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Multireligiöses Gebet

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Ein multireligiöses Gebet ist eine Variante des interreligiösen Gebets. Allgemeingefasst bezeichnet es ein Gebet, an dem Mitglieder verschiedener Religionsgemeinschaften teilnehmen. Aufgrund des Aufeinandertreffens unterschiedlicher Traditionen wird ein interreligiöses Gebet häufig als problematisch und nicht praxistauglich erachtet. Daher entwickelte sich daraus das Konzept der multireligiösen Gebetstreffen.

Das interreligiöse Gebet und seine Probleme

Ein interreligiöses Gebet ist ein gemeinsames religionsübergreifendes Gebet, bei dem alle Teilnehmer mit den gleichen Worten und Zeichen beten. Ein solches Tun fördert jedoch traditionsbedingte Probleme zutage. Selbst eine sorgfältige Vorbereitung kann nicht gewährleisten, dass alle Religionen in ihren diversen Traditionen respektvoll toleriert werden. Eine Vermischung unterschiedlicher Gottesvorstellungen und unterschiedlicher Riten würde eine Vereinnahmung jeweils anderer Religionen bewirken und vorhandene Gegensätze verschleiern. Zudem kann die Konfrontation mit fremdartigen Riten zu Ablehnungsreaktionen führen, die mit einem toleranten Miteinander im Gebet unvereinbar sind. [1] [2]

Das Modell des multireligiösen Gebets und der religiösen Begegnung vermeidet diese Probleme, indem nicht gemeinsam, sondern im Beisein des jeweils Anderen, nebeneinander oder nacheinander gebetet wird.

Das Konzept des multireligiösen Gebets

Bei einem multireligiösen Gebet („religiöse Begegnung“/ „Gebetstreffen der Religionen“) kommen Anhänger verschiedener Religionen zusammen, um zu beten. Allerdings spricht jeder sein eigenes Gebet entsprechend seiner Tradition, da sich ein gleichlautendes gemeinsames Gebet aufgrund unterschiedlicher Glaubensüberzeugungen und Riten als wenig praxisnah erwiesen hat.[3] [4]

Auch bei einer gastweisen Teilnahme am Gebet einer anderen Religionsgemeinschaft wird von einem multireligiösen Gebet gesprochen. [5]

Der Verzicht auf ein für alle Teilnehmenden gleiches ritualisiertes Gebet resultiert aus dem Respekt vor der Besonderheit des anderen Glaubens und traditionsbedingten Unterschieden. Bei einem Gebet dieser Form wird keiner in seiner religiösen Integrität verletzt oder durch andere Religionen vereinnahmt (etwa durch synkretistisches Zusammenbringen unterschiedlicher religiöser Ideen und Lehren). Die Gefahr möglicher negativer Emotionen der gegenseitigen Ablehnung, die aufgrund der Konfrontation mit fremdartigen Riten auftreten könnten, wird vermieden. Dennoch ist eine gemeinsame ausführliche Vorbereitung und Verständigung über Gemeinsamkeiten notwendig, um Missverständnissen vorzubeugen. [6] [7]

Das Friedensgebet von Assisi

Beispielhaft für ein multireligiöses Gebet ist das Weltgebetstreffen für den Frieden, das mit Vertretern zahlreicher Religionen am 27.Oktober 1986 in Assisi stattfand. Papst Johannes Paul II. nannte als Grundprinzip der religiösen Begegnung, dass man nicht zusammen beten könne, aber zugegen sein könne, wenn die anderen beten. [8]

Durch dieses Modell des multireligiösen Gebets konnten Gläubige diverser Religionen in das Weltgebetstreffen einbezogen werden und zugleich Unterschiede der religiösen Traditionen respektiert und gewahrt werden.

Arbeitshilfe Nr. 170 der Deutschen Bischofskonferenz - Leitlinien für das Gebet bei Treffen von Christen, Juden und Muslimen (PDF; 265 kB), 2. überarbeitete und aktualisierte Auflage vom 24. Juni 2008

Einzelnachweise

  1. Vgl. "Leitlinien für das Gebet bei Treffen von Christen, Juden und Muslimen. Eine Handreichung der deutschen Bischöfe" 2008, S. 32 - 35.
  2. Vgl. "EKD-Erklärung. Klarheit und gute Nachbarschaft." 2006, S. 115 -118.
  3. Vgl. "Leitlinien für das Gebet bei Treffen von Christen, Juden und Muslimen. Eine Handreichung der deutschen Bischöfe" 2008, S. 33.
  4. Vgl. "EKD-Erklärung. Klarheit und gute Nachbarschaft." 2006, S. 117.
  5. Vgl. ebd., S. 116.
  6. Vgl. "Leitlinien für das Gebet bei Treffen von Christen, Juden und Muslimen. Eine Handreichung der deutschen Bischöfe" 2008, S. 32 -35, S. 51.
  7. Vgl. "EKD-Erklärung. Klarheit und gute Nachbarschaft." 2006, S. 115 - 118.
  8. Johannes Paul II.: "In Assisi: Zusammensein, um zu beten. Ansprache des Papstes bei der Generalaudienz am 22.Oktober 1986." zitiert nach: „Arbeitshilfe Nr. 170 der Deutschen Bischofskonferenz - Leitlinien für das Gebet bei Treffen von Christen, Juden und Muslimen.“ 2008, S. 34.