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Einheit für besondere Lagen und einsatzbezogenes Training

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Die Einheit für besondere Lagen und einsatzbezogenes Training (EbLT) war eine Spezialeinheit der Polizei Berlin, die der damalige Innensenator Wilhelm Kewenig (CDU) Mitte des Jahres 1987 als Reaktion auf die verheerenden Ausschreitungen und die polizeilichen Pannen am 1. Mai d. J. im Berliner Problem-Stadtteil Kreuzberg aufstellte.

Gründung als Reaktion auf die Maikrawalle 1987

Im Verlauf des Aufruhrs am 1. Mai 1987 waren durch Plünderungen und Brandstiftungen Sachschäden in Höhe von ca. zehn Millionen DM entstanden; mangels massiver polizeilicher Präsenz konnten militante Menschen über Stunden nahezu ungehindert agieren. Insgesamt standen der vierstelligen Anzahl von Teilnehmern der Ausschreitungen lediglich wenige Einsatzhundertschaften der Polizei gegenüber, die sich wiederholt zurückziehen mussten. Der misslungene Polizeieinsatz fand wochenlange bundesweite Medienresonanz. Aufgrund der Tatsache, das Teile des Kreuzberger Teils SO 36 (die Gegend im Bereich Kottbusser Tor/Görlitzer Bahnhof) regelrecht in der Hand der autonomen Szene befanden, wurde der öffentliche Druck stärker, diesem Potential mit einer neuartigen spezialisierten Polizei-Einheit zu begegnen.

Ausstattung und Auftrag

Die EbLT wurde mit ca 60 Beamten aufgestellt und organisatorisch der für Kreuzberg zuständigen Polizeidirektion 5 angegliedert. Angesichts der Erfahrungen mit militanter Gewalteinwirkung auf Polizeikräfte in Kreuzberg (Würfe mit Molotow-Cocktails und Steinplatten von Hausdächern, Beschuss mit Präzisionsschleudern, Hindernissen auf Fahrbahnen) erhielt die EbLT eine besondere Ausstattung für den "Straßenkampf": Gruppenfahrzeuge (sog. Berliner Wannen) wurden mit Vollgummireifen, verstärkten Seitenwänden sowie Rammeinrichtungen am Kühlergrill ausgestattet, die Beamten der Dienststelle erhielten neben den herkömmlichen Einsatzhelmen und -schutzschilden eine Vollschutzausstattung, bestehend aus Plastik-Oberkörperpanzer, Arm- und Schienbeinschützern sowie Eishockey-Mundschützern. Primärer Auftrag der EbLT war, bei unfriedlichen demonstrativen Aktionen im Berliner Stadtgebiet beweissichernde Festnahmen durchzuführen sowie in Brennpunkten des Geschehens offensiv vorzugehen. Somit ist die EbLT neben den im Jahr darauf aufgestellten bayerischen Unterstützungskommandos (USK) als Vorläufer der heutigen Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten (BFE) der Bereitschaftspolizeien zu sehen.

Kritik an Einsätzen der EbLT und Auflösung

Nach mehreren Einsätzen sah sich die EbLT massiver Kritik sowohl des politisch alternativen Spektrums, aber auch in der neutralen öffentlichen Berichterstattung ausgesetzt. Der Einheit wurden wiederholt überzogene Einsätze sowie Übergriffe gegen Demonstrationsteilnehmer vorgeworfen. Am 10. Oktober 1987 befand sich die EbLT neben zahlreichen weiteren Einsatzeinheiten aus anderen Bundesländern im Einsatz anlässlich einer Großdemonstration gegen die atomare Wiederaufbereitungsanlage (WAA) im bayerischen Ort Wackersdorf; hier kam es zu massiven Einsätzen der EbLT im Zuge der Auflösung einer verbotenen Kundgebung vor dem Bauzaun, welche monatelange umfangreiche Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Amberg nach sich zogen, in deren Verlauf über 250 Zeugen vernommen sowie mehr als 25 Ermittlungsverfahren gegen eingesetzte Beamte eingeleitet wurden.

Nach weiteren heftig kritisierten Einsätzen im Verlauf des Jahres 1988 anlässlich der 1. Mai-Krawalle sowie der in Berlin stattfindenden IWF-/Weltbank-Tagung nahm die öffentliche Kritik an dieser Polizei-Einheit ein Ausmaß an, dass von verschiedenen politischen, aber auch polizeiinternen Seiten eine Auflösung der EbLT gefordert wurde. Mit dem Regierungswechsel im Januar 1989 und der damit verbundenen Übernahme des Berliner Senats durch ein rot-grünes Regierungsbündnis aus SPD und Alternativer Liste (AL) wurde die EbLT wenige Wochen später aufgelöst.

Bilder gegen den WAAhnsinn Die Oberpfalz macht blutige Bekanntschaft mit der EbLT, angefordert von der bayerischen Staatsregierung