Gebhard Ludwig Himmler

Gebhard Ludwig Himmler (* 29. Juli 1898 in München; † 1989 ebenda) war ein deutscher NS-Funktionär, Maschinenbauingenieur und älterer Bruder des Reichsführers-SS Heinrich Himmler.
Leben
Gebhard Ludwig Himmler war der erste Sohn des Oberstudiendirektors Joseph Gebhard Himmler (* 17. Mai 1865 in Lindau (Bodensee); † 29. Oktober 1936 in München) und von Anna Maria Heyder (* 16. Januar 1866 in Bregenz; † 10. September 1941 in München).[1] Seine Geschwister waren Heinrich Himmler und Ernst Hermann Himmler (* 23. Dezember 1905; † 2. Mai 1945).
Er besuchte von 1904 bis 1906 die Domschule am Frauenplatz in München.[2] Von 1906 bis 1908 besuchte er die Amalienschule und von 1909 bis 1916 das Wilhelmsgymnasium München. 1916 wurde er, da er das Abitur machte, von der Einberufung zur Bayerischen Armee zurückgestellt. Im März 1917 legte er ein vorgezogenes mündliches Abitur ab.
Er war Mitglied im AGV München, wo er seinen späteren Schwager Richard Wendler kennen lernte. Am 18. September 1926 heiratete er Mathilde Hilde Wendler, die er auf einem Ball der Apollo-Studentenverbindung getroffen hatte. Ihre Kinder sind Irmgard (* 21. Oktober 1927), Anneliese (* 16. Oktober 1930) und Heide (* 13. März 1940 in Gmund am Tegernsee).
Teilnahme am Ersten Weltkrieg, Hitlerputsch, Studium und Beruf
1917 machte er einen Offizierslehrgang. Im Mai 1917 wurde er Fahnenjunker des 16. bayrischen Infanterieregimentes in Passau. Im Sommer 1917 hatte er Manöver in Grafenwöhr, einen Fahnenjunkerkurs und anschließend einen Maschinengewehrkurs im Lagerlechfeld absolviert. Am 9. April 1918 kam Gebhard an die Westfront nach Lothringen und war anschließend beim Gefecht von Château-Thierry 65 km vor Paris als Meldegänger zwischen der Bataillons- und der Regimentsleitung eingesetzt.
Gebhard und sein Bruder Heinrich wechselten nach Kriegsende 1919 von der Münchner Einwohnerwehr in die Schützenbrigade 21 der paramilitärischen schwarzen Reichswehr unter Franz Ritter von Epp. Anfang 1923 schloss sich Gebhard Himmler dem Bund Reichskriegsflagge unter Ernst Röhm an, der sich am Hitlerputsch im November 1923 beteiligte.
Von 15. Januar 1919 bis Juli 1923 absolvierte Gebhard ein Studium des Maschinenbauingenieurwesens an der Technischen Hochschule München. Von Juli 1923 bis zur Einführung der Rentenmark wurde Gebhard bei der bayrischen Hypotheken und Wechselbank für Papiergeld beschäftigt. 1924 arbeitete Gebhard im Konstruktionsbüro der Maschinenfabrik Fritz Neumeyer A.-G. in Freimann. Ab Januar 1925 war Gebhard Hilfslehrer an der städtischen Berufs- und Gewerbeschule für Feinmechaniker Deroystraße; ab April 1925 wurde er dort als Studienrat angestellt und unterrichtete technisches Zeichnen, Physik und Instrumentenkunde.
Zeit des Nationalsozialismus – NS-Funktionär
Nach dem 30. Januar 1933 wurde Gebhard Himmler zum Direktor der Berufsschule in der Deroystraße ernannt. Am 1. November 1935 wurde er Direktor des Oskar-von-Miller-Politechnikums, einer Höheren Lehranstalt der Technik.[3]
Im Mai 1933 trat Gebhard Himmler in die NSDAP (Mitgliedsnr. 1.117.822)[4] und in den Verein für das Deutschtum im Ausland ein. Um den Anschein des Opportunisten abzuwehren wurde ihm auf seinen Antrag die niedrige NSDAP-Mitgliedsnummer seiner Frau Hilde übertragen. Gebhard war vor dem 30. Januar 1933 Führer des bayerischen Berufsschulverbandes. Dieser wurde 1933 in den NS-Lehrerverband überführt NSLB eine Organisation unter der Kontrolle der NSDAP. Gebhard Himmler wurde zum Stellvertreter und anschließend zum Gaufachschaftsleiter des Gau Oberbayern ernannt. Ab seiner Ernennung zum Direktor der Berufsschule in der Deroystraße widmete sich Gebhard Ludwig Himmler intensiv zahlreichen Ehrenämtern des NS-Regimes und war weitgehend vom Schuldienst freigestellt. Er wurde zum Offizier ausgebildet, arbeitete im NS-Lehrerbund mit, ab Anfang 1936 arbeitete er im Hauptamt für Technik in der NSDAP und beim NS-Bund Deutscher Technik, die von Fritz Todt geleitet wurden, in welchem bis 1938 nahezu alle technisch-wissenschaftlichen Vereine wie der VDI integriert wurden.[5] Der VDI definierte die Richtlinien zur Vergabe des Titels Ingenieur. Gebhard Ludwig Himmler wirkte prägend für diese ständische Interessenvertretung und übte die ständepolitischen Macht in einer diskriminierenden parteipolitisch befangenen Weise aus.[6]
Zum 1. August 1939 wurde Gebhard Himmler zum 19. Bayrischen Infanteriebataillon einberufen und wurde mit seiner Kompanie in Tschechien an der polnischen Grenze stationiert.
Nach Beginn des Zweiten Weltkrieges nahm er ab dem 1. September 1939 am Überfall auf Polen teil. Gebhard Himmlers Infanterie-Regiment 19 gehörte zur 14. Armee. Zum Ende der Kampfhandlungen am 16., 17. September 1939, befand sich sein Regiment westlich von Lemberg und wurde Anfang Oktober 1939 an den Niederrhein verlegt.
Am 18. Oktober 1937 unterzeichneten Fritz Todt und Abdul Majid Zabuli ein deutsch-afghanischen Abkommen über Bauwesen und Landverkehr. Gebhard Himmler genoss die Protektion von Fritz Todt, die dazu beitrug, dass er im Dezember 1939 in die Abteilung E IV des Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung in Berlin versetzt wurde. Am 12. Juli 1940 wurde er vom Oberstudiendirektor zum Ministerialrat befördert. In Berlin-Friedenau wohnte die Familie Gebhard und Hilde Himmler ab Juni 1940 in der Hähnelstraße. 1944 wurde Ministerialdirigent Wilhelm Heering (* 1877)[7]im Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung in den Ruhestand versetzt und Gebhard Himmler wurde sein Nachfolger. Ab August 1943 wohnte Gebhard Himmler bei seinem Bruder Ernst in Ruhleben in Berlin. Seine Familie wohnte bis 1946 im Haus Lindenfycht in Gmund am Tegernsee bei Margarete Himmler; diese beaufsichtigte bei Renovierungsarbeiten der Privatvilla Häftlinge des Außenlagers des KZ Dachau.[8] Gebhard Himmler wurde am 30. Januar 1944 zum SS-Standartenführer (SS-Nr. 214.049)[4] und am 30. März 1944 zum SS-Standartenführer der Reserve der Waffen-SS befördert und wurde als Inspekteur der Waffen-SS-Schulen beschäftigt.
Nachkriegszeit
Gebhard Ludwig Himmler geriet bei Kappeln an der Schlei in britische Kriegsgefangenschaft. Anfang März 1946 war er in der Lederfabrik Emil Köster in Gadeland interniert, anschließend wurde er nach Bad Fallingbostel in der Lüneburger Heide überstellt. 1948 erfolgte die Verlegung in ein Internierungslager an der Ungererstraße.
Nach seiner Entlassung 1948 wurde er der Herstellung von Kondensatoren in der Hoffmannstraße beschäftigt. Karl Hudezeck (1934–1945 Direktor des Wittelsbacher-Gymnasium München) stellte ihm einen Persilschein für die NS-Zeit aus. In einem Spruchkammerverfahren wurde er in Kategorie II als belastet eingestuft.
Im Europäisch-Afghanischen-Kulturamt in München wurde der Ministerialdirigent a. D. und Dipl. Ing. Gebhard Ludwig Himmler als Studienberater beschäftigt und vermittelte Praktikumsstellen für afghanische Studenten. Er war vom Staatsdienst ausgeschlossen und ihm waren die Pensionsansprüche aberkannt worden, wogegen er klagte und 1959 Erfolg hatte.[9] Heinz Höhne unterhielt sich am 29. Januar 1966 mit Hilde und Gebhard Himmler in der Borstei.
Veröffentlichungen
- Technik und Ingenieurerziehung, in: Deutsche Technik, 6, 1938, S. 313–315.
- Die Ingenieurschule und die Anforderungen an den Nachwuchs, in: Deutsche Technik, 10, 1942: 496ff.
- Junge Afghanen zur Ausbildung in Deutschland, in: Institut für Auslandsbeziehungen. Mitteilungen 9–10/1954, S. 243f.
Literatur
- Katrin Himmler: Die Brüder Himmler. Eine deutsche Familiengeschichte. S. Fischer, Frankfurt a. M. 2005, ISBN 3-10-033629-1.
Einzelnachweise
- ↑ Gebhard Himmler, Der Vater eines Massenmörders
- ↑ Klaus Mües-Baron: Heinrich Himmler: Aufstieg des Reichsfuhrers SS (1910–1933); unipress, Göttingen 2011, S. 29
- ↑ Wilhelm Füssl, Oskar von Miller 1855–1934: eine Biographie; 2005, S. 343
- ↑ a b Dienstaltersliste der Schutzstaffel der NSDAP (SS-Oberst-Gruppenführer – SS-Standartenführer), Berlin 1944.
- ↑ Josef Greiner, Sudetenfahrt der deutschen Technik Eigene Zugzeitung ; Nr. 1–8 ; Nov.-Dez.
- ↑ Michael Alisch, Heinrich Himmler – Wege zu Hitler: das Beispiel Heinrich Himmler; S. 53
- ↑ Heering, Wilhelm (* 1877): Professor am Berufspädagogischen Institut in Berlin, tätig im preußischen Ministerium für Arbeit, 1933–1934 im Amt für Technik und Schule, dann Reichsreferent des NSLB für den berufsbildenden Bereich, 1934–1945 Abteilungsleiter des REM für den berufsbildenden Bereich.
- ↑ Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Bd. 2: Frühe Lager, Dachau, Emslandlager. München 2005, ISBN 3-406-52962-3, S. 12.
- ↑ Katrin Himmler, The Himmler Brothers, S. 288
Personendaten | |
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NAME | Himmler, Gebhard Ludwig |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Parteifunktionär in der Zeit des Nationalsozialismus |
GEBURTSDATUM | 29. Juli 1898 |
GEBURTSORT | München |
STERBEDATUM | 1989 |
STERBEORT | München |
- Maschinenbauingenieur
- Heinrich Himmler
- Familienmitglied einer berühmten Person
- Militärperson (Heer der Wehrmacht)
- SS-Mitglied
- Angehöriger der Waffen-SS
- NSDAP-Mitglied
- Teilnehmer am Hitlerputsch
- Freikorps-Mitglied
- Einwohnerwehr-Mitglied
- Person im Ersten Weltkrieg (Deutsches Reich)
- Deutscher
- Geboren 1898
- Gestorben 1989
- Person (München)
- Mann