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Hermann Hesse

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Hermann Hesse

Hermann Hesse (* 2. Juli 1877 in Calw; † 9. August 1962 in Montagnola, Schweiz) war ein deutsch-schweizerischer Dichter, Schriftsteller und Maler. 1946 wurde ihm der Nobelpreis für Literatur verliehen.

Leben

Kindheit und Jugend

Hesses Geburtshaus

Hermann Hesse stammte aus einer christlichen Missionarsfamilie. Seine Eltern waren beide im Auftrag der Basler Mission in Indien tätig, wo Hesses Mutter Marie Gundert 1842 auch geboren worden war. Sein Vater Johannes Hesse (* 1847 als Sohn eines Arztes) stammte aus Estland. Im Schwarzwaldstädtchen Calw betrieben sie seit 1873 unter Leitung von Hesses Schwiegervater Hermann Gundert einen Missionarsverlag.

Die Welt, in der Hermann Hesse seine ersten Lebensjahre verbrachte, war ganz vom Geiste des schwäbischen Pietismus geprägt. 1881 zog die Familie für fünf Jahre nach Basel, kehrte dann aber wieder nach Calw zurück. Nach dem erfolgreichen Besuch der Lateinschule in Göppingen kam Hesse 1891 in das evangelisch-theologische Seminar in Maulbronn. Hier zeigte sich im März 1892 sein rebellischer Charakter: Hesse flüchtete aus dem Seminar und wurde erst einen Tag später auf freiem Feld aufgegriffen.

Nun begann, begleitet von heftigsten Konflikten mit den Eltern, eine Odyssee durch verschiedene Anstalten und Schulen. Hermann Hesse war in einer depressiven Phase seiner Bipolaren Störung und äußerte in einem Brief vom 20. März 1892 Suizidgedanken („Ich möchte hingehen wie das Abendrot“). Im Mai 1892 kam es in der Anstalt Bad Boll unter Fürsorge des Theologen und Seelsorgers Christoph Friedrich Blumhardt zu einem Suizidversuch. Im Anschluss daran wurde Hermann in die Nervenheilanstalt in Stetten im Remstal verlegt, später in die Knabenanstalt nach Basel.

Ab Ende 1892 besuchte er das Gymnasium in Cannstatt. 1893 bestand er zwar dort das Einjährigen-Examen, brach aber dennoch die Schule ab.

Nachdem er einer ersten Buchhändlerlehre in Esslingen am Neckar nach drei Tagen entlaufen war, begann Hesse im Frühsommer 1894 eine 14 Monate dauernde Mechanikerlehre in der Turmuhrenfabrik Perrot in Calw. Die monotone Arbeit des Lötens und Feilens bestärkte in Hermann Hesse alsbald den Wunsch, sich wieder eher Geistigem zuzuwenden. Im Oktober 1895 war er bereit, eine neue Buchhändlerlehre in Tübingen zu beginnen und ernsthaft zu betreiben. Diese Erfahrungen seiner Jugend hat er später in seinem Roman Unterm Rad verarbeitet.

Der Weg zum Schriftsteller

Buchhandlung Heckenhauer in Tübingen – Arbeitsplatz 1895-99

Hesse arbeitete ab dem 17. Oktober 1895 in der Buchhandlung Heckenhauer in Tübingen. Der Schwerpunkt des Sortiments bestand aus Theologie, Philologie und Rechtswissenschaften. Hesses Aufgaben als Lehrling umfassten das Überprüfen (Kollationieren), Verpacken, Sortieren und Archivieren der Bücher. Nach Ende der jeweils 12-stündigen Arbeitstage bildete Hesse sich noch privat weiter, und Bücher kompensierten auch mangelnde soziale Kontakte an den langen, arbeitsfreien Sonntagen. Nach theologischen Schriften las Hesse insbesondere Goethe, später Lessing, Schiller und Texte zur griechischen Mythologie. 1896 wurde sein Gedicht Madonna in einer in Wien erschienenen Zeitschrift gedruckt, in späteren Ausgaben des Organs für Dichtkunst und Kritik folgten weitere.

Im Jahr 1898 war Hesse Buchhändlergehilfe und hatte ein respektables Einkommen, das ihm finanzielle Unabhängigkeit von den Eltern sicherte. Zu dieser Zeit las er insbesondere Werke der deutschen Romantik, allen voran Clemens Brentano, Joseph Freiherr von Eichendorff und Novalis. In Briefen an die Eltern bekundete er seine Überzeugung, dass „die Moral für Künstler durch die Ästhetik ersetzt wird“. Noch als Buchhändler veröffentlichte Hesse im Herbst 1898 seinen ersten kleinen Gedichtband Romantische Lieder und im Sommer 1899 die Prosasammlung Eine Stunde hinter Mitternacht. Beide Werke wurden ein geschäftlicher Misserfolg. Von den Romantischen Liedern wurden innerhalb von zwei Jahren nur 54 Exemplare der Gesamtauflage von 600 Büchern verkauft, auch Eine Stunde nach Mitternacht wurde nur in einer Auflage von 600 Exemplaren gedruckt und verkaufte sich nur schleppend. Der Leipziger Verleger Eugen Diederichs war jedoch von der literarischen Qualität der Werke überzeugt und sah die Veröffentlichung schon von Anbeginn mehr als Förderung des jungen Autors denn als lohnendes Geschäft.

Ab Herbst 1899 arbeitete Hesse in einem angesehenen Antiquariat in Basel. Da seine Eltern engen Kontakt zu Basler Gelehrtenfamilien pflegten, öffnete sich ihm hier ein geistig-künstlerischer Kosmos mit den reichsten Anregungen. Gleichzeitig bot Basel dem Einzelgänger Hesse auch viel Rückzugsmöglichkeiten in sehr privates Erleben bei größeren Fahrten und Wanderungen, die der künstlerischen Selbsterforschung dienten, und auf denen er die Fähigkeit, sinnliches Erleben schriftlich niederzufassen, stets aufs Neue erprobte. Im Jahr 1900 wurde Hesse wegen seiner Sehschwäche vom Militärdienst befreit. Das Augenleiden hielt zeitlebens an, ebenso wie Nerven- und Kopfschmerzen.

1901 konnte Hesse sich einen großen Traum erfüllen und erstmals nach Italien reisen. Im selben Jahr wechselte Hesse zu einem neuen Arbeitgeber, dem Antiquar Wattenwyl in Basel. Zur selben Zeit boten sich ihm immer mehr Gelegenheiten, Gedichte und kleine literarische Texte in Zeitschriften zu veröffentlichen. Nun trugen auch Honorare aus diesen Veröffentlichungen zu seinem Einkommen bei. Alsbald wurde der Verleger Samuel Fischer auf Hesse aufmerksam, und der Roman Peter Camenzind, der erstmals 1903 als Vorabdruck und 1904 regulär bei Fischer erschien, bedeutete den Durchbruch: Von nun an konnte Hesse als freier Schriftsteller leben.

Zwischen Bodensee und Indien

Hermann Hesses Schreibtisch im Hermann-Hesse-Höri-Museum in Gaienhofen
Datei:HESSE.jpg
Hermann-Hesse-Statue in Gaienhofen

Der literarische Ruhm ermöglichte es Hesse 1904 Maria Bernoulli zu heiraten, sich mit ihr in Gaienhofen am Bodensee niederzulassen und dort eine Familie zu gründen, aus der die drei Söhne Bruno, Heiner und Martin hervorgingen. Hier schrieb er seinen zweiten Roman „Unterm Rad“, der 1906 erschien. In der Folgezeit verfasste er vor allem Erzählungen und Gedichte. Sein nächster Roman „Gertrud“ von 1910 zeigte Hesse allerdings in einer Schaffenskrise – er hatte schwer mit diesem Werk zu kämpfen, in späteren Jahren hat er es als misslungen betrachtet. Auch in seiner Ehe vermehrten sich nun die Dissonanzen, und um Abstand zu gewinnen, brach Hesse mit Hans Sturzenegger 1911 zu einer großen Reise nach Ceylon und Indonesien auf. Die erhoffte spirituell-religiöse Inspiration fand er dort nicht, dennoch beeinflusste die Reise sein weiteres literarisches Werk stark. Nach Hesses Rückkehr zog die Familie 1912 nach Bern um, doch auch dieser Ortswechsel konnte die Eheprobleme nicht auflösen, wie Hesse 1914 in seinem Roman „Roßhalde“ offenbarte.

Der Erste Weltkrieg

Beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 meldete Hesse sich als Freiwilliger bei der deutschen Botschaft, da er nicht ertragen konnte, tatenlos am warmen Kamin zu sitzen, während andere junge Schriftsteller an der Front sterben. Er wurde jedoch für untauglich befunden und der deutschen Botschaft für den Dienst bei der deutschen Kriegsgefangenenfürsorge in Bern zugewiesen. In diesem Rahmen war Hesse fortan damit beschäftigt, für deutsche Kriegsgefangene Bücher zu sammeln und zu verschicken.In dieser Zeit war er Mitherausgeber der "Deutschen Interniertenzeitung" (1916/'17),Herausgeber des "Sonntagsboten für die deutschen Kriegsgefangenen" (1916-1919) und zuständig für die "Bücherei für deutsche Kriegsgefangene". 1913 veröffentlichte er "Aus Indien", ein Jahr später "Roßhalde". Am 3. November 1914 veröffentlichte er in der „Neuen Zürcher Zeitung“ den Aufsatz „O Freunde, nicht diese Töne“, in dem er an die deutschen Intellektuellen appelliert, nicht in nationalistische Polemik zu verfallen. Was darauf folgte, bezeichnete Hesse später als eine große Wende in seinem Leben: Erstmals fand er sich inmitten einer heftigen politischen Auseinandersetzung wieder, die deutsche Presse attackierte ihn, Hassbriefe gingen bei ihm ein und alte Freunde sagten sich von ihm los. Zustimmung erhielt er weiterhin von seinem Freund Theodor Heuss, aber auch von dem französischen Schriftsteller Romain Rolland, der Hesse im August 1915 besuchte. Diese Konflikte mit der deutschen Öffentlichkeit waren noch nicht abgeklungen, als Hesse durch eine Folge von Schicksalsschlägen wie dem Tod seines Vaters am 8. März 1916, die schwere Erkrankung seines Sohnes Martin und die ausbrechende Schizophrenie seiner Ehefrau in eine noch tiefere Lebenskrise gestürzt wurde. Er musste seinen Dienst bei der Gefangenenfürsorge unterbrechen und sich in psychotherapeutische Behandlung begeben. Die daraus resultierende intensive Beschäftigung mit der Psychoanalyse, durch die Hesse auch Carl Gustav Jung persönlich kennen lernte, führte ihn schließlich zu einer neuen kreativen Höhe: Im September/Oktober 1917 verfasste Hesse in einem dreiwöchigen Arbeitsrausch seinen Roman „Demian“. Das Buch wurde nach Kriegsende 1919 unter dem Pseudonym Emil Sinclair veröffentlicht.

In der Casa Camuzzi

Casa Camuzzi in Montagnola

Als Hesse 1919 sein ziviles Leben weiterführen konnte, war seine Ehe zerrüttet. Bei seiner Frau war zwischenzeitlich eine schwere Psychose ausgebrochen, aber auch nach ihrer Heilung sah Hesse keine gemeinsame Zukunft mit Maria. Die Wohnung in Bern wurde aufgelöst, Hesse siedelte Mitte April allein ins Tessin um, er bewohnte zunächst ein kleines Bauernhaus am Ortseingang von Minusio bei Locarno, dann lebte er vom 25. April bis 11. Mai in Sorengo. Am 11. Mai bezog er in dem Dorf Montagnola als Mieter vier kleine Räume in einem seltsamen schlossartigen Gebäude, der „Casa Camuzzi“. Hier nahm er nicht nur seine schriftstellerische Tätigkeit wieder auf, sondern begann auch zu malen, was sich in seiner nächsten großen Erzählung „Klingsors letzter Sommer“ von 1920 deutlich niederschlug. 1922 erschien Hesses Indien-Roman „Siddhartha“. Hierin kam seine Liebe zur indischen Kultur und zu asiatischen Weisheitslehren zum Ausdruck, die er schon in seinem Elternhaus kennen gelernt hatte. 1924 heiratete Hesse seine Geliebte Ruth Wenger, die Tochter der Schweizer Schriftstellerin Lisa Wenger und Tante von Meret Oppenheim (nach der Ehe mit Hesse wurde sie Mutter des Schauspielers Ezard Haußmann). Diese Ehe war jedoch von Anfang an zum Scheitern verurteilt und wurde nie richtig vollzogen.

Hesse erhielt in diesem Jahr die Schweizer Staatsbürgerschaft. Seine nächsten größeren Werke, „Kurgast“ von 1925 und „Die Nürnberger Reise“ von 1927, sind autobiografische Erzählungen mit ironischem Unterton, in denen sich schon der erfolgreichste Roman Hesses ankündigt, „Der Steppenwolf“ von 1927. Zu seinem 50. Geburtstag, den er in diesem Jahr feierte, wurde auch die erste Hesse-Biografie von seinem Freund Hugo Ball veröffentlicht. Schon kurz nach dem neuen Erfolgsroman erlebte der einsame Steppenwolf Hesse eine Wende durch die Beziehung zu seiner aus Czernowitz in der Bukowina stammenden späteren dritten Ehefrau Ninon Dolbin geb. Ausländer. Resultat dieser Wandlung zum dualistischen Miteinander war der Roman „Narziß und Goldmund“ von 1930. Im Jahre 1931 verließ Hesse die Mietwohnung in der Casa Camuzzi und zog mit seiner Lebensgefährtin Ninon in ein größeres Haus (Casa Hesse) oberhalb von Montagnola, das nach seinen Wünschen erbaut und ihm von seinem Freund Hans C. Bodmer dauerhaft zur Verfügung gestellt wurde. Dieses Haus ist heute in Privatbesitz und kann derzeit nicht besichtigt werden.

Der Glasperlenspieler

Hermann-Hesse-Denkmal in Calw

1931 begann er mit den Entwürfen zu seinem letzten großen Werk, welches den Titel „Das Glasperlenspiel“ tragen sollte. 1932 veröffentlichte er als Vorstudie dazu die Erzählung „Die Morgenlandfahrt“. Die Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland beobachtete Hesse mit großer Sorge. Bertolt Brecht und Thomas Mann machten 1933 auf ihren Reisen ins Exil jeweils bei Hesse Station. Hesse versuchte auf seine Weise, der Entwicklung in Deutschland entgegenzusteuern: Er hatte schon seit Jahrzehnten in der deutschen Presse Buchrezensionen publiziert - nun sprach er sich darin verstärkt für jüdische und andere von den Nationalsozialisten verfolgte Autoren aus. Ab Mitte der Dreißiger Jahre wagte keine deutsche Zeitung mehr, Artikel von Hesse zu veröffentlichen. Hesses geistige Zuflucht vor den politischen Auseinandersetzungen und später vor den Schreckensmeldungen des Zweiten Weltkrieges war die Arbeit an seinem Roman „Das Glasperlenspiel“, der 1943 in der Schweiz gedruckt wurde. Nicht zuletzt für dieses großartige Spätwerk wurde ihm 1946 der Nobelpreis für Literatur verliehen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg ging Hesses Kreativität zurück: Er schrieb noch Erzählungen und Gedichte, aber keinen Roman mehr. Er war außerdem in Anspruch genommen durch einen stetigen Strom von Briefen - dies war der Preis dafür, dass er seinen wiedererwachten Ruhm bei einer neuen Generation deutscher Leser miterleben konnte, die sich von dem „weisen Alten“ in Montagnola Lebenshilfe und Orientierung erhofften. Hermann Hesse verstarb am 9. August 1962 und wurde auf dem Friedhof von San Abbondio bei Montagnola beigesetzt, auf dem auch Hugo Ball begraben ist.

Literarische Bedeutung

Hesses frühe Werke standen noch in der Tradition des 19. Jahrhunderts: Seine Lyrik ist ganz der Romantik verpflichtet, ebenso Sprache und Stil des „Peter Camenzind“, eines Buches, das vom Autor als Bildungsroman in der Nachfolge des Kellerschen „Grünen Heinrich“ verstanden wurde. Inhaltlich wandte sich Hesse gegen die wachsende Industrialisierung und Verstädterung, womit er eine Tendenz der Jugendbewegung aufgriff. Diese neoromantische Haltung in Form und Inhalt wird Hesse später aufgeben. Die antithetische Struktur des „Peter Camenzind“, die sich an der Gegenüberstellung von Stadt und Land und an dem Gegensatz männlich - weiblich zeigt, ist hingegen auch in den späteren Hauptwerken Hesses (z. B. im „Demian“ und im „Steppenwolf“) zu finden.

Die Bekanntschaft mit der Archetypenlehre des Psychologen Carl Gustav Jung hatte einen entscheidenden Einfluss auf Hesses Werk, der sich zuerst im Roman „Demian“ zeigte: Der Weg eines jungen Menschen zu sich selbst wurde zu einem seiner Hauptthemen. Aus diesem Grund wählten und wählen immer noch zahllose Jugendliche Hesse zu ihrem Lieblingsautor. Die Tradition des Bildungsromans ist auch im „Demian“ noch zu finden, aber in diesem Werk (wie auch im „Steppenwolf“) spielt sich die Handlung nicht mehr auf der realen Ebene ab, sondern in einer inneren „Seelen-Landschaft“.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt in Hesses Werk ist die Spiritualität, die sich vor allem (aber nicht nur) in dem Roman „Siddhartha“ finden lässt. Indische Weisheitslehren, der Taoismus und christliche Mystik bilden seinen Hintergrund. Die Haupttendenz, wonach der Weg zur Weisheit über das Individuum führt, ist jedoch ein typisch westlicher Ansatz, der keiner asiatischen Lehre entspricht. Manche Kritiker führten gegen Hesse ins Feld, er benutze Literatur dazu, seine spirituelle Weltanschauung zu transportieren. Diese Kritik kann man auch umkehren und sagen, die Kritiker wenden sich nur gegen Hesses Weltanschauung und nicht gegen seine Literatur.

Alle Werke Hesses enthalten eine autobiografische Komponente, besonders offensichtlich ist sie im „Steppenwolf“, der geradezu exemplarisch für den „Roman der Lebenskrise“ stehen kann. Erst im Spätwerk trat diese Komponente zurück - in den zusammengehörigen Romanen „Die Morgenlandfahrt“ und „Das Glasperlenspiel“ griff Hesse ein Thema auf, das er schon im „Peter Camenzind“ behandelt hatte: den Gegensatz zwischen vita activa und vita contemplativa. Vor dem historischen Hintergrund seiner Entstehungszeit, den schrecklichsten Jahren des 20. Jahrhunderts, zeichnete Hesse im „Glasperlenspiel“ eine Utopie der Humanität und des Geistes, zugleich schrieb er aber auch wieder einen klassischen Bildungsroman. Beide Elemente halten sich in einem dialektischen Wechselspiel die Waage.

Rezeption

Hermann-Hesse-Denkmal in Calw

Die literarische Qualität und Bedeutung der Werke Hermann Hesses war schon zu seinen Lebzeiten umstritten; der Disput hält nach wie vor an. Schriftstellerkollegen wie Thomas Mann oder Hugo Ball schätzten ihn hoch, während andererseits Kurt Tucholsky meinte: „Ich halte Hesse für einen Schriftsteller, dessen Qualitäten als Essayist weitaus größer sind als seine dichterischen Eigenschaften.“ Alfred Döblin schrieb gar von „langweiliger Limonade“. Hesses Frühwerk wurde jedoch von der zeitgenössischen Literaturkritik überwiegend positiv beurteilt.

Die Hesse-Rezeption im Deutschland der beiden Weltkriege war stark durch die Pressekampagnen gegen den Autor in Folge seiner Antikriegs- und antinationalistischen Äußerungen geprägt. Ab 1937 konnten Hesses Werke in Deutschland nur noch „unter dem Ladentisch“ verkauft werden. Die jüngere Generation „entdeckte“ Hesse somit zu einem großen Teil erst nach 1945.

Gut zehn Jahre nachdem Hesse der Nobelpreis für Literatur verliehen wurde, schrieb Karlheinz Deschner 1957 in seiner Streitschrift Kitsch, Konvention und Kunst: „Dass Hesse so vernichtend viele völlig niveaulose Verse veröffentlicht hat, ist eine bedauerliche Disziplinlosigkeit, eine literarische Barbarei“ und kam auch in Bezug auf die Prosa zu keinem günstigeren Urteil. In den folgenden Jahrzehnten schlossen sich Teile der deutschen Literaturkritik dieser Beurteilung an, Hesse wurde von manchen als Produzent epigonaler und kitschiger Literatur qualifiziert. So ähnelt die Hesse-Rezeption einer immerwährenden Pendelbewegung: Kaum war sie in den 1960er Jahren in Deutschland auf einem Tiefpunkt angelangt, brach unter den Jugendlichen in den USA ein „Hesse-Boom“ ohnegleichen aus, der dann auch wieder nach Deutschland übergriff; insbesondere „Der Steppenwolf“ wurde international zum Bestseller (nach dem sich sogar eine Rockband benannte) und Hesse zu einem der meistübersetzten und -gelesenen deutschen Autoren. Weltweit wurden über 100 Millionen seiner Bücher verkauft. In den 70er Jahren veröffentlichte der Suhrkamp-Verlag einige Tonbänder mit dem am Ende seines Lebens aus seinen Werke rezitierenden Hesse auf Sprechplatten. Schon zu Beginn seiner Laufbahn widmete sich Hesse der Autorenlesung und verarbeitete seine eigentümlichen Erlebnisse in diesem Zusammenhang in dem ungewöhnlich heiteren Text „Autorenabend“.

Im Gedenken an Hesse wurden zwei Literaturpreise nach ihm benannt: der Calwer Hermann-Hesse-Preis und der Karlsruher Hermann-Hesse-Literaturpreis.

Auszeichnungen und Ehrungen

Werke

Gedichte

  • Elisabeth, 1900
  • Wie eine Welle, 1901
  • Soirée, 1902
  • Julikinder, 1904
  • Im Nebel, 1905
  • Bücher, 1918
  • Vergänglichkeit, 1919
  • Der Liebende, 1921
  • Für Ninon, 1927
  • Klage, 1934
  • Stufen, 1941

Literatur

  • Apel, Ursula (Hrsg.): Hermann Hesse : Personen und Schlüsselfiguren in seinem Leben. 3 Bde. Saur-Verlag München/London/New York 1989/93 (ISBN 3-598-10841-9 und ISBN 3-598-11158-4)
  • Heinz Ludwig Arnold (Hrsg.): Hermann Hesse. TEXT + KRITIK. Zeitschrift für Literatur, H. 10/11, 2., erweiterte Aufl. 1983. edition text + kritik. (ISBN 3-88377-138-4)
  • Ball, Hugo: Hermann Hesse. Sein Leben und sein Werk. Berlin 1927; Frankfurt/M. 1977
  • Freedman, Ralph: Hermann Hesse. Autor der Krisis. Eine Biographie. Frankfurt/M. 1977, 1991 (ISBN 3-518-38327-2)
  • Gellner, Christoph: Hermann Hesse und die Spiritualität des Ostens. Düsseldorf 2005 (ISBN 3-491-72491-0)
  • Qaralasvili, Rezo: Hermann Hesse : Charakter und Weltbild. Frankfurt/M. 1993 (ISBN 3-518-38656-5)
  • Kleine, Gisela: Zwischen Welt und Zaubergarten. Ninon und Hermann Hesse: Ein Leben im Dialog. Frankfurt/M. 1988, 1994, 1998 (ISBN 3-518-39306-5)
  • Limberg, Michael: Hermann Hesse. Leben, Werk, Wirkung. Frankfurt/M. 2005
  • Mileck, Joseph: Hermann Hesse. Dichter, Sucher, Bekenner. München 1979; Frankfurt/M. 1987
  • Pfeifer, Martin: Hesse-Kommentar zu sämtlichen Werken. München 1980; FrankfurtM: 1990 (ISBN 3-518-38240-3)
  • Schmelzer, Hans-Jürgen: Auf der Fährte des Steppenwolfs. Stuttgart 2002. (ISBN 3-89850-070-5)
  • Schneider, Christian Immo: Hermann Hesse. München 1991
  • Walther, Klaus: Hermann Hesse. München 2002
  • Zeller, Bernhard, Hermann Hesse in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek 1963, 2005
  • Ziolkowski, Theodore: Der Schriftsteller Hermann Hesse. Wertung und Neubewertung. Frankfurt/M. 1979 (ISBN 3-518-04748-5)

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