Mimi Kött
Mimi Kött (eigentlich Margit Weiß; * 3. Juni 1890 in Neupest (Budapest); † 10. Februar 1931 in Wien) war eine ungarische Sängerin und Schauspielerin.
Leben
Sie wurde als Tochter eines jüdischen Kantors in Budapest geboren. Interessant ist, dass in vielen Quellen das Geburtsjahr 1895 angegeben wird. Ihr tatsächliches Geburtsjahr ist aber 1890 (viele Künstler dieser Zeit haben sich bewusst jünger gemacht). Nach der Absolvierung der Volks- und Bürgerschule arbeitete sie zuerst als Stenotypistin. Danach absolvierte sie, mit Zustimmung ihrer Eltern, eine Ausbildung zur Tänzerin und Schauspielerin an der Theaterschule Wieland. Mit 17 Jahren hatte sie ihren ersten Auftritt in einem Budapester Kabarett als Interpretin eines Gedichtes. Entdeckt wurde Mimi Kött von Oskar Stalla, der ihr ein Engagement ans Stadttheater Olmütz vermittelte. In Olmütz wurde der Theaterdirektor Wilhelm Karczag auf sie aufmerksam und lud sie nach Wien ein. Dort war sie zuerst als zweite Soubrette und in kleineren Partien an mehreren bekannten Theatern tätig. Sie wurde als erste Soubrette ans Johann Strauß Theater engagiert. Ihr größter Erfolg war jedoch 1923 die Hauptrolle in „Madame Pompadour“ im Carltheater, wo sie als Nachfolgerin von Fritzi Massary anerkannt wurde. Mit „Madame Pompadour“ erreichte sie den Höhepunkt ihrer Karriere. Mimi Kött wurde in kurzer Zeit in die erste Reihe der Wiener Operettensoubretten gestellt, gehörte zu den prominentesten Schauspielerinnen Wiens und feierte auch als Revuestar große Erfolge. Auf rein schauspielerischem Gebiet verkörperte sie Nana in der gleichnamigen Dramatisierung von Zolas Roman in den Kammerspielen, die zuerst für die Marie Orsta gedacht war. Sie wurde, ähnlich wie Orsta, morphiumsüchtig. Anhand ihres verschlechternden psychischen und physischen Zustandes musste sie langsam von der Bühne abtreten. Ihr letzter Auftritt in Wien fand 1928 im Johann Strauß Theater in der Baker-Revue statt. Mit deren Ensemble absolvierte sie mit Erfolg noch eine Tournee durch Deutschland. Aufgrund der Morphiumsucht hat sie innerhalb kurzer Zeit (1930/1931) drei Selbstmordversuche begangen, von denen der dritte leider erfolgreich war. Mimi Kött starb am 10. 2. 1931 in Wien. Am Sterbebett weilten ihre Schwester, Nichte, Vermögensverwalter und Ärzte. Die Beerdigung fand am 13.2. 1931 am Zentralfriedhof statt.
Mimi Kött spielte nicht nur auf der Bühne, sondern auch in der Wiener Gesellschaft eine große Rolle. Sie lebte in sehr guten Vermögensumständen (Kött hatte z. B. einen Lancia), besaß ein Haus auf der Wiedner Hauptstraße 23 (4. Bezirk), auch Rainer-Hof genannt, in dem sie eine elegante, prachtvoll eingerichtete 5-Zimmer Wohnung bewohnte. Außerdem erwarb Mimi Kött die Villa „Felicitas“ (Schratt Villa) in Pfandl bei Ischl, wo sie jedes Jahr den Sommer verbrachte und die oft im Mittelpunkt des Gesellschaftstreibens stand.
Zu ihren Hobbies zählten Tennis spielen, Gymnastik betreiben (Seilspringen 2000 mal am Tag), der Wiener Athletiksport Club zählte sie zu seinen Mitgliedern. Auf zahlreichen Reisen lernte sie fast ganz Europa kennen, mit Ausnahme von Russland, obwohl sie sich gerade für dieses Land sehr interessierte und sogar eine Vorliebe für die russischen Dichter entwickelt hat. Sie besaß eine Russenbibliothek, die eine der umfangreichsten in deutschen Ländern war.
Was ihr persönliches Leben angeht war sie einige Male verheiratet, ließ sich aber jedes Mal scheiden. Ihre bekannteste Heirat war mit dem albanischen Prinzen Katarici, die aber nur ein Jahr andauerte. Sie hatte eine einzige Schwester, Adele Hofer, die in Agram verheiratet war und bei ihr in den letzten Tagen ihres Lebens weilte.
Rezeption in den Zeitungen
Mimi Kött wurde oft für ihr offensichtliches schauspielerisches Talent gelobt. Besonders wurde immer ihr Temperament und ungarisch-orientalische „Rassigkeit“ ihrer Bühnenerscheinung, sowie der echte Soubrettenton ihres Singens verbunden mit dem Tanztalent und der Eleganz ihrer Erscheinung hervorgehoben, was sie sehr schnell zu einem Bühnenliebling machte. Es war ihre Art keine obligate Soubrettenherzigkeit, sondern mehr einen intellektuell-parodistischen Witz zu produzieren. Mimi Kött war schlank, schwarzhaarig mit fast harten Zügen und vor allem mit Sex Appeal. Kött erschien auch in einigen Hosenrollen, die ihr blendend zu Gesicht standen. Sie war dafür bekannt, dass sie vor und nach der Premiere eines Stückes immer an ihrer Leistung gearbeitet hat. Felix Fischer, ein guter Freund von ihr, berichtete, dass sie, wo sie nach einer Serie der „Nana“ Aufführungen wieder in einer Revue auftreten musste, ihm in einem bis zu einer Stunde ausgedehnten telefonischen Gespräch anvertraute, wie sehr sie , nachdem sie einmal einen richtigen Charakter verkörpert hatte, unter dem Zwange des Revueunsinns leide. Von der Presse wurde Mimi Kött als Dame der großen Welt, die mit einem gediegenen Luxus sich umgeben wusste, angesehen. Die Zeitungen erfüllen zur Mimi Kötts Zeit einen informativen und zugleich kommentierenden Charakter. Sie verfolgen insbesondere das Ende dieser berühmten Operettendiva mit aktiver Teilnahme. Kött wird gänzlich als Opfer des Rauschgiftes angesehen und in ein Mitleid erweckendes Licht gestellt. Ihre Selbstmordversuche hatten starke Teilnahme hervorgerufen.
Rezension von „Madame Pompadour“:
…“Madame Pompadour“ bisher eng mit dem persönlichen Erfolge Fritzi Massarys verknüpft… im Theaterbetriebe sehr unbeliebte „Nachspielen“ einer Rolle ist also in diesem Falle besonders schwierig und undankbar. … Fräulein Mimi Kött besitzt diese spielfreudige Courage und außerdem noch viele persönliche Qualitäten, die sie befähigen, die Pompadour reizvoll und wirksam zu spielen. Ihrem wienerischen Soubrettentemperament entsprechend, spielt sie die Figur weniger bedeutend und mehr soubrettenhaft launig und übermutig. Sie singt die schwierige Partie mit einer bemerkenswert fortgeschrittenen Technik, tanzt überaus anmutig und sieht in ihren aparten Kostümen reizend aus. Das „Josef“ Duett musste sie mit Tautenhayn unzählige Male wiederholen…
(Neue Freie Presse, 5. Mai 1923, Wien)
Das Problem der Morphiumsucht
Wann genau Mimi Kött mit dem Verzehr des Morphiums begann, ist unklar. Jedenfalls war es nicht unüblich in den Theaterkreisen, Morphium zu sich zu nehmen, da das Rauschgift häufig als ein „Push“ um auftreten zu können benutzt worden ist. In nicht einmal einem Jahr sind gleich drei berühmte Sängerinnen dem Rauschgift zu Opfer gefallen, zuerst Marie Orsta, dann Köpple und schließlich Mimi Kött. Die immer stärker werdende Morphiumsucht zwang Mimi Kött von der Bühne zu scheiden, obwohl sie immer der Hoffnung war, zurückkehren zu können. Es kam niemals vor, dass es wegen dem Morphiumgenuss zu Unzukömmlichkeiten beim Proben- und Vorstellungsbetrieb kam. Nach schweren Depressionen zog sie sich immer mehr aus der Öffentlichkeit zurück, teilweise auch gekränkt, dass man ihr auf Wiener Bühnen nicht mehr regelmäßig Gelegenheit geben konnte, ihr Talent zu zeigen, wurde immer menschenscheuer und verfiel in einen Zustand fortschreitender Melancholie. Sie versuchte immer gesund zu werden, um ihre plötzlich beendete Karriere wieder anzukurbeln, weil sie sich davor gefürchtet hat, dass sie vergessen wird. Mimi Kött hat verschiedene Entziehungskuren in Entwöhnungsanstalten und Sanatorien absolviert, wo sie sich gefangen fühlte, leider erfolglos. Die Zwischenzeit verbrachte sie mit Reisen, die ihrer Erholung gewidmet waren. Im Sommer lebte sie in ihrer Ischler Villa, wo sie, wenn es ihr Gesundheitszustand erlaubte, viele Gäste empfing. Man konnte nie richtig erkennen, wann sie unter der stimulierenden Wirkung des Morphiums stand. Nach ihrer letzten Entziehungskur ließ Kött sich im Herbst 1930 für längere Zeit in Paris nieder, womöglich um sich ein neues schauspielerisches Tätigkeitsgebiet zu suchen, von wo auch die ersten Nachrichten von einem Selbstmordversuch kamen. Den zweiten verübte sie in ihrer Wiedner Wohnung, wo sie noch gerettet werden konnte. In ihren letzten Monaten führte sie ein zurückgezogenes Leben, erlitt häufig Schwächeanfälle und stand unter ständiger ärztlicher Aufsicht. Ihr dritter, erfolgreicher Versuch erfolgte am Samstag, dem 7. Februar 1931, ebenfalls in ihrer Wiedner Wohnung. Sie hat wegen Schlaflosigkeit mehrere Tabletten Veronal genommen, von denen sie starken Gebrauch machte. Am Samstag fühlte sich Kött besonders schwach und litt unter schweren Depressionen, sie empfing noch ihren Vermögensverwalter Dr. Gilberberg und sprach mit ihm ausführlich über ihre Angelegenheiten, in einem unbewachtem Augenblick nahm sie mehrere Tabletten Veronal und verfiel in einen schweren Schlaf. Ihre Pflegerin nahm abends einen starken Schweißausbruch wahr und stellte fest, dass Kött bewusstlos ist. Daraufhin wurde Mimi Kött in das Sanatorium Fürth überführt. Mimi Kött starb knapp vor dreiviertel zwölf des 10.2. 1931 an einer Schlafmittelvergiftung, erschwert durch eine Lungenentzündung, die die unmittelbare Todesursache war.
Rollenverzeichnis
Theater in der Josefstadt (1913)
Theater an der Wien
Raimundtheater (1917)
Bürgertheater (1918)
- Reichwein: „Hol mich der Teufel“
- Stefann: „Agri“
- E. Eysler: „Der fidele Geiger“ (1919)
- O. Jascha: „Revanche“ (1924)
Johann Strauß Theater
erste Soubrette
- Heuberger: Stubenmädchen Hortense in „Opernball“
- R. Stolz: weibliche Hauptrolle in Operette „Eine Sommernacht“ (1921)
- letzter Auftritt in Josefine-Baker-Revue: „Schwarz auf weiß“ (1928)
Carltheater
- O. Nedbal: Titelrolle in „Donna Gloria”
- L. Fall: Madame Pompadour (1923)
Modernes Theater Wien
- Hauptrolle in einer französischen Komödie „La Bouche“
Neue Wiener Bühne
- Katscher-Revue
Kurzfilm
- „Tonis Brautfahrt“ (1919)
Kammerspiele
- Bühnenfassung der Nana
Tournee
- letzte Tournee von Alexander Girardi in Deutschland:
Ansler: Partnerin von Girardi in „Künstlerblut“
Quellen
Österreichisches Musiklexikon Das Jahrbuch der Wiener Gesellschaft, Hrsg. von Franz Planer. Ausgabe 1929
- ↑ Neue Freie Presse, 5. Mai 1923, Wien
- ↑ Wiener Sonn-und Montags- Zeitung, 17. November 1930
- ↑ Wiener Sonn- und Montags- Zeitung, 9. Februar 1931
- ↑ Neues Wiener Journal, 11.2.1931, S. 5
- ↑ Neue Freie Presse, 11.2.1931, Wien
- ↑ Neues Wiener Journal, 12.2.1931, S. 5f, von Felix Fischer
- ↑ WZ Donnerstag, 12.2. 1931, S.9