Prokon (Unternehmen)
Prokon-Unternehmensgruppe | |
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Rechtsform | GmbH |
Gründung | 1995 |
Sitz | Itzehoe |
Leitung | Carsten Rodbertus |
Mitarbeiterzahl | 1.306 (Stand: 31. Oktober 2013)[1] |
Branche | Erneuerbare Energien |
Website | www.prokon.net |
Die Prokon-Unternehmensgruppe (Eigenschreibweise PROKON Unternehmensgruppe oder kurz PROKON) ist ein deutsches Unternehmen auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien. Die Firma wurde 1995 von Carsten Rodbertus gegründet. Im Jahr 2011 beliefen sich die Umsatzerlöse auf 495 Millionen Euro.[2]
Das Unternehmen ist nicht zu verwechseln mit der ehemaligen Prokon Nord mit Sitz in Leer in Ostfriesland, die im Oktober 2010 in N.prior energy umbenannt wurde.
Über das Tochterunternehmen Holzindustrie Torgau OHG in Torgau betreibt Prokon auch die Herstellung von Transportpaletten, Fräsprodukten wie Pfählen, Palisaden, Zaunlatten und Riegel, Schnittholz sowie Schüttgut wie Sägespäne, Hackschnitzel und Rindenschnitzel.[3]
Name
Der Name „Prokon“ setzt sich zusammen aus den Worten Projekte und Konzepte.
Geschäftsbereiche
- Windenergie mit ca. 500 Mitarbeitern: Planung, Finanzierung, Realisierung sowie kaufmännische Geschäfts- und technische Betriebsführung von Windparks in Deutschland und Polen.
- Biogene Kraftstoffe mit ca. 150 Mitarbeitern Herstellung von Biodiesel und Pflanzenöl.
- Biomasse mit ca. 600 Mitarbeitern; nachhaltige Forstwirtschaft zur Herstellung von Europaletten im Säge- und Produktionswerk HIT Holzindustrie Torgau OHG, deren Unternehmensfinanzierung seit 2010 von der Prokon Unternehmensgruppe übernommen wurde. Sägeabfälle werden zur Herstellung von Span-, MDF-, HDF-Platten sowie Holzbriketts und Holzpellets verwendet.
- Strom: Der in den Prokon-Windparks erzeugte Strom wird auf der Grundlage des Erneuerbare-Energien-Gesetz an die Energieversorgungsunternehmen verkauft. Seit Oktober 2012 wird auch der Verkauf von an der Leipziger Strombörse eingekauftem Graustrom an Privat- und Geschäftskunden angeboten.
Soziales Engagement
Für die Gewinnung biogener Kraftstoffe wurde auch die Energiepflanze Jatropha in Tansania angebaut, zunächst als soziales Projekt, dann als eigener Geschäftzweig.[4] Seit März 2011 unterstützt Prokon in Tansania das Bildungsprojekt „Bildung für Mpanda“.[5]
Beteiligung von Anlegern
Wandel der Geschäftsmodelle, Auseinandersetzungen 2006/2007
Seit dem Jahr 1998 bot Prokon „Ökologische Kapitalanlagen“ als Kommanditbeteiligung an geschlossenen Windparks-Fonds. Zusätzlich werden seit dem Jahr 2003 Genussrechte angeboten. Im Jahr 2007 begann die Umstellung des Geschäftsmodells auf Genussrechte als einzige Beteiligungsmöglichkeit. Den Kommanditisten der geschlossenen Fonds wurde der Verkauf oder die Wandlung ihrer Beteiligung in Genussrechte angeboten. Heute sind keine externen Kommanditisten mehr beteiligt.
Die im Jahr 2006 anstehende Auszahlung für das Geschäftsjahr 2005 wurde unter Hinweis auf die schwachen Winderträge verspätet an die privaten damaligen Kommanditisten gezahlt, die sich daraufhin juristisch zur Wehr setzten.[6] Hintergrund der Verspätung war die Tatsache, dass die Lieferzeiten für Windenergieanlagen damals bis zu zwei Jahre mehr betrugen als gewöhnlich, da die Windenergie einen weltweiten Boom erlebte. Im Jahr 2007 hat Prokon dafür die anstehende Zahlung der Ausschüttungsgarantie für das Geschäftsjahr 2006 vorgezogen und damit den Zinsnachteil aus der Verspätung im Vorjahr, den einige Kommanditisten reklamiert hatten, wieder ausgeglichen.[7]
Warnungen von Presse und Verbraucherschutz
Die Stiftung Warentest wies in ihrer Zeitschrift Finanztest im Jahr 2010, 2011 und 2013 auf die Risiken der Genussrechte des Unternehmens hin.[8][9] [10]
Auf Antrag der Verbraucherzentrale Hamburg hat das Landgericht Itzehoe mit Urteil vom 15. März 2011 dem Unternehmen Prokon verboten, mit irreführenden Angaben zu werben (Az.: 5 O 66/10). Insbesondere würden die Anleger nicht hinreichend über die Risiken der Genussrechte aufgeklärt.[11] Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat mit Urteil vom 5. September 2012 (Aktenzeichen 6 U 14/11) das erstinstanzliche Urteil bestätigt.
Laut einem Bericht des Handelsblatts (11. Juli 2011) erwirtschaftete Prokon im Kerngeschäft Windparks mit bestehenden Windkraftanlagen im ersten Quartal 2011 keine ausreichende Eigenkapitalrendite, um damit die seit 2006 konstanten Auszahlungen von acht Prozent auf Genussrechte zu bedienen. Den größeren Teil des Umsatzes und höhere Gewinne erzielte Prokon mit der Entwicklung neuer Windparks. Diese baut Prokon mithilfe des steten Nachschubs von Anlegergeld und bucht dieses so als Umsatz. Fraglich sei, ob Prokon an die Genussrechtsinhaber auch dann noch acht Prozent auszahlen könne, wenn Prokon einmal nicht mehr so viel neue Anlagen mit frischem Anlegergeld baue.[12] Es geht hierbei um die Frage, ob Prokon nachhaltig wirtschaftet, oder „Gewinne“ ausschüttet, die es gar nicht erwirtschaftet hat, sondern nur mit frischem Geld neuer Anleger bezahlen kann. Letztlich geht es dabei um die Beurteilung des Unternehmenswertes, insbesondere der Stillen Reserven, die in der Bilanz nicht erscheinen.
Am 17. Juni 2013 teilte das Unternehmen mit:
„Da [...] haben wir uns entschieden, für Presseanfragen nicht mehr zur Verfügung zu stehen und unsere Zeit lieber ausschließlich für die wirklich wichtigen Dinge, nämlich die Realisierung von Projekten und die Betreuung unserer Anleger und Interessenten zu verwenden.[13]“
Laut einem Bericht des Onlineportals der Welt wurde bis Ende Juli 2013 noch kein belastbarer Jahresabschluss für das Jahr 2012 veröffentlicht.[14]
Am 4. Dezember 2013 wies die Stiftung Warentest darauf hin, Prokon habe erhebliche Verluste angehäuft; dies werde nicht ohne Einfluss auf die Genussrechte der Firma bleiben.[15] Für das Geschäftsjahr 2012 weist die Prokon auf Konzernebene aufgrund eines konsolidierten Verlustes von über 171 Mio. Euro ein negatives Eigenkapital von 110,4 Mio. Euro aus. [16][17]
Prokon selbst beziffert den bis zum 31. Oktober 2013 aufgelaufenen Verlustvortrag auf 209,9 Mio. Euro, woraus sich ein negatives Eigenkapital von 171 Mio. Euro ergibt.[18] Dies stellt nach Einschätzung der Stiftung Warentest eine weitere Verschlechterung seit Ende August 2013 dar, weshalb die Stiftung Warentest die Prokon weiter auf ihrer Warnliste führen werde.[19]
Warnungen des Unternehmens – drohende Insolvenz
Am 3. Januar 2014 berichtete der Online-Dienst börsennews, dass Carsten Rodbertus, der Geschäftsführer der Prokon, die Anleger in einem Schreiben darum bitte, die Rückzahlung bereits gekündigter Genussrechte in Raten vornehmen zu dürfen.[20] Die Zeitung Tagesspiegel zitierte Aussagen, nach denen Prokon bis zum 15. Januar 2014 35 Mio. Euro benötige oder andernfalls einen Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung stellen müsse.[21]
In einer Anlegerinformation vom 10. Januar 2014 informiert die Prokon darüber, es drohe eine Planinsolvenz noch im Januar 2014, sofern die Anleger nicht bis zum 20. Januar 2014 für mindestens 95% des Genussrechtskapitals die Zusage geben, dieses Kapital bis mindestens zum 31. Oktober 2014 im Unternehmen zu belassen und auf eine Kündigung zu verzichten. Künftig soll die Auszahlung gekündigter Gelder in Raten vorgenommen werden.[22][23] Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) nimmt dazu ausführlich Stellung und empfiehlt eine gemeinsame Fortführungslösung.[24]
Weblinks
- Website der Prokon-Unternehmensgruppe
- tageszeitung, 19. Februar 2010: Risikogeschäfte bei Windparks. - Windpark-Firmen werben Anleger mit hohen Renditen und null Risiko - doch die Wahrheit sieht oft anders aus. Ein Totalverlust ist nicht ausgeschlossen.
Einzelnachweise
- ↑ Unternehmens-Homepage
- ↑ PROKON Geschäftsbericht 2011
- ↑ http://www.hit-holz.de/unternehmen.html
- ↑ PROKON Tansania: Jatropha gesät und Anerkennung geerntet - Vorbildliches Projekt im Sinne der G8-Agenda. auf der Prokon-Webseite, 21. Juli 2009.
- ↑ Unser Engagement über das Tagesgeschäft hinaus. Prokon Tansania
- ↑ Prokon verweigert Zahlungen aus der Ausschüttungsgarantie! auf der Webseite Deutsche Anleger Stiftung - Schutz für geschädigte Kapitalanleger.
- ↑ Stimmt es, dass Prokon in der Vergangenheit zugesicherte Ausschüttungsgarantien nicht erfüllt hat?
- ↑ Stiftung Warentest: Prokon Genussrechte: Windige Werbung Finanztest 4/2010
- ↑ Stiftung Warentest: Sicher anlegen mit Prokon? Finanztest 6/2011
- ↑ SPON: Stiftung Warentest warnt vor Windkraftunternehmen
- ↑ Gericht verbietet PROKON irreführende Werbung. auf: taz.de, 30. März 2011.
- ↑ Gertrud Hussla: Prokons unsichere Geschäfte mit der Windkraft, Handelsblatt, 11. Juli 2011.
- ↑ Welt Investigativ: Prokon spricht nicht mehr mit Journalisten, 25. Juni 2013.
- ↑ welt.de 28. Juli 2013: Windkraftfirma verlangt blindes Vertrauen
- ↑ Genussrechte: Prokon hat Riesenverluste angehäuft Stiftung Warentest, 4. Dezember 2013
- ↑ Prokon: Stand der Jahresabschlusserstellung zum 31.12.2012
- ↑ "Prokon - Schon 2012 hohe Fehlbeträge", Stiftung Warentest, 23. Dezember 2013
- ↑ "Entwurf Konzernzwischenbilanz für die Prokon Unternehmensgruppe" Prokon: Entwurf Konzernzwischenbilanz für die Prokon Unternehmensgruppe
- ↑ "Prokon: Verluste weiter gewachsen" Stiftung Warentest, 13. Dezember 2013
- ↑ Anleihen: Dicke Luft um dicke Prozente börsennews, 3. Januar 2014
- ↑ Windkraftfinanzierer Prokon vertröstet seine Anleger, Tagesspiegel, 10. Januar 2014
- ↑ "Anlegerinformation 10.01.2014" Prokon Homepage: Anschreiben an Prokon Genussrechtsinhaber vom 10.01.2014
- ↑ FAZ.net 11. Januar 2014: Anlage-Anbieter Prokon droht mit Insolvenz
- ↑ "SdK: PROKON-Anleger sollten gemeinsame Fortführungslösung anstreben" Homepage der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger: Stellungnahme zur drohenden Planinsolvenz von Prokon, 11.01.2014