Beate Kohler-Koch
Beate Kohler-Koch (* 28. Dezember 1941)
Biographie
Frau Prof. Kohler-Koch studierte an der Universität zu Köln Volkswirtschaftslehre mit den Pflichtfächern Finanzwirtschaft, Betriebswirtschaftslehre und Jura. Zudem erhielt sie ein Fulbright Stipendium, dass es ihr ermöglichte an der University of Kansas zu studieren. Sie schloss ihr Diplom in VWL ab und promovierte 1970 in den Fächern Volkswirtschaftstheorie, Finanzwissenschaften und Politikwissenschaft zur Dr. rer. pol. Von 1967-1969 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Forschungsinstitut für Politische Wissenschaft und Europäische Fragen der Universität zu Köln. Zudem war sie von 1969-1973 Direktorin des Bildungswerks Europäische Politik (später: Institut für Europäische Politik) in Köln/Bonn. 1972-1990 hatte sie die Professur für Politische Wissenschaft an der Technischen Hochschule Darmstadt. In den Jahren 1977/1978 war sie Gastprofessorin an der Johns Hopkins Universität, School for Advanced International Studies, in Bologna und 1987 am European Institute of Public Administration, in Maastricht. Seit 1990 ist sie Lehrstuhlinhaberin für Politische Wissenschaft II an der Universität Mannheim (seit 1997 Jean Monnet Chair of European Integration) In den Jahren 1998/2002 erhielt sie eine Gastprofessur am Institut für Höhere Studien, in Wien. An der Stiftung Wissenschaft und Politik in Ebenhausen hatte sie im Jahr 1999 eine Forschungsprofessur. Zusätzlich hat sie seit 2001 eine Ehrenprofessur der Nankai University, in Tianjin, China. Momentan (2005/2006) betreut sie eine Gastprofessur an der Universität Bremen; Sonderforschungsbereich 597: Staatlichkeit im Wandel.
Seit 1992 hat Frau Prof. Kohler-Koch einige universitäre Ämter bekleidet. So war sie z.B. von 1997-2001 Mitglied des Großen Senats der Universität Mannheim.
Frau Prof. Kohler-Koch ist außerdem Mitglied in diversen wissenschaftlichen Vereinigungen und Einrichtungen. Um nur ein paar zu nennen, ist sie z.B. Mitglied des Wissenschaftlichen Beirats der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) und Vorsitzende des wissenschaftlichen Beirats des Zentrums für Europäische Rechtspolitik (ZERP).
Frau Prof. Kohler-Koch ist zudem Mitglied im Herausgebergremium bzw. Wissenschaftlichen Beirat zahlreicher Fachzeitschriften. Zum Beispiel bei der Zeitung für Internationale Beziehungen (ZIB) und dem European Journal of International Relations (EJIR).
Forschungsschwerpunkte
Gegenwärtige Forschungsschwerpunkte von Frau Prof. Kohler-Koch sind unter anderem „Institutionenwandel im Prozess der europäischen Integration“, „Chancen demokratischen Regierens im europäischen Mehrebenensystem“ und „Einbindung von Nichtregierungs-organisationen (NGO’s) in die europäische Politikgestaltung“. Im Bereich von interdisziplinärer und internationaler Forschungsvernetzung ist sie Mitglied des Forschungs- und Trainingsnetzwerks "Dynamics and Obstacles of European Governance“ und sie betreut eine Forschungskooperation mit China.
Wichtigste Publikationen
· Interessenpolitik in Europa (Hg. mit R. Eising), Opladen 2005. · Europäische Integration - Europäisches Regieren (Hg. mit T. Conzelmann und M. Knodt), Opladen 2004. · Europäische Integration (Hg. mit M. Jachtenfuchs), überarb. Aufl., Opladen 2003. · The Transformation of Governance in the European Union (Hg. mit R. Eising), London 1999.
Beitrag zu aktuellen Diskussionen
Zur gegenwärtigen Diskussion über Studiengebühren bezieht Frau Prof. Kohler-Koch wie folgt Stellung. Ihrer Meinung nach sollten Studiengebühren in Kombination mit einem erweiterten System von Stipendien und Krediten eingeführt werden. Denn schließlich muss auch ein Geselle seinen Meisterbrief selbst finanzieren. Für sie ist es fraglich warum ein Student doppelt privilegiert werden sollte – zum einen durch eine kostenlose Ausbildung und zum anderen durch ein höheres Einkommen im späteren Berufsleben. Allerdings, so Kohler-Koch muss das Studium mit der Hilfe von Stipendien und einem erweiterten Kredit-System finanziert werden können.
Werke
1.Arbeitspapier: „A constitution for Europe“.
Seit einiger Zeit ist eine Debatte über die Fortentwicklung der EU entfacht. Forderungen nach einem größeren institutionellen Reformentwurf sind aufgetreten und damit der Vorschlag einer EU-Verfassung.
Kohler-Koch beschreibt zunächst die Gründe für die entfachte Debatte, nämlich dass aufgrund von Kompetenzausdehnung, institutionelle Reformen und Mitgliedschaftserweiterungen eine weitere Vertiefung der Integration nötig ist, um den neuen, gewachsenen Pflichten erfolgreich nachzugehen. Die Debatte wurde schließlich von den Medien aufgegriffen.
K-K behauptet ein “Mr. Europe” würde die EU greifbarer machen und Europa sozusagen mit einer Stimme sprechen lassen.
In der Vergangenheit war ein gemeinsamer europäische Binnenmarkt, die Hauptsorge der EU, heute sind Umwelt und soziale Probleme in ihr Aufgabenfeld gerückt.
Die Frage bleibt, ob eine Verfassung überhaupt nötig ist, oder ob EU-Verträge bereits eine Art Verfassung sind. K-K hat hierbei 4 Bereiche betrachtet. Zunaechst schränken EU-Verträge die nationalstaatliche Souveränität ein. Die EU ist ein föderales System, daher gibt es zwischen nationaler und EU-Verfassung keine Konflikte. Somit ist das niederschreiben einer Verfassung unnötig. Um eine Verfassung zu etablieren muss die EU ein Staat sein. Hier ist jedoch das Problem, dass aus einer Supranationalen Gemeinschaft ein Staat gebildet werden muss. Zusätzlich muss dieser Staat einen Demos als Basis haben, d.h. eine Gemeinschaft die sich freiwillig einer Autorität unterwirft. Hier ist der Pluralismus der europäischen Gemeinschaften natürlich problematisch. Zahlreiche nationale Institutionen, wie zum Bespiel das Parteiensystem müsste europaweit etabliert werden. Als nächstes erwähnt K-K das Problem, dass nationale Regierungen ihr Volk repräsentieren, aber durch dir Kompetenzabtretung an die EU, ihre autonomen Handlungskompetenzen und somit den demokratischen Aspekt verlieren. Das Demokratiedefizit wird verstärkt durch die Tatsache, dass die EU-Kommission nicht in Rücksprache mit dem EU-Parlament handelt, sondern auf Expertenmeinungen zurückgreift. K-K schließt daraus, dass ein generelles Defizit in der europaweiten Repräsentation vorherrscht und ehe eine EU-Verfassung diskutiert werden kann, dieses erst behoben werden muss. Ihr letzter Punkt betrifft den Demos. Ihrer Meinung nach existiert kein europäischer Demos, jedoch durch den Wegfall von innereuropäischen Grenzen und der damit verbunden nationalen Identifikation, ein europäischer Demos auf funktionaler oder sozialer Repräsentation generell möglich ist. K-K gibt abschließend eine Lösungsmöglichkeit an, nämlich dass eine EU-Verfassung langsam zu etablieren ist, ohne dabei das bereits existierende System zu gefährden. Weiterhin muss die Sicherheit gegeben sein, dass eine vergrößerte und kompetenzverstärkte Union funktionsfähig und effizient bleibt. Insgesamt muss eine neue Form des Föderalismus entwickelt werden, die die “Multiple Persönlichkeit” der EU- Mitgliederstaaten akzeptiert.
2.Die EU-Osterweiterung – und die Gründe Deutschlands sich für eine Erweiterung einzusetzen
Am 1. Mai 2004 wurden in die EU zehn neue Mitglieder aufgenommen: Polen, die Tschechische Republik, Ungarn, Slowenien, Slowakei, Lettland, Estland, Litauen, Zypern und Malta. Doch bis dorthin war es ein langer und beschwerlicher Weg. Bereits im Sommer 1989, als die Entwicklung der mittel- und osteuropäischen Staaten noch nicht absehbar war, beschloss die damalige G7-Gruppe den „Prozess der Demokratisierung und Modernisierung“ in Polen und Ungarn durch koordinierte Wirtschaftshilfe zu unterstützen. Die Kommission wurde mit der Koordinierung der Hilfsleistungen beauftragt. Das PHARE (Poland Hungary Aid for the Reconstruction of the Economy) wurde dann in den 90ern Jahren auch auf die anderen Beitrittskandidaten ausgeweitet.
Im Dezember 1991 folgten dann der Abschluss des ersten Europa-Abkommens der EG mit Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn. 1993 folgten Europa-Abkommen mit Rumänien und Bulgarien. Estland, Lettland und Litauen unterzeichneten 1995 und Slowenien. Die Assoziierungsabkommen wurden 1996 unterzeichnet. Malta und Zypern hatten diese bereits 1970 und 1972 unterzeichnet. Der Beitritt zur EG wurde allerdings nicht in den Assoziationsverträgen mit aufgenommen. Aber im Juni 1993 änderte der Europäische Rat seine Meinung. Unter den folgenden Kriterien, den so genannten Kopenhagener Kriterien, konnten nun die mittel- und osteuropäischen Länder in die EU aufgenommen werden: Stabile demokratische Institutionen Eine funktionierende Marktwirtschaft und die Fähigkeit dem Wettbewerbsdruck auf dem Binnenmarkt standzuhalten Erfüllung des acquis communautaire. Darüber hinaus gab es noch eine weitere Beitrittsbedingung, die sich die EU selbst stellte: Vor der Aufnahme neuer Mitglieder sollte sich die Gemeinschaft reformieren und damit erweiterungsfähig werden. Der Europäische Rat entwickelte auf seiner Tagung in Essen für die EU 1994 eine „Heranführungsstrategie“, die neben den Ratsbeschlüssen Weißbücher4 und Beitrittspartnerschaften vorsieht. Im Juli 1997 legte die Kommission die Agenda 2000 vor. Die Agenda 2000 ist ein umfangreiches Dokument über die Strategie für die Stärkung und Erweiterung der EU. Gleichzeitig empfahl man den Beginn von Beitrittsverhandlungen mit Estland, Polen, Slowenien, Tschechien, Ungarn und Zypern. Im März 1998 begannen dann die Beitrittsverhandlungen.
Nach den Erfahrungen der Kosovo-Krieg im Februar 1999, der einen gefährlichen Konfliktherd in Europa entstehen ließ , beschloss der Europäische Rat im Dezember 1999 in Helsinki, auch die anderen fünf, bisher nicht berücksichtigten, mittel- und osteuropäischen Länder (Bulgarien, Lettland, Litauen, Rumänien, Slowakei und Malta) in die Beitrittsverhandlungen mit aufzunehmen. Im Februar 2000 begannen dann auch diese Beitrittsverhandlungen. Am 13. Dezember 2002 beschloss der Europäische Rat die Erweiterung der EU um 10 Länder zum 1. Mai 2004. Vor dem Beschluss des Europäischen Rats die assoziierten Länder in die EU aufzunehmen, fanden große Debatten statt. Die einen wollten eine Erweiterung der EU in den Osten, andere nicht. Zum Einen kam die Frage auf, ob sich die EU überhaupt verpflichten sollte, eine weitere EU-Erweiterung zu vollziehen. Dies schließt eine Erweiterung des Binnenmarkts, Mitspracherechte und die Teilhabe an der Agrar- und Strukturpolitik der Gemeinschaft mit ein. Zum Anderen wurde der Umfang einer möglichen EU-Osterweiterung debattiert. So teilte sich das Lager der EU in Befürworter und Gegner der Osterweiterung. Die Argumente der Gegner sind ganz klar ablesbar. Man befürchtete hohe Kosten, Anrecht der mittel- und osteuropäischen Staaten auf hohe Transfers aus den Strukturfonds, Deutschland bekäme mehr Macht, Handels- und Haushaltskonkurrenz. Die Argumente der Befürworter, darunter Deutschland, beruhten hauptsächlich auf moralischem Druck.