Schmeißfliegen
Schmeißfliegen | ||||||||||||||
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Systematik | ||||||||||||||
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Gattungen (Auswahl) | ||||||||||||||
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Die Schmeißfliegen (Calliphoridae) sind eine Familie der Zweiflügler (Diptera) und zählen zu den Fliegen (Brachyptera). Weltweit sind etwa 1000 Arten von Schmeißfliegen bekannt, davon etwa 45 in Deutschland. Die Größe der Tiere variiert stark und kann bis zu 18 mm bei der Totenfliege (Cynomyia mortuorum) betragen.
Der Name "Schmeißfliege" hängt mit der Vorliebe dieser Tiere für geruchsintensive organische Stoffe zusammen (s.u.) . Das Wort "schmeißen" bedeutet in der Jägersprache ursprünglich "Kot auswerfen".
Der kompakte Körper dieser Fliegen ist meist metallisch blau oder grün bis goldgrün glänzend gefärbt. Augen und Flügel sind sehr gut ausgebildet, die Mundwerkzeuge als Leckrüssel.
Lebensweise der Schmeißfliegen
Die Schmeißfliegen sind vor allem an Blüten, meistens an Blütendolden, zu finden. Dabei können sie in beinahe allen Biotopen vorkommen. Sie ernähren sich von Nektar und Pollen und auch von Honigtau, wobei die Geschmacksorgane wie bei vielen Fliegen an den Fußgliedern zu finden sind. Zur Aufnahme von Säften suchen die Fliegen häufig zerfallene organische Stoffe auf und fliegen entsprechend auch nach Aas riechende Blüten (etwa den Aronstab) oder Pilze (wie die Stinkmorchel (Phallus impudicus)) an. Der Anlockung dient bei der Stinkmorchel der Duftstoff Phenylacetaldehyd. Die Fliegen fressen hier den Schleim des Pilzes, der auch dessen unverdauliche Sporen enthält, und sorgen damit auch für die Verbreitung der Pilze.
Die Erkennung der Partnerin erfolgt bei einigen Arten (etwa bei Protophormia terraenovae) dadurch, dass die Männchen die Weibchen mit den Füßen ertasten und wahrscheinlich anhand der Geruchssensoren erkennen. Ist das Weibchen nicht paarungswillig, so wehrt es das Männchen durch Vibrieren der Flügel ab.
Larvalentwicklung
Die Larven der Schmeißfliegen werden bei einer Reihe von Arten lebend geboren. Wie die Eier bei anderen Arten werden sie auf organische Stoffe abgesetzt. Die Anlockung erfolgt dabei durch Geruchsstoffe, die bei der Verwesung und dem bakteriellen Abbau von Eiweiß entstehen, etwa Ethylmercaptan, Indol, Skatol, Ammoniumcarbonat und verschiedene Amine. Die Wahrnehmung dieser Stoffe erfolgt durch spezifische Geruchssinnesorgane an den Antennen der Fliegen, wobei verschiedene Arten durch verschiedene Gerüche angelockt werden. So wirkt das Ethylmercaptan sehr stark auf Arten der Gattung Lucilia, dagegen kaum auf Calliphora-Arten. Ebenfalls wichtig ist die richtige Mischung der Geruchsstoffe, wobei einzelne Geruchsfaktoren je nach Konzentration anlockend, ein anderes Mal wiederum abstoßend wirken können. Aus diesem Grunde treffen unterschiedliche Arten der Schmeißfliegen aber auch anderer Fliegentaxa wie die Käsefliegen zu unterschiedlichen Zeitpunkten an verwesenden Körpern ein und legen ihre Eier ab. Dieses Verhalten nutzt man etwa in der entomologischen Forensik um den Todeszeitpunkt und die Liegedauer von Leichen zu bestimmen.
Die Larven atmen in den ersten Stadien über die Haut, ab dem dritten Stadium öffnen sich die vordersten und hintersten Stigmen des Tracheensystems. Sie stellen in der Körperform die klassischen kopflosen Maden dar. Schmeißfliegenmaden leben in und an pflanzlichen und tierischen Stoffen, die sich in Zersetzung befinden. Dazu gehören auch Leichen (Nekrophagie) und Exkremente (Koprophagie). Bei einigen Arten findet die Verdauung der Nahrung wahrscheinlich außerhalb des Körpers statt, indem sie diese mit Speichel beträufeln und den angedauten Nahrungsbrei danach aufnehmen.
Unter den Schmeißfliegen finden sich neben diesen Arten auch solche, welche als Außen- oder Innenparasiten bei verschiedenen Wirbeltieren, auch beim Menschen, vorkommen. Diese leben entweder in offenen Wunden oder unter der Haut (Miasis) der Wirte. In diese Gruppe gehören Vertreter der Gattungen Cordylobia, Lucilia und Phormia, wobei die Larven von Lucilia sericata zeitweise als Mittel der Wundheilung genutzt wurden, da sie sehr spezifisch nekrotisches Gewebe fressen und auf diese Weise die Wunde sauber halten.
Die Verpuppung der Schmeißfliegen findet meist am oder im Boden statt, man findet die Puppen einiger Arten jedoch auch in den Nestern der Wirtstiere oder im gestorbenen Wirt.
Vertreter der Schmeißfliegen (Auswahl)
Blaue Fleischfliegen - Gattung Calliphora
Die Arten dieser Gattung sind die in Deutschland bekanntesten Vertreter der Schmeißfliegen. Hier kommen aus dieser Gattung fünf Arten vor, darunter C. vomitoria und C. vicina. Sie erreichen Körpergrößen von 11 bis 14 mm. Die Eiablage erfolgt häufig in Kadavern, aber auch in vielen anderen Substraten. Gelegentlich treten sie auch an Wunden bei Tieren und Menschen auf.
Vogelblutfliegen - Gattung Protocalliphora
Von den Vogelblutfliegen leben in Deutschland drei Arten, etwa P. falcozi. Die Larven dieser Fliegen leben in Vogelnestern und zapfen vor allem an den Jungvögeln Blut ab, die Larven einiger Arten leben unter der Haut der Wirtstiere, für die der Befall manchmal tödlich sein kann.
Goldfliegen - Gattung Lucilia
In Deutschland leben neun Arten dieser metallisch goldgrün bis -blau glänzenden Fliegen. Sie sind häufig auf Blüten, auf faulenden Stoffen und an Stinkmorcheln zu finden. Die Eier werden an faulenden Stoffen abgelegt, manchmal auch auf die Haut von Wirbeltieren oder an Wunden.
So legt etwa die Krötenfliege (Lucilia bufonivora) ihre Eier an die Haut von lebenden Amphibien, vor allem auf die von Kröten. Die Larven wandern über die Nasenlöcher ein und beginnen dann, erst die Weichteile des Kopfes und später den ganzen Körper ihres Wirtes zu zerfressen.
Die Art Lucilia sericata legt ihre Eier regional an Schafe, vor allem im Bereich des Afters. Die Larven dringen hier in die Haut ein und wandern fressend durch das Bindegewebe, gelegentlich leben sie auch in Wunden anderer Wirbeltiere, auch des Menschen.
Gattung Melinda
Bei diesen Fliegen, etwa M. caerulea, werden die Eier einzeln oder in maximal Dreiergruppen in die Mantelhöhle verschiedener Schnecken abgelegt. Die Larven sind Parasitoide in den Schnecken, das heißt, sie fressen die Schnecken aus und wachsen dabei heran. Kurz vor der Verpuppung stirbt der Wirt.
Literatur
- Haupt, J./Haupt, H.: Fliegen und Mücken - Beobachtung, Lebensweise, Augsburg 1998
- Honomichl, K./Bellmann, H.: Biologie und Ökologie der Insekten; CD-Rom, Gustav Fischer Verlag, Stuttgart 1994