Darwinismus
Darwinismus bezeichnet 1. die biologische Evolutionstheorie von Charles Darwin, 2. die zugrundeliegende abstrakte Theorie der Evolutionsmechanismen, die besagt, dass in beliebigem Rahmen bei Vorhandensein von Evolutionsfaktoren Evolution stattfindet (universeller Darwinismus), 3. einen Oberbegriff für die darunter fallenden konkreten Theorien und Konzepte, unter anderem neben der Biologie auch in der Philosophie und in den Gesellschaftswissenschaften (klassischer Darwinismus). Dabei liegt eine besondere Betonung auf Evolution durch Selektion. Der Begriff wird oft abwertend von Gegnern gebraucht. Deshalb wird er heute von einigen Wissenschaftlern abgelehntVorlage:Ref.
Evolutionstheorie
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Der Begriff des Darwinismus wird heutzutage überwiegend von Kreationisten bzw. Gegnern des Darwinismus als eine in gewisser Weise abschätzige Bezeichnung für die Evolutionsbiologie im allgemeinen sowie die Evolutionstheorie im speziellen verwendet. Sie sprechen dabei von Evolution in der Rolle eines -ismus – einer Lehre bzw. eines Glaubens – um darauf aufbauend die Forderung einer Gleichbehandlung von Glaubensauffassungen wie dem Kreationismus aufzustellen. Im gleichen Kontext wird oft auch die Bezeichnung Evolutionismus benutzt.
Die Evolutionstheorie erklärt Entwicklung und Vielfalt des Lebens. In diesem Zusammenhang wird der Begriff Darwinismus manchmal verwendet, um bestimmte Punkte zu betonen, die erstmals konkret von Darwin behandelt wurden. Dabei steht besonders die Wichtigkeit der natürlichen Selektion im Vergleich zu nicht von Darwin einbezogenen Evolutionsmechanismen im Vordergrund, wie Gendrift und Genfluss. Die Evolutionstheorie wurde in der synthetischen Evolutionstheorie unter anderem um diese Aspekte erweitert. Oft wird in diesem Zusammenhang von Neodarwinismus gesprochen, jedoch ist auch dieser Begriff umstritten.
Die Bezeichnung Darwinismus wird auch benutzt, um die Rolle von Charles Darwin als Vordenker der Evolution hervorzuheben. Desweiteren wird er eingesetzt, um einen Kontrast zu anderen, diskreditierten Evolutionstheorieen zu setzen, wie Lamarckismus oder Mutationismus, die nur noch von historischer Bedeutung sind.
Klassischer Darwinismus
Im Kontext des 19. Jahrhunderts, in dem Darwins Origin of Species ursprünglich aufgenommen wurde, stand Darwinismus für eine ganze Bandbreite von auf Evolution basierenden (und oft damals revolutionär neuen) Philosophieen sowohl in der Biologie als auch in den Gesellschaftswissenschaften. Einer der prominenteren Ansätze wurde vom Philosophen Herbert Spencer in dem Schlüsselsatz 'Survival of the fittest' (überleben des am besten Angepassten) zusammengefasst. Dieser wurde später als Sinnbild für den Darwinismus verwendet, obwohl Spencers eigenes Verständnis von Evolution mehr dem von Lamarck als dem von Darwin entsprach. Was heutzutage als Sozialdarwinismus bezeichnet wird, war damals im Begriff des Darwinismus enthalten – die Anwendung der Darwinschen Prinzipien des Überlebenskampfs auf die Gesellschaft, für gewöhnlich zugunsten von anti-philantropischen politischen Strömungen. Eine andere Interpretation vertrat insbesondere Darwins Cousin Francis Galton. Er glaubte an eine vordergründige Gefahr, dass in einer Zivilisation die natürliche Selektion nicht mehr funktionieren würde und dass überlegene Menschenrassen deshalb von unterlegenen Rassen (die sonst ausgefiltert würden) überflutet würden. Er hielt Gegenmaßnahmen für notwendig – die Grundlage der Eugenik.
Zu Lebzeiten Darwins gab es keine klare Definition des Darwinismus-Begriffs. Er wurde von Anhängern wie Gegnern von Darwins Theorie gleichsam in jeder beliebigen Bedeutung verwendet, die in den größeren Kontext passte.
Universeller Darwinismus
Darwinismus in moderner Bedeutung des Begriffs bezieht sich auf die folgenden Schemata:
- Reproduktion/Vererbung: Eine Anzahl von Einheiten muss zusammen fähig sein, Kopien von sich selbst anzufertigen. Die Kopien müssen ebenfalls reproduktionsfähig sein und müssen Eigenschaften erben. Dabei werden verschiedene Variationen rekombiniert.
- Variation: Es muss eine Bandbreite von verschiedenen Merkmalen in der Population der Einheiten geben. Es muss einen Mechanismus geben, der neue Variationen in die Population einführt.
- Selektion: Vererbte Merkmale müssen die Reproduktionsfähigkeit der Einheiten beeinflussen, entweder durch Überlebensfähigkeit (natürliche Selektion) oder die Fähigkeit, für die Reproduktion notwendige Partner zu finden (sexuelle Selektion)
Wenn die Einheit oder der Organismus bis zur weiteren Reproduktion überlebt, beginnt der Prozess von neuem. Bei engeren Formulierungen wird manchmal zusätzlich verlangt, dass Variation und Selektion auf verschiedene Einheiten wirken, Variation beim Genotyp und Selektion beim Phänotyp.
Der Darwinismus geht nun davon aus, dass bei jedem System mit diesen Bedingungen, ganz gleich in welchem konkreten Rahmen, Evolution stattfinden wird. D.h. dass die Einheiten mit der Zeit komplexe Eigenschaften herausbilden, die ihre Reproduktion begünstigen (universeller Darwinismus).
Ganz offensichtlich kann sich dies auf die biologische Evolution beziehen. Es gibt jedoch auch andere potentielle Bereiche, wovon das Mem wohl am bekanntesten ist. Es ist ein Konzept der Weitergabe und Veränderung von Ideen, das von Richard Dawkins in seinem Buch Das egoistische Gen (1976) eingeführt wurde. Es ist jedoch umstritten, ob dies ein darwinischer Prozess ist, da es keine zwingenden Anzeichen dafür gibt, dass Meme zufälliger Mutation unterworfen sind.
Referenzen
Literatur
- Guenter Altner (Hrsg.): Der Darwinismus, Geschichte einer Theorie (Darmstadt 1981). Sammlung von historischen, kurzen zentralen Auszügen aus Originalarbeiten die recht breit als darwinistisch zu bezeichnen sind.
- Thomas P. Weber: Darwinismus (2002), Reihe Fischer kompakt.
- Wuketits, Franz M.: Darwin und der Darwinismus, München 2005. ISBN 3-406-50881-2
Weblinks
- Eintrag in Edward N. Zalta (Hrsg.): Stanford Encyclopedia of Philosophy.