Kardanwelle


Die Kardanwelle ist eine klassische Ausführung einer Gelenkwellenkombination mit einem oder zwei Kreuzgelenken (auch Kardangelenke genannt). Sie ermöglicht die Drehmoment-Übertragung in einem geknickten Wellenstrang, wobei die Knickung unter Last veränderlich sein darf. Die Bezeichnung Kardanwelle wird gelegentlich auch für Wellen mit homokinetischen Gelenken oder für Wellen mit einem Kreuzgelenk und Hardyscheibe statt zweitem Kreuzgelenk (z.B. Renault Espace mit Verbundfaserwelle) verwendet. Gegenüber diesen bietet die Kardanwelle mit Kreuzgelenken erhebliche Wirkungsgradvorteile.
Anus
Beim Einsatz von zwei Kreuzgelenken ist die Übertragung mit einer Welle möglich, ohne dass der Drehgeschwindigkeit am Abtrieb eine periodische Schwankung überlagert wird, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
- Die Welle ist dreiteilig (zwei Anschlussflansche und die Verbindung der beiden Kreuzgelenke)
- Die zugehörigen Kreuzgelenkgabeln sind in gleicher Stellung mit der mittleren Welle verbunden
- Gleiche Knickwinkel an jedem der beiden Kreuzgelenke
- Drehachsen aller drei Wellenteile in einer Ebene
Dieser Aufbau führt zur bekannten W- oder zur Z-Anordnung, wobei die Z-Anordnung (parallele Drehachsen an An- und Abtrieb) in Fahrzeugen üblicherweise zur Kraftübertragung verwendet wird, während sich die W-Anordnung gelegentlich in Lenksäulen findet.
Der Name Kardanwelle leitet sich von den verwendeten Kreuzgelenken (siehe Geschichte des Kreuzgelenks) ab.
Technische Grenzen
Der Einsatz der Kardanwelle wird aus technischer Sicht durch mehrere Größen begrenzt:
- Das maximal übertragbare Drehmoment. Größeres Drehmoment erfordert größere Wellendurchmesser, für die wiederum Bauraum im Fahrzeug geschaffen werden muss.
- Die Welle besitzt eine biegekritische Drehzahl, ab der jede Unwucht zu einem Schlagen führt. Dieser Effekt begrenzt die maximale Drehzahl der Welle[1]. Als Gegenmaßnahme kommen steifere Wellen (was meist größere Durchmesser bedeutet) oder den Ersatz einer langen Kardanwelle durch mehrere kurze Wellen mit Zwischengelenken (Nachteil: Geräuschübertragung an der Lagerung des Gelenks ins Fahrzeug) in Frage.
- Mit steigendem Beugewinkel und steigendem Drehmoment sinkt der Wirkungsgrad der Gelenke. Bei falscher Auslegung (zu große Beugung oder zu große übertragene Leistung) kann die Erwärmung zur Zerstörung der Gelenke führen. Eine völlig gestreckte Welle (Beugewinkel β = 0°) hat keine Verluste (η = 100%)
Ausführungen und Anwendungen

Kardanwellen in PKW und LKW
Aufgabe einer Kardanwelle ist die Drehmomentübertragung in Kraftfahrzeugen, bei denen Motor und angetriebene Achse große Distanzen haben, meist in der Kombination Frontmotor mit Heckantrieb, bei Allradantrieben (sowohl Front- wie auch Heckmotor) und in Nutzfahrzeugen zusätzlich als Verbindung zwischen zwei angetriebenen Achsen (insbesondere bei Baustellenfahrzeugen). In den meisten Fällen leitet die Kardanwelle Drehmoment vom Getriebeausgang zum Achsdifferential, bei der Transaxle-Bauweise vom Motor zum Getriebe an der Achse (beispielsweise Porsche 944). Das erste Automobil mit Kardanantrieb war vermutlich das 1898 erste von Louis Renault konstruierte und gefertigte Auto.[2]
Mit dem Achsdifferential ist die Kardanwelle in der Regel mit einem zweiten Kardangelenk und mit Ausgangswelle des Getriebes meistens über eine Hardyscheibe verbunden. Eine solche Scheibe ähnelt einem Kardangelenk, die Funktion der Drehgelenke wird von der elastischen Biegbarkeit einer meistens aus Gummi bestehenden Scheibe übernommen, an die die beiden zu verbindenden Wellen angeschraubt werden. Die Hardyscheibe erlaubt kleine elastische Längsbewegungen zwischen Motor-Getriebe-Gruppe und Hinterachse. Ihre Elastizität in Umfangsrichtung wird ausgenutzt, um Stöße in der Drehmomentübertragung abzufedern. Bei langen Fahrzeugen wird die vordere Teilwelle kurz vor dem Kardangelenk mit einem Radiallager am Fahrzeug befestigt, bei kürzeren Fahrzeugen kann eines der beiden vorderen winkelbeweglichen Gelenke entfallen (nur ein Wellenstück).
Gelenkwelle mit zwei Kardangelenken
In geknickter Stellung ist die Drehübertragung mittels Kardangelenk ungleichförmig. Der vom Antrieb vorgegeben Drehfrequenz ist am Abtrieb eine kleine Schwankung der doppelten Frequenz überlagert. Mit zwei gegeneinander um 90° verdrehten hintereinander folgenden Kardangelenken hebt sich der Übertragungsfehler auf, wenn beide Gelenke gleichermaßen geknickt sind. Der eine der beiden möglichen Fälle ist der parallele Versatz zwischen treibender und getriebener Welle. Als Gelenkwelle wird die überbrückende Welle zusammen mit den beiden an ihr befestigten Kardangelenken bezeichnet. Sie ist oft in ihrer Mitte durch ein Schiebegelenk geteilt, das den Längsausgleich bei rein paralleler Versatzänderung ermöglicht. Ein typischer Anwendungsfall ist der Antrieb einer quer verfahrbaren Spindel einer Werkzeugmaschine, die nicht ungleichmäßig drehen darf.
Gelenkwellen sind auch Hauptbestandteil von Zapfwellen-Systemen zwischen Traktoren und gezogenen landwirtschaftlichen oder anderen Arbeitsmaschinen. Das zweite Kardangelenk und das zusätzliche Schubgelenk sind hier nötig, um die Drehmoment-Übertragung ganz unabhängig davon zu machen, wie und an welchem Punkt die gezogene Maschine angehängt wird.

Die Kardanwelle an Motor- und Fahrrädern
Die Kardanwelle an Motor- und Fahrrädern wird für die Drehmoment-Übertragung auf das Hinterrad verwendet. Häufig haben solche Wellen allerdings nur ein Kreuz- oder Gummigelenk, um die Hubbewegung des Hinterrades beim Einfedern auszugleichen. Bei Fahrrädern wird der Kardanantrieb selten verwendet, da hier je ein Kegelradsatz an der Tretkurbel wie auch am Hinterrad benötigt wird, der teuer herzustellen ist und nicht den Wirkungsgrad einer gut gewarteten Kette erreicht. Wenn das Tretlager schwenkbar am Rahmen befestigt ist, braucht man kein Kardangelenk, die Welle wird trotzdem als Kardanwelle bezeichnet.
Einzelnachweise
- ↑ G. Dittrich, "Maschinendynamik I", Vorlesungsumdruck des Instituts für Getriebetechnik und Maschinendynamik RWTH Aachen, Wintersemester 1991/1992
- ↑ Vor hundert Jahren rollte in Paris das erste Auto mit Kardanwelle. In: VDI-Nachrichten. Verein zur Förderung eines Offenen Deutschen Schul-Netzes, abgerufen am 22. November 2009.