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Herrenvolk und Herrenrasse

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Der Begriff Herrenrasse, Herrenvolk entstammt der Nazi-Ideologie. Er hebt das 'germanische' und das 'nordische' Volk - als durch das "Blut" überlegen - aus allen anderen Völkern heraus. Er leitet sich von der Rassentheorie des 19. Jahrhunderts ab, die eine Hierarchie der Rassen behauptet, an deren unterer Seite sich afrikanische Buschmänner und australische Aborigines befinden, und weiße Europäer die Oberseite einnehmen.

Der deutsche Volkskundler und Turnvater Friedrich Ludwig Jahn äußerte, dass Kulturen degenerieren, wenn die reinen 'Rassen' sich vermischen ("Deutsches Volksthum"). Man nahm an, dass südeuropäische Völker rassisch mit Nichteuropäern jenseits des Mittelmeers vermischt waren, während Nordeuropäer 'rein' geblieben seien.

Folglich bildete im Nationalsozialismus die blonde blauäugige nordische Person das Rassenideal, die als "arische Rasse" bezeichnet wurde. Als Leitbild galten Sätze wie: "Zäh wie Leder, hart wie Kruppstahl, schnell wie Windhunde". Hierfür galten insbesondere die Kriterien "blond" und "blauäugig", die beide rezessiv vererbt werden.

Die Bezeichnung arisch kommt von den Völkern des alten Iran und des Industales. Nach den Ideen von Gobineau u.a. behauptete der Nazitheoretiker Alfred Rosenberg, dass sie kämpferische Krieger waren, die in der nördlichen Klimazone entstanden, südwärts abwanderten und schließlich Indien erreichten. Sie sollten die Vorfahren der alten germanischen Stämme sein, die ihre kriegerischen Werte teilten. Unter Berufung auf Nietzsche behauptete Rosenberg, das Christentum sei ein fremde semitische Sklavenmoral, das der kriegerischen arischen Herrenrassen nicht gemäß sei.

Im Zuge ihrer Rassenpolitik erließen die nationalsozialistischen Machthaber die Nürnberger Gesetze, nach denen die Heirat von Deutschen und Juden oder anderen "Nichtariern" verboten wurde. Durch Stammbäume mussten die Menschen im 3. Reich ihre Herkunft nachweisen.

Um die behauptete Überlegenheit der nordischen Herrenrasse zu bewahren, führte man die Eugenik ein, um "defekte" Menschen zu beseitigen, das T 4 Euthanasie - Programm. Es wurde von Karl Brandt geleitet und diente dazu, "geistig Behinderte" oder "genetisch Kranke" zu töten.

Der nationalsozialistische Rassenwahn führte zur Judenverfolgung und zur Verfolgung von Sinti und Roma (die übrigens arischer Herkunft waren). Sie wurden in Konzentrationslagern eingesperrt und in Vernichtungslagern ermordet.

Parallel zur Vernichtung vorgeblich andersrassiger Menschen wurde ein Programm zur gezielten Zucht von Herrenmenschen ins Leben gerufen, das aber nur in geringem Umfang durchgeführt wurde. Diese so genannte "Geheimsache Lebensborn" war ein Lieblingsprojekt von Heinrich Himmler. 1935 wurde das "Heim Hochland" in Steinhöring bei München eröffnet. Frauen, die mindestens bis zu den Großeltern bestimmte "Rassemerkmale" wie "blond" und "blauäugig" nachwiesen, konnten sich bewerben. Falls ihr zugesagt wurde, konnte die Frau die gesamte Schwangerschaft inkognito, auf Wunsch auch weit entfernt vom Heimatort, bis einige Wochen nach der Geburt des Kindes in einem solchen Heim des "Lebensborn e.V." zubringen. Auch die männlichen Sexualpartner - meist SS-Männer, mussten Rassenachweise erbringen. Die Kinder wurden in den Heimen erzogen und - soweit sie den "Rasseanforderungen" genügten - zur Adoption freigegeben, bevorzugt in Familien von SS-Angehörigen. Die Aktion Lebensborn wurde auch in Norwegen durchgeführt. In deutschen Lebensbornheimen wurden bis Kriegsende 8000 Kinder geboren, in Norwegen 12000.

Die Herrenrassen-Politik der Nationalsozialisten war - auch genetisch - abwegig. Bereits damals war wissenschaftlich klar, dass Reinrassigkeit aufgrund des fehlenden Heterosis-Effekts zu weniger vitalen und weniger leistungsfähigen Lebewesen führt. So wurde in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts bereits in den USA eine Hybridzüchtung von Hühnern durchgeführt, die deutliche Leistungssteigerungen ergab. Wäre die Rassenpolitik der Nationalsozialisten nicht durch den Untergang des 3. Reiches beendet worden, so wäre als Zuchtergebnis nicht etwa eine besonders leistungsfähige Rasse hervorgegangen, sondern das Gegenteil: "blond, blauäugig, behindert" mit einer Ansammlung rezessiver Gene, wie sie generell in Inzucht-Linien auftritt.

Moderne Genetiker schließen eine biologisch begründete Überlegenheit von Rassen aus.

Siehe auch: Mischling