maschine nach deinem geistigen Ebenbilde machen.“ Losung der Großen Revolte
- „Das Fleisch eines Mannes ist sein Eigentum; sein Wasser gehört dem Stamm.“ Eine (Bestattungs-)Regel der Fremen
- „Ich darf mich nicht fürchten. Die Furcht tötet das Bewußtsein. Die Furcht führt zu völliger Zerstörung. Ich werde ihr ins Gesicht sehen. Sie soll mich völlig durchdringen. Und wenn sie von mir gegangen ist, wird nichts zurückbleiben. Nichts außer mir.“ Aus der Bene-Gesserit-Litanei gegen die Furcht
Ausgaben
- Frank Herbert: Der Wüstenplanet. Heyne, München 2001, ISBN 3-453-18683-4.
- Frank Herbert: Der Herr des Wüstenplaneten. Heyne, München 2001, ISBN 3-453-18684-2.
- Frank Herbert: Die Kinder des Wüstenplaneten. Heyne, München 2001, ISBN 3-453-18685-0.
Literatur
- Hans-Ulrich Seeber: Frank Herbert: Dune-Trilogie. In: Hartmut Heuermann (Hrsg.): Der Science-Fiction-Roman in der angloamerikanischen Literatur. Interpretationen. Bagel, Düsseldorf 1986, S. 253–274. ISBN 3-590-07454-X