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Der Schuh des Manitu

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Der Schuh des Manitu ist eine deutsche Western-Parodie aus dem Jahr 2001.


Rund 12 Millionen Deutsche haben den Film Der Schuh des Manitu gesehen. Fast genau ein Jahr nach seinem Erststart kam Michael "Bully" Herbigs Western-Parodie - angeblich der erfolgreichste deutsche Film seit 1945 - noch ein zweites Mal in einer etwas verlängerten Version in die Kinos.

Das Filmgeschehen

Die Blutsbrüder Abahachi (Michael "Bully" Herbig) und Ranger (Christian Tramitz) leihen sich beim Schoschonen-Häuptlingssohn Falscher Hase Geld, um damit beim Ganoven Santa Maria (Sky Dumont) ein Lokal zu kaufen, doch dieses entpuppt sich nur als umfallende Fassade. Der Häuptlingssohn flieht daraufhin mit dem Geld, wird aber von Santa Maria erschossen. Der Schoschonenhäuptling hält Abahachi und Ranger für die Mörder seines Sohnes, doch können diese dem Marterpfahl entkommen. Um an Geld zu gelangen, suchen die Flüchtigen nach Teilen einer Schatzkarte, die ihnen den Weg zu einem versteckten Edelstein weisen soll. Gangsterboss Santa Maria hat davon Wind bekommen und ist hinter den Flüchtigen her, ebenso wie die Schoschonen, die anstelle des nicht vorhandenen Kriegsbeils einen Klappstuhl ausgegraben haben. Nach einigen Abenteuern gelangen alle schließlich zum "Schuh des Manitu", einer Felshöhle. Bevor der Schurke in der Teergrube versinkt kommt es zunächst zum Streit mit anschließender Versöhnung von Abahachi und Ranger und zu einem Stepptanz.

Für den kritischen Kinobesucher ist der Film nicht mehr als eine mittelmäßige Western-Parodie mit teilweise sehr abgestandenen Witzen, die ins Alberne abgleiten. Vor allem der Winnetou-Mythos, wie ihn der deutsche Film in den 60er Jahren auf die Kinoleinwand brachte, wird aufs Korn genommen, aber nicht nur der.

Kritische Stimmen zum Film

Laut Spiegel Online 2001 versteht sich Der Schuh des Manitu "als durchgeknallte Hommage aufs Indianer-Genre, zitiert unbekümmert aus Italo-Western von Sergio Leone und Abenteuer-Schinken à la Indiana Jones und feiert ansonsten die deutschen "Winnetou"-Filme. Schließlich ist Pierre Brice, deren Titelheld, für Herbig "immer noch die Mutter aller Blutsbrüder." Michael "Bully" Herbig scheint darauf vertraut zu haben, dass die Winnetou-Sketche seiner TV-Show Bullyparade auch auf der großen Leinwand zünden, was aber nicht immer der Fall ist. Für etliche Lacher ist der Film aber gut. Die herausragendste Leistung bietet Sky Dumont, der ein erstaunliches komödiantisches Talent beweist. Die anderen Mimen mühen sich redlich, schaffen es aber oft nicht, ihre eher unterdurchschnittlichen schauspielerischen Fähigkeiten mithilfe ihrer Blödeleien vor der Kamera zu kaschieren. Autor und Hauptdarsteller Herbig macht da keine Ausnahme. Eines allerdings hat er geschafft: den Film sehr professionell zu inszenieren. Die Originalkulissen und die Ausstattung sorgen dafür, dass man sich an die Westernatmosphäre des deutschen und italienischen Films der 60er Jahre erinnert fühlt.

Die Kritiken zum Film reichen von "irrsinnig komisch, frech, rasant und obendrein noch fulminant gefilmt" bis "Schlechte Witz-, Schauspieler- und Bildqualität machen den Schuh des Manitu teilweise zur Qual". Nostalgiker dürften sich, wie Profi-Kritiker Horst Peter Koll im filmdienst schreibt, an die "opulenten Breitwand-Bilder ihrer Jugend" erinnert fühlen, "wenn Winnetou und Shatterhand in den Sonnenuntergang reiten oder Seite an Seite gegen Mörderbanden kämpfen, Ehre und Gerechtigkeit verteidigend". Um Stilechtheit hat sich Bully ohne Frage bemüht, denn die "unverwechselbare Farbigkeit der Rialto-Produktionen der 60er-Jahre kopiert er ebenso geschickt wie die behäbige Scope-Kamera und die zwischen Pathos und Aufgeregtheit changierende Musik". Doch die "Mechanik der alten Klischees wird nur decouvriert, um gnadenlos die neuen Klischees der aktuellen Gag-Kultur präsentieren zu können... Wenn die May-Bezüge allzu dünn geraten, wird auch schon mal eine Italo-Western-Satire bemüht, doch viel zu selten scheint etwas von jener sardonischen Grimmigkeit auf, die einen Tex Avery-Cartoon oder eine Mel Brooks-Geschmacklosigkeit auszeichnet. Widerstandslos versandet der Film in den Untiefen boulevardesker Nichtigkeiten, die man sich eigentlich nur im Mitternachtsprogramm des Kommerzfernsehens gefallen lässt."

Die Anspielungen und Parodien im Film

Tatsache ist, dass die Story des Films sich eng an Karl May-Produktionen wie Der Schatz im Silbersee anlehnt. Das immer wiederkehrende Grundmuster dabei: Böse Weiße hauen gute Weiße übers Ohr. Die Indianer halten die Guten zunächst für böse und graben das Kriegsbeil aus, wobei es - als Zugabe - noch jede Menge Keilerei um einen verborgenen Schatz gibt. Alles zum Guten wenden können letztlich nur Winnetou und Old Shatterhand.

Doch Bully verschont auch andere Filmklassiker nicht, wie bereits von Kritikerseite bemerkt wurde: "ob James Bond (da hat der Schoschonenhäuptling Listiger Lurch doch tatsächlich wie einst Ernst Stavro Blofeld seine Katze ein Kaninchen auf dem Arm!), Sergio Leone, Kevin Costner oder Indiana Jones". Aber spricht dies allein für ein hohes parodistisches Niveau?

Wenn wir einige Motive aus dem Film als echte Parodien werten, dann könnte sich einem die Frage stellen, ob mit dem Kaninchen auf dem Arm des Schoschonenhäuptlings nicht vielleicht auch Joseph Beuys gemeint sein könnte, wie er dem toten Hasen die Bilder erklärt. Da der Film zum Teil auf recht unterschiedliche Vorbilder (Schatz im Silbersee, Indiana Jones) zurückgreift, ist er nicht stilecht im Wildwest-Milieu angesiedelt. Er nutzt stattdessen Versatzstücke aus unterschiedlichen Genre-Bereichen, wie auch die Rhein-Zeitung vom 16. 07. 2001 bemerkte:

"Einerseits wendet sich die Komödie an Menschen, die das genügsame TV-Zeitalter mit drei Programm erlebt haben und die mit Geschichten von Karl May (auch er hat einen kurzen Auftritt) und Serien wie Shiloh Ranch und Rauchende Colts sozialisiert wurden. Wie in Spaghetti-Western wurde auch hier im spanischen Almeria gedreht, und es gibt jede Menge stoppelige Männergesichter mit Kippen oder Mundharmonika im Mund, die à la Clint Eastwood und Charles Bronson posieren. Gerade in den vielen witzigen Details, Zitaten und Kalauern fühlt man sich gar an Asterix-Comics erinnert."


Die Hauptfiguren

Abahachi, der Apachenhäuptling, das dürfte nicht nur eine Verballhornung von "aber hatschi" (ein reichlich platter Wortwitz), sondern vom Namen her vor allem eine Anspielung auf Winnetou und das Halbblut Apanatschi, einen Original-Karl-May-Film der 60er Jahre, sein. Mit dem Geschäftsmann Santa Maria ist sicher der Bösewicht Santer aus Winnetou I gemeint. Ob der Blutsbruder Ranger auf irgendwelche amerikanischen Westernserien abzielt, in denen Texas-Ranger eine Rolle spielen, mag dahingestellt bleiben. Für den Namen Old Shatterhand scheint kein passendes Wortspiel möglich zu sein.

Winnetouch ist Abahachis schwuler Zwillingsbruder. Ein wilkommenes Wortspiel, das als versteckter Hinweis auf einige homoerotisch wirkende Szenen der Blutsbrüderschaft zwischen Winnetou und Old Shatterhand in den Original-Karl-May-Filmen zu werten ist. Winnetouch ist außerdem Besitzer der zur Beauty-Farm umgebauten "Puder Rosa Ranch". Das ist nicht nur ein Hinweis auf die Homosexualität der Figur, sondern mit Sicherheit auch eine Anspielung auf die Ponderosa-Ranch der Familie Cartwright aus der TV-Western-Serie Bonanza. Mit dem Karl May-Winnetou hat dies nicht viel zu tun. Immerhin stammt die Bonanza-Serie auch aus den sechziger Jahren wie die Winnetou-Filme und ist im moralisierenden Western-Milieu angesiedelt.

Unter den Hauptpersonen haben wir noch die verführerische Uschi: sicher eine Anspielung auf Uschi Glas, die in Winnetou und das Halbblut Apanatschi, einem Original-Karl-May-Film, ein Indianermädchen gespielt hat.

Der Indianer-Großvater heißt Grauer Star. Es gibt sicher bessere Wortwitze. Aber vielleicht handelt es sich bei ihm um eine Parodie des weisen, weißhaarigen Kleki-Petra aus Winnetou I.

Die Schatzkarte ist wohl eindeutig ein Hinweis auf den Schatz im Silbersee - oder womöglich auch auf jene Karte, die im Vorspann der Bonanza-Serie immer in Flammen aufging.

Santa Marias Handlanger Hombre könnte eine Anspielung auf den US-Western Man nannte ihn Hombre sein. Übrigens auch ein Film aus den späten 60er Jahren, allerdings mit dem hochkarätigen amerikanischen Mimen Paul Newman besetzt.

Dann haben wir noch den Restaurantführer Dimitri. Stilecht ist dieser Grieche jedenfalls nicht. Zu fragen ist, ob er als Ersatz für einen Mexikaner fungiert. Die Taverna liegt ja auch mitten in Mexiko. Es könnte sich auch um eine Anspielung auf die südländischen Typen im Italo-Western handeln. Doch eher liegt die Vermutung auf der Hand, dass einige aus der TV-Bullyparade bekannte Köpfe im Film untergebracht werden mussten.

Am Ende tritt im Film auch noch Karl May selbst auf. Nicht unwichtig deswegen, weil dies in den Karl-May-Filmen nie vorkam, zumal ja bereits Old Shatterhand die heroische Personifizierung Karl Mays ist.

Die Meinung des Regisseurs

Für Bully selbst bedient der Film ganz simple Sehnsüchte. Seiner Ansicht nach ist er "eine Mischung aus einem Shakespeare-Drama und einem Autorenfilm", gleichzeitig aber auch ein "Mädchenfilm, weil Pferde darin vorkommen" - Aussagen, die eher augenzwinkernd zu verstehen sind. Weiter meint Bully, dass er den Film so produziert habe, wie er sich einen Western vorstelle: mit breiter Cinemascope-Leinwand, mit den richtigen Figuren, Motiven und Farben und der richtigen Musik. Dies trifft vor allem für die Karl-May-Aspekte seines Films zu. Die Rollen seien "ganz klassisch" für einen Western: Es gebe gute und böse Figuren, das Ritual der Blutsbruderschaft – "gewissermaßen der Vorreiter von Piercing und Branding" - würde vollzogen, die Freundschaft wird groß geschrieben. Der Regisseur hat nach eigener Aussage "versucht, alles zu zitieren, was irgendetwas mit Indianern zu tun hat": Indiana Jones, Karl May (vor allem Der Schatz im Silbersee), Italo-Western und Der mit dem Wolf tanzt. Ihm war es auch sehr wichtig, den Film mit richtigen Indianern zu besetzen, denn dies zeige "gerade in punkto Seriosität und Ernsthaftigkeit enorme Wirkung."

Fazit

Der Schuh des Manitu ist kein anspruchsvoller, aber ein leidlich humorvoller Film - mit einer im Westernmilieu angesiedelten, platten Situationskomik, bayrisch sprechenden Indianern und etlichen schrägen Typen, über die man sich schenkelklopfend amüsieren kann. Der Film liegt knapp über dem Niveau anderer deutscher Komödien; er ist ein Produkt der neuen deutschen Comedywelle, was seinen Kassenerfolg vor allem beim jüngeren Publikum erklärt.


Siehe auch: Bullyparade, Deutsche Comedy