Zum Inhalt springen

Jürgen Wullenwever

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 13. Januar 2006 um 12:07 Uhr durch Agnete (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Jürgen Wullenwever (* spätestens 1488 in Hamburg; † 24. September 1537 in Wolfenbüttel) war von 1533 bis 1535 Bürgermeister der Hansestadt Lübeck..

Wullenwever stammte aus Hamburg. Er wurde spätestens 1488, dem Todesjahr der Mutter, geboren.

1525 kam er als mäßig erfolgreicher Kaufmann nach Lübeck. Zu dieser Zeit kam es dort im Zuge der Reformation immer wieder zu Unruhen. Immer mehr Bürger kamen in Kontakt mit Martin Luthers Lehre, während der Rat mit aller Macht die Ausbreitung der neuen Religion zu verhindern sucht. Als der Rat, u.a. wegen der dem gesamten Reich auferlegten Türkensteuer Steuererhöhungen verlangten, wählten die Bürger einen Ausschuss und forderten als Gegenleistung mehr Mitspracherecht und evangelische Prediger. Zu dieser Zeit hatte sich Jürgen Wullenwever bereits einen Namen als Lutheraner und vor allem als guter Redner gemacht. Deshalb wurde er 1530 in den Bürgerausschuss gewählt, obwohl er zu dieser Zeit weder ein Grundstück in der Stadt noch Bürgerrecht besaß, und wurde schnell deren Wortführer. Im diesem Jahr mussten sich die Ratsherren dem Druck der Gemeinde beugen. Die Einführung der Reformation wurde beschlossen. Johannes Bugenhagen arbeitete ein Kirchenordnung aus, die am 27. Mai 1531 in Kraft treten sollte. Über den Ausschuss und neugeschaffene Ämter wie die Kirchenältesten erhielten die Bürger mehr Einfluss. Die Stadt beschloss, sich dem Schmakaldischen Bund anzuschließen. Aus Protest dagegen verließen Ostersonnabend 1531 zwei der vier Bürgermeister, Nikolaus Brömse und Hermann Plönnies, heimlich die Stadt und begaben sich an den Hof Kaiser Karl V.. Die Bürger fürchteten nun um ihre Sicherheit. Einige wollten den Rat gleich ganz auflösen, doch Wullenwever empfahl mit Verweis auf ein angebliches Mandat des Stzadtgründers Heinrich der Löwe, ihn durch ratsfähige Mitglieder des Bürgerausschusses zu ergänzen. Er ließ neun Namen auf Zettel schreiben, von denen der älteste der verbliebenen Bürgermeister sieben ziehen musste. Obwohl Wullenwevers Name vermutlich auf einem der Lose gestanden hat, wurde er zur großen Enttäuschung der gesamten Bevölkerung nicht gewählt. Er gelangte erst bei einer weiteren Neuwahl am 21. Februar 1533 in den Rat und wurde gleich darauf erster Bürgermeister.

In der ersten Hälfte des 16. Jh. war die Monopolstellung der Hanse in Nord- und Ostsee gefährdet. Während in den früheren Jahrhunderten aller Warentransfer von Ost nach West und umgekehrt über den Landweg zwischen Hamburg und Lübeck gegangen war und vor allem Lübeck durch Zölle und Umschlaggebühren zu erheblichem Reichtum gelangt war, segelten nun die nicht zur Hanse gehörigen Niederländer um Dänemark herum, um direkt mit den Dänen sowie den östlichen Ostseeanrainern zu handeln. Auch war Dänemark, bisher mit Verträgen an alleinigen Handel mit Hansekaufleuten gebunden, nicht mehr bereit, sich dieses Diktat gefallen zu lassen. Lübecks Kaufleute sahen ihre Vormachtstellung und Wohlstand gefährdet. Als 1532 der dänische König Friedrich Lübeck um Hilfe bat gegen die Rückeroberungsversuche des abgesetzten Christian II., forderte Jürgen Wullenwever als Lübecker Gesandter als Gegenleistung, dass den Holländern der Sund gesperrt wird. Doch der daraufhin geschlossene Vertrag wurde von dänischer seite trotz der erfolgreichen Kriegshilfe nicht eingehalten. Unter Wullenwevers Ägide begann Lübeck 1533 das Problem selbst in die Hand zu nehmen und die Niederländer durch Kaperfahrten aus der Ostsee herauszuhalten. Zur Finanzierung ließ er die konfizierten Kirchenschätz einschmelzen. Obwohl auf diese Weise für Monate jeglicher Handel lahmgelegt war, scheiterte das Vorhaben an der mangelnden Unterstützung der Nachbarstädte. In Lübeck wuchs die Kritik an Wullenwevers Außenpolitik. Durch Vermittlung des Hamburger Rats, dem auch Jürgen Wullenwevers Bruder Joachim angehörte, kam es im März 1534 Verhandlungen. Als Hinrich Brömse, der Bruder des entwichenen Bürgermeisters Nikoluas Brömse, im Namen des Kaisers die Wiederherstellung der alten Ordnung in Lübeck fordert, verließ Wullenwever vorzeitig die Versammlung. In Lübeck brachte er die über sein eigenmächtiges Handeln empörte Gemeinde durch feurige Reden wieder hinter sich. Um weitere Opposition im Keime zu ersticken verbat er Versammlungen ohne Zustimmung des Ausschusses. Die kritische Stimmen im Rat schaltete er mit einem Verweis auf das o.g. Mandat Heinrichs des Löwens aus, nach dem jeweils ein Drittel der 24 Ratsherren für ein Jahr ausscheiden.

Als im April 1534 Christoph von Oldenburg um Hilfe zur Befreiung seines Vetters bat, stimmten Ausschuss, Rat und Gemeinde geschlossen dem Eintritt Lübecks in den dänischen Erbfolgekrieg, die so genannte Grafenfehde, zu. Man sah darin ein letzte Chance, die alte wirtschaftliche Vormachtsstellung zu erhalten. Die Nachbarstädte waren jedoch nicht bereit, diesen Krieg zu unterstützen. Im Juli trafen Wullenwevers Sendboten in den Nachbarstädten ein, wo sie die Bürger gegen ihren kriegsunwilligen Rat aufwiegeln sollen. Doch auch auf diesem Wege erhielten Wullenwevers Kriegspläne keine große Unterstützung. Ersten schnellen Siegen in Holstein folgten bald kriegerische Misserfolge. Herzog Christian belagerte Lübeck. Wullenwevers Beliebtheit in der Stadt sank rapide. Zu diesem Zeitpunkt wurden erste Klagen laut, dass er auf niemanden mehr höre als auf den aus Hamburg gebürtigen Syndicus Johann Oldendorp und seinen Feldherrn, den Hamburger Ankerschmied Marx Meyer. Am 18. November 1534 beendete der Frieden von Stockelsdorf den Krieg in Holstein, während mit Zustimmung aller Beteiligten in Dänemark weitergekämpft wurde. Die Bürgerschaft empörte sich wegen der wirtschaflichen Folgen des Krieges und setzte den Rücktritt des Ausschusses und die Rückkehr der abgesetzten Ratsherren durch.

Jürgen Wullenwever begab sich nach Kopenhagen, um von dort den Fortgang des Krieges zu kontrollieren. Das Wiedererstarken Dänemarks konnte nicht verhindern, zudem sich die Verbündeten untereinander zu streiten begannen - meist um den ausbleibenden Sold. Auch in Lübeck schwand sein Einfluss. Nach dem Untergang der Lübecker Flotte im Juni 1535 beschuldigten ihn ehemaligen Anhänger des Verrats, trotzdem hat Jürgen Wullenwever noch Rückhalt in der Gemeinde. Das zeigte sich deutlich, als am 7. Juli ein kaiserliches Exekutional-Mandat die Wiederherstellung der alten Ordnung einschließlich der Wiedereinsetzung Nikolaus Brömses binnen 45 Tage forderte. Ein Großteil der Bürger und auch der Ratsherren ließ sich lange von Wullenwever überzeugen, dass sein Rücktritt damit nicht gemeint sein konnte. Erst am 26. August 1535, am letzten Tag vor Ablauf des kaiserlichen Ultimatums, trat er auf Druck des besorgten Hansetages gemeinsam mit dem Bürgerausschuss und allen anderen aus diesem Kreis in den Rat Gekommenen zurück.

Anstatt sich jedoch nach Bergedorf zu begeben, wo man ihm den ehrenvollen Posten des Amtsmanns zugeteilt hatte, eine Stellung, die normalerweise der dienstälteste Ratsherr innehatte, versuchte er noch einmal, den verbündeten dänischen Städten zur Hilfe zu kommen. Als er sich südlich von Hamburg mit Söldnertruppen treffen wollte, wurde er im November 1535 vom Erzbischof von Bremen gefangen genommen, gefoltert und am 24. September1537 in Wolfenbüttel hingerichtet.