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Kenneth Arthur Muir

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Allgemeinverständliche Einleitung

Die Grundlage für die hier vorgestellten Überlegungen zu den Ursachen der Tumorentstehung bei Leukämien ist die sogenannte Chromosomentheorie der Vererbung. Sie besagt, das die Faktoren der Vererbung in den farbstoffaufnehmenden Kernkörperchen, den Chromosomen zu finden seien. Der wissenschaftsgeschichtliche Weg zu dieser Annahme und die Ausformung der dazu gehörigen Überlegungen ist nicht geradlinig.
Zu den Vorannahmen gehört: die Entdeckung des Basochromatins durch Miescher 1871, die Beobachtung der Vereinigung der Zellkerne bei der Verschmelzung der Keimzellen durch Hertwig und Straßburger 1875/77, die Entdeckung der Konstanz der Anzahl der Kernkörperchen bei der Zellteilung (Mitose)durch Flemming 1882 und die Einführung des Begriffs Chromosomen für die Kernkörperchen durch Waldeyer 1888, die Beobachtung der Halbierung der Anzahl der Kernkörperchen bei der Entstehung der Keimzellen durch Boveri und andere 1904/05 und die Einführung des Begriffes Meiose durch Farmer und Moore 1905. Alle dieser beobachtungen werden durch das Konzept der Keimbahn vereinigt. August Weissmann führte den Begriff 1885 ein und er besagt, dass das einzige konstante materielle Element in der Sukzession der Organismen die Kernkörperchen der Keimzellen sind.
Um den modernen Begriff der Struktur und Funktion der Chromosomen zu erhalten sind allerdings noch die Einführung weiterer Konzepte notwendig. Zunächst wurde die Beobachtung gemacht, das die Faktoren der Vererbung, die Johannsen ab 1909 Gen nannte in einer besonderen Weise auf den Chromosomen lokalisiert sind. Thomas Hunt Morgan und seine Schüler wiesen ab 1911, durch Experimente mit der Fruchtfliege Drosophila nach, das die Gene auf den Chromosomen aufgereiht sind, wie "Perlen auf einer Schnur".

Reciproke Translokationen sind für Leukämien und Lymphome typisch, bei soliden Tumoren die Ausnahme. Generell betrachtet sind Translokationen ein Charakteristikum von ca 3% aller Tumoren. Bei insgesamt 14000 verschiedenen karyotypischen Veränderungen bei Neoplasien sind über 100 recurrente Translokationen beschrieben worden Mitelman 91. Chromosomale Veränderungen bei hämatologischen Erkrankungen sind häufig und vielfältig. Ein tabellarischer Überblick soll zunächst einen Eindruck von der Vielfalt der Phänomene geben. Dabei werden zunächst Chromosomen-Translokationen und sodann Chromosomen-Deletionen angeführt. Der weitere Artikel gliedert sich in drei Teile. Zunächst werden die chromosomalen Veränderungen bei myeloischen Leukämien besprochen. Im darauffolgenden Abschnitt werden die lymphatischen Leukämien dargestellt und eine beispielhafte Bruchpunkt-Untersuchung vorgestellt. Zum Abschluß wird noch kurz auf das Burkitt-Lymphom eingegangen.

Oncogene bei Leukämien – Translokationen
Protein-Klasse Oncogen Translokation Tumor Häufigkeit
Tyrosin-Kinasen c-abl/bcr t(9;22)(q34;q11) CML 95%
c-abl/bcr t(9;22)(q34;q11) ALL 10%
axl t(;)(;) CML ?%
TF myc/Ig-Gene t(8;14)(q24;q32) BL 100%
pre-B-ALL 10%
T-ALL 10%
E2A/PBX t(1;19)(q23;p13) pre-B-ALL 10%
E2A/HLF t(17;19)(q22;p13) pre-B-ALL 10%
Tal-1/TCR t(1;14)(p32;q11) T-ALL 20%
Tal-1/SIL t(1;)(p32;) T-ALL 20%
Tal-2/TCR t(7;9)(q35;p13) T-ALL 10%
Lyl-1/TCR t(7;19)(q35;p13) T-ALL 5%
Ttg-1/TCR t(11;14)(pls;q11) T-ALL 10%
Ttg-2/TCR t(11;14)(p13;q11) T-ALL 10%
HD-Gene: Hox-11/TCR t(10;14)(q24;q11) T-ALL 7%
HRX t(11q23) Multilinage ?%
Rezeptoren: RARA/PML t(15;17)(q21;q21) PML 100%
bcl-Gene: bcl-1/Ig t(14;18)(q32;q21) CentroCyt 30%
CLL 3%
bcl-2/Ig t(11;14)(q13;q32) Foll
Diff 20%
CLL 5%
bcl-3/Ig t(14;19)(q32;q13) CLL
Andere: DEK/CAN t(6;9)(p23;q34) AML/MDS
SET/CAN t(;)(;) AML,MDS
MLL t(11q23) AML,ALL
TAN-1 t(7;9)(q34;q34.3) T-ALL 42%
AML-1 t(8;21) AML
IL-3 t(5;14)(q31;q32) pre-B-ALL

Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über die chromosomalen Deletionen bei verschiedenen menschlichen Leukämien.

Oncogene bei Leukämien – Deletionen
Proteinklasse Tumor Häufigkeit
ras-Gene AML 50%
ALL 15%
CML 5%
p53 CML 20%
AML 3-7%
pre B-ALL 2%
T-ALL 2%
BL 30%
CLL 15%
RB-1 Ph1+-ALL 30%
AML 3%
AMML 25%
T-ALL 20%
WT-1 AML 20%

Die Chronisch-Myeloische Leukämie (CML)

Bei der Chronischen Myeloischen Leukämie kommt es in 95% aller bisher untersuchten Fälle durch eine chromosomale Translokation zu einer Fusion des c-abl Gens auf dem Chromosom 9q34 mit dem bcr-Gen auf dem Chromosom 22q11 mit dem Ergebnis eines alterierten Chromosoms, dem Philadelphia-Chromosom, und der Expression eines chimärischen Proteins, dem abl/bcr-Produkt, das in zwei Varianten als p210 und p185 vorkommt.

Die Akute-Myeloische Leukämie (AML)

Bei den Akuten Myeolischen Leukämien findet sich ein Vielzahl unterschiedlicher Mutationen. Bei der AML finden sich in bis zu 50% der untersuchten Fälle Mutationen im N-ras Lokus, in ca 5% der untersuchten Fälle Mutationen in p53, in weniger als 3% der untersuchten Fälle Mutationen im RB-1 Gen und in ca 20% Veränderungen im WT-1 Lokus. Vereinzelt sind Fusionen von SET/CAN, DEK/CAN, MLL und AML-1 Genen beschrieben worden. Im folgenden werden die beteiligten Oncogene näher charakterisiert.

Weitere myeloische Leukämien

Bei der akuten Myelomonocytische Leukämie (AMML) finden sich häufig Mutationen im RB-1 Lokus. Eine Besonderheit bei den AML stellt die Promyelozytenleukämie dar, bei der in 100% der untersuchten Fälle eine Translokation t(15;17) (q21;q21) beschrieben ist mit dem Ergebnis einer Fusion von PML und RARa. Das Humane Trithorax-Homolog findet sich auf dem Chromosom 11q23. Die HRX-Translokationen findet sich bei biphänotypischen Leukämien. Trithorax ist ALL-1.

Die T-Zelleukämien

Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über das Vorkommen von Translokationen bei akuten T-cell Leukämien.

Translokationen bei T-Zelleukämien
t(8;14)(q24;q11) c-myc 8q24 TCR-alpha/delta 14q11
t(7;19)(q35;p13) TCR-beta 7q35 Lyl-1 19p13
t(1;14)(p32;q11) Tal-1(Scl,Tcl-5) 1p32 TCR-alpha/delta 14q11
t(7;9)(q35;q34) TCR-beta 7q35 Tal-2 9q34
t(11;14)(pl5;q11) Rhom-1(Ttg-1) 11p15 TCR-alpha/delta 14q11
t(11;14)(p13;q11) Rhom-2(Ttg-2) 11p13 TCR-alpha/delta 14q11
t(7;11)(q35;p13) TCR-beta 7q35 Rhom-2 11p13
t(10;14)(q24;q11) Hox-11(Tcl-3) 10q24 TCR-alpha/delta 14q11
t(7;10)(q35;q24) TCR-beta 7q35 Hox-11 10q24
t(7;9)(q34;q34.3) TCR-beta 7q34 Tan-1 9q34.3

Interessanterweise sind alle betroffenen proto-Oncogene Transkriptionsfaktoren: c-myc, Lyl-1, Tal-1,2 sind helix-loop-helix-Proteine; Rhom-1,2 (Ttg-1,2) sind LIM-Domaine-Proteine, Hox-11 (Tcl-3) ist ein Homeoboxgen und Tan-1 ein notch-Homolog. Involviert sind jeweils immer TCR-beta oder TCR-alpha/delta. Vergleichsweise konsistente Mutationen in T-ALLs finden sich auch bei p53 Jonveaux und im RB-Lokus Ahuja und Ginsberg allerdings ohne Translokationen in den Bereich rearrangierender Loci. Untersucht man die verschiedenen Loci, so findet man folgende Verteilung der translocierenden Regionen.


In die TCR-alpha/delta-Region = 14q11 translocieren:

Chromosomale Lokalisation TCR-alpha/delta-translocierender Oncogene
c-myc 8q24
Tal-1 1p32
Rhom-1 11p15
Rhom-2 11p13
Hox-11 10q24

In die TCR-beta-Region = 7q35 translocieren:

Chromosomale Lokalisation TCR-beta-translocierender Oncogene
Lyl-1 19p13
Tal-2 9q34
Rhom-2 11p13
Hox-11 10q24
Tan-1 9q34.3

Die aufgelisteten Translokationen bei T-ALL haben eine Reihe von Gemeinsamkeiten. Es sind jeweils zwei typische codierende Regionen betroffen: TCR-Gene und Transkriptionsfaktoren. Stets ist das betroffene Allel des TCR als Strukturgen zerstört und das betroffene Allel des Transkriptionsfaktors als Strukturgen intakt, in seiner Regulation aber gestört. Meistens sind die betroffenen Transkriptionsfaktoren zellinienfremde Gene. Üblicherweise wird ihre Funktion im Rahmen der Zelldifferenzierung vermutet. Im Bereich von 11p13 sind die Bruchpunkte unabhängig vom translocierenden Partnerchromosom in einem kleinen Bereich geclustert. Außerdem finden die Translokationen bei unreifen Zellen statt, so daß man schlußfolgern muß, daß eine aberrante Expression von an der Zelldifferenzierung von nichtlymphatischem Gewebe beteiligten Transkriptionsfaktoren in primitivem lymphoiden Gewebe einen wesentlichen Anteil an der malignen Transformation haben kann.

Das Burkitt-Lymphom

Das Burkitt-Lymphom ist das klassische Beispiel eines Tumors des Immunsystems mit drei konsistenten chromosomalen Translokationen, bei der ein Oncogen (c-myc) in die Region rearrangierender Loci (Immunglobulingene) translociert wird.Beim Burkitt-Lymphom und seinem murinen Analog, dem Maus-Plasmocytom wurde das Modell der Aktivierung eines cellulären Oncogens durch komplexe genetische Veränderungen als Ursache für die Entstehung von Tumoren systematisch untersucht. Das Burkitt-Lymphom erschien aus verschiedenen Gründen als ein besonders vielversprechendes Tumormodell. Bei Mensch und Maus gibt es drei verschiedene strukturell identische reziproke Translokationen, bei denen jeweils ein Lokus auf Chromosom 8 beim Menschen und auf Chromosom 15 bei der Maus in die drei verschiedenen Immunglobulin-Gen-Loci translociert. Eine dieser reziproken Translokationen findet sich mit 100% Wahrscheinlichkeit bei den jeweiligen Tumoren bei Mensch und Maus. Dabei ist besonders interessant, daß Burkitt-Lymphom und Maus-Plasmozytom zwei verschiedene Tumoren sind. Der Nachweis, daß bei verschiedenen Spezies ein weitgehend identisches Gen (c-myc) durch verschiedene, aber strukturell identische Translokationen verändert wird, hat die Vermutung gestärkt, daß es sich hierbei um einen für die Tumorentstehung kausalen Prozess handelt, daß hier ein potentielles Oncogen aktiviert wird.

Siehe auch: Burkitt-Lymphom

Quellen