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Münchhausen-Stellvertretersyndrom

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Das Münchhausen-by-proxy-Syndrom oder Münchhausen-Stellvertretersyndrom ist eine Form der Kindesmisshandlung, bei der Erwachsene bei Kindern Krankheiten vortäuschen und eine medizinische Behandlung verlangen. Es kann hierbei auch zum Tod des Kindes kommen.

Dieses außergewöhnliche Verhalten kommt relativ selten vor (die Literatur zählte seit der ersten Beschreibung durch Roy Meadow im Jahre 1977 einige hundert Fälle weltweit). Auffällig ist, dass dieses Verhalten fast ausschließlich Frauen (in der Regel Mütter) zeigen, die zudem in ihrem sonstigen Erziehungsverhalten als fürsorgend beschrieben werden. Es ist auch wichtig anzumerken, dass hinter diesem Verhalten keineswegs ein psychiatrisches Krankheitsbild steckt (auch wenn einzelne betroffene Personen weitere Auffälligkeiten zeigen).


Man vertritt im Allgemeinen die Ansicht das dieses Verhalten zur Erregung von Aufmerksamkeit im sozialen Umfeld dient. Es soll der Eindruck der aufopferungsvollen Mutter erweckt werden, die mit Hingabe gegen die Krankheiten ihres Kindes ankämpft.


Zu den vorgetäuschten Krankheiten gehören häufig in der ärztlichen Praxis nicht beobachtbare Symptome wie z.B. Anfälle. Es kommt aber auch vor, dass Mütter Kinder bewusst vergiften, um bestimmte Symptome hervorzurufen. Viele der Betreffenden haben ein relativ gutes medizinisches Fachwissen und können zu der erfundenen Krankheit auch auf Befragung die dazugehörigen Anzeichen nennen, so dass der Charakter der "Krankheit" nicht auffällt und nur die Häufung der Arztbesuche und die Beharrlichkeit, mit der eine Behandlung eingefordert wird, zu Misstrauen führt.

Eine sichere Diagnostik oder klinisch erprobte Behandlung des Münchhausen-by-proxy-Syndroms gibt es angesichts der geringen Fallzahlen nicht. Bei einem entsprechenden Verdacht ist es für die behandelnde Praxis deshalb sinnvoll, in Fachkreisen oder Kinderschutzeinrichtungen Unterstützung für ein mögliches Vorgehen zu suchen.Es ist zudem zu beachten, dass auch eine Falschbeschuldigung sehr tiefgreifende Konsequenzen für die Betroffenen hat.

Das Münchhausen-by-proxy-Syndrom ähnelt dem Münchhausen-Syndrom, bei dem ein Mensch bei sich selbst eine Krankheit vortäuscht.

In letzter Zeit haben Experten die Existenz des Münchhausen-by-proxy-Syndroms massiv in Zweifel gezogen. Der Entdecker Meadow muss sich gegenwärtig einer Untersuchung durch die britischen Aufsichtsbehörden stellen.

Literatur

  • M. E. Helfer, R. S. Kempfe, R. D. Krugman [Hrsg.]: Das mißhandelte Kind. Körperliche und psychische Gewalt; Sexueller Mißbrauch; Gedeihstörungen; Münchhausen-by-proxy-Syndrom; Vernachlässigung, Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2002, ISBN: 3-518-58358-1.