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Volksmarine

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Volksmarine ist die Bezeichnung für die Seestreitkräfte der DDR. Sie war Teilstreitkraft der 1956 gegründeten Nationalen Volksarmee.

Geschichte

Nach Beendigung des 2. Weltkrieges begann die UdSSR frühzeitig, die Aufrüstung in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) und späteren DDR voranzutreiben. Bereits ab 1950 wurde mit Unterstützung sowjetischer Offiziere die Hauptverwaltung Seepolizei aufgebaut, die am 1. Juli 1952 in Volkspolizei-See (VP-See) umbenannt wurde. Zu diesem Zeitpunkt wurde aus Teilen der bisherigen Seepolizei eine neue Grenzpolizei-See, die die Grenze der DDR zu sichern hatte, als Teil der seit 1946 bestehenden Deutschen Grenzpolizei ausgegliedert. Die VP-See soll Ende 1952 bereits 8.000 Mann gehabt haben.

Angehörige der VP-See sollen sich an der Niederschlagung des Arbeiteraufstandes am 17. Juni 1953 beteiligt haben, jedoch wird auch von unzuverlässigen Elementen berichtet. Zwei Angehörige wurden wegen Unterstützung der Aufständischen am 19. Juni 1953 von einem sowjetischen Standgericht in Stralsund zum Tode verurteilt und erschossen.

Mit Aufstellung der Nationalen Volksarmee (NVA) wurde am 1. März 1956 aus der VP-See die Verwaltung Seestreitkräfte der NVA mit zu diesem Zeitpunkt bereits knapp 10.000 Mann. Auf Beschluss des Nationalen Verteidigungsrats der DDR vom 19. Oktober 1960 wurde den Seestreitkräften der NVA am 3. November 1960 im Rahmen einer großen Flottenparade der Name Volksmarine verliehen. Mit dieser Benennung sollte an den Kieler Matrosenaufstand 1918 und die damalige kommunistische Volksmarinedivision erinnert werden, deren revolutionäre Tradition die DDR für sich vereinnahmte.

In den folgenden Jahren erhielt die Volksmarine eine größere Anzahl von neuen Schiffen, die zum größten Teil auf Werften der DDR gebaut worden waren. Lediglich einige Kampfeinheiten, die sogenannten Küstenschutzschiffe und ein Teil der Schnellboote, stammten aus der Sowjetunion und einige Hilfsschiffe wurden in Polen gekauft. Hinzu kamen Hubschrauber sowjetischen Typs.

Nach dem Mauerbau am 13. August 1961 wurde die Grenzbrigade Küste der Grenzpolizei (GBK) der Volksmarine unterstellt. 1965 wurde die Volksmarine umgegliedert, und alle Stoßkräfte, das heißt die Schnellbootverbände, wurden in der 6. Flottille auf der Halbinsel Bug bei Dranske auf Rügen zusammengefasst. In den 1970er Jahren war die Volksmarine auf etwa 18.000 Soldaten angewachsen. In den 1980er Jahren wurden Teile des Schiffsbestandes erneuert, außerdem erhielt die Volksmarine Jagdbomber sowjetischen Typs.

1988 kam es kurzzeitig zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der Volksmarine der DDR und polnischen Seestreitkräften in einem umstrittenen Grenzgebiet, letztere wurden abgedrängt. Nach Verhandlungen kamen etwa zwei Drittel des strittigen Seegebietes an die DDR, die erste Grenzberichtigung seit 1949.

Am 2. Oktober 1990 wurde die Volksmarine, wie auch alle anderen Streitkräfte der NVA, aufgelöst. Ein Teil der Soldaten wurde in die Bundesmarine (ab 1990: Deutsche Marine) übernommen, Teile der GBK vom Bundesgrenzschutz übernommen. Der Großteil der Technik, Schiffe und Boote wurde verschrottet oder verkauft, nur wenige kleinere Hilfsschiffe sind noch heute in Betrieb.

Aufgaben

Die Volksmarine war in den Warschauer Pakt als Teil der Vereinigten Ostseeflotten eingebunden, ihr Operationsgebiet waren die Ostsee und die Ostseeausgänge. Sie hatte die Aufgaben, den Seeweg über die Ostsee für sowjetische Verstärkungen freizuhalten und sich an offensiven Operationen gegen die Küsten gegnerischer Staaten in der Ostsee zu beteiligen. Dafür standen ihr einerseits ihre leichten Seestreitkräfte wie U-Boote-Abwehrschiffe, Schnellboote und Minensucher und andererseits ihre Landungsschiffe zur Verfügung.

Der Routinedienst der Volksmarine war von ständiger hoher Bereitschaft gekennzeichnet. Hinzu kam die umfangreiche Aufklärungstätigkeit gegenüber den NATO-Marinen in der Ostsee. Für diesen Vorpostendienst waren ständig Fahrzeuge, meist Minensuchschiffe, in See. Besondere Aufklärungsschiffe dienten der elektronischen Überwachung und Aufklärung anderer Marinen.

Eine besondere Rolle kam der 6. Grenzbrigade-Küste (GBK) bei der Verhinderung von Republikflucht zu. Die GBK war der Volksmarine seit dem 1. November 1961 unterstellt und verfügte über eine größere Zahl von Patrouillenbooten und eine Beobachtungsorganisation an Land. Die GBK gehörte organisatorisch nicht zu den Grenztruppen der DDR, die ihrerseits Bootsverbände auf der Elbe unterhielten. Die Dienstgrade der 6. GBK entsprachen denen der Volksmarine, die Uniformen unterschieden sich durch eine grüne Paspellierung der Schulterstücke und anstatt "Volksmarine" durch die Aufschrift "6. Grenzbrigade Küste" auf dem Mützenband

Organisation

Gliederung der Volksmarine

Chef der Volksmarine
 
Kommando der Volksmarine
 
           
selbständige Einheiten
Verbände
Lehr- und Ausbildungseinrichtungen
 
       
selbständige Abteilungen
Brigaden
Rückwärtige Dienste
 
Abteilungen
 
Schiffe und Boote

Die Volksmarine wurde vom Kommando der Volksmarine in Rostock-Gehlsdorf geführt und gliederte sich (Stand etwa 1985) in

Außerdem gab es

  • ein Marinehubschraubergeschwader (MHG-18) (stationiert in Parow bei Stralsund. Es benutzte einen Platz, der schon im 2.Weltkrieg für ein Fluggeschwader diente.)
  • ein Marinefliegergeschwader (MFG-28), Laage (zeitweise)
  • ein Marine-Pionierbataillon (MPiB-18), Sassnitz
  • ein Kampfschwimmerkommando (KSK-18), Kühlungsborn
  • ein Küstenraketenregiment (KRR-18), Schwarzenpfost
  • ein Küstenverteidigungsregiment (KVR-18), Rostock (ab 1988)
  • den Seehydrographischen Dienst der DDR (SHD), Rostock
  • Erprobungs- und Sondereinrichtungen
  • Lehr- und Ausbildungseinrichtungen
    • Flottenschule „Walter Steffens“ in Parow, Ausbildung der Unteroffiziere und der Matrosen für die Schiffs- und Bootsbesatzungen
    • Offiziershochschule "Karl Liebknecht" in Stralsund, Ausbildung der Offiziere der Volksmarine und ausländischer Seestreitkräfte

Chef der Volksmarine

Mit Bildung der Seestreitkräfte Anfang 1956 war die Bezeichnung noch „Chef der Seestreitkräfte“. Mit der Umbenennung der Seestreitkräfte in Volksmarine wurde am 3. November 1960 der Titel in „Chef der Volksmarine“ umbenannt. Ab dem 1. Dezember 1972 war der Chef der Volksmarine auch gleichzeitig Stellvertreter des Ministers für Nationale Verteidigung und sein Titel „Stellvertreter des Ministers und Chef der Volksmarine“. Ab dem 11. Dezember 1989 war die Bezeichnung wieder nur „Chef der Volksmarine“ und blieb es bis zur Auflösung der Volksmarine.

1. März 195631. Dezember 1956 Konteradmiral Felix Scheffler
1. Januar 195731. Juli 1959 Vizeadmiral Waldemar Verner
1. August 1959 – 31. Juli 1961 Konteradmiral Wilhelm Ehm
1. August 196124. Februar 1963 Konteradmiral Heinz Neukirchen
25. Februar 196330. November 1987 Admiral Wilhelm Ehm
1. Dezember 198717. November 1989 Vizeadmiral Theodor Hoffmann
11. Dezember 19892. Oktober 1990 Vizeadmiral Hendrik Born

Material

An Schiffstypen und Flugzeugen waren vorhanden:

Fluchtversuche

Im Laufe der Zeit kam es immer wieder zu Fluchtversuchen von VM-Angehörigen, zum Teil wurde versucht, mit dem eigenen Schiff in den Westen durchzubrechen. Bekannt wurden unter anderem folgende Fälle:

  • 24. August 1961 - ein KRS-Boot aus Wismar läuft in Travemünde ein, drei der zwölf Besatzungsangehörigen bleiben im Westen
  • 27. Januar 1967 - Verhaftung von acht Besatzungsangehörigen des U-Jagdboots 412 Teterow in Peenemünde wegen Vorbereitung eines Fluchtversuchs mit ihrem Boot
  • Januar 1967 - Vereitelung eines Fluchtversuchs des U-Jagdboots 474
  • Januar 1968 - Verhaftung von sieben Besatzungsangehörigen des TS-Boots 844 Wilhelm Bänsch auf Bug (6. Flottille) wegen Vorbereitung eines Fluchtversuchs mit ihrem Boot, von denen aber nur 2 Verurteilt wurden.
  • 5. August 1979 - Ein Obermaat des Grenzschiffs G-424 Graal-Müritz schließt die gesamte übrige Besatzung ein und versucht das Boot nach Westen zu entführen. Er kann in einem schweren Feuergefecht überwältigt werden und wird bis Ende 1989 inhaftiert.
  • 4. März 1988 - Zwei Matrosen fliehen auf einem schwedischen Fährschiff, kehren später unbehelligt in die DDR zurück.

Verweise

Liste von Kriegsschiffen (Deutschland seit 1945)

Literatur

  • Siegfried Breyer, Peter Joachim Lapp: Die Volksmarine der DDR, Bernard & Graefe Verlag, ISBN 3-763-75423-7
  • Robert Rosentreter: Im Seegang der Zeit, Vier Jahrzehnte Volksmarine, Ingo Koch Verlag, ISBN 3-93531-907-X

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