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Windpocken

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Die Windpocken - auch als Wasserpocken, Feuchtblattern, Spitze Blattern oder Wilde Blattern bezeichnet (ICD-10- Kode: B01) - ist eine durch das Varicella-Zoster-Virus ausgelöste und per Tröpfcheninfektion übertragene Erkrankung. Der Name Windpocken kommt von der hohen Ansteckungsfähigkeit dieser Viren, die auch über einige Meter in der Luft übertragen werden. Die Erkrankung, von der überwiegend Kinder im Vorschulalter betroffen sind, führt bei 90% der Infizierten zu einer lebenslangen Immunität. Eine Impfung ist möglich, eine Mehrfachimpfung gegen Masern, Mumps, Röteln und Windpocken ist in Vorbereitung.

Erreger

Als Erreger dieser Erkrankung ist das Varizella-Zoster-Virus (VZV) - auch als Humanes-Herpes-Virus-3 (HHV-3) bezeichnet - nachgewiesen. Dieses Virus ist ein behülltes, doppelsträngiges DNA-Virus (dsDNA) und gehört zur Familie der Herpesviridae, zur Unterfamilie Alphaherpesvirinae und zur Gattung der Varicellaviren. Alle Viren dieser Familie sind mit einem ikosaedrischen Kapsid (mit einer aus Dreiecksflächen bestehenden Proteinhülle) ausgestattet, die jeweils noch von einer Hüllmembran umgeben ist. Das Varizella-Zoster-Virus ist mit den Herpes simplex-Viren nahe verwandt und wird häufig bereits in der Kindheit übertragen. Ein Großteil der europäischen Bevölkerung ist Träger des Virus.

Die Tatsache, dass bei nicht erheblich vorgeschädigten Menschen und bei nicht erfolgter Doppelinfektion oder Sekundärinfektion (siehe auch Infektion) die von diesen Erregern verursachte Erkrankung nur extrem selten einen tödlichen Verlauf nimmt, zeigt zum Einen, dass diese Viren sehr stark an den Menschen als ihren Reservoirwirt angepasst sind. Ein Virus hat natürlich kein Interesse an dem Tod seines Reservoirwirts, denn es braucht ihn ja für seine Vermehrung. Die dennoch ausgelösten Erkrankungssymptome sind von diesen Viren im Grunde nicht beabsichtigt und eher als ein Unfall anzusehen. Zum Zweiten wird dadurch auch deutlich, dass sich der Mensch ebenfalls im Verlaufe vieler Generationen an dieses Virus anpassen konnte.

Übertragung

Die hoch ansteckenden Erregerviren werden per Tröpfcheninfektion, also direktes Einatmen von Ausatmungströpfchen (Expirationströpfchen) infizierter Personen, oder über Kontaktinfektion beziehungsweise Schmierinfektion mit den Viren der auf Gegenständen oder Körperoberflächen niedergegangenen infektiösen Expirationströpfchen übertragen, wenn sie anschließend sofort über die Schleimhäute beispielsweise in Mund, Nase oder Augen in den Körper gelangen. Da die Erreger an der Luft nur für etwa zehn Minuten überlebensfähig sind, ist eine Übertragung durch herumliegende Kleidung oder Spielzeug in der Regel nicht zu befürchten.

Windpocken sind schon zwei Tage vor Auftreten des Hautausschlags ansteckend und bleiben dies 7-10 Tage nach Bildung der ersten Bläschen bzw. bis das letzte Bläschen verkrustet ist. In dieser Zeit sollte die erkrankte Person nicht in Kontakt mit anderen kommen, vor allem nicht mit älteren Menschen oder Frauen, die sich in der 8. bis 21. Schwangerschaftswoche befinden, da bei den letztgenannten eine Gefährdung des Säuglings beispielsweise durch Ausbildung von Missbildungen möglich ist. Die Meinung, dass die Ansteckungsfähigkeit bis zum Abfallen der letzten Kruste vorhanden sei, gilt als überholt.

Krankheitsverlauf/Symptome

Kleinkind mit Windpocken

Nach einer Inkubationszeit von 10 bis 21 (meist 14-17) Tagen kann es zum Auftreten von leichtem und kurzanhaltendem Fieber sowie Kopf- und Gliederschmerzen kommen, dem Tags darauf im Bereich des Rumpfes und Gesichtes, typischerweise aber auch des behaarten Kopfes, erst später an den Gliedmaßen bis zu linsengroße, manchmal juckende rote Flecken bzw. später Knötchen folgen, in deren Zentrum sich innerhalb von Stunden bis maximal Tagen reiskorngroße Bläschen bilden können. Diese können gedellt sein und entwickeln sich in weiterer Folge rasch zu Pusteln (mit Eiter gefüllten Bläschen in der Oberhaut). Seltener können auch die Schleimhäute im Bereich des Mundes, hier v.a. am Gaumen als gelblich belegte Erosionen sichtbar, der Nase, der Augen, sowie die Haut der Genitalien und des Afters betroffen sein. Die Bläschen platzen schließlich und es bildet sich eine hellbraune Kruste. Da die Läsionen nicht gleichzeitig entstehen, findet sich zu einem gegebene Zeitpunkt eine vielgestaltigen Ausprägung der Hauterscheinungen, sodass oft von einem Bild ähnlich einem "Sternenhimmel" gesprochen wird, was oft eine Blickdiagnose ermöglicht.

Der Krankheitsverlauf ist meist gutartig. Die Krusten fallen ohne Narbenbildung ab, sofern darauf geachtet wird, dass das Kind nicht kratzt und damit eine bakterielle Superinfektion mit Streptokokken oder Staphylokokken herbeiführt.

Komplikationen

Selten kann es zu einer Leber- oder Gelenksbeteiligung, sehr selten zu einer Lungenentzündung oder den gefürchtetsten Komplikationen, einer Enzephalitis oder Meningitis - also einer Beteiligung des Gehirns und der Hirnhäute - kommen. Bei einer Beteiligung des Kleinhirns kommt es meist nur zu einer vorübergehenden zerebellären Ataxie, die während der Heilungsphase der Erkrankung oder noch später auftritt.

Windpocken in der Schwangerschaft können eine ernste Gefährdung des Embryos bedeuten (besonders im ersten und zweiten Trimenon, 13. bis 20. Woche). Rund um den Geburtstermin (ca. 5 Tage vor und 2 Tage nach der Geburt) kann es beim Neugeborenen, besonders wenn es nicht behandelt wird, zu ernsteren Komplikationen kommen. Daher sollten sich Frauen mit Kinderwunsch, die sich nicht sicher sind, ob sie die Windpocken schon hatten, beim Frauenarzt auf Antikörper untersuchen und gegebenenfalls impfen lassen. In diesem Fall sollte allerdings etwa drei Monate mit einer Schwangerschaft gewartet werden, um eine Schädigung des Kindes auszuschließen.

Verlauf/Komplikationen bei Erstinfektion im Erwachsenenalter

Gürtelrose als Zweiterkrankung bei Erwachsenen

Gürtelrose (Herpes zoster) ist eine Reaktivierung von Windpocken, die vor allem im Alter oder bei Abwehrschwäche auftritt

Menschen, die in ihrer Kindheit an Windpocken erkrankt waren, können später im Erwachsenenalter an Herpes Zoster beziehungsweise der Gürtelrose erkranken. Die Ursache sind nach der Erkrankung im Körper verbliebene Varicella-Zoster-Viren, die entlang sensibler Nervenfasern in die Spinalganglien wandern und dort latent verbleiben. Bei einem geschwächten Immunsystem können nun diese Viren reaktiviert werden und eine Gürtelrose im Versorgungsgebiet der betroffenen Nerven verursachen.

Erwachsene mit Gürtelrose können Windpocken auf Ungeschützte übertragen, während umgekehrt ein windpockenkrankes Kind keine Infektionsquelle für eine Gürtelrose darstellt.

Therapie

Die Behandlung beschränkt sich meist auf die Linderung eines bestehenden Juckreizes, indem kühle und feuchte Kompressen aufgelegt oder - besser - adstringierende Emulsionen aufgetragen werden. Die Fingernägel des Kindes sollten geschnitten werden, um die Gefahr der Entwicklung einer bakteriellen Superinfektion zu minimieren.

Ein bestehendes Fieber sollte, wenn überhaupt, nicht mit Acetylsalicylsäure, sondern mit Paracetamol behandelt werden, da Acetylsalicylsäure bei viralen Infektionen mit der Entstehung eines Reye-Syndroms in Zusammenhang gebracht wird.

Aciclovir oder Vidarabin soll die Symptome bei Kindern, die älter als zwei Jahre sind, minimieren helfen, sofern es innerhalb 24 Stunden eingenommen wird. Bei einer bestehenden Immunschwäche sollte eines dieser Medikamente ebenfalls verabreicht werden.

Vorbeugung

Zur Vorbeugung ist eine Impfung möglich und sie wird seit 2004 von der Stiko (Ständige Impfkommission) empfohlen. Kritiker behaupten allerdings, dass die Studie, auf welcher diese Impf-Empfehlung beruht, von einem der maßgeblichen Hersteller des Windpocken-Impfstoffs finanziert wurde und methodische Mängel aufweist. Der Impfstoff besteht aus abgeschwächten, lebenden Viren (Varizella-Zoster-Viren), die sich im Geimpften vermehren. Er wird unter die Haut gespritzt (subkutane Injektion).

Die Impfung kann ab einem Alter von neun bzw. zwölf Monaten (je nach Impfstoffhersteller) gegeben werden. Kinder vor dem 13. Geburtstag erhalten eine Injektion. Bei Kindern ab dem 13. Geburtstag und Erwachsenen ist eine zweite Injektion im Mindestabstand von sechs Wochen notwendig.

Wer soll geimpft werden?

  • Kinder im Alter von 11 bis 14 Monaten, parallel zur 1. MMR-Impfung oder frühestens vier Wochen nach dieser.
  • Die Impfung wird für bestimmte Personen empfohlen, die die Windpocken noch nicht durchgemacht haben und bisher auch nicht dagegen geimpft wurden:
    • 9- bis 17-jährige Jugendliche
    • Frauen mit Kinderwunsch
    • Patienten mit schwerer Neurodermitis
    • Patienten mit Leukämie, Patienten vor geplanter immunsuppressiver Therapie oder Organtransplantation
    • Personen mit Kontakt zu den oben genannte Patienten mit Neurodermitis etc.
    • Medizinisches Personal, besonders in der Kinderheilkunde, Onkologie, Frauenheilkunde/Geburtshilfe, Intensivmedizin
    • Neuangestellte in Gemeinschaftseinrichtungen für das Vorschulalter

Wer soll nicht geimpft werden?

Wer an einer akuten, behandlungsbedürftigen Krankheit mit Fieber (über 38,5°C) leidet, soll nicht geimpft werden. Im Allgemeinen werden auch Personen mit geschwächtem Immunsystem nicht gegen Windpocken geimpft, allerdings sind Ausnahmen unter Umständen möglich und notwendig. Während einer Schwangerschaft wird in der Regel keine Impfung vorgenommen, da das Impfvirus auf das Kind im Mutterleib übertragen werden könnte. Aus dem gleichen Grund ist für die Dauer von mindestens drei Monaten nach der Impfung eine Schwangerschaft zu vermeiden. Sollte jedoch zufällig eine Schwangere geimpft worden sein, zum Beispiel weil die Schwangerschaft noch nicht festgestellt wurde, besteht kein Anlass zu einem Schwangerschaftsabbruch, weil in solchen Fällen bislang keine Schäden des ungeborenen Kindes nachgewiesen worden sind.

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Impfkritik