Mil Mi-28
Mil Mi-28 | |
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![]() Mi-28 auf der MAKS 2009 | |
Typ | Kampfhubschrauber |
Entwurfsland | |
Hersteller | Mil |
Erstflug | 10. November 1982 |
Indienststellung | 2006 |
Produktionszeit | seit 2005 in Serienproduktion |
Die Mil Mi-28 (russisch Миль Ми-28, NATO-Codename: „Havoc“, dt. Verwüstung) ist ein zweisitziger russischer Kampfhubschrauber.
Entwicklung
In den 1970er-Jahren entwickelten die Konstruktionsbüros von Kamow und Mil die ersten sowjetischen Hubschraubertypen, die speziell für den Einsatz gegen Panzer konstruiert wurden. In Konkurrenz zur Kamow Ka-50 entstand die Mil Mi-28. Die konstruktive Auslegung entspricht der bei dedizierten Kampfhubschraubern üblicherweise verwendeten Konfiguration. Dazu gehört etwa die zweisitzige Ausführung mit dem vornesitzenden Bordschützen und dem Piloten erhöht dahinter.
Der Erstflug fand am 10. November 1982 in der UdSSR statt. Er soll den in die Jahre gekommenen Mi-24 ersetzen und steht dabei in Konkurrenz zum einsitzigen Kamow Ka-50. Derzeit werden beide parallel in kleiner Stückzahl gebaut, wobei gerade der Ka-50 im Ausland vermarktet wird. Aufgrund beschränkter finanzieller Mittel bleibt aber bis auf weiteres der in Afghanistan erprobte Mi-24 der wichtigste Kampfhubschrauber der russischen Streitkräfte.
2003 verkündete das russische Verteidigungsministerium, bei Rostwertol 50 Mi-28N bestellt zu haben. Mitte 2006 wurden die ersten beiden Mi-28N ausgeliefert, fünf weitere sollten bis Jahresende folgen, sodass bis 2015 67 Stück zur Verfügung stehen sollen, um die ältesten Mi-24 abzulösen. Weißrussland erwägt derzeit die Anschaffung der Mi-28NE.
Die erste einsatzbereite russische Staffel Mi-28N nahm im Juni 2006 an einem gemeinsamen Manöver mit Weißrussland teil.
Technik

Die Mi-28 verfügt über elastisch aufgehängte Rotorblätter aus Verbundwerkstoffen, ähnlich der erstmals beim Bo-105 realisierten Bauweise. Beim Mi-28N werden reine Kunststoff-Rotorblätter eingesetzt, die auch 30-mm-Geschossen standhalten sollen. Der vierblättrige Heckrotor ist aus zwei im Winkel von 35°/145° versetzt übereinander auf der Heckrotorwelle montierten Zweiblattrotoren aufgebaut.[1] Am Ende des Heckauslegers ist asymmetrisch eine verstellbare Höhenflosse angebracht.
Als Triebwerke kommen zwei Isotow-TW3-117WMA-Gasturbinen zum Einsatz. Ein bordeigenes Hilfstriebwerk ermöglicht den Betrieb von unvorbereiteten Startplätzen aus. Die Mi-28 erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 320 km/h, sie kann auch seitwärts und rückwärts mit bis zu 100 km/h fliegen.
Panzerung
Kabine und Cockpitscheiben halten Geschossen von Kalibern bis zu 12,7 mm stand. Fahrwerk und Sitze sind energieabsorbierend aufgebaut, so dass die Besatzung einen senkrechten Aufschlag mit bis zu 12 m/s überleben kann. Als Gegenmaßnahme zu hitzesuchenden Flugabwehrraketen wurde die thermische Signatur der Mi-28 gegenüber dem Vorgänger Mi-24 um den Faktor 2,5 reduziert.
Sensoren

Die Mi-28 besitzt ein vollintegriertes Feuerleitsystem, basierend auf einem zweikanaligen (weit-/ engwinkligen) Videosucher, der horizontal um 110 Grad und vertikal von +13 bis −40 Grad schwenkbar ist, ergänzt um einen Laser-Entfernungsmesser. Das Ziel erfasst der Bordschütze per elektronischem Helmvisier (HMD) mit automatischer Augenverfolgung. Elektrooptisch:
- TV
- Infrarot
- Laser
Radar (optional): Fasotron NIIR Arbalet / FH-01-Multifunktionsradar, arbeitet im Zentimeter- und Millimeterwellenbereich.
Luft-Boden:
- Suche im Azimut: 120 Grad
- Geländekartographie: 32 km
- Geländeverfolgung
- Raketenwarnung
- Lenkung von elektrooptischen Sensoren
- Wetterradar
- Zielklassifizierung (mit IFF)
- Zielentdeckung: Brücke: 25 km, Panzer: 12 km
- Zielverfolgung: gleichzeitig 20 Ziele
Luft-Luft:
- volle 360-Grad-Suche
- Zielentdeckungsreichweite: Kampfflugzeuge: 15 km, 9M120-„Ataka“-Lenkflugkörper: 6 km
- Zielverfolgung: 20 gleichzeitig
Varianten
- Mi-28A: Erster Prototyp mit konventionellem Dreiblatt-Heckrotor. Erstflug 1982
- Mi-28A: Verbesserter Prototyp für eine geplante Serienfertigung. Mit modernerer Avionik und TW-3-117WM-Triebwerken mit je 2.200 PS Leistung. Erstflug 1988.
- Mi-28N: Nachtkampf- und allwettertaugliche Version. Ausgerüstet mit mastmontiertem FH-01-Arbalet-MM-Radar, FLIR und Nachtsichtgerät. Abfluggewicht 11.500 kg, Waffenzuladung 2.350 kg. Nachgerüstet mit TW3-117WMA-SB3-Triebwerken mit je 2.500 PS Leistung. Bewaffnet mit bis zu 16 Panzerabwehrlenkwaffen vom Typ AT-9. Erstflug 1996.
- Mi-28NM: Modernisierter Mi-28N für die russischen Streitkräfte. Mit modernisierter Avionik und neuem MM-Radar.
- Mi-28E: Exportversion des Mi-28A.
- Mi-28L: Exportversion des Mi-28A für den Einsatz in Wüstenregionen.
- Mi-28NAe: Im Jahr 2004 vorgestellte Exportversion des Mi-28N für Nordkorea.
- Mi-28NE: Exportversion des Mi-28N.
- Mi-28D: Vereinfachte Exportversion des Mi-28N ohne MM-Radar und FLIR. Vorgestellt auf dem Aerosalon 2005 in Le Bourget.
- Mi-28UB: Übungskampfhubschrauber auf Basis der Mi-28N.
Technische Daten

Kenngröße | Mi-28N |
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Typ | Schwerer Kampfhubschrauber |
Besatzung | 2 |
Hauptrotordurchmesser | 17,20 m |
Rumpflänge | 17,91 m (ohne Rotoren) |
Breite | 4,88 m (über Stummelflügel) |
Höhe | 3,82 m (bis Spitze Rotorkopf) |
Triebwerke | 2 × Klimow Isotow-Wellenturbinen TW3-117WMA-SB3 |
Leistung | je 2.200 PS |
Leergewicht | 7.890 kg |
Startgewicht | normal : 10.500 kg maximal 11.700 kg |
Höchstgeschwindigkeit | 324 km/h (in 500 m Höhe) |
Marschgeschwindigkeit | 265 km/h |
Reichweite | normal: 435 km mit Reserve Überführungsreichweite: 1.105 km |
Steigrate | maximal 13,6 m/s. |
Schwebeflug | 4.500 m |
Dienstgipfelhöhe | statisch 3.500 m, dynamisch 4.950 m |
Bemerkung | Wenn erforderlich können 2 bis 3 Personen im hinteren Bereich transportiert werden.[2][3][4] |
Militärische Nutzer
aktuelle Nutzer
Irak Irakische Luftwaffe
- 30 × Mi-28NE bestellt im Oktober 2012.[5]
Kenia Kenianische Luftwaffe
- 16 × Mi-28NE bestellt, die ersten drei wurden im Februar 2012 geliefert
- 56 × Mi-28N, drei Regimenter mit insgesamt 56 Hubschraubern im Einsatz; Russland plant die Beschaffung von 110 Mi-28NM
mögliche Nutzer
Algerien Algerische Luftwaffe
- 42 × Mi-28NE im Juni 2010 bestellt, Vertragsabschluss und Lieferungsdatum unbekannt.
Venezuela Venezolanische Luftwaffe
- 10 × Mi-28NE im April 2010 bestellt, Vertragsabschluss und Lieferungsdatum unbekannt
Bewaffnung


- fest installierte Bewaffnung in Kinnlafette
- 1 × 30-mm-Maschinenkanone Schipunow 2A42 in einem NPPU-28-Turm (synchronisiert mit Sensorturm schwenkbar) mit 250 Schuss Munition (panzerbrechende- oder Sprengsplittergeschosse) in zwei Trommelmagazinen
- Zuladung bis zu 1.920 kg an vier Außenlaststationen unter den Stummelflügeln
- Luft-Luft-Lenkflugkörper
- 4 × Doppelstarter mit je 2 × Wympel 9M39 „Igla-W“ (SA-18 „Grouse“) – infrarotgelenkter Kurzstrecken-Luft-Luft-Lenkflugkörper[6]
- 2 × APU-62-1M-Startschiene für je eine Wympel R-73 (AA-11 „Archer“) – infrarotgelenkter Kurzstrecken-Luft-Luft-Lenkflugkörper
- Luft-Boden-Lenkflugkörper
- 16 × Kolomna 9M120F / 9M120-1 „Ataka-W“ (AT-9 „Spiral-2“) – funkferngesteuerter (SACLOS) Panzerabwehr-Lenkflugkörper
- 16 × Kolomna 9M114M2 „Sturm“ (AT-6C „Spiral“) - funkferngesteuerter (SACLOS) Panzerabwehr-Lenkflugkörper
- Ungelenkte Luft-Boden-Raketen
- 4 × B-8V20A1-Raketen-Rohrstartbehälter für je 20 ungelenkte S-8-Luft-Boden-Raketen; Kaliber 80 mm
- 4 × B-13L5-Raketen-Rohrstartbehälter für je fünf ungelenkte S-13-Luft-Boden-Raketen; Kaliber 122 mm
- 4 × Startschiene mit je einer ungelenkten Luft-Boden-Rakete S-24B; Kaliber 240 mm (235 kg)
- Freifall-Bomben
- 2 × KMGU-2 (500-kg-Submunitionsbehälter für 96 (8×12) PTM–1-Panzerabwehrminen)
- 2 × ODAB-500 (thermobarische 500-kg-Bombe, Objomno-Setonirujuschtschaja Awiazionnaja Bomba)
- Externe Behälter
- 2 × UPK-23-250-Maschinenkanonen-Behälter (doppelläufige 23-mm-Maschinenkanone mit 260 Schuss Munition)
- 4 × abwerfbare Zusatz-Treibstofftanks PTB-550 mit 550 Litern (130 US-Gallonen) Kerosin
Selbstverteidigungssysteme
Die Mi-28 verfügt über ein automatisches Selbstverteidigungssystem. Dieses setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen:
- Aktive Komponente
- 4 × OAK-UW-26-Täuschkörperwerfer mit je 32 × 26,6-mm-Hitzefackel-Täuschkörpern (OMI-PPI-26 oder Adros PIK-26). Davon sind am Ende jedes Stummelflügel je zwei Werfer in einer pillenförmigen Verkleidung angebracht.
- Passive Komoponenten
- 4 × L-138-„Mak“-Raketenanflugwarnsensoren
- 2 × L-140-„Otklik“-Laserwarnsensoren
- 4 × L-150-„Pastel“-Radarwarnsensoren
- 2 × Luftmischer, die an den Triebwerksauslässen die Wärmeabstrahlung durch Vermischung mit Frischluft stark abkühlen und damit die IR-Signatur um den Faktor 2,2 reduzieren.[7].
Vergleichbare Kampfhubschrauber
- Agusta A129 „Mangusta“
- Denel AH-2 „Rooivalk“ (Atlas CSH-2)
- Bell AH-1Z „Viper“ (AH-1W „SuperCobra“)
- Boeing AH-64D „Apache Longbow“
- HAL Light Combat Helicopter
- Eurocopter EC.665 „Tiger“
- Mil Mi-24/25/35 „Hind“
- Kamow Ka-50 „Black Shark“ (Hokum-A) / Kamow Ka-52 „Aligator“ (Hokum-B)
Literatur
Bill Gunston, Mike Spick: Moderne Militärhubschrauber. Verlag Stocker-Schmid AG, 1989, ISBN 3-7276-7072-X.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Beschreibung der Rotorsysteme der MIL-Helikopter
- ↑ Main performance characteristics of Mi-28NE helicopter (Herstellerseite, englisch)
- ↑ http://www.flamber.ru/files/photos/1211922554/1214167170_g.jpg
- ↑ http://img233.imageshack.us/img233/7873/mi28transportroom.jpg
- ↑ Iraq PM Confirms $4 Bln Arms Deal with Russia
- ↑ David Donald: Modern Battlefield Warplanes. AIRtime Publishing Inc, 1994.
- ↑ Air Forces Monthly, July 2011, Key Publishing England