Raufußbussard
Raufußbussard | ||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
![]() | ||||||||||
Vorlage:Taxonomy | ||||||||||
| ||||||||||
Wissenschaftlicher Name | ||||||||||
Buteo lagopus | ||||||||||
(Pontoppidan, 1763) |
Der Raufußbussard (Buteo lagopus) ist ein Vertreter der Echten Bussarde (Buteo), aus der Familie der Habichtartigen (Accipitridae). Die hochnordische Art ist fast circumpolar vertreten, sie fehlt nur auf Grönland, Island und auf Spitzbergen.
Meist werden vier Rassen unterschieden. Die Unterschiede zwischen den Subspecies sind jedoch eher gering. Generell werden die eurasischen Vögel nach Osten hin in der Gefiederfärbung etwas heller und nehmen an Größe zu; die nearktische Rasse B. l. sanctijohannis ist die kleinste und die dunkelste.
Aussehen
Nominatform Buteo lagopus lagopus)
Die Nominatform dieses Bussards ist nicht immer sicher von dem in seiner Gefiederfärbung sehr variablen Mäusebussard (Buteo buteo) zu unterscheiden.
Insgesamt wirkt der Raufußbussard etwas massiger als Buteo buteo und meist auch heller. Der auffallend runde Kopf und der Nacken sind hellbraun bis hellgrau, in Einzelfällen fast weiß. Oberkopf und Ohrgegend sind sind dabei in der Regel noch etwas heller. Die dunklere Schaftzeichnung dieser Körperteile ist unterschiedlich deutlich, sie kann fast fehlen. Der Schnabel ist eher klein. Vom Augenrand zieht sich ein dunkles schmales Band zur gelben Schnabelbasis. Beim sitzenden Vogel ist die Oberseite relativ kontrastreich in verschiedenen Braun-und Gelbbrauntönen gemustert, während die Gefiederoberseite beim Mäusebussard in der Regel einheitlich braun wirkt. Die Gefiederunterseite ist in unterschiedlichen Braun- und Grautönen gefleckt, auch längliche schwarze Streifen können eingestreut sein. Im Hals und Brustbereich ist die Färbung oft heller als auf der übrigen Körperunterseite. Ganz helle, fast weiße Gefiederfärbungen der Körperunterseite kommen jedoch im Gegensatz zum Mäusebussard beim Raufußbussard nicht vor. Die Läufe sind bis zu den Zehen hellgrau bis weiß mit dunkelbraunen Schaftzeichnungen befiedert, doch ist dieses an sich gute Merkmal oft nicht genau genug erkennbar. Wie beim Mäusebussard sind die Zehen gelb gefärbt; die Krallen sind schwarz. Die Flügelspitzen schließen mit dem Schwanz ab.
Von unten gesehen wirkt ein fliegender Raufußbussard sehr hell, meist grauweiß mit schwarz kontrastierenden Flügel-und Schwanzabzeichen. Adulte Vögel weisen immer eine schwarze, relativ breite Endbinde des Schwanzes auf, die deutlich weiß gerandet ist. Beim adulten Männchen verlaufen weitere schmälere und oft unterbrochene Binden radial zur immer weißen Schwanzbasis hin. Beim Weibchen fehlen diese schmäleren Schwanzbinden meist. Immer ist der Flügelbug deutlich dunkelbraun oder schwarz markiert, ein Kennzeichen, das gemeinsam mit dem oben genannten, einen adulten Raufußbussard recht zuverlässig identifiziert. Die Flügel sind etwas länger und schmäler als die des Mäusebussards, aber ebenso tief, dunkelgrau bis schwarz gefingert.
Raufußbussarde fliegen mit langsamen, tief durchgezogenen Flügelschlägen und segeln und rütteln oft. Im Gleitflug sind beim Raufußbussard die Armschwingen leicht angehoben, während die Handschwingen gerade gehalten oder ganz leicht abgesenkt werden. Dadurch entsteht ein wahrnehmbarer Knick im Flügelprofil, ein gutes Unterscheidungsmerkmal zu gleitenden Mäusebussarden, die Arm- und Handschwingen meist gerade halten, beziehungsweise beim Segeln V-förmig anheben. Aufffallend und für die Art kennzeichnend ist auch ein häufiges Drehen des Schwanzes, das etwas an einen Milan erinnert.
Die Geschlechter weisen keinen ausgeprägten reversen Geschlechtsdimorphismus auf; sie sind auch in der Färbung schwer zu unterscheiden. Die Weibchen sind geringfügig größer als die Männchen und bis zu 20 Prozent schwerer. Ihre Gefiederfärbung ist insbesonders im Kopf- und Brustbereich etwas heller als die der Männchen. Der Schwanz der Weibchen schließt meist nur mit einer Endbinde ab, während bei den Männchen neben einer breiten meist noch zwei bis drei schmälere zu erkennen sind. Jungvögel sind heller als die Altvögel, vor allem die schwarze Endbinde des Schwanzes ist noch nicht deutlich ausgeprägt.
B. l. menzbieri
Diese Rasse schließt östlich an das Verbreitungsgebiet der Nominatform an. Die sehr breite Kontaktzone verläuft im Uralgebiet. Vertreter dieser Unterart sind etwas größer als die der Nominatform und meist auch heller. Die Unterseite ist weniger kontrastreich gezeichnet, die Schwanzbinden (insbesonders die Endbinde) sind schmäler. Die Iris dieser Vögel ist im Gegensatz zur hellbraunen der Nominatform gelb.
B. l. kamtschatkensis
Diese Subspecies bewohnt Kamtschatka und die Kurilen. Die Vögel sind groß, eher dunkel und wenig kontrastreich gezeichnet. Von großen und dunklen Vertretern der Rasse B. l. menzbieri sind sie nicht zu unterscheiden. Sie sind deutlich größer und heller als durchschnittliche Vertreter der Rasse B. l. sanctijohannis. Im Gebiet der Beringssee vermischen sich die beiden Unterarten.
B. l. sanctijohannis
B. l. sanctijohannis bewohnt den subarktischen Gebiete Nordamerikas von Neufundland westwärts bis Alaska und die Aleuten. Die hellen Exemplare dieser Unterart sind etwas kleiner als die der Nominatform, unterscheiden sich jedoch in der Gefiederfärbung nur unwesentlich. Die dunklen Exemplare sind oberseits einheitlich braun, auf der Unterseite graubraun gesprenkelt. Auch im Flugbild ist diese Rasse dunkler als die Nominatform. In der Unteransicht kontrastieren dabei die meist einheitlich dunklen Deckfedern der Unterflügel deutlich mit dem sonst hellen Flügel. Bei dieser Rasse besteht vor allem im Flug eine erhebliche Verwechslungsmöglichkeit mit dem Rotschwanzbussard (Buteo jamaicensis). Die Vögel der kanadischen Ostküste sind insgesamt die kleinsten; bei ihnen ist der reverse Geschlechtsdimorphismus sowohl in Größe und Gewicht als auch in der Gefiederfärbung am größten. Nach Westen hin werden die Individuen größer, die Geschlechtsunterschiede jedoch kleiner. Raufußbussarde aus Westalaska und der Beringsee weisen die größten individuellen Unterschiede in der Gefiederfärbung auf.
Einheitlich dunkle bis melanistische Exemplare kommen regelmäßig nur in Nordamerika und fallweise in Ostsibirien vor. Ganz selten wurden sie auch im übrigen Verbreitungsgebiet festgestellt.
Maße und Gewicht
Die Größe liegt zwischen 53 und 63 Zentimetern, wovon etwa 22 Zentimeter auf den Schwanz entfallen. Bei einer Flügellänge bis zu 48 Zentimeter kann die Spannweite der größten Vögel über 1,5 Meter liegen. Das Gewicht eines gut ernährten Männchens liegt im Durchschnitt bei etwa 1,2 Kilogramm, bei den Weibchen ist es etwas höher.
Stimme
Stimmlich ist der Raufußbussard unauffälliger als der Mäusebussard, nur bei Störungen am Nest ist er relativ laut. Der Hauptruf ist ein lautes, ein wenig klagend klingendes langgezogenes Pi-iii-äääh, das im An- und Ablaut verschiedentlich variiert werden kann. Entfernt kann dieser Ruf an das Miauen einer Hauskatze erinnern. Er wird vor allem während der Paarungsflüge vorgetragen. Daneben verfügt diese Art über eine Reihe von Stimmfühlungs- Kontakt- und Alarmrufen. Das brütende Weibchen begrüßt das futtertragende Männchen mit einem kurzen sanften Viiääh, in Bedrohungssituationen ist von beiden Geschlechtern ein kurzes, scharfes Pi-i-ää zu hören.
Lebensraum
Der Rauhfußbussard ist ein hochnordischer Bewohner der meist baum- und strauchlosen Tundra. In Fennoskandien besiedelt er die baumlosen Fjällgebiete ebenso wie lockere Birkenbestände in der subalpinen Zone. Regelmäßig, aber in geringer Anzahl, brütet er in der Baumtundra. In sehr guten Lemmingjahren werden auch die nödlichsten Ausläufer der Taiga besiedelt. Hier liegen seine Brutplätze meist an Waldrändern, gerne in der Nähe von Gewässern, oder am Rande sehr großer Lichtungen. Der Raufußbussard ist im Allgemeinen ein Bewohner der Niederungen; in Skandinavien erreichen seine Brutplätze jedoch Höhen von bis zu 1300 Metern.
Die Winterhabitate sind vielfältiger, doch auch in den Winterquartieren zeigt sich seine Vorliebe für offene, einsame Gegenden mit guter Rundumsicht. Häufig ist er in Küstengebieten, Marschlandschaften, in ausgedehnten Feuchtgebieten und Mooren zu finden, in Ost- und Südosteuropa und Asien auch in Steppen. In Nordamerika hält er sich im Winter häufig in Prärien auf. Kultiviertes Land wird nicht generell gemieden, doch ist die Anzahl und Dichte der in solchen Bereichen überwinternden Individuen geringer.
Verbreitung

Der Raufußbussard brütet zirkumpolar in weiten Bereichen der Holarktis, nahe am und nördlich des nördlichen Polarkreises. In Europa beginnen seine Brutgebiete in Südnorwegen und ziehen sich in einem relativ schmalen Streifen über Mittel- und Nordschweden und dem nördlichen Teil Finnlands entlang der Eismeerküste bis nach Ostsibirien, Kamtschatka und die nördlichen Kurilen. Ein schmaler Verbreitungsfinger verläuft entlang der Küste des Ochotskischen Meeres nach Süden, etwa bis auf 55° nördliche Breite. Die nördliche Verbreitungsgrenze wird durch die Eismeerküste gebildet; nur wenige küstennahe Inseln wurden besiedelt. Die Südgrenze der Brutverbreitung liegt in der Übergangszone von Strauchtundra zur Baumtundra. Nur bei sehr gutem Nahrungsangebot und nur temporär brütet die Art auch in südlicher davon gelegenen Gebieten.
Die Brutgebiete in der Nearktis beginnen im Osten in Neufundland umfassen nord-und nordwestwärts die Gebiete um die Hudsonbai, den festlandnahen südlichen Teil der Baffininsel, den nördlichen Bereich der Nordwest-Territorien mit den meisten der vorgelagerten Inseln, insbesondere der Victoria-Insel, und reichen über Nord- und Westalaska bis zu den Aleuten.
Die Winterquartiere liegen südlich der Brutgebiete und überlappen mit diesen kaum. Ihre Nordgrenze wird von der Südgrenze des borealen Nadelwaldgürtels gebildet. In Eurasien liegen sie hauptsächlich zwischen 58° nördlicher Breite und 45° nördlicher Breite, reichen aber in manchen Regionen, so in Südosteuropa, Zentralasien und Ostasien bedeutend weiter nach Süden.
Im Mitteleuropa ist der Raufußbussard nur im Winterhalbjahr zu sehen; vereinzelt gibt es aber auch Übersommerer. 1988 wurde in Niedersachsen erstmals eine erfolgreiche Brut festgestellt.
Winterquartiere in Europa
In Europa liegen die Überwinterungsgebiete mehrheitlich östlich von 10° Ost, doch überwintert eine nicht unbeträchtliche Zahl auch westwärts bis zum Rhein und südwärts bis zu den Alpen. Die europäischen Hauptüberwinterungsgebiete liegen in Südschweden, dem Baltikum, Weißrussland, der Osthälfte Deutschlands, in Tschechien, in der Slowakei, in Ostösterreich, in Ungarn und in der Ukraine. Bei besonders starken Einflügen werden auch Nordostgriechenland, die Krim und nördliche Regionen der Türkei erreicht.
Wanderungen
Der Raufußbussard ist in seinem gesamten Verbreitungsgebiet ein ausgeprägter Zugvogel. Er räumt seine Brutgebiete abhängig vom Nahrungsangebot und der Höhe der Schneedecke ab Ende August. Der Hauptwegzug beginnt aber erst in der zweiten Septemberdekade und reicht bis in den Oktober hinein. Bei besonders günstigen Lebensbedingungen bleiben einzelne Individuen auch bis in den November in ihren Brutgebieten.
Raufußbussarde ziehen in breiter Front mehrheitlich in südliche Richtungen, nur süd- und mittelskaninavische Vögel ziehen entlang der deutschen Nordseeküste nach Westen und überwintern in Süd- und Westengland. Diese Breitfrontstraßen münden an manchen Stellen in sogenannte Zugtrichter, an denen, vor allem im Herbstzug viele Durchzieher beobachtet werden können. Zu Häufungen von durchziehenden Raufußbussarden kommt es unter anderem bei Falsterbo, entlang der großen sibirischen Ströme und in Ostasien, allerdings in bedeutend geringeren Zahlen, an der Küste der Tschuktschen-Halbinsel.
Die nearktischen Populationen verlassen offenbar etwas später ihre Bruträume. Die Spitzendurchzugszahlen werden erst Mitte Oktober gezählt. Die Hauptzahl überwintert in den nordöstlichen Staaten der USA wo die Art im Winter auch in Siedlungen und Städten beobachtet werden kann. Der Bereich der Überwinterungsgebiete erstreckt sich über die nordamerikanischen Plains westwärts bis Nordmexiko.
Der Heimzug beginnt im März und erreicht seinen Gipfel Mitte April. Die Brutgebiete werden nicht vor Ende April erreicht, meist aber erst im Mai und in den äußerst nördlichen Lagen erst Anfang Juni.
Verhalten, Nahrung und Fortpflanzung
Der Raufußbussard jagt während des ganzen nordischen Tages, wobei die Dämmerungsaktivität der Art sehr auffallend ist. Sowohl Ansitzjagd, Suchjagd im Schwebeflug wie auch Jagd aus dem Rüttelflug ( viel häufiger als beim Mäusebussard ) gehören zu seinen Jagdmethoden. Jagdbeute sind vor allem Kleinsäuger ( Wühlmäuse und Lemminge ), im Winterquartier hauptsächlich die Feldmaus. Vögel und Reptilien und Insekten gehören zur quantitativ unbedeutenden Beikost.
Zur Brut schreitet der Raufußbussard nur bei optimalem Nahrungsangebot, während bei einem schlechten sogar die Paarbildung unterbleibt. Bei sehr guter Verfügbarkeit an Beutetieren kann die Art bis zu 6 Junge im Jahr aufziehen. Die Horste werden wenn möglich auf Felsen und in Felsnischen, in der Baumtundra auf Bäumen, in der Tundra meist ungeschützt am Boden liegend, errichtet. Die Brutdauer beträgt rund 32 Tage, die Nestlingszeit zwischen 35 und 43 Tagen.
Bestandsentwicklung
Die Anzahl der Vögel wurde für Anfang der 1990er Jahre auf etwa 115.000 bis 120.000 Tiere geschätzt. Dies ist verglichen zu den 1950er und 60er Jahre eine deutliche Bestandszunahme. Diese Zunahme wird im wesentlichen auf einen verringerten Pestizideinsatz zurückgeführt. Verstärkt wurde diese Zunahme jedoch auch, weil in Nordskandinavien 1982, 1983 und 1988 sehr viele Lemminge vorhanden waren.
Sonstiges
Einige mitteleuropäische Staaten führen die Art als ehemaligen Brutvogel; allgemein wird jedoch angenommen, dass es sich bei diesen Angaben um Fehlbestimmungen gehandelt hat.
Über die Bedeutung des Wortteiles 'Rau'~ siehe Raufußkauz.
Literatur
- James Ferguson-Lees/David. A. Christie: Raptors of the World. Helm-London 2001. S 704-710; ISBN 0-7136-8026-1
- HBV: Bd. 4. S. 535–557 (inklusive B. l. menzbieri)
- Bauer/Berthold: Die Brutvögel Mitteleuropas. Bestand und Gefährdung. Aula-Wiesbaden. 1997. S. 504
- Mebs: Greifvögel Europas. Biologie, Bestandsverhältnisse, Bestandsgefährdung. Kosmos Naturführer. Frankh-Stuttgart. 1989. S.87 ff.
- Benny Génsbol, Walther Thiede: Greifvögel – Alle europäischen Arten, Bestimmungsmerkmale, Flugbilder, Biologie, Verbreitung, Gefährdung, Bestandsentwicklung. BLV Verlag, München 1997, ISBN 3-405-14386-1