Erkältung
Die Erkältung bzw. der grippale Infekt ist eine akute Infektion der Nasen-, Hals- und Bronchialschleimhäute, die in erster Linie von Viren, manchmal zusätzlich auch von Bakterien verursacht wird. Beide Begriffe entstammen der Alltagssprache und sind wissenschaftlich bzw. medizinisch nicht scharf definiert. Häufig wird der grippale Infekt mit der deutlich schwereren echten Grippe (Influenza) verwechselt, die für immungeschwächte Personen (vor allem Säuglinge und alte Menschen) auch tödlich enden kann. Die Erkältungsinfekte sind die häufigste Infektion des Menschen überhaupt, Kleinkinder sind am häufigsten betroffen (bis zu 13 mal im Jahr). Erwachsene erkranken etwa zwei- bis dreimal im Jahr.
Erkältung - eine irreführende Bezeichnung ?
Die Bezeichnung Erkältung, die einen Zusammenhang mit niedriger Temperatur nahelegt, ist vielleicht etwas irreführend. Kälte kann das Ansteckungsrisiko erhöhen, indem sie Menschen veranlasst, sich in Gebäuden, in schlechter gelüfteten Räumen und in der Nähe infizierter Mitmenschen aufzuhalten. Ursache der Krankheit aber sind Viren. Auch können Allergien, bakterielle Infekte der Atemwege und Klimaschwankungen erkältungsähnliche und über Tage anhaltende Symptome auslösen. Unklar ist, ob feucht-kaltes Klima die Ansteckungsgefahr auch auf andere Weise beeinflusst, beispielsweise durch Veränderungen des Immunsystems, der Anzahl von ICAM-1-Rezeptoren oder auch nur der Menge an Nasensekret und Handkontakten mit dem Gesicht. Kälte hat einen hemmenden Einfluss auf das respiratorische Flimmerepithel (mukoziliärer Apparat) und hemmt so seine Reinigungsfähigkeit, was zusammen mit einer Verengung der kleinen Bronchien Infekte fördern kann.
Forscher der Universität Cardiff haben kürzlich nachgewiesen, dass Kälte die Entwicklung von Symptomen begünstigt. Während 13 von 90 Studienteilnehmern, die ein kaltes Fußbad nehmen mussten, danach eine Erkältung entwickelten, waren es in der Kontrollgruppe, die ihre Füße lediglich in eine leere Schüssel hielten, nur fünf von 90. Dieser Unterschied war knapp signifikant. Es wird vermutet, dass die Kälte zu einer Verschlechterung der Durchblutung führt und so den Transport weißer Blutkörperchen zum Infektionsherd behindert.
In vielen Sprachen weltweit wird, wie in der deutschen Bezeichnung für diese Erkrankung, ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Klimafaktor Kälte und der Erkältung angenommen indem im Begriff das entsprechende Wort für Kälte oder kalt auftaucht. Dies ist in vielen indogermanischen und allen romanischen Sprachen (auch Latein) der Fall. Eine begriffliche Unterscheidung von Erkältung einerseits und der Krankheitsform Grippe andererseits ist bei den Römern nicht nachweisbar, in den sich später entwickelnden Romanischen Sprachen jedoch klar vorhanden. Möglicherweise entstammt die Bezeichnung Erkältung auch der „Qualität“ kalt, die Galen in seiner Viersäftelehre den Säften schwarze Galle und Schleim zugeschrieben hat.
In neueren Lehrbüchern wird in den USA nicht mehr vom „common cold“ gesprochen, sondern von „respiratory infections“, um den Zusammenhang cold=infection abzuschwächen. Der Klimafaktor Kälte ist zumindest als ein nicht bedingender Kofaktor anzusehen.
Krankheitserreger
Als Krankheitsverursacher kommt eine große Anzahl unterschiedlicher Viren in Betracht, unter anderen:
- aus der Familie der Coronaviridae, Genus Coronaviren das Human Corona-Virus 229E (HCoV) und das Human Corona-Virus OC43 (HCoV)
- Diese Viren gehören zu den behüllten Einzel(+)-Strang-RNA-Viren [ss(+)RNA].
- aus der Familie der Adenoviridae diverse Adenoviren
- Diese Viren gehören zu den unbehüllten doppelsträngigen DNA-Viren (dsDNA).
- aus der Familie der Picornaviridae beispielsweise das Humane Rhinovirus-1A (HRV-1A) oder 1B bis 100, das Coxsackievirus B1 (CVB-1) bis B6 und diverse Echoviren oder Humane Enteroviren
- Und diese Viren gehören zu den unbehüllten Einzel(+)-Strang-RNA-Viren [ss(+)RNA].
Die Vielzahl verschiedener Viren und Varianten erklärt wie bei der Influenza, warum Menschen so häufig an einer virusbedingten Erkältung erkranken können. Die Tatsache, dass bei nicht erheblich vorgeschädigten Menschen und bei nicht erfolgter Doppelinfektion oder Sekundärinfektion (siehe auch Infektion) ein grippaler Infekt keinen tödlichen Verlauf nimmt, zeigt zum Einen, dass die für diese Erkrankung als Krankheitsverursacher festgestellten Viren sehr stark an den Menschen als ihren Reservoirwirt angepasst sind. Ein Virus hat natürlich kein Interesse an dem Tod seines Reservoirwirts, denn es braucht ihn ja für seine Vermehrung. Die dennoch ausgelösten Erkrankungssymptome sind von diesen Viren im Grunde nicht beabsichtigt und eher als ein Unfall anzusehen. Zum Zweiten wird dadurch auch deutlich, dass sich der Mensch ebenfalls im Verlaufe vieler Generationen an diese Viren anpassen konnte. In diesem Aspekt besteht somit auch ein deutlicher Unterschied zu den Influenzaviren und den von ihnen beim Menschen verursachten Erkrankungen.
Verbreitung
Die eine Erkältung auslösenden Viren mit ihren zahllosen Arten und ihren durch Mutationen ständig neu entstehenden Varianten können weltweit in allen Klimazonen auftreten und durch Infektion sich überall dort ausbreiten, wo Menschen anzutreffen sind.
Übertragung
Die Ergebnisse aller bislang vorliegenden Studien deuten darauf hin, dass die krankheitsverursachenden Viren in erster Linie direkt oder indirekt über kontaminierte Gegenstände per Kontaktinfektion oder Schmierinfektion übertragen werden. Die Möglichkeit einer Übertragung per Tröpfcheninfektion ist wissenschaftlich nicht zweifelsfrei nachgewiesen. Auch über die Art der eine Übertragung und Infektion begünstigenden Faktoren und deren unterschiedliche Gewichtung herrscht keine Einigkeit.
Krankheitsverlauf
Ob und wie schwer der infizierte Organismus an einer Erkältung erkrankt, hängt neben der Dosis und Virulenz der Viren auch vom aktuellen Zustand des Immunsystems ab, vgl. dazu Infektion und Immunsystem.
In der Regel verläuft eine Erkältung nach einer Inkubationszeit von etwa 2 bis 8 Tagen harmlos und dauert selten länger als eine Woche. Viele Menschen haben im Jahr mehrere Erkältungen, bei Kleinkindern gelten auch vier bis neun Erkrankungen pro Jahr noch als normal.
Eine erkrankte Person kann die Krankheitserreger etwa 2 bis 10 Tage ausscheiden, bei einer Behandlung mit Steroiden (Cortison) auch länger.
Folgende Krankheitsanzeichen werden oft beobachtet:
- zu Beginn leichtes Frösteln
- Entzündung der Nasenschleimhäute, auch Schnupfen (Rhinitis) genannt
- Halskratzen bis Halsschmerzen
Im weitern Verlauf möglich:
- Husten
- Kopfschmerzen
- Gliederschmerzen
- manchmal Fieber.
Komplikationen
Eine mögliche Komplikation der Erkältung ist die Nasennebenhöhlen-Entzündung. Weitere Komplikationen können dadurch entstehen, dass jeder Virusinfekt das Immunsystem vorübergehend schwächen kann. Dadurch können zur sogenannten Standortflora gehörende und normalerweise keine Infektion verursachende Bakterien doch pathogen werden und dann beispielsweise eine Pneumonie verursachen.
Diagnose
Die Diagnose eines grippalen Infekts wird üblicherweise rein klinisch, das heißt aufgrund der Symptome und einer körperlichen Untersuchung, gestellt. Differenzialdiagnostisch ist hier eine echte Influenza A, B, oder C und andererseits eine Parainfluenza abzugrenzen. Daneben verlaufen Erstinfektionen von Herpesviren (HSV, CMV, EBV) bei Kindern gelegentlich als grippaler Infekt. Außerdem verlaufen abortive Formen einer Infektion mit Exanthemviren wie Masern, Ringelröteln, Röteln und Varizellen oft nur als grippaler Infekt.
Therapie
Die wirkungsvollste Behandlung einer Erkältung besteht darin, dem Körper Ruhe zu gönnen und sich in warmen, nicht überheizten Räumen aufzuhalten. Bei Husten und Schnupfen sollte man viel Wasser, Fruchtsäfte und Tee trinken, um den Schleim flüssig zu halten und einen Flüssigkeitsverlust des Körpers durch Schweiß, Tränen- oder Nasenflüssigkeit auszugleichen, insbesondere bei kleinen Kindern. Inhalationen können helfen, die Schleimhäute anzufeuchten und vom Schleim zu befreien. Auch Halsschmerzen und Husten können durch diese Befeuchtung gelindert werden.
Abschwellende Nasensprays sollten nur kurzzeitig (i. d. R. bis 5 Tage) verwendet werden. Eine dauerhafte Anwendung kann zur Austrocknung und zum Anschwellen der Nasenschleimhaut sowie zur Abhängigkeit bzw. Gewöhnung führen.
Andere Medikamente mit den Wirkstoffen Ibuprofen, Paracetamol oder Acetylsalicylsäure lindern zwar in der Regel Symptome wie beispielsweise Kopfschmerzen und senken auch das Fieber, doch besitzen sie abgesehen von möglichen Nebenwirkungen gerade auf Grund der beschriebenen Wirkung auch einen unerwünschten Nebeneffekt. Nach Abschwächung der Krankheitszeichen kann sich ein Patient zu früh fast wieder gesund fühlen, sich anschließend zuviel zumuten und damit die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls erhöhen.
Studien
- Von Douglas et al. (2003) konnte gezeigt werden, dass durch täglich 1.000 mg Vitamin C die Dauer der Symptomatik bei undifferenzierten Erkältungen abgekürzt werden konnte. Mit einem halben Tag der Verkürzung des Krankheitsverlaufs fiel dieser günstige Effekt jedoch äußerst gering aus und könnte auch nach Angaben der Autoren eventuell durch einen Publikationsbias (eine nach Abschluss von wissenschaftlichen Studien in verschiedenen Formen auftretende systematische Verzerrung) bedingt sein.
- Eine Metaanalyse eines finnisch-australischen Forscherteams konnte die Wirksamkeit von Vitamin C nicht bestätigen. Eine vorbeugende Wirkung hat das Vitamin nur bei körperlichen Extrembedingungen, und auch den Verlauf einer Erkältung kann es kaum beeinflussen, berichten sie im Fachblatt "PLoS Medicine" (06/2005)
Vorbeugung
Im Gegensatz zur Grippe gibt es gegen Erkältungen keine Impfung.
Eine wirksame Vorbeugung besteht darin, den Kontakt mit erkrankten Personen und deren viralen Schnupfen- und Hustensekreten zu vermeiden.
Für eine erfolgreiche Vorbeugung durch eine hochdosierte zusätzliche Einnahme von Vitamin C gibt es keine Bestätigung, wenn bereits eine ausreichende Vitaminversorgung durch gesunde Ernährung gegeben ist.
Bei Echinacea-Präparaten wurde zunächst eine reduzierte Infektrate im Rahmen einer Prophylaxe auf der Basis von drei Kontrollstudien ermittelt (Melchart et al. 2003). Eine neuere Studie von Ronald Turner an der University of Virginia in Chalottesville durchgeführt und Juli 2005 veröffentlicht [1] spricht Echinacea jedoch jegliche Wirkung ab und kommt zu der Schlussfolgerung, es habe lediglich einen Placeboeffekt [2].
Ein gesundes und gestärktes Immunsystem kann jedem Menschen dabei helfen, diverse Krankheitserreger und damit auch die einer Erkältung besser zu bekämpfen und manchmal auch einen Krankheitsausbruch zu verhindern oder Krankheitssymptome zu mildern, beziehungsweise den Krankheitsverlauf zu verkürzen. Alle Maßnahmen wie beispielsweise gesunde, ausgeglichene Ernährung inklusive aller für den Organismus notwendigen Stoffe wie beispielsweise Mineralstoffe und Vitamine, ausreichend Schlaf, möglichst stressfreier Tagesablauf, regelmäßige Bewegung oder gar sportliches Ausdauertraining und regelmäßige Abhärtung durch Kneippen [3] und Saunieren können daher sehr wohl als Vorbeugemaßnahmen im weitesten Sinne angesehen werden.
Schwedische Forscher im Team von Py Tubelius, die bei der Firma Tetra Pak in Lund Forschungen betreiben, haben als Ergebnis einer kontrollierten Studie dargelegt, dass eine tägliche Einnahme von probiotischen Produkten, die Milchsäurebakterien aus der Familie Lactobacillus enthalten, die Anzahl der Infektionen der Atemwege oder des Magen-Darm-Traktes verringert. Die Forscher sind überzeugt, dass der festgestellte Effekt auf eine Stärkung des Immunsystems durch die genannten Bakterien zurückgeht [4], [5].
Weblinks
- Patientenleitlinie Halsschmerzen/ Heiserkeit Evidenzbasierte Patientenleitlinie der Universität Witten/Herdecke