Speisewagen




Ein Speisewagen ist ein Eisenbahnwagen, der eine Restauranteinrichtung und eine Küche enthält. Neben Vollspeisewagen gibt es Halbspeisewagen, die außerdem normale Sitzplätze enthalten.
Geschichte
Der weltweit erste Speisewagen wurde 1868 auf der Chicago & Dalton Railroad eingerichtet. Der erste europäische Speisewagen fuhr am 1. November 1879 auf der Great Northern Railway zwischen London und Leeds.
Deutschland
Der erste deutsche Speisewagen fuhr am 1. Juli 1880 zwischen Berlin und Bebra. Die Preußische Staatsbahn setzte seit dem 15. Mai 1879 einen Schnellzug zwischen Berlin und Bebra ein, der auf der neuerbauten Strecke über Güsten und Sangerhausen Bebra 15 Minuten schneller erreichte als der Schnellzug der Thüringer Eisenbahn-Gesellschaft über Halle und Erfurt. Zum Ausgleich wollte die Thüringer Eisenbahn-Gesellschaft ihren Kunden mit dem ersten deutschen Speisewagen einen besonderen Service bieten. Da zunächst nur ein Speisewagen zur Verfügung stand, musste dieser in Bebra abgehängt und beim Gegenzug nach Berlin angekuppelt werden. Dieser Speisewagen wurde bis 1884 von der Internationalen Schlafwagengesellschaft (CIWL) betrieben. Nach der Verstaatlichung der Thüringer Eisenbahn-Gesellschaft wurde der Vertrag mit der ISG gekündigt und der Speisewagenbetrieb am 15. Oktober 1885 dem Hallenser Bahnhofswirt Gustav Riffelmann übertragen.
Erst nach der Einführung von D-Zügen, bei denen die Fahrgäste während der Fahrt den Wagen wechseln konnten, lohnte sich der Einsatz von Speisewagen. Als am 1. Mai 1892 der erste D-Zug von Berlin nach Köln fuhr, durfte Gustav Riffelmann auch den Speisewagen dieses Zuges betreiben. In der Folge nahmen weitere private Betreiber die Bewirtschaftund von Speisewagen der preussischen Staatsbahn auf. Die Speisewagen in Mecklenburg, in Süddeutschland (Baden, Bayern und Württemberg) und Österreich-Ungarn wurden bis 1917 von der Internationalen Schlafwagengesellschaft (CIWL) betrieben.
Im Jahre 1917 übernahm die neugegründete Mitropa die Speisewagen der bisherigen privaten Gesellschaften DESG, ISG, Kromrey, NSG, Riffelmann und Scheidling sowie die im Zuge des 1. Weltkriegs enteigneten CIWL-Wagen.
In Folge des Versailler Vertrags musste die CIWL wieder in ihre alten Rechte eingesetzt werden. Die Mitropa bewirtschaftete daher während der Weimarer Republik nur Speisewagen der Deutschen Reichsbahn im Binnenverkehr sowie im Verkehr mit Skandinavien.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde die Mitropa aufgespalten, der ostdeutsche Teil behielt aufgrund des Firmensitzes in Berlin den Namen bei und bewirtschaftete in der DDR die Speisewagen. Bei der Deutschen Bundesbahn war die Deutsche Schlaf- und Speisewagen-Gesellschaft (DSG) hierfür verantwortlich. Nach der Wiedervereinigung hieß die gemeinsame Bewirtschaftungsgesellschaft von 1994 bis 2002 erneut Mitropa.
Die Deutsche Bundesbahn führte 1979 mit der Einführung zweiklassiger InterCity-Züge sogenannte Quick-Pick-Wagen ein, bei denen sich die Kunden an einem Buffet selbst bedienen und an der Kasse bezahlen. Da dieses Konzept keinen Erfolg hatte, wurden die Quick-Pick-Wagen 1987 in Bord-Restaurants umgebaut.
BordRestaurant und BordBistro
Später differenzierte die Deutsche Bahn den Speisewagen in BordRestaurants, in denen es ein größeres Angebot an warmen und kalten Hauptgerichten und Speisen sowie entsprechende Sitzmöglichkeiten gibt und nach BordBistros, die nur ein kleines Angebot kalter und warmer Speisen und Getränke verkaufen und in der Regel nur wenige Sitzplätze und ansonsten Stehtische haben.
Seit 2002 bewirtschaftet die DB Reise & Touristik ihre Züge selbst. Dabei ging sie zunächst bei den ICE 3-Zügen dazu über, BordBistros in Verbindung mit einem Am-Platz-Service einzusetzen. Restaurantwagen im herkömmlichen Sinne (mit Sitzmöglichkeiten und vollständigen Menüs) werden bei der DB Reise & Touristik seit Ende 2002 sukzessive abgebaut. Nach den Problemen mit dem neuen Preissystem und dem damit verbundenen Rückgang der Reisendenzahlen denkt die DB AG derzeit über eine nochmalige Änderung des Servicekonzeptes nach.
Die DB Regio ergänzt hochfrequentierte Zugläufe um Waggons, die über einen SnackPoint, einen Waren- und Getränkeautomaten verfügen. Auf einigen Linien wurde auch in Regionalzügen eine Art Bistro unter der Bezeichnung ZugCafé eingeführt. Die entsprechenden Wagen laufen unter dem Gattungszeichen DBpkz.
Österreich
In Österreich wurden die Speisewagen bis 1996 von der CIWL betrieben. Nach einem Intermezzo mit der Firma Trainristo werden die Speisewagen seit 2001 von è-express bewirtschaftet. Alle EuroCity und ÖBB-EuroCity sowie einige wenige InterCity führen einen Speisewagen; in den restlichen InterCity gibt es dagegen nur noch kleine Snacks und Getränke von der Minibar.
Schweiz
In der Schweiz wurden die Speisewagen des Inlandverkehrs traditionell von der SSG betrieben. In den 1980er Jahren kam als weiterer Betreiber auf einigen Linien Le Buffet Suisse hinzu und führte neben klassischen Speisewagen Sonderangebote wie "Chäs-Express" und "Calanda-Land" ein. Dieser Betreiber wurde 1997 nach finanziellen Schwierigkeiten vorübergehend von der Mitropa übernommen (dann als "Mitropa Suisse" bezeichnet). Die SSG wurde 2000 in Passaggio umbenannt und an die italienische Autogrill-Gruppe verkauft. Das Speisewagengeschäft (Passaggio Rail) wurde 2001 abgetrennt und gehört nun mehrheitlich der SBB. 2002 übernahm Passaggio Rail das operative Geschäft der Mitropa Suisse (ehemals Le Buffet Suisse), und seit 2003 wurde die Gesellschaft in elvetino umfirmiert. Alle EuroCity-Züge, der überwiegende Teil der InterCity-Züge und einige weitere Züge in der Schweiz führen einen Speisewagen. Bei den Doppelstockwagen IC2000 wurde zunächst nur eine "Bistro-Bar" vorgesehen, diese wird nun jedoch der Nachfrage entsprechend in Vollspeisewagen umgebaut.
Speisewagen in Straßenbahnen
Eine Besonderheit war, daß früher den Zügen der Großraum-Überlandstraßenbahn zwischen Düsseldorf und Duisburg und Düsseldorf und Krefeld über Jahrzehnte zu manchen Tageszeiten ein Speisewagen beigestellt wurde. Später wurde in den dann verwendeten längeren Gelenkwagen ein Speiseabteil eingerichtet. Noch heute können Fahrgäste auf der sogenannten K-Bahn ( zwischen Düsseldorf und Krefeld ) der Rheinbahn kleinere Speisen und Getränke während der Fahrt erwerben. Auch einzelne andere Straßenbahnbetriebe experimentierten mit Speiseabteilen, so etwa in Bonn und Hannover, im Dauerbetrieb durchsetzen konnten sie sich nicht.